Tichys Einblick
CDU-Grundsätze

Wie Friedrich Merz die CDU den Grünen zum Fraß vorwirft

Friedrich Merz offenbart jetzt seine Politikvorstellung: Inhalte übernimmt er klag- und fraglos von den Grünen, um mit ihnen in Land und Bund an die Macht zu kommen. Die Ämter zählen, nicht der Inhalt.

IMAGO / Bernd Elmenthaler

Wir erleben eine „feindliche Übernahme“: Die Grünen kapern die CDU; begünstigt durch deren Parteivorsitzenden Friedrich Merz. Aus der Wirtschaft kennt man das: Ein Unternehmen frisst das andere, nicht immer beherrscht hinterher das große das kleine. In Nordrhein-Westfalen will die CDU mit den Grünen regieren – und ist ihr in allen wesentlichen Punkten gefällig: Die Industrie soll verschwinden, sie stinkt ja.

Der Staat gibt zukünftig der Wirtschaft Vorgaben und belohnt mit Subventionen, was Verbote alleine nicht schaffen: Planwirtschaft nannte man das früher; Ludwig Erhard ist nun endgültig auf dem Müll gelandet. Selbst in den nach ihm noch benannten Stiftungen wird mittlerweile das schwarze Hochlied auf staatlich-grüne Planung und Lenkung gesungen. Die CDU macht sich auf allen Ebenen für die Übernahme bereit, wirft alles über Bord, was bei den zukünftigen grünen Kapitäninnen Stirnrunzeln auslösen könnte.

Auch Merz will jetzt die Transformation

Das Leben der Menschen soll „transformiert“ werden in eine grüne Zukunft. Die große Transformation ist eine Chiffre für totale Umgestaltung von Politik, Wirtschaft und dem privaten Leben. Die Schranken zwischen Familie und Öffentlichkeit sollen fallen, jeder Einzelne umerzogen werden, damit er im neuen Kollektiv eingefügt werden kann. Wer von der „Transformation“ vor zwei Jahren sprach, wurde als Verbreiter „rechtsextremer Verschwörungstheorie“ beschimpft; so etwas gebe es doch gar nicht und sei Teil eines antisemitischen Weltbildes. Heute ist der Begriff die zentrale Kategorie im Koalitionsvertrag der rot-grün-gelben Ampel und Regierungsrhetorik.

Zeit zum Lesen
„Tichys Einblick“ – so kommt das gedruckte Magazin zu Ihnen
Nicht nur im Bund, in der die grüne Ideologie die SPD zur intellektuellen Restgröße reduziert hat, auch in Nordrhein-Westfalen, wo demnächst ein schwarzer Ministerpräsident grüne Programmatik vollziehen darf: Dort sollen Wärmepumpen alle Heizungen ersetzen, Wind und Sonne als ausschließliche und preisgünstige Energiequellen das frühere industrielle Herzstück des Landes endgültig in eine grüne Insel ohne störende und rauchende Arbeitsplätze verwandeln. Clans sollen nicht einmal mehr wie bisher mit Nadelstichen verfolgt werden, und ein Polizeibeauftragter soll streng darüber wachen, dass hier ja kein „Rassismus“ Bürger vor Tätern schützt. Abgelehnte Asylbewerber dürfen selbst entscheiden, ob sie im Sozialsystem bleiben oder zurückkehren wollen. So soll mit der Wirtschaft die Gesellschaft passend gemacht werden und das Private gleich mit.

Männer und Frauen, die sich als solche verstehen und damit zufrieden sind, gelten nicht mehr als seriöse Auskunftspersonen, erklärt der grüne Multi-Sex-Beauftragte Sven Lehmann der Bundesregierung, der Transsexualität zur gesellschaftlich beherrschenden Norm aufbauen will: Nur Trans ist gut. Nur Trans-Personen, so die Wortneuschöpfung, sehen die Welt mit richtigen Augen. Ihre Zahl soll mit Gewalt erhöht werden, notfalls mit dem Skalpell: 14-Jährige sollen sich auf eigenes Verlangen, ohne Beratung und auf Kosten der Krankenkassen umoperieren lassen können.

Mittlerweile beginnen sich Ärzte und Wissenschaftler gegen eine Ideologie zu wehren, die die Hirngespinste grüner Hörsaalideologen gegen jede wissenschaftliche Erkenntnis zur Staatsaufgabe aufwertet. Was normal ist, wird regierungsamtlich zur Abnormalität erklärt; kleinste Randgruppen zur Norm, an denen sich das Leben auszurichten hat. Die Grenze zwischen Staat und Privat wird eingerissen, der Transbeauftragte indoktriniert mit Hilfe des Staatsfernsehens und greift mit Gesetzesvollmacht in die Kinderzimmer ein.

Die CDU schweigt und macht mit

Wer glaubt, die CDU würde dagegen aufbegehren irrt sich. Sie macht in allen vorhandenen und denkbaren schwarz-grünen Koalitionen mit. Parteichef Merz demonstrierte das in seiner Rede als Oppositionsführer in der Haushaltsdebatte. Es ist der Ort des Gegenentwurfs, das Plenum der Kritik generell am Regierungshandeln, das Postulat der Alternative. Doch Merz vermied alle Themen, die etwas mit den internen Problemen der Bundesrepublik zu tun haben könnten.

Generaldebatte im Bundestag
Merz versagt gegen den Nebelwerfer Scholz
„Nichts von der Re-Edukation unserer Kinder im Bereich ‚Diversität‘; nichts zur anberaumten Unterstützung von linksradikalen Gruppen durch ein ‚Demokratiefördergesetz‘; nichts über das Amtsversagen Christine Lambrechts, die Amtsanmaßung Karl Lauterbachs oder den ideologischen Amtsmissbrauch Nancy Faesers; nichts zur anberaumten, staatlich erlaubten Genitalverstümmelung ab 14 Jahren, das man als ‚Selbstbestimmung‘ verharmlosen will; nichts zur horrenden Abgabenlast, die durch die Klimaträume der Grünen drohen; nichts zu den wahren Ursachen der Inflation; nichts zur Abhängigkeit von Rohstoffen, die bald eben nicht aus Russland, sondern der krisensicheren Vorzeigedemokratie Katar kommen.“
Die neue CDU – Blockpartei der Grünen?

In seiner Geschmeidigkeit forderte er sogar eine Art Kriegs-Soli – in einem Staat, der so hohe Steuereinnahmen wie noch nie mit einer so hohen Verschuldung wie noch nie und einer so extremen Belastung der Steuer- und Beitragszahler wie noch nie zur giftigen Mischung anrührt. Kein Zufall. Merz gibt sich geschmeidig. Seine Kritik an der Ampel reduzierte er auf die zögerliche Politik der Waffenlieferung von Olaf Scholz. Praktisch: Damit liegt er auf der grünen Linie, die lieber gestern als heute Leoparden, Marder, Geparden und andere schwere Waffen gegen Russland ins Feld führen will. Schöner hätte es der vom Pazifisten zum neuen Kriegsherren blitzmutierte Anton Hofreiter auch nicht sagen können.

Grün-Schwarz in Düsseldorf
Nordrhein-Westfalen: Grüne sind der Koch, Schwarze dürfen kellnern
Damit offenbarte Merz sein Programm: Grün-Schwarz in NRW, Schleswig-Holstein und Baden-Württemberg ist die neue Einheitspartei, in der die CDU sich als Blockpartei und kleinerer Partner mit konservativem Folklore-Colorit zufrieden gibt, aber keine eigenen Inhalte mehr braucht. Die CDU wird damit endgültig zur Karrieremaschine: Merz will so Kanzler werden. Wenigstens einmal noch, ehe die Grünen das Amt übernehmen. Die Grünen machen gerne mit, sie wissen sich im Aufwind und Merz ist der nützliche Idiot, mit dem sie den unerträglichen Olaf Scholz von der SPD und seine Luschentruppe im Kabinettsrang loswerden.

Treue ist kein Wert in der Politik und schon gar nicht in der Ampel; die FDP hat sich selbst überflüssig gemacht; sie kümmert sich ja nach der Ehe für alle jetzt um eine Ehe light, auch für Wohngemeinschaften und vermutlich bald auch um die Ehe mit dem Haustier: Ein Wirrsinnsliberalismus, der auf jede Schlagzeile eines rot-grünen Journalismus aufspringt.

Es ist die schöne neue Welt der Regierungsprogramme. Doch Inflation, zu niedrige Renten, erdrückende Steuern bei wachsender Verschuldung, explodierende Preise für Energie und Lebensmittel, steigende Gewaltkriminalität, Verkehrschaos und Bildungsmisere prägen den Alltag der Wähler – die zudem mit ihrer Arbeit und steigenden Steuern Laber-Politiker, wuchernde Bürokratien und aufquellende NGOs durchfüttern und die Rechnung einer verfehlten Energiepolitik bezahlen müssen. Grüne und schwarze Politiker, in der freiesten, sorgenfreiesten und wohlhabendsten Gesellschaft der Geschichte aufgewachsen, transformieren diese in eine Gesellschaft, die wieder Armut und Knappheit kennenlernen wird.

Debatte um Waffenlieferungen
Maischberger zeigt die Spaltung der deutschen Linken
Die Grünen aus dem Übermut einer infantilen Gesellschaft, die alles Vorhandene nicht als erarbeitet, sondern als selbstverständlich annimmt und alles für möglich hält: dass die Biologie, die Technik und überhaupt die ganze Welt sich nach ihren Phantasien richtet. Die CDU macht es aus Machtkalkül und innerer Leere; ihrem Spitzenpersonal geht es nicht um Inhalte, sondern um Prozente wie beim Verkauf von Fondsanteilen. Was drin ist, ist egal.

Kein Wunder, dass Vertrauen als erstes zur Mangelware wird: Die Kinder werden es nicht mehr besser, sondern schlechter haben, die Währung verfällt, Wahlen werden manipuliert, wer noch arbeitet, ist der Dumme, der Normale pervers. Eine düstere Vision? Vielleicht. Oder aber nur der Untergang einer Parteienlandschaft, die die Grundlagen ihrer eigenen Existenz zerstört. Und unsere auch.

Da passt es, dass jetzt vor Bundesgebäuden die schwarz-rot-goldene Fahne des Landes abgenommen wird und die Regenbogenflagge der einst subversiven Schwulenbewegung flattert.

Anzeige
Die mobile Version verlassen