VW muss vom Dieselskandal betroffene Autos zurücknehmen und Käufer haben grundsätzlich einen Anspruch auf Schadenersatz. Sie können allerdings nicht den vollen Kaufpreis zurückfordern, sondern müssen sich eine Nutzungsentschädigung abziehen lassen. Dies ist der Kern des ersten Urteils des Bundesgerichtshofes in Sachen VW Abgasskandal.
Außerhalb des Prüfstandes im normalen Fahrbetrieb dagegen schaltet der Motor in den Abgasrückführungsmodus null. Die Abgasrückführungsrate ist geringer, der Stickoxidausstoß steigt leicht an. Damit überschreitet er jedoch die engen vorgegebenen Grenzwerte der Euro-5 Norm.
Im September 2015 gab der beklagte Autohersteller VW öffentlich die Verwendung einer entsprechenden Software zu. Das Kraftfahrtbundesamt hat dann am 15. Oktober 2015 in einem Bescheid festgestellt, dass in diesen Fahrzeugtypen eine unzulässige Abschalteinrichtung eingebaut sei. VW müsse die beseitigen und die maßgeblichen Grenzwerte gewährleisten. Am 25. November 2015 gab VW schließlich bekannt, Software-Updates durchzuführen, nach der die Fahrzeuge nur noch im Modus eins betrieben werden.
Das Landgericht wies diese Klage ab. Das Oberlandesgericht Koblenz wiederum änderte diese Entscheidung und verurteilte VW, an den Kläger 25.616,10 Euro plus Zinsen gegen die Rückgabe des Fahrzeuges zu zahlen. Die Richter zogen also Nutzungskosten ab. Dagegen wiederum legten beide Parteien Revision ein.
Die Karlsruher Richter setzten die Entschädigung auf 28.257,74 Euro fest, stuften das Verhalten von VW als sittenwidrig ein und bezogen sich in ihrem letztinstanzlichen Urteil auf den § 826 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB): »Wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlich Schaden zufügt, ist dem anderen zum Ersatz des Schadens verpflichtet.«
»Sittenwidrig ist«, so die Klatsche der Richter gegen VW weiter, »nach der üblichen juristischen Definition ein Verhalten, das nach seinem Gesamtcharakter, der durch umfassende Würdigung von Inhalt, Beweggrund und Zweck zu ermitteln ist, gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt.«
Über 60.000 Kunden können Entschädigung bekommen
Ein historisches Urteil des VI. Zivilsenates, das nicht ganz unerwartet kam. Der Bundesgerichtshof stärkt mit diesem Urteil den Autokäufer. Wer sich bereits mit VW geeinigt hat, profitiert nicht mehr. Noch über 60.000 Kunden können mit Entschädigung rechnen. Wer noch nicht eine Klage gegen VW angestrengt hat, kann dies jetzt tun. Mit Sorge müssen andere Autohersteller, die ebenfalls mit ihren Diesel-Fahrzeugen betrogen haben, auf dieses Urteil nach Karlsruhe schauen. Denn auch sie müssen mit einer Klagewelle rechnen. Im Juli finden die nächsten drei Verhandlungen in Sachen Diesel in Karlsruhe statt.
Das Versäumnis der Autohersteller, bei den entsprechenden EU-Verhandlungen in Brüssel vor zwölf Jahren gegen extrem niedrige Grenzwerte vorzugehen, wird für die Autohersteller heute richtig teuer. Der damalige Daimler-Chef Dieter Zetsche schwieg, während der damalige VW-Chef Martin Winterkorn laut verkündet hatte: ‚Wir werden sogar die strengen Grenzwerte noch unterbieten!‘