Seit etwa zwei Jahren berichten wir über die beginnende Deindustrialisierung in Deutschland. Es betrifft den Mittelstand, die Chemieindustrie, die chemisch-pharmazeutische Industrie, Gießereien, Glaswarenhersteller, die Autozulieferer, Halbleiter-Zulieferer, Aluminiumschmelzwerke, Metallveredler, Zinkhütten – die Liste ließe sich endlos erweitern.
Im März 2023 hatte Kanzler Scholz noch ein grünes Wirtschaftswunder angekündigt. Deutschland werde im Zuge der Energiewende und der grünen Transformation Wachstumsraten wie zu Zeiten des Wirtschaftswunders in den 50er-Jahren erleben. Der Wirtschaftsminister warnte „angesichts der Konjunkturflaute davor, den Wirtschaftsstandort Deutschland schlecht zu reden“. Laut dem Handelsblatt rief er in der ersten Septemberwoche dazu auf, raus aus der „Komfortzone der Selbstzufriedenheit“ zu kommen.
Saskia Esken, ihres Zeichens SPD Co-Chefin, „warnte“ davor, die Lage schlechter zu machen als sie sei. Sie sah Anfang August dieses Jahres „eine Gelegenheit, sich auf unsere Stärken zu besinnen“.
„Die Bundesregierung hat sich in der vergangenen Woche zwar auf ein Industriestrompreispaket geeinigt, das in den nächsten fünf Jahren Entlastungen in Höhe von 28 Milliarden Euro bringen soll. Doch das wird nach Einschätzung Ploners den Trend kaum stoppen. Für langfristige Investitionen bräuchten die Unternehmen Planungssicherheit, das Paket sei jedoch zeitlich begrenzt. Zudem seien die zu hohen Energiekosten das Problem, nicht die im Zuge der Regelung stark gesenkte Besteuerung“, berichtet das Handelsblatt.
Und weiter: Der Papierkonzern UPM schließt sein Werk in Plattling mit 400 Mitarbeitern zum Jahresende. Es betrifft 400 Mitarbeiter. Das Chemieunternehmen SKW Piesteritz, das Deutschlands größte Düngemittelfabrik betreibt, überlegt eine womöglich unumgängliche Verlagerung.
Oftmals sind die USA ein „bevorzugtes Ziel für die Verlagerung. Auch Asien steht weit oben auf der Liste. Einer aktuellen Prognos-Studie im Auftrag des bayerischen Arbeitgeberverbands VBW zufolge sind die Industriestrompreise in Deutschland mehr als doppelt so hoch wie in den USA und China.“
Bekanntlich will die Bundesregierung den Strompreis für die Wirtschaft durch ein „Strompreispaket“ drücken. Viele Betriebe sehen darin jedoch keine Besserungen. Die Gründe dafür sind schlicht und ergreifend die extrem gestiegenen Energiepreise. Wie aus einem Interview der Wirtschaftswoche mit den Geschäftsführern der Krefelder Gießerei Siempelkamp, Dirk Howe und Georg Geier, hervorgeht, fürchten sie daher um ihre Wettbewerbsfähigkeit.
„Viele Politiker scheinen sich mit der Tiefe des Problems gar nicht befasst zu haben. Es handelt sich um ein Blendwerk, denn ein Großteil der Maßnahmen ist lange bekannt und eingeführt, werden aber hier erneut verkauft.“ Zwar biete die Regierung für 350 energieintensive Unternehmen weitere Vergünstigungen, wodurch auch Siempelkamp begünstigt sei, jedoch „für das hochvolatile Jahr 2022 hätte das gesamte Maßnahmenpaket nachweislich weniger als zwei Prozent unserer Stromkosten reduziert. Der Preis dagegen ist in diesem Zeitraum um mehr als 200 Prozent gestiegen.“
Ende Oktober dieses Jahres gestand Habeck das Scheitern der „Energiewende“ ein – wenn auch im Wortmüll etwas versteckt, aber in seiner Knappheit umso brutaler. „Für zahlreiche Betriebe der energieintensiven Industrie sind diese Preise existenzbedrohend, es droht eine Erosion der deutschen Grundstoffindustrie und damit der Wegfall integrierter Wertschöpfungsketten“.
Es bleibt festzuhalten: Billigeren Strom wird es trotz Zuspargeln der Landschaft mit Windkraftanlagen und Zubauen mit Photovoltaik auch in der Zukunft nicht geben.