Die Bundesinnenministerin verbietet Compact: ein bisher nicht dagewesener Vorgang. Polizisten stürmen die Redaktionsräume und suchen nach Beweisen. Beweise wofür? Das wissen die Beamten auch noch nicht. Die Rechtsgrundlage dafür ist fragwürdig – Verfassungsexperten wie Rupert Scholz halten das Vorgehen für eindeutig illegal.
Einst schenkte der Chefredakteur der „Stimme der DDR“ Roland Tichy eine Lenin-Büste mit den Worten: „Denken Sie daran: Irgendwann sind wir wieder dran“. Sind Diktatoren wieder dran? Denn Lenin sah die Rolle der Journalisten darin, die Ideen der Regierung in die Bevölkerung zu tragen. Kritik an der Regierung war verboten.
Auch Positionen, die vom Grundgesetz nicht gedeckt sind, sind durch die Meinungsfreiheit vor dem Staat geschützt. Nancy Faeser will das nicht akzeptieren. Sie verstößt offen gegen die Verfassung, um die Pressefreiheit einzuschränken.
Hier lesen Sie das Transkript des Videos:
Willkommen bei Tichys Einblick, willkommen im neuen Deutschland. Im neuen Deutschland? Wieso im neuen Deutschland? Schauen Sie, vor wenigen Tagen ist etwas passiert, was Deutschland so grundsätzlich verändert hat. Zum ersten Mal in der Geschichte der Bundesrepublik wurde eine Zeitschrift verboten, sogar ihre Stühle, ihre Möbel abtransportiert aufs Polizeipräsidium, wurden Gelder, wurde Inventar beschlagnahmt, wurden Adresslisten beschlagnahmt.
Einfach so. Es ist dabei ein ikonisches Bild entstanden. Ein verstrubbelter Mann im Bademantel steht an seiner Haustür und vor ihm steht eine Übermacht von Polizisten mit Sturmhauben. Der Staat, die Staatsmacht, verbirgt ihr Gesicht wie der Dieb in der Nacht.
Das neue Deutschland
Das ist das neue Deutschland. Das ist das neue Deutschland, das sie wollen. Und übrigens, Dunja Hayali, eine Journalistin des ZDF, benennt diesen Vorgang wie folgt: „Symbolbild, wenn Meinung und Freiheit geschützt werden.“
Wenn Meinung und Freiheit geschützt werden? So also werden im Sinne des ZDF oder seiner führenden Mitarbeiter Meinung und Freiheit geschützt – dadurch, dass man Journalisten mit der Polizei überfällt? Also Pressefreiheit ist, wenn es keine Presse mehr gibt. Ist es das, was sie meinen in ihrem neuen Deutschland?
Und noch etwas fällt auf: Journalisten sind dabei bei dieser Verhaftung. Das ist eigentlich überraschend. Wenn es um Messermörder geht, Vergewaltiger, dann dürfen nicht einmal ihre Vornamen mehr genannt werden, weil das auf den Personenkreis schließen lässt, von dem sie stammen. Dann werden ihre Namen geheimgehalten. Deren Fotos, deren Bilder unterliegen dem Datenschutz. Aber bei der Gefangennahme von Journalisten gilt das offensichtlich nicht.
Journalisten im Leninismus, Stalinismus haben keine eigene Meinung. Sie recherchieren nicht. Sie sagen, was der Staat will. Und diese Statue ist ein Original. Sie stammt vom Schreibtisch des früheren Chefredakteurs der „Stimme der DDR“. Dieser Kollege hat mir nach der Wiedervereinigung diesen Lenin geschenkt mit den Worten, „Denken Sie daran, irgendwann sind wir wieder dran.“
Freiheit war nur ein Spuk?
Also offensichtlich ist die Zeit, in der Leninisten die Pressefreiheit einschränken dürfen, wiedergekommen. Sind die Feinde der Freiheit wieder dran? Ist es alles nur ein Spuk?
Gegen Frau Faeser, die Innenministerin, die all diesen Spuk vollbracht hat, gibt es auch Gegenmeinungen. Ich zitiere aus der FDP Marco Buschmann, Justizminister: „Politiker, die gezielt die Pressefreiheit einschränken wollen, leiden unter einem schwerwiegenden Demokratiedefizit. Sie dürfen daher keine hohen Staatsämter ausüben.“
Das bringt mich doch zum Nachdenken. Nancy Faeser, die Innenministerin, hat sicherlich versucht, jetzt die Pressefreiheit einzuschränken. Sie ist also offensichtlich nicht geeignet, gut ein schweres Staatsamt, ein verantwortungsvolles Staatsamt auszuüben. Ich unterstütze Marco Buschmann, aber da fällt mir auf, leider ist dieser Buschmann-Spruch von 2019. 2019 ist schon so lange her, und das Gedächtnis der FDP ist kurz.
Das frühere Grundgesetz schützt den Bürger vor dem Staat. Das müssen wir uns klar machen. Das Grundgesetz ist dafür da, dass der Staat nicht auf uns zugreifen kann, wie die Geheimpolizei von Lenin. Auch solche Positionen werden vom Grundgesetz geschützt, die dem Grundgesetz widersprechen. Manche davon mögen irrsinnig sein, manche mögen falsch sein. Auch wenn Sie für die Todesstrafe sind, die vom Grundgesetz nicht gedeckt ist.
Es ist Pressezensur
Selbstverständlich darf man für die Forderung nach einer Todesstrafe eintreten. Man könnte auch dafür eintreten, dass Männern der Führerschein aberkannt wird, ganz generell wegen ihres Geschlechts. Man könnte auch für die Abschaffung der Marktwirtschaft eintreten. All dies sind Forderungen, die vom Grundgesetz nicht gedeckt sind, aber das geht in Ordnung. Das Grundgesetz schützt unsere Freiheit, nicht die des Staates.
Faeser und ihr Chef des Verfassungsschutzes wollen genau daran etwas ändern. Sie wollen den Staat vor Kritik schützen. Wer den Staat kritisiert, sagen sie, der delegitimiert ihn. Und der starke Staat muss sich gegen den Bürger, der ihn kritisiert, wehren. Das heißt, wir sollen zu Regierungs-Ja-Sagern werden. Und sie legen für sich selber aus, was das Grundgesetz ihrer Meinung nach für richtig hält und sie wollen den bestrafen, der davon abweicht, der nicht ihrer Meinung ist.
Der Deutsche Journalistenverband tritt jetzt dafür ein, dass Presseerzeugnisse verboten werden. Die Gewerkschaft vertritt also nicht mehr die Interessen ihrer Mitglieder, sondern will ihre Mitglieder verboten sehen bzw. ihre Arbeit verbieten lassen durch den Staat, dem sie völlig unkritisch gegenübersteht.
Und völlig unkritisch dem gegenübersteht, dass dieser wunderbare Artikel 5, die Meinungsfreiheit –und niemand darf gehindert werden, sich aus Quellen seiner Wahl zu informieren –, dass dieses wunderbare Grundgesetz in sein Gegenteil verkehrt wurde. Das ist das, was mir Sorge macht. Sie wollen, viele wollen ein neues Deutschland. Ich will das Deutschland des Grundgesetzes. Ich will unsere demokratische rechtsstaatliche Freiheit beschützen. Und ich finde, Lenin gehört auf den Müll. Da soll er auch bleiben.