Renate Künast, frühere Landwirtschaftsministerin der Grünen und immer noch Bundestagsabgeordnete, weiß ganz genau, woher das Virus Covid-19 kommt: Nicht von Fledermäusen, nicht aus einem Labor Chinas – sondern aus dem deutschen Kuh- oder Hühnerstall. Ihre sensationelle Erkenntnis, von der Rednertribüne des Deutschen Bundestags verkündet und dann per Facebook und Twitter massenhaft verbreitet, lautet schlicht und ergreifend: „Der Grund für die Pandemie ist die falsche Art und Weise, wie wir unsere Nahrungsmittel produzieren, Landwirtschaft betreiben und mit der Umwelt umgehen.“ Das ist erkennbar Unsinn, dazu braucht es nicht viel fact checking: Aber muss Künasts Rede deshalb zukünftig im Bundestag unterbleiben, darf sie ihre irrwitzigen Behauptungen nicht mehr verbreiten oder wenn, dann nur mit dem Stempel versehen: „Kompletter Unsinn“?
Noch mehr kompletter Unsinn
Natürlich nicht. Künasts Rede dient zwar nicht der Wahrheitsfindung, sondern mehr der Verwirrung, wie auch wenn ihre Parteifreundin Claudia Roth erklärt, die Reaktorkatastrophe in Fukushima habe 16.000 Tote gekostet. Dafür verantwortlich war ein Seebeben; und selbst nach der Havarie der dortigen Kraftwerke sind nach derzeitigem Kenntnisstand keine Todesopfer durch Radioaktivität zu beklagen. Roths Sprüchlein ist falsch – aber es deswegen unterbinden? Längst ist klar, dass Claudia Roth zwar Bundestagsvizepräsidentin, aber ansonsten nicht die hellste Kerze auf der Torte ist. Schon politische Klugheit spricht eher dafür, sie häufiger reden zu lassen als zu selten. Im Meinungskampf ist sie eines der besseren Argumente gegen die Grünen, ebenso wie ihre Parteichefin Annalena Baerbock, die Kobolde mit Kobalt verwechselt und für die das Stromnetz denselben speichert wie eine Badewanne Wasser: Erkennbare Dummheit kostet Wählerstimmen. In einer mündigen Gesellschaft entscheiden die Wähler.
Nur Fake-News in den Sozialen Medien?
Nun soll das allerdings nicht für soziale Medien gelten. Tatsächlich wird dort auch viel Unsinn verbreitet; da tummeln sich die Schwestern und Brüder von Künast, Roth und Baerbock. Faktenchecking ist das Wort der Stunde. Endlich sollen wahr von unwahr, Fakten von Meinung und Tatsachen von Fehlern getrennt werden. Das ist der große Meinungstrend. Oder zumindest sollen angeblich fehlerhafte Meldungen gekennzeichnet, mit Warnhinweisen versehen oder in der Reichweite beschränkt werden. Projekte und Gesetze planen der Bund, die EU und Vereinten Nationen. Getroffen hat diese Art des erhobenen Zeigefingers auch Donald Trump. Auf Twitter wurde der US-Präsident für seinen Spruch gebrandmarkt: „When the Looting starts, the shooting starts“, zu deutsch, ohne den eingängigen Klangreim: „Auf das Plündern folgt das Schießen“. Ist das wirklich Aufruf zur Gewalt, wie Twitter in einem Warnhinweis behauptete? Kann man so sehen, oder auch nicht. Die eigentliche Frage formulierte die Jerusalem Post: Warum wird Trump von Twitter kritisiert – aber nicht beispielsweise jene iranischen Politiker, die fast täglich dazu aufrufen, den Kampf gegen Juden aufzunehmen und sie ins Meer zu werfen, den Staat Israel auszuradieren oder zumindest zu bombardieren?
Wer entscheidet, welche Äußerung zulässig ist?
Wer hat das Recht zu urteilen in derart wichtigen Fragen? In Deutschland betreiben unter anderem dpa und Correctiv dieses Geschäft. Ganz neu ist die Faktencheckerei nicht – auch TE führt sie durch. In der Serie „Fake-Nuss“ nimmt sich beispielsweise Alexander Wendt immer wieder publizistische Fehlleistungen vor, etwa wenn er sich mit der irreführenden Statistik befaßt, mit der die ARD die Politik der Corona-Bekämpfung der Bundesregierung rechtfertigt. (Weitere hübsche Beispiele finden Sie, wenn Sie Alexander Wendt in das Suchfeld bei TE eingeben). Auch die jüngste Fehlleistung des ZDF spießt beispielsweise auf TE Matthias Nikolaidis auf, das Donald Trump für den Tod eines Verhafteten und nachfolgende blutige Auseinandersetzungen in den USA sehr einseitig verantwortlich zu machen versucht.
Das ist journalistischer Alltag: Politiker und Medien zu hinterfragen und zu korrigieren. Die ARD wiederum reagiert mit einem eigenen Faktenchecking. Um es kurz zu machen: Dagegen ist nichts einzuwenden. Bekanntlich steigert Kritik das Denkvermögen, und dient im besten Fall der Wahrheitsfindung.
Gefährlich allerdings wird es, wenn es einseitig, mit dem Anspruch der unbedingten Wahrheit, wenn es unlauter und bewusst zerstörerisch eingesetzt wird. Wo die Grenzen liegen verdeutlicht ein Urteil, das TE vor dem Oberlandesgericht Karlsruhe gegen die Faktenchecker von Correctiv erwirken konnte. (Den schon mehrfach aufgeführten Vorgang und weitere Quellen finden Sie hier.)
Die Urteilsbegründung liegt nun vor – und verpasst Correctiv sieben ordentliche Ohrfeigen.
Ohrfeige Nummer 1:
Correctiv äußert Meinungen – nicht Tatsachen
Correctiv hat in dem Verfahren selbst vorgetragen, die Faktenchecks seien grundgesetzlich garantierte Meinungsäußerungen, auch wenn Correctiv über einen Artikel urteilt „ganz oder teilweise falsch“: Correctiv schmückt sich mit falschen Federn, wenn es behauptet, hier würden Tatschen geprüft, die einem Wahrheitsbeweis zugänglich seien. Es ist nur Meinung, die Correctiv abgibt, stellen die Richter des Oberlandesgerichts fest: „So erweckt die Kennzeichnung `Fact Check`und die Bewertung „teilweise falsch“ den Eindruck, dass ausschließlich oder zumindest vorrangig Tatsachenbehauptung („Facts“) in Frage stünden. … Tatsächlich handelt es sich …ingesamt um eine wertende Stellungnahme“. Es geht also nicht um Faktenprüferei – es ist billige Meinung, die abgegeben wird. Und an anderer Stelle formuliert das OLG: Beim Prüfergebnis von Correctiv handle es sich nicht um „Tatsachenbehauptungen, sondern um Wertungen und Meinungen“ (von Correctiv). Die Klatsche sitzt: Correctiv meint viel, aber hat mit Tatsachen wenig am Hut.
Ohrfeige Nummer 2:
Journalistische Berichte weiterhin zugelassen
Correctiv stürzte sich auf TE, weil ihr offensichtlich eine Meldung nicht ins Konzept passte, wonach 500 Wissenschaftler im Klimawandel kein so wahnsinnig drängendes Problem sehen. Das Gericht wie auch schon die Vorgängerinstanz und zwei juristische Kommentatoren bestätigen, dass TE den Bericht korrekt wiedergegeben und nicht selbst bewertet habe. Das ist journalistisches Handwerk, wie man es eigentlich nicht erklären muss: Der Überbringer einer Nachricht darf dafür nicht geköpft werden; Nachrichten sind Nachrichten. Selbstverständlich darf Correctiv zu einer von TE veröffentlichten Nachricht meinen, was es will, die Nachricht kommentieren oder kritisieren – aber nicht behaupten, die Nachricht sei „falsch“, weil Correctiv dazu eine andere Meinung hat.
Ohrfeige Nummer 3:
Facebook hat kein „virtuelles Hausrecht“
Häufig wird von der Vermutung ausgegangen: Was Facebook oder Twitter auf ihren Portalen mache, sei deren Sache. Wer also dort zu Gange ist, müsse sich gefallen lassen, welche Gäste der Wirt von der Facebook-Kneipe in sein Lokal einlasse. TE-Anwalt Joachim Steinhöfel hat dazu das Wettbewerbsrecht bemüht. Die Idee des Gesetzes ist, den Wettbewerb zu fördern. Der funktioniert aber nur unter fairen Bedingungen. Herabsetzung des Wettbewerbers, Verleumdung oder ihn verächtlich zu machen ist verboten. Und da heute Facebook (wie auch Twitter) ein wichtiger, wenn auch virtueller Marktplatz ist, darf nicht ein Standbesitzer oder gar der Marktbetreiber über den Nachbarn behaupten: „Seine Bananen sind faul“. Hier geht es nicht mehr um Meinung – sondern um wirtschaftliche und geschäftliche Aspekte. Und daher darf sich Correctiv oder ein anderer „Prüfer“ nicht mit Facebook verbünden, um einen unliebsamen Konkurrenten zu schädigen. Denn nicht um Wahrheitsfindung geht es, sondern um das von Correctiv selbst vorgetragene Ziel: Die Reichweite von TE zu reduzieren, TE wirtschaftlich zu schädigen, indem die Leser alarmiert und mit falschen Hinweisen in die Irre geführt werden.
Ohrfeige Nummer 4:
Falsche Fakten in eigener Sache
Wer Fakten checkt, muss auch und gerade in eigener Sache korrekt sein. So behauptet Correctiv, es sei von einer führenden US-Organisation für fact checking zertifiziert. In der Berufungserwiderung vom 02.04.2020, lobt Correctiv das IFCN, als „renommierte Organisation, die weltweit führend“ sei und behauptet:
„Zu den verifizierten Partnern des IFCN gehören inzwischen 71 Organisationen…. In Deutschland sind die Beklagte als CORRECTIV.Faktencheck und seit Anfang 2019 auch die…Deutsche Presse-Agentur..vom IFCN anerkannt.“
Damit hat Correctiv vor Gericht die Unwahrheit vorgetragen oder sogar gelogen. Denn Correctiv war zu diesem Zeitpunkt nicht zertifiziert.
Wenn Correctiv, man mag es sich gar nicht vorstellen, nicht einmal wusste, dass man nicht mehr zertifiziert war, war der Vortrag unwahr. Wusste Correctiv davon, war es schlicht gelogen – und zwar vor Gericht. Auch an anderer Stelle tauchen Zweifel auf, inwieweit Correctiv sich immer an Vorschriften hält. So wird zu prüfen sein, ob der Correctiv-Konzern, dessen wahre Ausmaße und wirtschaftliche Betätigungen unterschiedlichster Art unterhalb der sichtbar vorgetragenen Gemeinnützigkeit liegt, sich an die Vorschriften des Handelsgesetzbuches hält oder durch pflichtwidriges Unterlassen seiner Publizitätspflichten mit Ordnungsgeldern rechnen muss. Dazu gehört die wesentlich Frage, ob die gemeinnützige Correctiv gGmbH tatsächlich Darlehen an ihre gewerbliche Tochter vergibt und vergeben darf, oder ob dies ein Verstoß gegen die eigene Satzung sein könnte. Zu fragen ist auch, was wohl Spender dazu sagen würden, wenn sie das wüssten. Faktenchecker, die in eigener Sache unsauber arbeiten jedenfalls verlieren jede Glaubwürdigkeit.
Ohrfeige Nummer 5:
Correctiv ist keine höhere Instanz
Correctiv nimmt den Mund gerne voll. So schreibt das Unternehmen über sich selbst: „Recherchen für die Gesellschaft und mit der Gesellschaft. Investigativ. Unabhängig. Gemeinnützig.“ Das klingt beeindruckend. Correctiv lebe publizistisch auf einem anderen Planeten als TE, behauptet Geschäftsführer Schraven seine vermeintliche Überlegenheit, die auf der Gemeinnützigkeit beruhe. Es sind hohle Worte: Correctiv erhält für seine Tätigkeit eine Vergütung von Facebook. Es handelt also gewerbsmäßig, und weitere Einkommen stammen aus Spenden. Aber kaum jemand interessiert sich für Correctiv. Daher klemmt sich Correctiv hinter die reichweitenstarken Artikel von TE, um indirekt von der Beliebtheit von TE bei den Lesern zu nassauern. Correctiv möchte mit der Bewertung von TE gerne die Leser auf seine eigene Homepage umleiten. Das allerdings klingt nicht nach der selbst postulierten Gemeinnützigkeit – sondern nach ziemlich ausgebufftem wirtschaftlichen Kalkül, verpackt in dröhnende Moral. Damit stürzt Correctiv von seinem Planeten auf die Erde und genau daran knüpft das Oberlandesgericht Karlsruhe das Urteil an.
Ohrfeige Nummer 6:
Correctiv kann nicht so weitermachen
Nun ist die Faktencheckerei kein deutschen Phänomen, wie der Streit um Trump zeigt. Facebook-Gründer Marc Zuckerberg erklärte zum umstrittenen Beitrag Trumps über den Umgang mit Plünderern, der Beitrag sei mit Facebooks Regeln vereinbar, auch wenn ihm persönlich solche „spaltende und aufwieglerische Rhetorik“ widerstrebe. „Aber meine Verantwortung ist es, nicht nur persönlich zu reagieren, sondern als Chef einer Institution, die sich der Redefreiheit verschrieben hat“. Selbst im eigenen Unternehmen stößt er auf Widerspruch jener Mitarbeiter, die in Facebook auch ein Instrument zur Durchsetzung ihrer eigenen Meinung sehen. Zu gern würden Viele den großen Zensor spielen, der über „wahr“ und „falsch“ entscheidet.
Damit besteht die Gefahr der Zensur und auch, dass richtige Informationen als „falsch“ eingestuft und aktiv unterdrückt werden. So geschah es zum Beispiel bei der New York Post. Diese veröffentlichte einen Meinungsartikel, dass es im Bereich des Möglichen liegen könnte, dass das Corona-Virus durch einen Laborunfall freigesetzt wurde. Die „unabhängigen Faktenchecker“ Facebooks markierten den Artikel als Falschinformation, unterdrückten seine Reichweite und informierten Facebook-Nutzer darüber, warum sie den Meinungsartikel als Falschinformation einstuften. Einer der Faktenchecker war eine Wissenschaftlerin, die selbst in dem Labor in Wuhan experimentiert hatte. Ja, diese Faktencheckerin weiß sicherlich Bescheid – aber unabhängig ist sie eben nicht. Mittlerweile äußern verschiedenste Regierungen, unter anderem die USA und das Vereinigte Königreich, die Vermutung, dass die Erstinfektion tatsächlich in einem Labor stattgefunden haben könnte. Die Markierung als Falschinformation nahm Facebook zurück – zwei Monate nachdem sie das erste mal angezeigt wurde. Doch der Schaden für die New York Post bleibt.
Mit dem aktuellen Urteil wurde diesem willkürlichen Anschlag auf die grundgesetzlich garantierte Meinungsfreiheit ein Riegel vorgeschoben.
Ohrfeige Nr. 7:
Correctiv darf nicht so weitermachen
Der Deutschlandfunk strahlte ein Interview mit dem Titel „Twitterstreit: Meinungsfreiheit und Faktencheck“ aus, das sich auch mit dem Prozess Tichys Einblick gegen Correctiv befasst. Interviewed wurde Till Eckert von Correctiv, eine Interviewanfrage bei TE gab es nicht. Ausgerechnet Till Eckert wird befragt, einer der beiden Verfasser des vom Oberlandesgerichts kritisierten „Faktenchecks“; und die Interviewerin rutscht gelegentlich ins vertraute „Du“. Ein Hinweis des Deutschlandfunks auf diesen Fakt erfolgte nicht. Die Interviewerin will von dem Verfasser des rechtswidrigen Faktenchecks wissen, ob sich das Urteil auf zukünftige Faktenchecks von Correctiv auswirke. Die Antwort Eckerts: „Nein, das wirkt sich nicht aus. Wir arbeiten wie gehabt weiter und warten erstmal die genaue Begründung des Gerichts ab.“ Falsch. „Richtig ist, dass die Entscheidung richtungsweisend ist und ganz erhebliche Auswirkungen auf zukünftige Faktenchecks hat. Stark umstritten war in dem Prozess nämlich auch, ob die Handlungen von Correctiv als gemeinnütziger GmbH auch den strengen Regeln des deutschen Wettbewerbsrechts unterliegen. Das Oberlandesgericht hat dies bejaht und damit eine Zeitenwende eingeleitet. Jede Bewertung des journalistischen Inhalts eines Wettbewerbers durch Correctiv kann von jetzt an untersagt werden, wenn sie irreführend, herabsetzend, behindernd, also wettbewerbswidrig ist„, erklärte dazu Anwalt Steinhöfel.
Fazit: Wir kämpfen weiter für die Meinungsfreiheit
Was bleibt für Deutschland? TE tritt weiter dafür ein, dass Fakten überprüft, Meinungen ausgetauscht und darüber gestritten werden darf, was richtig oder falsch ist. Das ist es, was unsere Demokratie ausmacht und von einer Diktatur unterscheidet. Und das macht unsere Gesellschaft letztlich erfolgreich: Der ständige Streit über das bessere Argument. Niemand hat die Wahrheit für sich gepachtet. Am Ende zählt das bessere Argument. Und deshalb treten wir weiter dafür ein, dass auch Annalena Baerbock oder Renate Künast ihre offenkundigen Faslchbehauptungen weiterhin vor sich hertragen dürfen mit ernstem Gesicht und aus tiefster Überzeugung wie der Spiegel, der Donald Trump beim Staatsstreich ertappt hat. Mit solchen albernen Verschwörungstheorien zerstören Magazine und Politiker ihre Glaubwürdigkeit. Darüber sollen aber Leser und Wähler entscheiden, nicht selbsternannte Zensoren. Wir glauben an die Lern- wie Wehrfähigkeit unserer Demokratie.
Photo: Andreas Praefcke / CC BY 3.0 (Bildausschnitt vergrößert)