Tichys Einblick
"Es geschah, während Du schliefst"

Was die rotgrüne Transformation anrichtet – und wo sie endet

Rotgrün erzwingt die Transformation in eine „klimaneutrale“ Gesellschaft ohne Grenzen und ohne Wachstum; der Regenbogen wird Programm und Hoheitszeichen. Feinde werden niedergekämpft. Und die Realität? Was wird aus Deutschland oder ist der Höhepunkt des Gesellschaftsumbaus überschritten?

IMAGO

Bekanntlich sind wir von der Realität umzingelt, wie der Wirtschaftsminister uns klargemacht hat. Die aufziehende Realität ist gekennzeichnet von gewolltem Wirtschaftsabschwung, Knappheit und Armut als neuer Utopie, grenzenloser „Willkommenskultur“ zu Lasten Einheimischer, der Aufhebung von Geschlechtern und der wachsenden Widerborstigkeit von Transformierten, die sich nicht widerstandslos in die neue Realität überführen lassen wollen. Aber was wird aus Deutschland in den kommenden Jahren? – Dass die Ampel die Macht selbst loslässt, ist nicht zu erwarten.

Im grünen Luftreich der Träume wird’s ärmlich

Robert Habeck und seine Partei jubeln, dass angeblich Deutschland schon 2030 „klimaneutral“ sein könnte – Ziel erreicht. Das stimmt. Der rasante Absturz der Industrie und Wirtschaftsleistung, damit verbunden weniger Verkehr, Verzehr und Konsum, reduzieren den CO2-Ausstoß; Strom wird zunehmend importiert. Der Dreck ist also da, nur woanders. Achten Sie auf die grüne Sprache: Niemand spricht mehr vom „grünen Wachstum“, auch Bundeskanzler Olaf Scholz hat sein „grünes Wirtschaftswunder“ einkassiert. „Degrowth“ ist das neue Ziel und die Wunderwaffe, also Schrumpfung der Wirtschaft, des Konsums, der Einkommen.

Angesichts weiter zunehmender und politisch forcierter Massenmigration bleibt pro Kopf immer weniger; weil der Kuchen schrumpft, da müssen eben die Stücke kleiner werden. Kleinere Kuchenstücke bedeuten Umverteilung. Umverteilt wird – und wie: über Steuern, hohe Mieten (nur für Einheimische, bei Zuwanderung übernimmt der Staat auf Kosten der Steuerzahler), Bildungsabbau und Inflation. Nimmt man Energiepreise und Lebensmittel heraus, sieht die Inflationsrate manierlich aus. Unterstellt man, dass wir uns alle für weniger Geld leistungsstärkere Elektronik, Handys und Ähnliches made in China kaufen – da sinken die Preise. Statistik ist eine wichtige Waffe beim Geschäft der Täuschung und Vorspiegelung.

Im grünen Luftreich der Träume wurde also Wachstum durch Schrumpfen ersetzt. Nur sind die Folgen auch klar: Wer kann, erkämpft sich mehr. Lokführergewerkschaft und diverse Splittergruppen bei der Lufthansa führen vor, wie das geht: durch ruinösen Streik. Die großen Industriegewerkschaften kuschen noch vor der Ampel. IG Metall und IG Chemie nehmen lieber wachsende Arbeitslosigkeit ihrer Beitragszahler in Kauf, als die Interessen ihrer Mitglieder wahrzunehmen. Bei der Bahn zahlt allerdings der Steuerzahler für die 30-Stunden-Woche der Helden im Lokführerstand. In den Kommunen wird ebenfalls für die Verteuerung von U-Bahn und Straßenbahn gestreikt. Staatsunternehmen können ihre Beschäftigten gut bezahlen, während der Steuerzahler verarmt. Verteilungskonflikte nehmen zu.

Bürgergeldempfänger, in der Regel Ausländer oder frisch Eingebürgerte, erhalten Inflationsausgleich, dafür sollen die Rentenhöhe gekappt und die einbezahlten Beiträge umverteilt werden an die große Zahl derer, die nicht angemessen arbeiten. Die Rentner halten halt still. Bauern, Handwerker, Spediteure demonstrieren und kippen den Green Deal der EU. Und so wird es weitergehen: Irgendwann streikt jeder gegen jeden. Verteilungskämpfe nehmen zu. Da gibt es Gewinner wie den rücksichtslos streikfähigen öffentlichen Dienst und bei den Beamten, weil an deren Einkommen und Pensionen auch die Entgelte für Parlamentarier gekoppelt sind. Gewinner sind Konzerne mit Preissetzungsmacht, dazu die umworbenen Migranten. Verlierer waren und sind immer Rentner, Handwerker, Selbstständige, Mittelständler. Am damit beschleunigten wirtschaftlichen Absturz allerdings leidet jeder, der sich nicht über die Grenzen davon machen kann. Aber das ist gewollt. Armut schont das Klima.

„Es geschah, während Du schliefst“

Immer öfter hören wir in den letzten Monaten, speziell den letzten Wochen diese Fragen von vielen neuen Lesern, die den Weg zu uns gefunden haben und die uns in Zuschriften erreichen: Wie ist das nur passiert? Wann hat sich das Land so verändert? Wie konnten solche Leute an die Macht kommen? Was ist in den letzten zehn Jahren nur passiert? Wie konnte es nur so weit kommen?

Im Jahr 1995 eroberte ein Hollywood-Film die Kinos mit dem Titel „Während Du schliefst“. Es ist eine Romcom, eine romantische Komödie; die weibliche Protagonistin gespielt von Sandra Bullock verliebt sich in den Bruder ihres vermeintlichen Verlobten, während der im Koma liegt. Am Ende des Films fragt sie dieser, wann sie sich denn in den Bruder verliebt habe – und ihre Antwort lautet: „Es geschah, während Du schliefst.“

Die Deutschen haben in der Ära Merkel, ruhig gestellt und eingeschläfert durch ihren Mutti-haften Ton, nicht gemerkt oder nicht wahrhaben wollen, wie ihnen ihr Land unter den Füßen weggezogen und zerstört wurde – durch die Energiewende, Zerstörung seiner industriellen und intellektuellen Basis an den Universitäten, durch die freiwillige Gleichschaltung der Medien, durch Masseneinwanderung und Umwertung – letztlich durch die Zerstörung aller Solidarität, der Traditionen und Kultur, die das Land bisher zusammengehalten haben. Die Parteien von CDU bis Ampel kippten gemeinsam das Land in einen Zustand tiefer Entfremdung von sich selbst.

Man hat vielleicht nicht wirklich das vergangene Dutzend Jahre verschlafen, aber man war zu sehr mit Familie, Arbeit, Alltag beschäftigt, hat sich einlullen lassen, man wollte nicht in eine Ecke gestellt werden, wähnte sich auf der guten Seite, bis man durch Kritik an Corona-Maßnahmen oder auch leiseste Kritik an anderen Themen selbst ausgestoßen wurde, blendete vieles sehr lange aus, ohne zu bemerken, dass das Land zu einer Provinz Brüsseler Bürokraten wurde oder zu einem namen- wie geschichtslosen, nur mit einer Nummer versehenen Bezirk einer großen Weltgemeinschaft, die von einigen wenigen dominiert wird. Diese nennt sich „woke“, was so viel wie „erwacht“ bedeutet. Es geschah, während Du schliefst, dass die Woken die Macht an sich gerissen haben.

Wer die schwarzrotgoldene Fahne schwingt, wird ausgegrenzt, wer von Heimat spricht, muss damit rechnen, von der Polizei abgeführt zu werden wie kürzlich eine Schülerin im postdemokratischen Mecklenburg-Vorpommern. Das Land ist in Regenbogenfarben getaucht, wobei es die Schwulen sind, deren Symbol der Befreiung der Regenbogen ursprünglich war. Sie bemerken jetzt, dass sie die Opfer ihres eigenen Erfolgs werden: Neue, radikalere Gruppen geben den Ton an, Transsexuelle in einer queeren Gemeinschaft, auf der anderen Seite mit islamistischen Fanatikern, die allerdings wenig für die anderen übrig haben.

Jetzt zeigen plötzlich Schwule in Umfragen eine Präferenz für die AfD, in einer noch nie da gewesenen Wähler-Gemeinschaft mit integrierten Zuwanderern. Es sind ja viele, die Deutschland als neue Heimat gewählt haben, weil sie vor Repressionen und konkreten Bedrohungen durch Islamisten geflüchtet sind, die sie nun hier teilweise entweder persönlich wiederfinden oder in der Form eines die Uhren zurückdrehenden archaisch-religiösen Gedankenguts, das auch wieder auf Kinder und Enkel ausstrahlt. Happy Ramadan ist mehr als nur ein harmloses Zeichen der religiösen Toleranz. Es ist der in vielen Farben blinkende Machtanspruch, bei dem es nicht ums Fasten geht, sondern um eine Kulturveränderung, die längst auch die Essenssitten in den Kitas vorschreibt, die Schulklassen beherrscht und dort die letzten Abkömmlinge der Alteinwohner drangsaliert – die noch dazu Beifall klatschen.

Jetzt verschärft sich die Repression

Das Land hat sich verändert und mit ihm seine Institutionen. Gerichte sind noch unabhängig – wenigstens teilweise. Aber Schulleiter, Behördenchefs, die Spitzen der Universitäten, Bildungseinrichtungen, Polizei und Staatsanwaltschaften sind grün durchpolitisiert. Die Medien verstehen sich in hohem Maße als Propaganda-Truppen, und die kritischen Geister rechtfertigen sich damit, dass sie nicht in die Hand beißen können, die sie füttert. Es ist ein sanfter Totalitarismus, gleichzeitig Machtanspruch und Zeichen der Schwäche.

Denn es wächst der Widerstand derer, die mit ihrer Arbeit das Land am Laufen halten und es mit immer höheren Steuern und Beiträgen finanzieren – während sie vom Parteienstaat immer weniger Leistungen erhalten, Respekt schon gar nicht.

Die Leute reiben sich in diesen Tagen verwundert die Augen wie nach einem langen Schlaf. Das wird als Populismus abgetan. Die Repression nimmt zu, längst soll jeder Chat, jeder Kommentar, jede Äußerung überwacht werden. Vage Recht vortäuschende Begriffe wie „Delegitimierung des Staates“ oder dessen „Verhöhnung“ werden zu Keulen, die unterhalb der nur noch formal geltenden Strafbarkeit gegen Kritiker eingesetzt werden. Nach einem Gesetzesvorhaben von Innenministerin Faeser soll das Vorhandensein eines Gefährdungspotenzials ausreichen, damit der Verfassungsschutz Auskünfte zum Beispiel bei Kreditinstituten „zu Konten, Konteninhabern […] und zu Geldbewegungen und Geldanlagen, insbesondere über Kontostand und Zahlungsein- und -ausgänge” einholen darf.

„Dies ist bislang nur zulässig, wenn es um gewaltbereite oder Gewaltbereitschaft durch Aufstachelung zu Hass oder Willkürmaßnahmen fördernde Bestrebungen geht“, betont der Verfassungsrechtler Dieter Murswiek im Gespräch mit der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift Tichys Einblick. „Nach dem Plan der Bundesinnenministerin soll das Einholen von Kontoinformationen auch bei völlig friedfertigen Organisationen möglich sein, wenn diese ein ‚Gefährdungspotenzial‘ aufweisen.“

Der Rechtsstaat wird zum Überwachungsstaat, der Korridor der Meinungsfreiheit bis zur Regierungsbestätigung verengt. 

Um das zu rechtfertigen, werden immer neue Alternativlosigkeiten erfunden, auch in der Tradition Merkels: Das Klima erzwingt eine Transformation der Gesellschaft in eine wirtschaftliche Schrumpflandschaft, in der Lastenfahrräder Autos ersetzen müssen, wird behauptet. Neuerdings muss der Krieg in der Ukraine herhalten, um eine Art Kriegswirtschaft zu erzwingen, in der eine Regierungsbehörde bestimmt, wer was wie und wofür noch produzieren darf. Markt und Konsumentenfreiheit sind längst böse Wörter, die auf dem Index stehen wie Remigration. Das äußerste Zugeständnis an die widerspenstige Bevölkerung ist, dass man sich bemühen will, diese Politik, die Land, Gesellschaft und Natur gleichermaßen zerstört, „besser zu erklären“, um die Bevölkerung „mitzunehmen“, wobei die Doppeldeutigkeit von mitnehmen mittlerweile jedem offenbar wird, der nicht mehr im Tiefschlaf liegt.

Das Zeitfenster der Gegenwehr schließt sich. Opposition wird verächtlich gemacht. Die Frage ist gar nicht mehr, ob die AfD verboten wird, was zumindest pro forma noch eine längere gerichtliche Auseinandersetzung erfordern würde. Es reichen Gutachten des zum Inlandsgeheimdienst ausgewachsenen Bundesamts für Verfassungsschutz. Diese Dokumente werden allerdings als „Verschlusssache“ geführt: Niemand darf wissen, warum die AfD „gesichert rechtsextremistisch“ und damit verfassungsfeindlich sein soll. Das Etikett muss reichen, um die Wähler abzuhalten.

Gelingt das?  

Immerhin gründen sich neue Parteien; wobei unklar ist, ob das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) wirklich mehr ist als ein Instrument, mit dem die AfD geschlagen und die Mehrheit der Ampel gesichert werden soll, auch wenn die FDP entfällt. Die Werteunion tritt an, Freie Wähler, freie Listen zur Europawahl ebenso wie bei Kommunalwahlen.

Meinungsumfragen sehen die AfD stabil und geben BSW, Freien Wählern und Werteunion schon sichtbare Prozentpunkte. Die Frage stellt sich, ob das brutale Vorgehen gegen die Opposition nicht eher den Widerstandsgeist anstachelt. Jugendliche sind rebellisch. Früher hing in jeder Studentenbude ein Che-Guevara-Poster; sind es bald blaue Schlümpfe in Kinderzimmern?

Der Ausgrenzungsmechanismus wird flächendeckend installiert und zwingt Beamte, Angestellte und Wissenschaftler auf Linie – allerdings mit wachsendem Unbehagen weit über die Parteilinien hinaus. Auch ausgewiesene Linke erkennen das bedrohliche und totalitäre Potenzial in den jüngsten Bestrebungen. Andere entziehen sich der ständigen Mobilmachung. Der Schlendrian ist es, der das Land zum Erliegen bringt, die Gleichgültigkeit und die demonstrative Faulheit bringt die Bahn zum Stehen. Verteidigen will es auch keiner, insofern ist jeder Euro, der weiterhin in die Bundeswehr investiert wird, verschleudert. Die Polizei geht Nachforschungen, was den linken Terror betrifft, aus dem Weg. Aber wer will schon in einem Land investieren, dessen Stromversorgung amtlich gewollt wacklig und unbezahlbar ist und dessen Strommasten sogar jederzeit zerstört werden, ohne dass die Polizei erkennbare Bemühungen entwickelt, die Täter zu fassen. Die Straßen sind unsicher, die Steuern längst jenseits der Schmerzgrenze – das ist es, was die Fachkräfte daran hindert, nach Deutschland zu ziehen: Anderswo bleibt mehr Netto vom Brutto.

Vermutlich ist das die Auseinandersetzung in den kommenden Monaten: Träumen die Bürger weiter oder wollen sie quasi Ungeheuerliches – die im Grundgesetz nur noch auf dem Papier bestehende Volkssouveränität wiederherstellen?

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