Die Lage auf den internationalen Automobilmärkten wird weiterhin von den Auswirkungen der Corona-Pandemie bestimmt. Dabei stärken die unterschiedlichen nationalen Erfolge bei ihrer Bekämpfung weiterhin voll die Marktmacht Chinas:
- In China hielt der Autoboom im März 2021 trotz des Neujahresfestes, das 2021 einen Monat später stattfand unverändert an – im Februar 2021 war der Markt mit einem Zuwachs von 410,2 Prozent förmlich „explodiert“. Mit 1.841.000 lag das März-Zulassungsniveau gegenüber März 2020 um 76,9 Prozent höher.
- In Europa (EU27, EFTA & UK), das sich von einem Lockdown zum nächsten hangelt, kam die Erholung, die im Herbst so erwartungsgemäß begonnen hatte, mit 1,06 Millionen Neuzulassungen nahezu wieder zum Stillstand; rein optisch erbrachte das allerdings eine Wachstumsrate von 87,3 Prozent, da im März 2020 die Verkäufe auf den großen europäischen Automobilmärkten Lockdown bedingt auf ein historisches Tief von 567.253 Pkw gefallen waren.
- So verzeichneten drei der vier größten EU-Märkte dreistellige Zuwächse: Italien verzeichnete den größten Anstieg (+ 497,2 Prozent), gefolgt von Frankreich (+ 191,7 Prozent) und Spanien (+ 128,0 Prozent ). Auch der deutsche Markt verzeichnete im März Zuwachs von 35,9 Prozent.
- In den USA zeigte der Light-Vehicles-Absatz einen mäßigen Anstieg.
- Die Schwellenländer bewegten sich im bisherigen Jahresverlauf in unterschiedliche Richtungen: Während Indien erhebliche Zuwächse verbuchte, sind Russland und Brasilien noch ein gutes Stück vom Wachstumspfad entfernt.
Grundsätzlich sind die Corona-bedingten Marktverwerfungen immerhin insofern lehrreich, als sie die landläufige Fixierung der Medien auf Zuwachsraten als Indikator für gut und/oder schlecht aus den Angeln heben. Hohe monatliche Zuwachsraten bei den Neuzulassungen sind irreführend, wenn sie sich auf niedrige Vergleichsniveaus beziehen. In den meisten europäischen Ländern wird sich daran aufgrund der weiter notwendigen Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung so schnell nichts ändern.
Um den statistischen Verwerfungen vorzubeugen, ist eine – geglättete – Quartalsbetrachtung sinnvoll, wie der VDA es in seiner Märzberichterstattung getan hat.
- In Europa konnte sich die Autokonjunktur im ersten Quartal 2021 gegenüber dem historisch niedrigen Vorjahresquartal kaum verbessern. Die Neuzulassungen stiegen um 1 Prozent auf 3,1 Mio. Einheiten. Anhaltende Lockdowns, geschlossene Autohäuser und zum Jahreswechsel ausgelaufene Anreizprogramme sorgten für Stillstand.
- Die fünf größten Einzelmärkte entwickelten sich in den ersten drei Monaten unterschiedlich. In Italien erhöhte sich der Absatz um knapp ein Drittel (+29 Prozent), in Frankreich um ein Fünftel (+21 Prozent). In Deutschland hingegen wurden 6 Prozent weniger Pkw neu zugelassen. Im Vereinigten Königreich (-12 Prozent) und Spanien (-15 Prozent) gaben die Neuzulassungen sogar zweistellig nach.
- In den USA stieg das Volumen der Light-Vehicle-Verkäufe (Pkw und Light Trucks) im ersten Quartal um 11 Prozent auf rund 3,9 Mio. Einheiten. Dabei ging der Absatz im Pkw-Segment um 5 Prozent zurück. Das Light-Truck-Segment legte dagegen um 17 Prozent zu.
- China ist voll im Boom – und damit Prognosebasis auch für die europäischen Märkte. Mit 5,0 Mio. abgesetzten Neufahrzeugen stiegen die Pkw-Verkäufe in China im ersten Quartal 2021 um 76 Prozent an. Das starke Wachstum ist auf das niedrige Vorjahresniveau zurückzuführen, da im Februar und März 2020 in China ein strenger Lockdown galt, der das öffentliche Leben und die Wirtschaft größtenteils zum Erliegen brachte; der Pkw-Markt brach damals um 45 Prozent ein. – Im Nachhinein betrachtet war diese Vorgehensweise rigoros und wenig demokratisch, aber sehr erfolgreich, nach dem Motto: Besser ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende. Von einer Abstimmung der 22 Provinzen mit der Zentralregierung in Bejing ist nichts bekannt.
- Der Pkw-Markt in Japan lag in den ersten drei Monaten des Jahres mit 1, 2Mio. Neuzulassungen gut 4 Prozent über dem Vorjahresniveau. Japan ging erst spät in den ersten Lockdown, weshalb die Marktentwicklung noch nicht vom niedrigen Vorjahreswert geprägt wird.
- In Indien wurden im 1. Quartal 848.900 Pkw verkauft. Dies waren gut zwei Drittel (+36 Prozent) mehr als im ersten Quartal 2020. Damit setzt sich der im Sommer 2020 begonnene Wachstumstrend fort. Der indische Markt kann auf drei aufeinanderfolgende Wachstumsquartale zurückblicken
- Der brasilianische Light-Vehicles-Markt ging im ersten Quartal um 7 Prozent auf 498.500 Neufahrzeuge zurück. Es war bereits der fünfte vierteljährliche Rückgang in Folge und das verkaufsschwächste erste Quartal seit dem Jahr 2017.
- Mit 387.300 abgesetzten Neufahrzeugen gingen die Light-Vehicles-Verkäufe in Russland im ersten Quartal um 3 Prozent zurück. Der Markt kann damit nicht an den positiven Trend der letzten zwei Quartale des Jahres 2020 anknüpfen.
Die Pkw-Produktion ist mit Ausnahme von China bislang noch von keinem klaren Erholungs- oder Wachstumstrend geprägt. Monatliche Corona-Verwerfungen dominieren.
Fazit:
Hildegard Müller, Präsidentin des Verbands der Automobilindustrie (VDA) zieht folgende Bilanz: „Die drei großen Automobilmärkte Europa, China und USA blicken im Vergleich zum Vorjahr auf eine positive Bilanz für das erste Quartal 2021. Im Vergleich zum Vorkrisenniveau haben sie jedoch noch teils erheblichen Nachholbedarf. China und die USA verzeichnen jeweils ein Minus von 3 Prozent im Vergleich zum ersten Quartal 2019. Der europäische Pkw-Markt verzeichnet für diesen Vergleichszeitraum ein Minus von 25 Prozent – hier ist das Vorkrisenniveau noch für längere Zeit nicht in Sicht.“
In der Tat, der aufgestaute Boom in der Autoindustrie – China lässt als Vorbild grüßen – wird immer wieder durch Lockdowns abgewürgt. Der einzige Trost: Je länger sich das hinzieht, desto größer der Nachholbedarf.
Noch ein Wort für Autokäufer: Kapazitätsengpässe gehen in der Regel mit kräftigen Preisanhebungen einher. Fünfzig Jahre Erfahrungen in der Autoindustrie lehren das.