Tichys Einblick
Es wird weitergemerkelt

Was der rotgrüne Klimastaat für Deutschland bringt

In der Ampel-Koalition wird in den kommenden beiden Jahren weitergemerkelt. Bis sich die Realität unaufhaltsam Bahn bricht. Worauf Sie sich einstellen sollten.

Angela Merkel

imago images / photothek

Ein Zyniker oder Beobachter aus einem anderen Land müsste heute kommentieren: Merkel ist weiter noch da und mit ihr ein Kabinett der Verlierer der CDU und Versager der SPD. Zwar nur geschäftsführend, bis ein neuer Kanzler gewählt wird; aber auch in dieser Form kann und wird sie weiter Unheil anrichten.

1. Die laufende Massenmigration wird nicht gestoppt. Die Entscheidungen in der EU laufen weiter Richtung Auflösung der Budgethoheit des Deutschen Bundestags, Einführung einer EU-Staatskasse mit zunächst Ausgabenhoheit und nachfolgendem Besteuerungsrecht durch den Griff in die Kassen der jeweils flüssigen Länder, was heißt: der noch kreditwürdigen. Projekte wie die Deindustrialisierung und die Zerstörung der Energieversorgung gehen munter voran.

2. Der Bundestag ist noch größer geworden; statt der grundgesetzlich vorgeschriebenen 598 Abgeordneten sind es jetzt 736. Nicht um die schiere Größe geht es, sondern um die Qualität. Die Kraft der direkt gewählten Abgeordneten nimmt weiter ab, die werden ja nicht erhöht. Es bleiben 298. Damit hat der Bundestag eine wachsende Mehrheit der Listen- und Ausgleichsmandate; und die fühlen sich ihrer sehr konkreten Partei- und Fraktionsführung verpflichtet, nicht dem Wähler. Den kennen sie gar nicht, der bleibt anonym und unberücksichtigt. Die unter Merkel eingeführte Tradition wird fortgesetzt werden, wonach die Abgeordneten welcher Koalition auch immer dazu verpflichtet werden, für Koalitions- und damit Regierungsvorhaben zu stimmen. Das ist sonst nur in Diktaturen üblich. Das Parlament kontrolliert nicht mehr, es vollzieht, bestätigt notariell und schweigt. Ein Parlament, das in eigener Sache so sehr gegen den Buchstaben und Geist des Grundgesetzes verstößt und zwar von Beginn an, wird die Verfassung nicht achten, sondern nur benutzen. Ein längst auf Partei-Linie gebrachtes Bundesverfassungsgericht wird die Rechtmäßigkeit bestätigen, die Medien werden es bejubeln und manche Leser der letzten kritischen Medien diese Erbsünde kommentieren und im übrigen dahin auswandern, wohin die Grenzen wirklich immer offen stehen: in die innere Emigration. Natürlich wird uns bestätigt, dass wir dem Respekt und Anerkennung zollen müssen, und das werden wir tun im Wissen um die Entstehung.

3. Das fällt umso leichter, weil alle Parteien einschließlich der jämmerlich verendenden CDU/CSU ohnehin ein neues Grundgesetz verabschiedet haben. Zukünftig geht es nur um Klimapolitik. Das bedeutet, und auch da hat das Bundesverfassungsgericht bereits die Paragraphen zurechtgebogen, dass alle Politikfelder einer imaginären Bedrohung untergeordnet werden. Wir kennen das aus der Corona-Debatte: Abgewürgt wurde jede Kritik, die an der Wirksamkeit der jeweiligen Maßnahme Zweifel anbrachte. Eigentlich demokratisch selbstverständlich. Nicht mehr in Deutschland. Es gilt der Imperativ nicht des Wetters, denn das ändert sich stündlich, sondern der Imperativ einer abgeleiteten Klimagefahr, deren Bekämpfung jede Maßnahme rechtfertigen soll. Klimanotstand, Klima-Ausgangssperre, Klima-Sondervollmachten, Klima-Ermächtigungsgesetz, vielleicht bald ein „Kommando Klima-Spezialkräfte“ zur Belehrung der Kritiker, ein Klima-Bundesanwalt, der Verstöße verfolgt, und Klima-Sondervollzug in allen Bereichen der Verwaltung – die Erderwärmung muss in Deutschland besiegt werden. Bei einem auf unter zwei Prozent sinkenden Anteil an den Emissionen spielt das zwar für den Planeten keine Rolle. Aber Deutschland geht beispielhaft voran und opfert gerne seine Demokratie und selbstverständlich den Wohlstand; denn Letzterer ist die neue Schuld, die wir anerkennen und von der wir uns befreien wollen. Diesmal ist es einfach – durch die Hingabe von Mobilität, Konsum, Luxus und des Schnitzels auf dem Teller. Wer Klimapolitik betreibt, will jeden Lebensbereich kontrollieren und der Rettung des Planeten unterordnen. Alles ist politisch – auch das Essen und wie besonders Radikale fordern: die Fortpflanzung. Sie wissen schon. Sie verschmutzen den Planeten. So greift die gewollte Politik vom Großen in das Kleine hinein, in das Private. Wir wollten es wohl so. Wir haben es sehenden Auges gewählt. Noch ist Jamaika mit der CDU nicht ausgeschlossen; die CDU lockt die Grünen mit dem Bundespräsidentenamt als Beute; die CDU gibt alles. Am Ende ist es egal, ob die CDU oder SPD in der Koalition unter Grünen wirken dürfen.

4. Die nächsten Krisen kommen bestimmt; und es sind zunächst keine Finanz- oder Haushaltskrisen; davor bewahrt uns die neue EU-Schutzmacht in Gestalt der Europäischen Zentralbank. Sie wird alles zu finanzieren bereit sein, was jene wollen, die gewählt wurden. Aber auch der warme und bald heiße Wind der Inflation treibt keine Windräder an. Deutschland läuft in die Krise der Zerstörung seiner industriellen Kapazitäten hinein. Viele Unternehmen wissen das. Kluge haben sich längst Standorte in besseren Umwelten gesucht und verlagert, Dumme werden ihr Ende beklagen oder mit staatlichem Geld gepäppelt wie ein E-Auto. Die Haushalte werden hohe Nebenkosten-Nachzahlungen schultern müssen, und ein eilfertiger Bundestag wird eine Deckelung von Nebenkosten zulasten der Miethaie beschließen; die Rhetorik kennen wir, und in Berlin hat eine Mehrheit von 56 Prozent dafür gestimmt. Wohnraum zu bauen oder zu unterhalten ist zukünftig eine edle Tat, in höchstem Maße selbstlos. Der Verfall wird nicht sofort sichtbar werden und doch jeden Tag voranschreiten. Es wird weitergemerkelt, in allen Bereichen, und das Füllhorn des Staates soll die Fehler überdecken. Temporär. Wirtschaft gewinnt aber immer.

5. Vielleicht gehört es zum Paradoxon der Politik, dass die allerlautesten Schreier und Forderer das Gegenteil des Geforderten durchsetzen. Die pazifistische Partei der Grünen hat die Auslandseinsätze der Bundeswehr erst ermöglicht und die Bombardierung Serbiens durch die Luftwaffe Realität werden lassen; da spielte Geschichtsbewusstsein keine Rolle. Möglicherweise ist es die rotgrüne Regierung, die nach einigen Jahren des Erstaunens Merkels Energiewende korrigiert. Der Kluge lacht, der Laie wundert sich. Die Realität verschafft sich eigene Wirksamkeit. Dazu gehört auch: Verlorene Industriearbeitsplätze kommen nicht wieder; die staatliche Subventionierung von E-Auto-Fabriken bestätigt diese Meinung. Subvention schafft keinen Mehrwert, sie frisst ihn.

6. Jedem dürfte klar sein, dass die Systeme der sozialen Sicherung nicht mehr finanzierbar sind; weder aus der Steuerkasse, noch durch Beitragserhöhungen. Deswegen wird man Beitragsbemessungsgrenzen aufheben, damit „die starken Schultern mehr tragen“. Auch sonstige Einkommen werden beitragspflichtig werden; wer gespart hat, ist der Dumme. Weil Geld weginflatoniert wird. Mit Aktien und Betriebsvermögen, weil deren Erträge noch weit höher besteuert werden. Die FDP wird sich etwas zieren. Aber bekanntlich sind ja Beiträge zur Sozialversicherung keine Steuern …. Politik ist zur Kunst der billigen Ausrede verkommen. In Koalitionen der Zwang zur Ausrede. Und es ist bequem. Die FDP wird sich als letzter Damm der Bürgerlichkeit gegen das rotgrüne Chaos verkaufen und dafür die Reste opfern.

7. Der rotgrüne Erfolg wird bejubelt werden; wozu hat man ARD und ZDF und eine Gefälligkeitspresse, die für ihr Überleben auf ähnliche Gebühren und staatliche Anzeigen hofft? Das Moralisieren der Politik ist längst die schärfste Waffe; der Kampf gegen Rechts ist an die Stelle des kompromisslosen Kampfes gegen den Klassenfeind getreten, gegen den es keine Gnade und kein Verzeihen geben darf. Jetzt ist die CDU wieder rechts, obwohl sie gefällig alles getan hat, um als grün wahrgenommen zu werden. Die von Merkel etablierten Wirkmächte richten sich gegen die CDU. Hilfe für den Kampf gegen Kritiker, pardon: „gegen die Rechten“ wird schon heute organisiert über immer neue Millionen für sogenannte NGOs und Verbände der linksradikalen Antifa, die zu einer Art Schutztruppe der Regierung auf- und weiter ausgebaut wurde, um Gegner einzuschüchtern. Wer widerspricht, fliegt. Und wer fliegt, landet niemals mehr in irgendeiner verantwortlichen Position. Große Teile der Kritiker in Medien, an Hochschulen, in Verbänden, in der Gesellschaft wurden ausgetauscht.

Das wirklich traurige ist: Die Ampel, rote und grüne Sozialisten mit gelben Zustimmern sind nicht interessiert an Rechtsstaat, Meinungsvielfalt, Demokratie. Die Grünen sind getrieben von einer fanatischen Klimabessenheit, die sie als Legitimation nehmen werden, um die Reste der demokratischen und bürgerlichen Freiheiten zu schleifen. Gemeinsam mit den Sozialisten werden sie weitere Elemente der Freiheit demontieren: das Recht auf Eigentum, Selbstbestimmung, Familie und Unantastbarkeit des Privaten. Für sie ist alles politisch und damit Verfügungsmasse.
Der wahre Kampf ist ein Kulturkampf: gegen die Bevölkerung, die noch im Geiste des Grundgesetzes aufgewachsen ist. Die Kinder wurden auf die Straßen geschickt, um das System ihrer Eltern zu bekämpfen; zuletzt wurden sie indoktriniert, um auch am Esstisch gegen Moral und Werte zu kämpfen, und das klimagerecht. Die junge Generation ist eine missachtete. Sie wird in den Dienst einer Ideologie gestellt, die älter ist als ihre Großeltern. Allerdings beginnen sie sich zu wehren. Sie glauben nicht an grüne Leerformeln. Viele davon haben nicht grün gewählt; in der Hoffnung, dass das Versprechen auf Freiheit und Wohlstand auch für ihre Generation gilt. Dieser Konflikt wird sich verschärfen. Der Druck auf Medien wie dieses wird sich weiter verschärfen.

Aber wir bleiben. Das verspreche ich Ihnen.

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