Tichys Einblick
Es quält sich

SPD: Schauspiel eines Niedergangs und kein Neuanfang für Deutschland

Kann Olaf Scholz Bundesfinanzminister bleiben? Wenn er Anstand hat: kaum. Ein Blick auf die Folgen der SPD-Vorsitzenden-Wahl und die Angst um Jobs und Diäten als derzeit bestimmende Politik-Triebkraft.

AXEL SCHMIDT/AFP via Getty Images

Noch sind Norbert Walter-Borjans und Saskia Esken nicht zur Pärchen-Spitze der SPD gewählt. Die Mitglieder der Partei haben nur eine „Empfehlung“ ausgesprochen. Allerdings wird es auf dem Parteitag kaum möglich sein, sie nicht zu wählen.

Dann werden also doch zwei Figuren gewählt, die den Niedergang der SPD perfekt personifizieren: Ein früherer Finanzminister, der in Serie so hohe Schulden zu verantworten hat, dass selbst die gutmütige Landesverfassung von Nordrhein-Westfalen damit verfassungswidrig überboten worden war. Und eine Frau, deren Geschlecht von ihren Anhängern als Hauptargument für die Wahl angeboten wird. Mehr Wählenswertes ist über sie nicht bekannt; es ist die griesgrämige, eingeübte und komplett spaßfreie Opferhaltung, die da in aggressive Selbstdarstellung umschlägt. „Wer Sozialismus negativ verwendet, hat halt einfach keine Ahnung“ ist so ein Satz von ihr – 100 Millionen Tote sind kein Argument für eine Frau, die historisch irgendwo in den 20-Jahren des vorigen Jahrhunderts feststeckt.

Tritt Olaf Scholz zurück?

Linksradikalisierung der SPD:
Was bedeutet der Sieg von Esken und Walter-Borjans?
Es gibt aber noch eine dritte Personalie: Der unterlegene Olaf Scholz, zur Zeit noch Bundesfinanzminister und Nebenkanzler der SPD in der Großen Koalition. Olaf Scholz ist ein freundlicher Zeitgenosse; umgänglich, Argumenten zugänglich und auch erklärten Gegnern gegenüber aufgeschlossen. Er ist keiner dieser Hass- und Hetzredner, die das Land spalten in Hell und Dunkel wie sein Parteifreund und Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier. Aber Finanzminister wird er nicht bleiben können. Die SPD hätte sonst eine Dreier-Spitze. Oder sind es sogar vier Kerzen auf der Torte? Auch Rolf Mützenich als Vorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion wäre zu erwähnen. Es ist billiger Spott, wenn man den Eindruck nicht verdrängen kann, dass die Parteispitze umso schneller an Köpfen wächst, wenn die Wähler wegbleiben. Es ist wie ein Wettlauf um die letzten Diäten einer Partei auf Diät.

Dabei hat Olaf Scholz, eigentlich ein handfester Mann, in den vergangenen Wochen noch ordentlich auf links gemacht und jede Menge linke Symbol-Politik formuliert: Es ist notwendig, diesen vergeblichen Kniefall von Scholz vor den Parteilinken zu beschreiben, weil daran deutlich wird, wohin die Reise mit der SPD geht.

Scholz wollte, dass Männergesangsvereine nicht mehr gemeinnützig sein sollen; dieses Privileg haben nach seinem Vorhaben zukünftig nur gemischte Vereine oder eben: reine Frauenvereine. Diese alberne Pseudofrauenversteherei hat ihm nichts genützt. Es fehlt nur noch eine steuerrechtliche Ergänzung, dass Gemeinnützigkeit auch an das Vorhandensein von Transgender-Personen in einem Verein geknüpft wird. Dann wird das Bekenntnis zur Sexualität, das natürlich frei gewählt werden kann, zur ultimativen Steuervermeidungsstrategie; man erwartet einen entsprechenden Eintrag im „Der große Konz“, dem Handbuch für Steuertricks. Ein weiterer Scholz-Vorschlag war die einseitige Begünstigung von linksradikalen Vereinen mit parteipolitischem Triple-A-Rating wie Antifa, Attac und Amadeu-Antonio-Stiftung; solchen Kampfgruppen von Links droht nämlich der Entzug der Gemeinnützigkeit. Den Kampf gegen parteipolitische Gegner steuerrechtlich zu alimentieren – auf so was muss man erst kommen in einem Steuerrecht, das bislang weltanschaulich neutral zu sein hatte. Scholz hat jetzt die Wahl als Sesselkleber zu verkommen oder zurückzutreten.

Wohin die Reise geht

Gemeinnützigkeit für Radikale
SPD-Scholz will Attac mit Steuervorteilen wieder flüssig machen
Werden wird ja Scholz ohnehin nichts – aber seine Vorschläge zeigen, wo und wie das Herz der schrumpfenden SPD schlägt: Nicht für Steuersenkungen für die, die die Steuern erwirtschaften, sondern für parteipolitische Beute-Nahme. Der Staat als Beute für allerlei Organisationen, die rund um die SPD wuchern wie der Partei-Versorgungskonzern „Arbeiterwohlfahrt“, der in großen Teilen offensichtlich nicht mehr viel mehr ist als eine Art Selbstversorgungsapparat für sonst nichts verdienende Funktionäre inklusive teurer Reisen zur Gruppenbildung im Korruptionsapparat.

Aber all das hat die Partei nicht für Scholz gnädig gestimmt. Sie will mehr. Sie sucht das Linksbündnis mit Grünen und der Linken. Geld ist da, und Schulden sollen gemacht werden für noch mehr Geldgeschenke zum Gesellschaftsumbau. Mit der Linken hat sich die SPD immer enger verbrüdert; und die Grünen geben sich gerne irgendwie bürgerlich und wirtschaftsnah. Schaut man hinter die bunt gepinselte Fassade das Parteiprogramms, ist es entschieden links: Mietendeckel, Enteignung, Regulierung, höhere Steuern, das Klima als Hebel der Gesellschaftsveränderung soll es möglich machen, endlich den alles lenkenden, alle bevormundenden Staat zu etablieren, ganz Deutschland eine grüne Arbeiterwohlfahrt für Parteifunktionäre. Da wächst zusammen, was zusammengehört.

CDU ist gern dabei, wie immer

Keine Repräsentation der Bürger
CDU-Parteitag: Mit leeren Worten die Wirklichkeit verdrängen
Und die CDU? Große Teile der Partei wollen mit in den Staats-Sandkasten. In der GroKo hat ja die CDU keinerlei Durchsetzungskraft, sie fällt um und soll fallen, weil Merkel sich ja bei SPD und Grünen längst ihr Wohnrecht ersessen hat. Mit dem Kanzleramt ist die CDU zufrieden, ihre Inhalte sind längst obdachlos. Und es wird keine vorzeitigen Bundestagswahlen geben. Die jetzigen 709 Abgeordneten, vor allem die von CDU und SPD, haben zu viel Angst, nicht wiedergewählt zu werden. Das gilt auch für Abgeordnete aller Parteien, die ahnen, dass sie 2021 gar nicht mehr auf aussichtsreichen Plätzen (Landeslisten und Wahlkreise) aufgestellt zu werden. Das gilt übrigens auch für die AfD, diesem gärigen Haufen, weil dort die Jobs neu sortiert werden und gleichermaßen für die FDP.

Wenn die auch ganz persönliche Niederlage bei der nächsten Bundestagswahl schon nicht vermieden werden kann, dann soll sie mit Blick auf die Diäten wenigstens hinausgeschoben werden. Vorgezogene Bundestagswahlen, wie sie Gerhard Schröder als Plebiszit für seine Politik 2005 erzwungen hat, sind mit Blick auf die Diäten nicht drin. Längst isst die Angst die Seelen im Deutschen Bundestag auf. So viel Mut oder auch Tollkühnheit wirkt heute wie aus einem anderen Jahrtausend. Die eigene Position in Frage zu stellen vor dem Wähler und den zu befragen, fast eine Volksabstimmung? Gerhard Schröder hat damit verloren, und Merkel ihren Schluss daraus gezogen: Patex für den Machterhalt, und wenn sie die Letzte ist, die noch an Merkel glaubt. Ihr geht es nur noch um persönlichen Machterhalt.

Selbst wenn die GroKo platzt, bleibt Merkel Kanzlerin. Zum einen, weil es nach dem Grundgesetz schwer ist, einen Kanzler loszuwerden – dafür braucht es einen Gegenkandidaten mit mehr Stimmen und der ist im rot-grünen Lager nicht in Sicht. Zu dürftig ist die Personaldecke. So könnte die SPD aus der Bundesregierung ausscheiden, schon weil Scholz das Amt nicht mehr ausüben kann ohne Rückhalt in seiner Restpartei – und eine Minderheitsregierung unter Merkel tolerieren. Dann rutscht das Land noch weiter nach links, weil eine Minderheitsregierung erpressbar ist, sich SPD-Stimmen buchstäblich jeden Tag erkaufen muss und die CDU längst inhaltsleer hinterherhechelt um es sich mit der großen Chefin nur ja nicht zu verderben.

So wird sich das Land weiter vor sich hinschleppen unter Merkel. Nach links.


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