Deutschland ist ein „Hippie-Staat, der nur von Gefühlen geleitet wird“, formulierte der britische Politologe Anthony Glees 2015 angesichts der Grenzöffnung durch Angela Merkel. Statt nur mit dem Herz, müsse man auch mit dem Hirn handeln, forderte er.
Der Hippie-Staat in voller Pracht
Nun sind wir ein paar Jahre weiter – und mit der Ampel hat sich der Hippie-Staat zur vollen Pracht entfaltet, umweht von dem, was dazu gehört: Cannabis. Nein, es geht nicht nur um die Freigabe von Cannabis, die wiederum keine Freigabe ist, weil künftig Beamte zählen müssen, wie viele Cannabis-Pflanzen jemand mit sich herumträgt. Pro Haushalt darf eine volljährige Person maximal drei Pflanzen für den Eigenbedarf anpflanzen. Man sieht schon Polizeitruppen durch Kleingartenkolonien ausschwärmen und Cannabis-Pflanzen zählen und mit der Zahl der Erwachsenen abgleichen und anschließend die Distanz des Pflanzenproduktträgers zum Kindergarten nachmessen, denn um Schulen, Kinder- und Jugendeinrichtungen, Kinderspielplätze und öffentlich zugängliche Sportstätten gilt eine Schutzzone von 200 Metern.
So ein Gesetz kann man als Komödiant nicht erfinden, dazu braucht es Karl Lauterbach und ein Ministerium mit 700 Mitarbeitern, die es dann auch noch als Entbürokratisierung feiern. Der Bundestag stimmt zu, gegen den erbitterten Widerstand der CDU. Danach stimmt auch die Länderkammer, der Bundesrat zu. Dabei enthalten sich die CDU-geführten Länder wie Sachsen-Anhalt und NRW, und schenken der Ampel durch die Enthaltung die Mehrheit. Das ist Politik in Deutschland: sich enthalten, damit Gesetz wird, was man eigentlich nicht will. Im Hippie-Staat ist sogar die Logik bekifft und die größte Oppositionspartei benebelt.
Fünf Milliarden Masken – oder waren es Millionen?
Den passenden Minister dafür haben wir ja, Karl Lauterbach, der das Gesetz zusammen mit Cem Özdemir „federführend“ entworfen und durchgesetzt hat. Özdemir ist derjenige Grüne, der sich auf seinem Balkon stolz mit sorgsam gepflegten Rausch-Pflanzen hat fotografieren lassen – das allerdings noch zu einer Zeit, in der er sich seine Hosen von einer PR-Agentur hat kaufen lassen.
Lauterbach wiederum wird gerade vom Bundesrechnungshof gerügt, weil er insgesamt 5,7 Milliarden Masken eingekauft hat, die jetzt nach und nach verbrannt werden, wobei doch Müllverbrennungsanlagen eigentlich abgeschafft werden sollen. Als ich diese Zahl in unserer morgendlichen Nachrichtenrubrik „Einblick am Morgen“ gelesen habe, vermutete ich, hier seien Millionen mit Milliarden (= 1.000 Millionen) verwechselt worden. Wurde aber nicht. Lauterbach und sein Vorgänger Spahn, Ehre wem Ehre gebührt, haben für jeden Erwachsenen in Deutschland fast 100 Masken auf Lager genommen. Klar, im Dampf des Krauts verschwimmen Nullen. Aber im Hippie-Staat rechnet keiner und Nullen werden notfalls geschwärzt. Und zwar seitenweise!
Über die ständigen Versprecher unserer Außenministerin Annalena Baerbock lacht jeder; mal verwechselt sie Kobold mit Kobalt, speichert Strom in der Leitung, und findet Orte auf diesem Planeten, die Hunderttausende Kilometer entfernt liegen und um die wir uns dringend kümmern müssen. Aber sie ist nicht alleine. So bauen wir im Nobelviertel von Miraflores in Lima für 315 Millionen Euro Fahrradwege, damit die Millionäre nicht nach Miami fliegen müssen, um ihre Radrennen zu fahren. Mittlerweile werden in Deutschland Fahrradtouren auf der Strecke angeboten: „Fahren Sie mit dem Fahrrad entlang einer Strandpromenade, um das Künstlerviertel Barranco auf dieser Radtour in Lima zu erreichen. Vorbei an Wandgemälden, stattlichen Herrenhäusern und Sehenswürdigkeiten wie der Seufzerbrücke…“
Der Radweg an der Seufzerbrücke soll der Einsparung von schädlichem Klimagas dienen, sagt Umweltministerin Svenja Schulze: „Wenn wir es schaffen, in so einer Stadt wie Lima den Verkehr mit dem Auto zurückzudrängen, dann nutzt das unmittelbar dem Klimaschutz.“ Hat sie da den Kerosin-Verbrauch der Fahrrad-Touris mitgerechnet? Das werden nicht wenige sein, denn die in Asphalt ausgewalzte deutsche Dummheit wird sicherlich bald vielfach bestauntes Welt-Kulturerbe und der Tourismus in Lima wird angekurbelt, voilà! Klima gerettet!
Schwarze Madonna, bitt’ für uns
Wir wollen uns gerne kurz unserem Wirtschaftsminister Robert Habeck und seinen grandiosen Bonmots widmen, wenn er die Pleitewelle kommentiert: „Unternehmen sind nicht insolvent, sie hören nur auf zu verkaufen.“ Er treibt den Hippie-Staat auf seinen Höhepunkt; wobei „der Staat keine Fehler macht“. Wir wollen nicht über sein Staatsverständnis sprechen, das historisch irgendwo vor einem preussischen Kartoffelfürsten endet. Wir müssen, leider, über die Konsequenzen sprechen. Zu Ostern werden weitere 15 Kohlekraftwerke abgestellt. Eigentlich bräuchte man mindestens 50 riesige Gaskraftwerke, sagt sein Ministerium. Aber dafür gibt es weder Planung noch Gas oder Standorte oder gar Betreiber und Bauherren. Traum ersetzt Strom.
30 wichtige Staaten planen neue Kernkraftwerke – Deutschland antwortet zeitgleich mit dem Beginn der Zerstörung eines der leistungsfähigsten, aber es ist ja Ostern und da werden halt jetzt auch Atom-Eier geschlachtet. Und damit der Strom weiter fließt, werden in den Wäldern zwischen Burghausen und Altötting Windkraftanlagen errichtet, obwohl dort kaum je ein Lüftchen weht und schon gar nicht das, was man Wind nennt. Vielleicht hilft ja die schwarze Madonna von Altötting, eines der wichtigsten Marienheiligtümer, beim Schließen der Stromlücke? Immerhin ist die Madonna von Weihrauchschwaden umweht, die entfernt an die Räucherstäbchen in indischen Heiligtümern und Hippie-Kommunen erinnern. So wirkt die Ampel in ihrer Klimabesessenheit wie seltsam aus der Zeit gefallen: beratungsresistent, unbelehrbar, unfähig, Fehler zu korrigieren. 5.000 zusätzliche Beamte braucht Familienministerin Lisa Paus. „Das zusätzliche Personal bedeutet eine Bürokratieentlastung für die Bürger.“ Keiner lacht.
Dabei reden wir noch gar nicht über Folgen. Wir reden nicht davon, dass in ganz Deutschland jetzt Baracken errichtet werden, die frühere Arbeitslager der Nazis neudeutsch zu „Willkommens-Center“ umbenennen. Wörter sollen die Welt verändern. Die Migrationsfrage spitzt sich immer weiter zu, ist dabei, den sonst so geheiligten Sozialstaat, die Sicherheit auf den Straßen und die Bildung in den Schulen zu zerstören. Aber die Wörter werden besser. „Willkommens-Center“ für Notlager! Da muss man erst drauf kommen. Frauen steigen auf Fahrräder um, wenn sie Fahrradfahrende genannt werden statt Fahrradfahrer. Die Welt gehorcht aufs Wort, und das Wort ist Grün.
Lebe Deinen Traum, denn Wörter zählen, nicht Taten
Und so fördern sie Elektroautos, die nicht wirklich sauberer sind. Sie erzwingen Wärmepumpen, die viele Eigentümer ruinieren und Mieter arm machen werden, aber es fehlt der Strom. Sie wollen die Ukraine verteidigen, aber haben vergessen, Munition zu organisieren. Dafür verhandelte Annalena Baerbock mal mit dem russischen Verteidigungsminister Lawrow; man hört ihn heimlich kichern hinter dieser Miene mit den dunklen Augen eines Neufundländers, die ein wohlwollendes und mildes Wesen signalisieren.
Er kann nur leider blitzschnell zur Fratze eines Pitbulls wechseln, denn er ist ein ausgebuffter, erfahrener Profi – und wir schicken eine, die vom Völkerball kommt. Man ahnt auch, dass Wolodymyr Oleksandrowytsch Selenskyj sich das Lachen verbeißen muss, wenn er ihr wieder die Zusage für ein paar dieser süßen Kätzchen abgerungen hat, die dann als stählerne Panther und feuerspeiende Geparden an die Front rollen werden.
Das süße Gefühl der Macht
Gefühle treiben die Hippies an, die Welt soll bunt werden und divers und Grenzen sollen verschwinden: die zwischen den Staaten wie zwischen den Geschlechtern – alles fließt, alle sind im Flow. Es sind zunehmend Gefühle der Allmacht. Die wachsen aus dieser Erfahrung der Macht. Die erzeugt das Gemisch aus einem liebedienerischen Beamtenapparat eigener Parteifreunde, verstärkt durch dahinsummende Limousinen mit dem satten Plomben panzerglasgeschützter Türen, durch den Hundeblick sterbensbereiter Bodyguards, gefördert durch startbereite Riesenairbusse praktisch für den privaten Gebrauch und zahlreiche persönliche Referent*innen sowie Taschennachträger*innen und Redenschreiberlinge, zuletzt noch verstärkt durch die Bewunderung, die vielen Hauptstadtjournalisten aus den Augen strahlt.
Die Welt ist wohlgeordnet im Berliner Regierungsviertel, in dem keine „Willkommens-Center“ die Stimmung vermiesen, und von oben aus dem Regierungsflugzeug sieht das Land grün und niedlich aus und endlich haben auch diese grausigen Schlote aufgehört, dunklen Rauch auszustoßen, und auch der Fabriklärm ist verschwunden. Sie sind nicht pleite, sie produzieren nur nicht mehr. Diensteifrige Polizei schubst Traktoren weg, die sich der Blaulicht-Kolonne in den Weg stellen, für deren Betankung die Chefs und Chefinnen niemals eine Rechnung präsentiert bekommen. Es ist schön, Deutschland zu transformieren – ach was: den ganzen Planeten! Von dort oben betrachtet ist alles wohlgetan wie in einer idyllischen Spielzeuglandschaft, durch die stets pünktliche Züge surren.
Die Realistin der Macht
Die Realität im Blick hat nur Nancy Faeser. Ihr wird zugetragen, dass es immer noch einzelne bösartige Menschen gibt, die gegen den Hippie-Staat demonstrieren oder maulen, oder nicht richtig wählen wollen. Da muss man eben andere Saiten aufziehen. Solche Texte wie dieser sind dann ein „Verächtlichmachen des Staates“ oder „Delegitimierung des Staates“, das muss man doch verbieten können. Ihr Wort, und bald soll es geschehen.
Bei so vielen Good Cops der Transformation braucht es einen Bad Cop zur Nachhilfe, das kann man in jedem Film nachschauen. Einer ist für die dunkle Seite der Macht zuständig, und hat Nancy Faeser nicht die Wahlen in Hessen verloren? Grüne Politik zerstört vieles, aber es ist nichts Neues in Sicht. Sie sind wie dieser „Fack ju Göhte“, den sie nur aus dem gleichnamigen Film kennen und der sie irgendwie hat kommen sehen: Sie sind der Geist, der das Gute will und doch nur das Kaputte schafft. Nichts klappt, nichts funktioniert, nur die Sprüche werden immer noch besser und die Versprechungen gewaltiger.
Weil die Realität den grünen Träumen nicht folgt, muss jetzt Kritik verboten werden. Aber wozu haben wir NGOs und Omas gegen Rechts, wenn nicht zum Bespitzeln, und diese Apps, auf denen man jedes rechte Wort anzeigen kann. Oder diese Meckerfritzen müssen die Masken umschnallen, und zwar doppelt und dreifach. Dann muss Karl Lauterbach sie nicht verbrennen. Und wenn man diese zornigen Gesichter nicht mehr sieht, dann ist auch das Gefühl wieder grün und heiter.