Mit einer knappen Rede zur aktuellen Haushaltsnotlage wendet sich Olaf Scholz an die Bürger – einer Rede, in der jeder Satz seine Hilflosigkeit, aber mehr noch seine völlige Missachtung von Realität und Grundgesetz offenbarte. Oder ist es absichtliche Verschleierung und der Versuch, sich mit Notlügen um die Notlage seiner Politik herumzuschwindeln? Selten wurde in einer kurze Rede derart gelogen.
Olaf Scholz umkurvt die Wahrheit
Olaf Scholz fängt damit an, nach dem Spruch des Bundesverfassungsgerichts gäbe es „jetzt klare Vorgaben“. Das ist die Unwahrheit. Die Vorgaben des Haushaltsrechts waren schon immer glasklar: Mittel, die vom Parlament für ein Jahr und für einen Zweck bewilligt werden, müssen im bewilligten Zeitraum und für den bewilligten Zweck ausgegeben werden. Zeitliche Verschiebung und Verausgabung für einen beliebigen anderen Zweck ist ein grober Verstoß gegen die Haushaltsordnung. Daran war nie auch nur das Geringste unklar, dazu braucht man kein Bundesverfassungsgericht.
Und dann fährt Olaf Scholz fort: „Solche Hilfen“ wären jetzt weiter möglich und vermischt dabei Corona-Hilfen, die Folgen der Unwetterkatastrophe im Ahrtal sowie die Strom- und Gaspreisbremse: „Solche Hilfen sind weiterhin möglich“.
Nun sind Haushaltsnotlagen für eine Pandemie, wenn es denn eine war, und Naturkatastrophen tatsächlich und unbestritten möglich – sie kommen unvorhergesehen, und diese außergewöhnlichen Situationen sind anders nicht zu bewältigen. Wer aber Kraftwerke und Energieversorgung abstellt, wie es diese Bundesregierung getan hat, stellt eine Notlage selbst her – die absehbaren, vorhergesagten und tatsächlich eingetretenen Folgen sind keine „unvorhergesehene Notlage“.
Selten zuvor hat ein Kanzler so erkennbar die Wahrheit auf den Kopf gestellt. So viel Chuzpe kann nur vorführen, wer im Cum-Ex-Skandal gestählt wurde. Dabei ist der Schwindel, sind die Lügen leicht zu durchschauen: Die Haushaltsnotlage ist die Folge der Ampel-Politik und der Vorgänger-Regierung; man kann nur diskutieren, ob Merkel die Mutter des Missbrauchs ist und welchen Anteil die Ampel durch Fortsetzung und Verschärfung ihrer Politik hat.
Immer neue Notlügen überdecken die katastrophalen Fehler der Politik. Bundesfinanzminister Christian Lindner will jetzt, wo die Lügen mit ihren Folgen aufgeflogen sind, rückwirkend eine „Notlage” für 2023 erklären, kurz bevor das Jahr um ist. Laufende und gewollte Schuldenmachereien, die durch grundgesetzwidrige Gesetze kaschiert werden sollen, sind aber keine Notlage, sondern offensichtlicher Verfassungsbruch.
Schulden sind weiterhin erlaubt
Es geht auch nicht um Schulden an sich; wie Scholz und sein Kabinett der Trickser und Täuscher suggeriert. Schulden hat Deutschland bereits in Höhe der unvorstellbaren Summe von 2.417 Milliarden Euro. Allein seit 2019 kamen über 500 Milliarden obendrauf. Eine echte „Schuldenbremse“ sieht anders aus Es geht nicht um Schulden. Es geht um unbegrenzte und unkontrollierte Schuldenmacherei.
Die Kontrolle von Staatsausgaben und Schulden wird häufig als Königsrecht des Parlaments bezeichnet. Einfach, weil diese Kontrolle so unendlich wichtig ist. Politiker, immer das Ende ihrer Amtszeit und ihre persönliche Pensionsberechtigung im Blick oder eine Wiederwahl, wollen immer mehr Schulden machen. Wer Geschenke verteilen kann, macht sich beliebt und kann sich auf diese Weise Anerkennung und Wählerstimmen kaufen. Wenn’s dann nicht klappt, die Schulden zu hoch sind und das Land ruiniert ist – sollen sich doch die Nachfolger darum kümmern.
Das ist der Grund, warum die Regeln der Kreditaufnahme gesetzlich festgelegt und Begrenzungen eingefügt wurden. Es ist eine Begrenzung der Gier und des Eigennutzes der Regierenden. Es ist Machtkontrolle und Machtbegrenzung. Wer dies aushebelt, verstößt nicht nur gegen Haushaltsgesetze – sondern gegen das Grundgesetz. Es ist dies die schmale Grenze, die den Unterschied macht zwischen einem demokratischen Rechtsstaat einerseits und einer Willkürregierung andererseits. Die Bundesregierung ist dabei, diese Grenze zu überschreiten.
Schulden für den Umbau der Wirtschaft?
Aber nun heißt es, dass wir die Schulden für den Umbau der Wirtschaft brauchen; auch gerne „Transformation“ genannt. Genannt werden mantraartig Batteriefabriken, E-Autos, Chip-Fabriken, eine Wasserstoffleitung über die Alpen, Geldgeschenke an Nigeria und an andere Länder, Subventionen für die Energiepreise, die die Industrie ruinieren. Droht also Arbeitslosigkeit, wenn wir auf die schuldenfinanzierte „Transformation“ verzichten?
„Wir“ müssen die Wirtschaft nicht umbauen. Es ist nicht die Aufgabe von Politikern, NGOs oder Redakteurinnen von ARD und ZDF, die Wirtschaft umzubauen. Das ist die Aufgabe der Unternehmen. Unternehmen investieren in ihre Zukunft, verändern ihre Technologien, Produkte, Dienstleistungen. Keine Fabrik von heute sieht noch so aus wie vor 20 Jahren. Die Wirtschaft verändert sich ständig, baut sich um – und wer nicht mitmacht, geht pleite.
Selbstverständlich wird Energie eingespart, und wie. Das lässt sich kein Unternehmer zweimal sagen, es ist ja sein Geld, sein Profit, auch seine Überlebensgarantie im Wettbewerb. Selbstverständlich wird rationalisiert durch Digitalisierung, was das Zeug hält, lieber mehr als weniger. Bisher waren es Grüne und Gewerkschaften, die solche Modernisierungen blockiert oder gebremst haben, weil sie Angst um altgewohnte Arbeitsplätze haben. Und jetzt sind sie plötzlich das große „Wir“, das die Wirtschaft umbauen will? Woher nehmen sie die Kenntnis? Das Wissen über den Fortgang von Märkten, Industrien, Technologien?
Karl Marx und Friedrich Engels haben im Kommunistischen Manifest eindrucksvoll beschrieben, wie schnell, brutal und oft grausam, aber auch unendlich anpassungsfähig der Kapitalismus sich selbst und die Welt verändert. „Unterjochung der Naturkräfte, Maschinerie, Anwendung der Chemie auf Industrie und Ackerbau, Dampfschiffahrt, Eisenbahnen, elektrische Telegraphen, Urbarmachung ganzer Welttheile, Schiffbarmachung der Flüsse, ganze aus dem Boden hervorgestampfte Bevölkerungen – welch früheres Jahrhundert ahnte, daß solche Produktionskräfte im Schooß der gesellschaftlichen Arbeit schlummerten.“
Es ist ein pathetischer Text, voller wirrer Schlussfolgerungen und Ableitungen über Klassenkampf und Geradlinigem der Geschichte, aber er beschreibt wie kein anderer die Dynamik einer Marktwirtschaft. Und jetzt also kommen die blutleeren Beamten aus Habecks Wirtschaftsministerium, die Lobbyisten der Agora-Energiewende und wollen erfinden, wie „wir die Wirtschaft umbauen“? Es wird nicht klappen. Es wird anders kommen. So wenig, wie Marx und Engels Flugzeuge, Massenmobilität, oder Digitalisierung erahnen konnten, Internet und Gentechnik auch für Jules Verne denkbar waren, so wenig wird sich die Welt von morgen an den Lastenfahrrädern und Windrädern orientieren, die uns heute als Non-Plus-Ultra grüner Technologie vorgestellt werden.
Es wird anders kommen. In der Marktwirtschaft wird der Wandel sozial begleitet und korrigiert. Aber die Dynamik kommt nicht von grünen Parteitagsbeschlüssen. Das macht Wirtschaft von ganz allein. Staatliche Projekte sind allesamt gescheitert, verkümmert, versandet. Ein einziger Elon Musk hat mehr bewegt als alle Technikräte, Innovationsförderer, Technologieministerien und Cluster-Beauftragte zusammen.
Die amtliche Förderung der Unwirtschaftlichkeit
Das Einzige, was Habeck und die Seinen können, ist Vorschriften zu machen, wie unwirtschaftlich produziert wird. Stahl soll grün werden, Autos nur noch elektrisch, Landwirtschaft bio, und Plastikstrohhalme durch Bio-Strohhalme ersetzt werden, die in Plastik verpackt werden müssen. Und weil das weder wirtschaftlich ist noch zu verkaufsfähigen Produkten führt, brauchen sie Schulden für die amtliche Förderung des Absatzes. Nicht mehr Kundschaft soll Produkte kaufen, sondern staatliche Subventionen den Absatz verbilligen, damit sich irgendwer des grünen Schrotts erbarmt und ihn mitnimmt. Die Automobilindustrie hat bisher jedenfalls keine Subventionen gebraucht: Carl Benz hat seinen Motor ohne Staatshilfen erfunden und Rudolf Diesel seinen Motor – warum dann plötzlich „Förderung der E-Mobilität“?
So verschlingt das staatlich vorgeschriebene E-Auto Milliarden über Milliarden. Funktionierende Kraftwerke werden verboten und durch 70 Gaskraftwerke ersetzt, die niemand auch nur plant und schon gar nicht baut, weil sie von Grund auf unwirtschaftlich sind; also braucht Habeck auch dafür Milliarden. Die, die er bereits hat, gibt er schon für Windräder aus, die nun wirklich kein Mensch braucht. Es ist auch nicht Öko oder Klima, sondern nur unwirtschaftlich. Es ist eine Subventionswirtschaft, die nur noch herstellt, was der Staat subventioniert.
Leider ist der Prozess schon weit fortgeschritten. Man muss sich nur das weinerliche Geheule der Vertreter des Bundesverbands der Deutschen Industrie zu Gemüte führen, die um Staatsknete betteln wie der Junkie um die Droge, statt ihre Fabriken selbst wettbewerbsfähig zu machen. Aber auf Bestellung Subventionsschrott herzustellen ist eben sicherer, als sich dem Wettbewerb zu stellen. Habecks Industriepolitik ist nicht weniger als der Versuch, die Industrie in eine Art betreute Werkstatt umzugestalten, die Laubsägearbeiten nach den Schnittmusterplänen seines Ministeriums anfertigt.
Das kann natürlich nicht klappen. Das Beispiel Siemens Energy steht warnend vor uns: Der Riesen-Windradbauer, gefeiert als Motor der Energiewende, braucht Staatsknete – einfach, weil global klar ist, dass diese Art der Energieerzeugung nicht erfolgreich sein wird. Deswegen wird der Laden subventioniert und die Aktionäre (zu 25 Prozent der Mutterkonzern Siemens) lachen sich in den Geldbeutel, wo die Milliarden klingeln, die Habeck ohne Kontrolle dahin umleiten will: von unten nach oben.
Und das reicht immer noch nicht. Scholz-Lindner-Habeck brauchen weitere 100 Milliarden Euro im Jahr für die Massenmigration, die jedes Jahr noch teurer wird, weil noch mehr kommen und versorgt werden wollen. Ist das eine „Notlage“? Sie brauchen immer noch mehr Milliarden für das „Bürgergeld“, weil immer mehr Bürger kapieren, dass es besser ist, für Geld nicht zu arbeiten statt für weniger Geld mehr. Eine Notlage oder absehbar? Sie brauchen Geld für das neue Kanzleramt, ihre Abgeordneten, die Hamas im Gaza-Streifen, ein Goetheinstitut, damit Annalena Baerbock einen Grund hat, doch noch mal nach Fidschi zu düsen, wo sie so angeblich die chinesische Expansion bekämpft. Oder für Afghanen, die aus Pakistan eingeflogen werden wollen, und Bewohner des Gaza-Streifens, die nach Hückeswagen uns sonstwohin umgesiedelt werden sollen, denn Deutschland rettet die Welt. Überall und sofort.
Das sind Allmachtsphantasien, aber keine Notlagen dieses Landes, sondern selbst hergestellte. Es ist eine Notlage, an der weder Putin einen Anteil hat noch das Hochwasser an der Ahr oder gar das Klima. Es ist eine Notlage, die in den Köpfen stattfindet, eine „Diktatur der Inkompetenz“, wie es Arnold Vaatz nennt.
Die einzige Notlage, die vorliegt, ist die Notlage, in die die Ampel den Rechtsstaat und die Demokratie gebracht haben.