Tichys Einblick
Implosion der CDU

Thüringen: Ramelow soll von der CDU mitgewählt werden

Die CDU in Thüringen ordnet sich der SED-Nachfolgepartei unter, wie damals als Blockpartei in der DDR. Am Ende ihrer Karriere folgt Angela Merkel einer Politik, die ihr als Kind, Jugendliche und Studentin eingetrichtert wurde.

imago Images/IPON

So viel Physik darf sein, um die Lage der CDU zu verstehen – es ist  die Implosion einer Partei, die für die Geschichte und Stabilität Deutschlands steht:

Eine „Implosion, ist ein schneller Druckausgleich, hervorgerufen dadurch, dass in einem geschlossenen Gefäß der Druck innerhalb des Gefäßes niedriger ist als außerhalb und die Gefäßwände aufgrund dieser Druckdifferenz oder äußerer Einwirkung plötzlich zerstört werden. Bruchstücke der Gefäßwände fliegen daher zunächst in das Zentrum des Innenraumes und werden erst danach nach außen geschleudert. Das Gegenstück zur Implosion ist die Explosion, bei der der Druck im Zentrum höher ist als in der Umgebung. Im täglichen Leben können Implosionen etwa beim Zerplatzen von Glühbirnen beobachtet werden, da zum Schutz der Glühwendel im Innern ein Unterdruck herrscht.“

Tatsächlich ist die CDU inhaltlich entleert und steht politisch unter Druck. Bislang ist ihre Zerstörung  langsam vor sich gegangen – rechnet man die noch relativ stabilen Erfolge der CSU heraus, würde die CDU bei Bundestagswahlen bei etwa 20-22 Prozent landen – es wäre ziemlich genau das katastrophale Ergebnis für die SPD bei der Schulz-Wahl. Aber derzeit geht es schon schlagartig voran mit der CDU; bei der Bürgerschaftswahl in Hamburg am Sonntag darf sie gerade noch ein Dutzend Prozentpünktchen erwarten; und das obwohl beim Hauptkonkurrenten, der SPD, die Spitzen-Sozialdemokraten Johannes Kahrs und Olaf Scholz bis zum Hals im Cum-Ex-Sumpf stecken und zumindest dem Anschein nach Spenden abgegriffen haben, um im Gegenzug der Warburg-Bank eine gewaltige Steuervermeidung zu ermöglichen.

Der Verfall der CDU geht immer schneller. Sie findet keinen Ausweg mehr aus dem Dschungel, in den sie Merkels Politik geführt hat: Das vereinte Europa geschwächt, die Briten draußen, und an der Spitze mit Ursula von der Leyen eine Politikerin, die für Merkel, Korruption und offenkundiges Versagen steht. Die Energiewende nur noch ein Chaos, weswegen die Bevölkerung auf den Black-Out und seine mörderischen Folgen vorbereitet wird. Ihre Wirtschaftspolitik führt sichtbar zum massiven Abbau von Fabriken, Kompetenzen und Jobs; gefeiert wird der Aufbau eines einfachen Montagewerks von Tesla, befördert die Zerstörung der eigenen Kompetenzen. Die Währung in der Dauerkrise, und auch an der Spitze der Europäischen Zentralbank eine Frau, deren Namen nicht für Kompetenz, aber für Korruption steht. Das ist Merkels Bilanz. Und jetzt soll in Thüringen die CDU wieder zur Blockpartei werden: Sie wird einem SED-Ministerpräsidenten ins Amt verhelfen. Merkels politische Biographie rundet sich. Sie greift immer stärker auf Formen und Theorien ihrer Frühzeit zurück, und die sind anti-demokratisch geprägt. Unübersehbar ist jetzt auch die CDU Opfer Merkels. 

Sie hat die Wahl zwischen Schrumpfen oder gewaltsamer Implosion.

Die Zerstörung der Partei

Denn eine andere Druckstelle, die zur Implosion führt,  ist die Ausgrenzung derjenigen, die die CDU mit groß gemacht haben: Die Ausgrenzung der Konservativen und Liberalen. Für sie ist seit Merkel kein Platz mehr in der CDU, die sich von einer vielfarbigen zu einer einfarbigen Partei entwickelt hat. Geradezu flehentlich versucht hat die Werte-Union, diesem Flügel eine Stimme, ach was: ein Stimmchen zu geben. Mir ist kein Fall in einer demokratischen Partei bekannt, in der ein Parteiflügel derart brutal schlecht behandelt und systematisch ausgegrenzt wird. Es ist das Ende einer Entwicklung: Zunächst die Anbiederung bei der SPD, die Sozialdemokratisierung der Union unter  Merkel. Aber wenn es denn nur das wäre. Merkel geht ihren Weg konsequent weiter. Jetzt ist die LINKE der Maßstab aller Dinge, das Ziel ihrer Bemühungen.

Sie hat aufgegriffen was in der DDR herrschende Lehre war, um die Vorherrschaft der SED zu sichern: den sogenannten „Anti-Faschismus“. In der DDR war der Antifaschismus Staats- und Geschichtsdoktrin. „Faschisten“, das war die BRD, ihre Politiker, ihre Unternehmen, die Bundeswehr, alle Institutionen wie Bundestag und Bundesverfassungsgericht. Dagegen richtete sich der Faschismusbegriff der DDR. Mit diesem Wort wollte man auch das leidige Wort „Nationalsozialismus“ oder „Nazis“ umgehen, denn schließlich ist der Begriff des Sozialismus im Namen und im Programm von Hitlers NSDAP untrennbar eingewoben; der Begriff der Volksgemeinschaft war zwar ethnisch, aber innerhalb derselben vor allem auch sozial definiert.

Festgelegt hat die Linie der Generalsekretär Georgi Dimitroff der Kommunistischen Internationale (Komintern) auf deren VII. Weltkongress in Moskau 1935. Es war die Proklamation der „Volksfront“, in der sich alle Parteien, Organisationen und Kirchen im Kampf gegen den „Faschismus“ vereinen sollten, natürlich unter Führung der kommunistischen Partei. Über solche Theorien musste Bescheid wissen, wer in der DDR eine höhere Schule besuchen oder gar studieren wollte. Solche Theorien wurden gelehrt wie im Westen nur die Straßenverkehrsordnung zur Führerscheinprüfung.

DDR-Formeln bestimmen die Politik von Merkel

Merkel kennt diese Begrifflichkeit; sie wurde damit erzogen und ist damit groß geworden; sie ist mit der Familie von Hamburg in die DDR umgezogen, buchstäblich in die falsche Richtung: der Vater ein gläubiger Kommunist. Das ist ihr nicht vorzuwerfen: Niemand kann etwas für so eine Zwangs-Biographie. Schuldhaft ist nicht, wo wir herkommen, sondern was wir daraus machen. Aber um so erschütternder ist es, wie sie um ihre bröckelnde Macht kämpfend auf Formeln zurückgreift, die ihr als Kind, Jugendliche und Studentin täglich eingehämmert worden waren. Manchmal hatte man ja den Eindruck, „Klima“ hätte es auch getan. Aber jetzt ist es der „Faschismus“.

Auch wenn es nur der eher verzweifelte Versuch ist, irgendwie die eigene Kanzlerschaft noch etwas zu verlängern, die Scherben nicht wegkehren zu müssen, die sie selbst hinterlassen hat. Sie will noch etwas länger Recht haben und sucht nach den Mitteln, ihren politischen Bankrott zu verschleppen. Dabei greift sie auf ihre früheren Erfahrungen zurück. Man braucht einen Feind, den man als „Faschisten“ deklarieren kann; und wenn es eine so bescheidene Größe wie die AfD ist. Genau das ist ihre Politik, der Kern ihrer Strategie. So, wie sie lange und durchaus mit Erfolg versucht hat, die Wähler der Grünen und SPD einzuschläfern, so benutzt sie jetzt die AfD als Dreh-und Angelpunkt ihrer Politik. Das ist natürlich so erkennbar Blödsinn wie die gesamte Faschismus-Theorie der DDR. Denn unter dem „Faschismus“ der Bundesrepublik hat es sich freier, besser, demokratischer und in jeder Hinsicht wohl fortschrittlicher leben lassen als in Honeckers Republik der Stasi und Spießer, in der der FKK-Strand das Ventil für das Ausleben unterdrückten Lebens war.

Diese Partei, Merkels verklärter „Faschismus“, die AfD, ist ja ein Scheinriese, der bekanntlich immer kleiner wird, je näher man ihm kommt. In Merkels Propaganda wird aber die AfD zu einem Monstrum aufgeblasen, das kurz vor der totalen Machtübernahme stehen soll. Es ist einfach lächerlich. Aber man merkt es natürlich, dass Merkel nicht mehr um Inhalte kämpft, sondern buchstäblich gegen Papiertiger, imaginäre Schatten und Einbildung ihrer immer noch weiter zunehmend irrationalen Wahrnehmungsfähigkeit. Diesem Trugbild wird alles untergeordnet, und zu viele ziehen mit. Ja klar: Auch ihre Strategie, Medien einzubinden, hat Erfolg. Die Schlagzeilen geben Recht, bestätigen sie. Sollte Erich Honecker jemals die Kraft zum Selbstzweifel gehabt haben, die Lektüre des Neuen Deutschlands hat ihn von seiner eigenen Richtigkeit überzeugt.

„Der Feind steht rechts“

Und viele folgen ihr. „Der Feind steht rechts“, hat CDU-Miniterpräsident Armin Laschet in der Sendung von Maybrit Illner dekrediert. Ach wirklich? Wenn der Feind rechts steht, dann stehen alle anderen links? In der neuen Volksfront unter Führung der LINKEN? Das ist ja ein großartiges Weltbild für einen, dem man nachsagt, Kanzler werden zu wollen. Ich nehme allerdings an, er hat sich zu dieser Äußerung hintreiben lassen durch eine sorgfältig zusammengestellte Runde, die ihn genau dort haben wollte: In einer Welt, in der die Spaltung quer durch die Bevölkerung geht, in einer Welt von schwarz und rot, in der Schwarz das Böse ist und Rot das Gute. „Faschisten“ lauern hinter jedem Busch, sie müssen verfolgt werden. Was für ein Unsinn. Wir müssen uns die Welt nicht von Maybrit Illner und ihren seltsamen, allesamt nach „Faschismus“-Theorie handverlesenen Gästen in Merkels Sinn erklären lassen.

Aber das ist die Konsequenz von Merkels Politik-Stil: Sie mag sich ja selbst, auf sich, ihr Lebenswerk und ihre politische Karriere bezogen, in einem Endkampf sehen, in einer Endzeit. Aber das Leben geht auch ohne Merkel weiter; eine an sich schlichte Einsicht, die leider vielen verloren geht, die zu lange an der Macht waren und mit sich die Welt untergehen sehen. Nein, die Welt dreht sich weiter. Auch ohne Merkel, und ohne CDU, und bekanntlich sind die Friedhöfe voller Gräber derjenigen, die sich für unverzichtbar hielten. Und weil das Leben weiter geht, sind es die Jüngeren, die nicht nur Grabpflege betreiben wollen. In dieses Bild passt, dass Laschet-Konkurrent Jens Spahn zur Thüringer Volksfront-Regierung sagt:

„Eine Wahl von @bodoramelow durch die @CDU lehne ich ab. Wir sind als Union in einer Vertrauenskrise. Die letzten Wendungen aus #Thüringen kosten weiteres Vertrauen. Es geht jetzt um die Substanz unserer Partei – nicht nur in Thüringen.“

Spahn hat es erkannt: Es geht um die Restsubstanz einer implodierenden Partei. Einer Partei, die sich selbst so lange entkernt hat, bis sie nicht mehr erkenntlich ist. Einer Partei, die jeden ausgegrenzt hat, der widerspricht. Einer Partei, die kein Bild von der Zukunft hat, die so geschwächt ist, dass sie die Fehler von Merkels Politik nicht mehr korrigieren kann. Und weil es so ist, braucht sie einen großen, imaginären Feind, den sie bekämpft. Den „Faschismus“. So hat es Merkel gelernt.

Anzeige
Die mobile Version verlassen