Das Grundgesetz wurde nun 75 Jahre alt. 75 Jahre, in denen es sinnstiftend sein soll für einen irgendwie geformten „Verfassungspatriotismus“. Aber wie steht es um diesen Grundstein des Rechtsstaats? Seit das Grundgesetz besteht, wurde es 54-mal geändert. Wie lästig Politiker das Grundgesetz empfinden, konnten die Bürger während der Corona-Krise erfahren. Der Ministerpräsident Bayerns, Markus Söder, wollte ihnen ihre „Grundrechte wieder gewähren“, wenn genug von ihnen geimpft wurden.
David Boos hat als Österreicher keine naturwüchsige Beziehung zum Grundgesetz. Deswegen unterhält er sich mit denen, die sich mehr damit beschäftigen. Staatsrechtler Prof. Dietrich Murswiek erklärt: Nach wie vor ist das Grundgesetz die beste Verfassung, die die Deutschen jemals hatten. „Das Ganze ist ein hervorragender Rahmen […] der sich hervorragend bewährt hat.“ In diesen Rahmen sollte aber nicht zu viel hineininterpretiert werden.
Eine Verfassung könne nur „begrenzt“ verantwortlich sein für die Erfolge und Misserfolge der Politik. Das Erhard’sche Wirtschaftswunder war kein Erfolg des Grundgesetzes, genauso wie die katastrophale Wirtschaftspolitik der Ampel kein Fehler des Grundgesetzes ist. Murswiek warnt ausdrücklich davor, immer mehr Einzelheiten in die Verfassung hineinzuschreiben. Kinderrechte, Klimaschutz, Tierrechte: Sind sie einmal im Grundgesetz, können sie kaum verändert werden. So wird der demokratische Spielraum des Wählers eingeschränkt.
Roland Tichy, Chefredakteur von Tichys Einblick, blickt pessimistisch in die Zukunft: Immer mehr Entscheidungen werden aus dem Grundgesetz ausgegliedert und nach Europa ausgelagert. Irgendwann wird das Grundgesetz so zur Folklore.
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