Tichys Einblick
Das Mädel-Kabinett

Wo Olaf Scholz recht hat, hat er recht

Olaf Scholz lässt seinen Sprecher das eigene Kabinett abwerten und etwas lächerlich machen. Ist es eine Verzweiflungstat, weil er mit diesem Personal nicht mehr weiterkommt?

IMAGO/photothek

Es ist so eine déformation professionelle von Journalisten, Zitate aus dem Zusammenhang zu reißen, zu verkürzen und damit zu skandalisieren; meist entsteht dann ganz was anderes in der Öffentlichkeit, als der Sprecher vielleicht wollte.

Skandal mithilfe des Presseamts

Neuerdings ist es anders. Wolfgang Büchner, stellvertretender Regierungssprecher, verkürzte ein Interview des Bundeskanzlers, der im halbstaatlichen RBB dies und das zur Ukraine sagte, etwa dass er nicht hinfahren werde, aber die Bundesregierung der Ukraine solche Waffen schenken wird, die ohne Hilfe von Bundeswehrsoldaten vor Ort bedient werden können.

Aber das scheint dem Bundespresseamt nicht berichtenswert. Sprecher Büchner pickte folgenden Satz heraus:

„Zu seinem Führungsverständnis: In so einer Situation glaubten viele zu wissen, was Führung sei. (…) „manchen von diesen Jungs und Mädels muss ich mal sagen: Weil ich nicht tue, was ihr wollt, deshalb führe ich.“

Wen könnte er mit „Jungs und Mädels“ so gemeint haben? Man reibt sich die Augen und denkt an sein Kabinett und seine Ampelkoalition; da hat in den letzten Tagen etwa die Außenministerin schwere Waffen für die Ukraine dringend eingefordert und der frühere Grünen-Promi Anton Hofreiter endlich Führungsstärke.

Und von der neuen Familienministerin, die in diesen Tagen ihre Urkunde ausgehändigt erhält, platzte folgender Tweet aus dem September 2021 wieder in die Aufmerksamkeit, mitten hinein in die Jubelfeiern ihrer Berufung:

„Die #Scholz-Methode: vollständige #Transparenz ankündigen, aber das Gegenteil machen:

X #Wirecard-Unterlagen
X #CumEx-Protokoll
X jetzt Finanzierung #SPD-Steuerkonzept

Alles, was brisant werden könnte, wird zurückgehalten. Aussitzen, wann & wo es geht“

Kein Wunder, dass Scholz sich darüber ärgert, über noch ein Mädel im Kabinett.

Scholz ignoriert nicht

Sowas könnte man ja nicht einmal ignorieren, wie der Bayer sagt. Aber es scheint dem Bundeskanzler wichtig zu sein. Paus ist ja Nachfolgerin von Anne Spiegel, die in der Ahr-Flutnacht, obwohl zuständige Katastrophenministerin in Rheinland-Pfalz, lieber beim diskreten Abendessen war und die Bevölkerung nicht hat warnen lassen, was viele Menschen buchstäblich das Leben gekostet hat. Trotzdem wurde sie vom Landeskabinett, wo sie so spektakulär versagt hat, ins Bundeskabinett geholt.

Gut, dass es sowas wie eine Amtspflichthaftung für Politiker nicht gibt; angesichts der vielen Toten durch unterlassene Vorsorge wäre Spiegel ansonsten in den Knast, nicht in das Bundeskabinett, gekommen. Mit solchen Mädels ist allerdings kein Staat zu machen, denkt Scholz wohl verzweifelt.

Wo Scholz recht hat, hat er ja recht.

Doppelte Modenschau in Mali

Der Krieg Russlands in der Ukraine hat durchaus das Zeug, sich zum Dritten Weltkrieg inklusive Atombomben auszuwachsen. Also doch eine durchaus ernstzunehmende Angelegenheit, irgendwie. Außenministerin Annalena Baerbock will den Konflikt verschärfen, mit Panzern aus Bundeswehrdepots, erklärt sie mit strenger Miene. Möglicherweise würde das Wladimir Putin nicht goutieren. Gesagt – verreist.

Annalena Baerbock tourt durch Mali und Niger. Da hat sie Zeit für schöne Fototermine, abstrakt genug gekleidet, um sich nicht dem Vorwurf der „kulturellen Aneignung“ einfachster afrikanischer Formen auszusetzen. Sie verspricht 50 Millionen Euro für den Kampf gegen den Klimawandel und die globale Ernährungskrise. Viel Geld für den Steuerzahler, aber wenig für Klima und Hunger. Üblicherweise verschenkt ein Minister solche Versprechen, wenn er einen Reisegrund sucht. Ansonsten bewilligt das ein Oberregierungsrat im Entwicklungshilfeministerium per Fax. Was allenfalls deshalb schwierig ist, weil in solchen Ländern die Digitalisierung meist weiter fortgeschritten ist und das Fax nur noch im Museum steht, wenn es dort eines für die „Technik zurückfallender Länder (Newly Declining Countries)“ gibt.

Wer angesichts der drohenden Weltlage dafür Zeit hat, den darf der Bundeskanzler schon sein Außen-„Mädel“ nennen, ohne ihr zu nahe zu treten. Vielleicht ist sie ja in Mali besser aufgehoben als in Moskau, wo sie von einem Lawrow über den Tisch gezogen werden würde. Es gibt immer noch eine Steigerung des Schreckens. Mädel ist da aus der Perspektive des alten weißen Scholz ja nicht soooo negativ. Aber wen hat Scholz mit „Jungs“ gemeint? Vielleicht den Landwirtschaftsminister Cem Özdemir?

Der Balkonplantagenbesitzer lehnt ausdrücklich jede auch nur vorübergehende Ausweitung der landwirtschaftlichen Anbaufläche oder Rückkehr zum bislang üblichen Düngemitteleinsatz in Deutschland ab. Es könnte ja mehr von dem produziert werden, das durch den Krieg in der Ukraine an Getreideernte ausfällt und so sicher wie das Amen in der Kirche diese globale Ernährungskrise verschärft, die das Bundesaußenmädel in Mali bekämpft, und auch in Niger, nicht zu vergessen.

Ein echter Jungs-Streich, könnte man spotten, wäre die Lage nicht so ernst. Oder hat Scholz seinen grünen Wirtschaftsminister Habeck gemeint? Der empfiehlt nicht direkt hungern, aber frieren, und der Chef der Bundesnetzagentur, weniger heiß duschen als Mittel zum Kampf gegen Putin. Was erklärtermaßen Käse ist; denn schließlich haben ja die Grünen diese Energiewende unterstützt, die außer Landschaftszerstörung durch Windräder im Ergebnis nur eines bedeutet: Umstellung auf Erdgas für alles. Auch übrigens für Elektroautos, die mit Gas-Strom betrieben werden sollen und für diese glänzende Idee staatlich subventioniert werden.

Aber halt! Es war ja Scholz, der für diesen Dummen-Jungs-Streich gekämpft hat bis zur buchstäblich ersten Kugel aus dem Gewehr eines russischen Soldaten in der Ukraine.

Gerechtigkeit für die grünen „Jungs und Mädels“

„Jungs und Mädels“ gibt es eben in allen Parteien; heute lassen wir mal die FDP außen vor. Und auch die SPD-Verteidigungsministerin Christine Lambrecht, die in Mali, dem neuen Laufsteg für reiselustige Bundesmädels, in High Heels auf Wüstensand laufen probt vor Soldaten in schweren Stiefeln. Stiefel, und das bei der Hitze! Wie die das nur aushalten!, hat sie wohl gedacht, als sie vorbeigedribbelt ist. Warum nicht Stöckelschuhe für alle?

Das wäre übrigens ein Thema für Innenministerin Nancy Faeser, die jetzt die Bundesflagge, immerhin durch das Grundgesetz geschützt, schrittweise durch die „Regenbogenflagge“ der globalen Schwulenbewegung ersetzt. Zunächst nur am Christopher Street Day, dann im „Pride Month“ und dann bald das ganze Jahr. 

Wo Olaf Scholz recht hat, hat er recht. „Jungs und Mädels“ ist schon die treffende Bezeichnung für dieses Kabinett der Leuchten, Geistesgrößen und Durchblicke.

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