Noch im Herbst 2023 notierte die Unze Feingold bei weniger als 1800 Dollar. Im April 2024 übersprang der Unzenpreis die Marke von 2300 Dollar mit Leichtigkeit. Und damit scheint die Gold-Rally noch lange nicht beendet. Aus mehreren Gründen rücken jetzt alte Höchststände in Reichweite: als nächstes 2500 Dollar pro Unze. Wer Ende 2023 der Voraussage von TE folgte, dass 2024 eine weltweite Zinswende bevorsteht, und damit ein kräftiger Goldpreisschub, der kann bereits einen ordentlichen Gewinn verbuchen.
Was trieb den Goldpreis bisher, und treibt den Goldpreis weiter voran? Mehrere Faktoren: Erstens kündigt sich immer deutlicher an, dass die EZB ihren Leitzins von derzeit 4,5 Prozent spätestens im Juni um voraussichtlich 0,25 Prozentpunkte senken wird – um das Abgleiten der gesamten Eurozone in die Rezession zu stoppen, dem hoch verschuldeten Frankreich etwas Luft zu verschaffen, aber auch, weil die Euro-Inflationsrate mittlerweile deutlich zurückgeht, auch wenn die Inflation noch über 2 Prozent bleibt. In den USA könnte die Zinssenkung ausnahmsweise etwas später erfolgen, denn dort verzeichnet die Wirtschaft nach wie vor ein kräftiges Wachstum, auch die Teuerung liegt noch hartnäckig über 3 Prozent. Trotzdem signalisierte die Führung der Fed bereits, noch in diesem Jahr die Zinsen von derzeit 5,25 bis 5,5 Prozent wieder leicht abzusenken. Niedrigere Zinsen bedeuten geringere Renditen für Staatsanleihen; Investitionen in Gold, das naturgemäß keine Zinsen abwirft, werden wieder zur guten Alternative.
Zweitens machen es die kommenden Zinssenkungen sehr wahrscheinlich, dass die Inflation auf absehbare Zeit nicht wieder auf Tiefststände um Null zurückfällt, sondern als Dauerphänomen bleibt, vermutlich etwas oberhalb der zwei Prozent, „higher for longer“, wie Marktanalysten sagen. Wer sein Vermögen vor Wertverlust schützen will, dem bietet Gold nach wie vor die beste Sicherheit.
Drittens wirkt der langfristige Trend der Goldkäufe durch nicht-westliche Zentralbanken auf den Preis des Edelmetalls. Viele Länder versuchen sich seit längerem vom Dollar als Reservewährung unabhängig zu machen, allen voran China. Allein im März fügte Chinas Zentralbank ihrem Depot 160.000 Unzen hinzu. Zu den weiteren großen Käufern gehörten die Türkei, Indien und Kasachstan. Auch dieser Trend wird sich 2024 und darüber hinaus fortsetzen.
Und viertens gilt Gold immer noch als das beste Mittel der Wahl in unsicheren und krisenhaften Weltlagen. Die wachsende Unsicherheit, ob der Ukraine-Krieg möglicherweise noch eskaliert, die Erwartung eines militärischen Schlages durch den Iran, die Angriffe der Huthis auf den Seehandel im Roten Meer, die wachsenden Spannungen zwischen China und Taiwan – es gibt zurzeit viele Entwicklungen, die sich zu globalen Krisen auswachsen könnten.
In seinem jährlichen Brief an Investoren schrieb Jamie Dimon, Vorstandschef von JP Morgan, die jetzigen Zeiten seien die „trügerischsten seit Jahrzehnten“. Zum einen, was die Weltlage betrifft, zum anderen die Frage, ob der amerikanischen Wirtschaft ein „soft landing“ gelingt, eine weiche Landung – also ein harmonisches Verhältnis von etwas niedrigeren Zinsen, Inflation um die zwei Prozent und moderatem Wirtschaftswachstum. In seinem Investorenbrief meinte Dimon, die Märkte würden zu 70 bis 80 Prozent mit einer solchen weichen Landung rechnen. Und fügte hinzu: „Ich glaube, die Wahrscheinlichkeit ist deutlich geringer.“
Lohnt sich der Gold-Einstieg trotz des hohen Preisniveaus noch? Für etwas risikofreudige Investoren durchaus. Denn die optimistischsten Marktanalysten halten selbst einen Unzenpreis von 3000 Dollar im Jahr 2024 für möglich. Für Anleger im Euro-Raum kommt eins hinzu: Wenn die EZB ausnahmsweise die Zinsen eher senkt als die Fed, dann dürfte der Kurs des Euro zum Dollar nachgeben. Da der weltweite Goldpreis in Dollar notiert, treibt dieser Effekt das Edelmetall zusätzlich – zumindest, bis die Zinsen im Dollarraum auch sinken. Wer in der Vergangenheit sein Gold günstig einkaufte, für den kommt in dieser Phase die Zeit der Ernte. Zumindest ein Teil könnte dann verkauft werden, um den Gewinn in anderen Bereichen zu investieren. Es braucht zwar Sorgfalt, um die nächsten Wachstumsgelegenheiten zu identifizieren. Aber wie eine alte Investorenregel sagt: An Gewinnmitnahme ist noch niemand bankrott gegangen.