Tichys Einblick

Coronaschäden – Die Deutsche Bahn braucht Milliarden vom Bund

Nur noch ein Bruchteil der Fahrgäste, aber der Großteil der Züge fährt trotzdem: Der Staatskonzern Deutsche Bahn braucht bis 2024 nach eigenen Angaben mindestens 11 Milliarden Euro.

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Viel war und ist von der Existenzkrise der Lufthansa und ihrer notwendige Rettung durch eine teilweise (Wieder-)Verstaatlichung die Rede. Ein zweiter großer deutscher Verkehrskonzern ist ebenso existentiell durch die Coronakrise getroffen und braucht Hilfe in einem ähnlichen Umfang: die Deutsche Bahn. Die Sorge von Lufthansa-Chef Carsten Sport vor einem politischen Einfluss der Politik auf unternehmerische Entscheidungen braucht bei der Bahn allerdings niemand zu haben. Sie ist ohnehin ein Staatskonzern – nach jahrelangen, gescheiterten Privatisierungsversuchen. Und die Vorstellung, dass das Unternehmen Bahn unabhängig vom politischen Willen der Bundesregierung handelt, ist illusorisch.

Möglicherweise sind die politischen Vorgaben der Deutschen Bahn sogar ein besonders abschreckendes Beispiel für die Lufthansa-Führung. Die Bahn musste zum Beispiel trotz des radikalen Einbruchs der Fahrgastzahlen auf 10 bis 15 Prozent durch die Corona-Pandemie in Absprache mit der Bundesregierung rund 75 Prozent ihrer Fernverkehrszüge weiter betreiben, um Reisemöglichkeiten aufrecht zu erhalten.

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Das Dauersorgenkind des Bundesverkehrsministeriums, auf dem zugleich ein Großteil der politischen Hoffnungen für den klimaschützenden Umbau des Verkehrswesens ruhen, braucht einschließlich der Beteiligungen Arriva und Schenker zwischen 2020 und 2024 mindestens 11, in einem „negativeren Szenario“ sogar 13,5 Milliarden Euro. Allein in diesem Jahr rechnet Bahn-Vorstandschef Richard Lutz mit einem Corona-bedingten Umsatzeinbruch von etwa acht Milliarden Euro und infolgedessen einem Verlust von zwei Milliarden.

Jetzt laufen, wie das Handelsblatt berichtet, die Verhandlungen zwischen Bahn und Bundesregierung. Ein ohnehin seltsames Phänomen, schließlich gehört der Konzern zu 100 Prozent dem Bund. Der Eigentümer verhandelt also mit seinem Eigentum.

„Eine Variante könnten“, so das Handelsblatt, „fünf Milliarden frisches Kapital sein, den Rest müsste der Staatskonzern über eine höhere Verschuldung finanzieren, heißt es in Kreisen der Bundesregierung. Grundsätzlich sind die Parlamentarier bereit zu helfen. So ist davon die Rede, die vom Haushaltsausschuss festgelegte Verschuldungsgrenze der Bahn anzuheben. Derzeit liegt sie bei 20 Milliarden Euro, die die Bahn bereits überschritten hat.“ Das „frische Kapital“, wohlgemerkt ist natürlich kein freiwilliges Investment irgendeines Anlegers, sondern nichts anderes als Geld aus dem Bundeshaushalt, finanziert durch Steuern beziehungsweise zusätzliche Staatsschulden. Und die neuen Schulden, die die Politik dem Staatskonzern möglicherweise gestatten wird, sind letztlich auch nur zusätzliche Staatsschulden auf dem Umweg über den Staatskonzern. Für diejenigen, die die Corona-bedingten Verluste der Bahn tragen, nämlich die Steuerzahler, ist es wohl im Endeffekt ziemlich einerlei, wie nun das Stopfen der Löcher bei der Bahn genau organisiert wird. Sie zahlen ohnehin in jedem Fall die Rechnung.

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