Industriezweige wie die Automobilbranche geraten zunehmend unter Druck – bedingt durch hohe Energiekosten, überzogene Regulierungen wie das geplante Verbrenner-Aus und die daraus resultierende sinkende Wettbewerbsfähigkeit. Die Gewinne aller großen deutschen Autohersteller brechen ein, und quer durch die Branche kommt es zu Stellenstreichungen und Werksschließungen, insbesondere auch bei Zulieferern.
Währenddessen nutzen große Rüstungskonzerne die Krise der Automobilindustrie zu ihrem Vorteil: Sie übernehmen nicht nur frei werdende Arbeitskräfte, sondern auch ganze Produktionsstandorte. Es vollzieht sich eine Verschiebung von einer ehemals florierenden Konsumindustrie hin zur Rüstungswirtschaft.
Rheinmetall: Der Rüstungsgigant greift nach neuen Märkten
Das unmoralische, aber lukrative Geschäft mit dem Krieg boomt bereits. Anhaltende Konflikte in der Ukraine sowie im Nahen Osten erweisen sich für deutsche Rüstungskonzerne als regelrechter Goldrausch. Rheinmetall zählt zu den großen Profiteuren dieser Entwicklung. Am Mittwoch veröffentlichte der Konzern seinen Geschäftsbericht, der eindrucksvolle Zahlen liefert: Der Umsatz stieg 2024 um satte 36 Prozent auf rund 9,75 Milliarden Euro. Die Produktion von Panzern, Munition und anderen Waffensystemen trägt mittlerweile 80 Prozent zum Gesamtergebnis bei.
Doch damit nicht genug: Der Konzern expandiert weiter und hat es nun auch auf Produktionsstätten der kriselnden Automobilbranche abgesehen. Besonders das VW-Werk in Osnabrück, das Gerüchten zufolge zur Disposition steht, könnte künftig zur Rüstungsfabrik umfunktioniert werden. Der Standort, an dem aktuell rund 2.300 Beschäftigte tätig sind und hauptsächlich Porsche-Modelle wie den Boxster und den Cayman fertigen, bietet eine potenzielle neue Basis für Rheinmetalls militärische Produktion.
„Wir sind grundsätzlich für solche Themen auch offen“, erklärte VW-Konzernchef Oliver Blume kürzlich in einem Interview mit NDR und ZDF. Als potenziellen neuen Produktionszweig nannte Blume Militärfahrzeuge.
Darüber hinaus hat sich Rheinmetall auch auf die Übernahme von Fachkräften aus der angeschlagenen Automobilzulieferindustrie fokussiert. In diesem Zusammenhang wurde eine Absichtserklärung unterzeichnet, um bis zu 100 Mitarbeiter des schließenden Continental-Bremsenwerks in Gifhorn zu übernehmen. Diese sollen künftig in einer neuen Munitionsfabrik in Unterlüß in der Lüneburger Heide eingesetzt werden.
Hensoldt und KNDS auf Expansionskurs
Auch der Spezialist für Rüstungselektronik Hensoldt setzt seine Wachstumsstrategie konsequent fort und plant, nahezu 200 Fachkräfte von Continental und Bosch zu übernehmen. Diese Mitarbeiter stehen aufgrund von Werksschließungen und Kapazitätsabbau vor dem Jobverlust.
Das Wachstum, das Hensoldt im letzten Jahr verzeichnet hat, ist geradezu spektakulär. 2024 erwirtschaftete der Konzern einen Gewinn von 177,78 Millionen Euro, ein gewaltiger Sprung im Vergleich zu 54 Millionen Euro im Vorjahr. Das entspricht einem Anstieg um 229 Prozent binnen eines Jahres. Auch an der Börse spiegelt sich diese Entwicklung wider: Während die Hensoldt-Aktie im Januar 2022 noch bei etwa 12 Euro notierte, hat sie inzwischen die 70-Euro-Marke durchbrochen.
Zusätzlich könnten bis zu 75 weitere Arbeitskräfte an anderen KNDS-Standorten untergebracht werden, während Alstom selbst noch 100 Mitarbeiter an andere Werke innerhalb des Unternehmens verlagern will. Die ersten Produktionslinien für Panzerteile sollen bereits in diesem Jahr anlaufen, während der vollständige Umbau des Werks voraussichtlich bis 2027 abgeschlossen sein wird.
Riskanter Umbau der Wirtschaft
Mit der Hilfe von Unternehmen wie Rheinmetall, Hensoldt und KNDS könnte sich Deutschland also nun von einer einst führenden Automobilnation in eine Rüstungswerkstatt umwandeln
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Die frühere Vorzeigebranche wird geopfert – zugunsten eines „rüstungslastigen‟ Wirtschaftsmodells, das vor allem politischen Entscheidungsträgern und Großinvestoren in die Hände spielt, die vom Krieg profitieren.
Besonders problematisch ist dabei, dass sich die wirtschaftliche Dynamik zunehmend von der privaten Nachfrage hin zur staatlich gesteuerten Auftragsvergabe verlagert. Ist die Wirtschaft einmal abhängig von den staatlichen Rüstungsaufträgen, gibt es kein Zurück mehr. Wird die staatliche Finanzierung der Rüstungsindustrie reduziert, droht ein massiver Einbruch des Bruttoinlandsprodukts (BIP) und damit der gesamten Wirtschaftsleistung. Zudem schafft die Rüstungsindustrie pro investiertem Euro deutlich weniger Arbeitsplätze als andere Industriezweige.
Darüber hinaus leidet die Innovationskraft: Eine Industrie, die sich vorrangig auf Rüstung konzentriert, richtet Forschung und Entwicklung zunehmend auf militärische Anforderungen aus – mit der Folge, dass Fortschritte im zivilen Bereich ins Hintertreffen geraten.
Rüstungsausgaben treiben Deutschland tiefer in die Schuldenkrise
Die ungebremste Aufrüstung Deutschlands führt obendrein zwangsläufig zu einer immer stärker werdenden Abhängigkeit von neuen Schulden, da die Kosten für den militärischen Ausbau exorbitant sind.
Schon 2022 bediente sich die Ampelregierung fragwürdiger Methoden, um neue Schulden für das Militär zu rechtfertigen. Unter Olaf Scholz wurde das Grundgesetz geändert, um ein schuldenfinanziertes Sondervermögen in Höhe von 100 Milliarden Euro für die Bundeswehr zu schaffen. Dieses Geld wurde vollständig für die Beschaffung von Waffen und Rüstungsgütern verplant.
Deutschland vollzieht einen radikalen wirtschaftlichen Kurswechsel, weg von einer blühenden Industrienation hin zur staatlich finanzierten Rüstungswirtschaft. Während die Automobilbranche durch hohe Energiepreise und überbordende Regulierungen in die Knie gezwungen wird, fließen Milliarden in die Rüstungsindustrie, Aktionäre von Rheinmetall, Hensoldt und Co. verdienen sich eine goldene Nase.
Doch diese Abhängigkeit von militärischer Produktion birgt gewaltige Risiken: Die Nachfrage wird nicht mehr durch den freien Markt bestimmt, sondern von politischen Entscheidungen. Ein Modell, das langfristig zu wirtschaftlicher Instabilität führen könnte. Zudem wird dieser Umbau auf Kosten der Infrastruktur, der sozialen Absicherung und des Mittelstands vorangetrieben, während die Staatsverschuldung immer weiter in die Höhe schnellt.