Einer Studie zufolge stieg die Zahl der Firmenpleiten in Deutschland im Oktober sprunghaft an. 1530 Personen- und Kapitalgesellschaften meldeten im vergangenen Monat Insolvenz an. „Die derzeitige Insolvenzwelle ist das Ergebnis eines perfekten Sturms aus langanhaltender konjunktureller Schwäche und drastisch gestiegenen Kosten“, sagte Steffen Müller vom Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH). Zu den besonders betroffenen Branchen zählen das Baugewerbe, der Handel und unternehmensnahe Dienstleistungen. Im Verarbeitenden Gewerbe lagen die Zahlen ebenfalls auf sehr hohem Niveau.
„Den Bach rauf“ so lautet der Titel des neuen Buchs von Robert Habeck, das im Januar kommenden Jahres erscheinen soll. Ziemlich abstrakt und kopflastig, darf man spöttisch anmerken – denn de facto geht es mit der Wirtschaft heftig den Bach runter. Doch Habeck meint, man solle doch „den Mut wiederfinden“, und er wolle mit seiner Schrift Orientierung geben, wie der Verlag mitteilte.
Im Oktober stieg die Zahl der beantragten Regelinsolvenzen um 22,9 Prozent zum Vorjahresmonat, wie das Statistische Bundesamt am Donnerstag mitteilte. Gleichzeitig meldeten die Amtsgerichte endgültige Ergebnisse für den August 2024, in dem 13,4 Prozent mehr beantragte Unternehmensinsolvenzen gezählt wurden als im August 2023. Der tatsächliche Zeitpunkt des Insolvenzantrags liegt in vielen Fällen annähernd drei Monate davor. Die Forderungen der Gläubiger betragen rund 2,4 Milliarden Euro, nach etwa 1,8 Milliarden Euro im Vorjahresmonat.
Einige Beispiele
Autozulieferer Bosch will seine Sparanstrengungen verschärfen – weitere 5500 Arbeitsplätze sollen wegfallen
Im Frühjahr hatte Bosch bereits angekündigt, 7000 Stellen in Deutschland zu streichen. Der baden-württembergische Autozulieferer will seine Sparanstrengungen nun verschärfen. 5500 weitere Stellen sollen international gestrichen werden, davon 3.800 in Deutschland.
Autozulieferer ZF kürzt Arbeitszeit an deutschem Standort – Großteil der 9.800 Mitarbeiter betroffen
Der Technologiekonzern ZF Friedrichshafen hat Ende Juli angekündigt, bis 2028 allein in Deutschland bis zu 14.000 Arbeitsplätze abzubauen. Allerdings muss der Stiftungskonzern aus Baden-Württemberg aufgrund der aktuellen Marktlage an deutschen Standorten bereits jetzt Maßnahmen ergreifen und hatte im Oktober bekannt gegeben, am Standort Schweinfurt (Bayern) die Arbeitszeit der Mitarbeiter zu reduzieren.
Autozulieferer in Hessen meldet Insolvenz an: Arbeitsplätze auf der Kippe
Bo Parts Solutions ist spezialisiert auf die Produktion von Ersatzteilen für die Automobilindustrie. Die erneute Krise wurde durch das Auslaufen eines wichtigen Auftrags für ein Volkswagenmodell und den unerwarteten Verlust eines Ersatzauftrags ausgelöst.
Riesiger Baumarkt im Ruhrgebiet schließt – Räumungsverkauf läuft
Ein renommierter Baumarkt-Riese schließt seine Türen. Der Auslöser: mangelnde ökonomische Aussichten. Betroffen ist die „Toom“-Filiale in Duisburg-Wanheimerort in NRW. Daher läuft dort noch ein Räumungsverkauf mit Rabatten und dem entsprechenden Hinweis auf der Homepage: „Der Markt schließt.“ Mitte Dezember ist endgültig Schluss.
Großes Möbelhaus in NRW (Multipolster) schließt – Räumungsverkauf läuft
Für die Mitarbeiter soll es immerhin einen schwachen Trost geben – sie werden demnach auf andere Standorte verteilt und verlieren nicht ihren Job.
Blanke Türenwerke insolvent
Die Flaute im Bausektor bringt ein weiteres Unternehmen in Schwierigkeiten: Ein namhafter Türen-Hersteller ist insolvent. Nach 120 Jahren Unternehmensgeschichte steckt die Blanke Türenwerke GmbH aus Bad Iburg nahe Osnabrück in der Krise.
Immer mehr Unternehmen geht die Luft aus, berichtet die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK). Fast jeder zweite Betrieb im Osten ist betroffen. „Die Zahl der Unternehmensinsolvenzen steigt bedenklich weiter.“ Denn: „Hohe Kosten für Energie und Fachkräfte, erhebliche Belastungen durch Steuern und Bürokratie – all das drückt auf die Geschäftsaussichten und die Finanzlage“, sagt Marc Evers von der DIHK. Er rechne für das laufende Jahr weiterhin mit deutlich mehr als 20.000 Unternehmensinsolvenzen, so Evers.
Der Fachmann verweist darauf, dass die Unternehmen insbesondere im Osten Probleme meldeten: Fast jeder zweite dort ansässige Betrieb berichte von finanziellen Schwierigkeiten – gegenüber 41 Prozent in Deutschland insgesamt. Der Anteil kleiner und mittelgroßer Unternehmen sei in den östlichen Wirtschaftsregionen besonders ausgeprägt, erläutert Evers unter Verweis auf die aktuelle DIHK-Konjunkturumfrage, an der sich rund 25.000 Unternehmen beteiligt hatten.
Wettbewerbsfähigkeit schlecht wie nie
Laut einer Ifo-Umfrage beurteilt die deutsche Industrie die Entwicklung der Wettbewerbsfähigkeit so schlecht wie nie. Zwar wird dahinter ein Fragezeichen gesetzt: Doch die Mehrzahl der Industrieunternehmen berichtet in den Ifo-Konjunkturumfragen von einer verschlechterten Wettbewerbsposition in Deutschland, der Europäischen Union (EU) und weltweit. Ein Vergleich zu den Umfrageergebnissen in anderen europäischen Ländern verdeutlicht das Ausmaß der deutschen Misere.
Mit ihrer pessimistischen Einschätzung liegen deutschen Firmen weit unter EU-Durchschnitt. Den 2000 befragten Betrieben zufolge hat sich deren Wettbewerbsposition in den vergangenen beiden Jahren „so stark verschlechtert wie nie zuvor seit Beginn der Erhebung im Jahr 1994“, sagte Ifo-Forscher Stefan Sauer. Während die Einschätzungen italienischer und französischer Industrieunternehmen über dem EU-Durchschnitt lagen, ist Deutschland am unteren Ende der Liste zu finden – gemeinsam mit Belgien, Österreich und Finnland.