Tichys Einblick
Fake-Nuss

Netzagentur bestätigt Stromlücke nach Atomausstieg – ARD behauptet das Gegenteil

Um die Energiepolitik der Ampel zu verteidigen, ist jeder Schwindel recht: In diesen Tagen jubelt die ARD, dass der Strom nach dem Aus für die Kernkraftwerke billiger und die Versorgung sicherer wird. In Deutschland herrschen eben ganz eigene physikalische Gesetze, hat die Ampel beschlossen.

Kernkraftwerk Tricastin in Frankreich

IMAGO / Dirk Sattler

Jetzt wird der Strom billiger, jubelte die Politikerin der Grünen Katrin Göring-Eckardt an dem Tag, dem 15. April, an dem den letzten drei Kernkraftwerken in Deutschland der Stecker gezogen wurde. Denn jetzt könne „der Atomstrom nicht mehr die Netze verstopfen“. 

Dummerweise erhöhten just in jenen Tagen viele der großen Stromversorger die Preise. Fast um die Hälfte mehr zahlen müssen die Verbraucher in Nordrhein-Westfalen ab Juni.

Gute Nachrichten, wie von Habeck bestellt

Doch Rettung naht. In diesen Tagen verbreiten die ARD-Staatssender wie auf Bestellung von „Klimaschutz“-Minister Robert Habeck, dass die Preise sogar sinken sollen. Die Vizepräsidentin der Bundesnetzagentur, Barbie Kornelia Haller, bilanziert im Gespräch mit dem Bayerischen Rundfunk: „Die Auswirkungen sind extrem gering.“ Und die Tagesschau jubelte: „AKW-Aus lässt Strompreis nicht steigen“.

Anfrage an Bundesregierung
Bundesregierung erscheint uninteressiert an Nord-Stream-Aufklärung
Damit scheint Deutschland irgendwie eine Art Wunderwaffe gegen Energieknappheit gefunden zu haben: Weniger Stromproduktion – und das führt zu sinkenden Preisen? Normalerweise, wenn weniger Kartoffeln geerntet werden, werden die Knollen deutlich teurer. Nur beim Strom scheint es anders zu sein. Wer hat nun Recht – die Grünen, für die der Strom Netze verstopfen kann wie eine Rolle Klopapier das stille Örtchen, obwohl der Strom doch eigentlich körperlos ist? Gelten in Deutschland nicht nur andere ökonomische Gesetze, sondern auch andere physikalische Gesetze?

Die Antwort steht bei der ARD im Kleingedruckten. Denn die Atomkraftwerke wurden nicht plötzlich und überraschend ausgeschaltet, sondern liefen nur im Streckbetrieb – langsam mussten sie ihre Leistung herabfahren. Deshalb war am Ende auch kaum mehr Atomstrom im Netz. Oder halt. Da muss man genauer sein: Atomstrom aus Deutschland. Denn Ersatz kommt aus französischen Kernkraftwerken. Die waren eine Zeitlang schwach auf der Brust, weil in der Corona-Phase die Wartung nicht durchgeführt werden konnte und erst später nachgeholt werden musste. Jetzt laufen sie volle Pulle und verkaufen glänzend nach Deutschland.

Und außerdem erklärt die Überbringerin der guten Nachricht für die Grünen, die Vizepräsidentin der Bundesnetzagentur Barbie Kornelia Haller, etwas kleinlaut: Es ist das Frühjahr. Da sind die Tage heller, die Sonne scheint länger, Heizungen werden abgeschaltet. Denn schon heute fressen Wärmepumpen viel Strom. Noch gewichtiger ist ein anderer Saisoneffekt: Mit dem Ende der deutschen Kernkraftwerke kommt heuer – wie jedes Jahr – der Frühling; die Zeit der sogenannten „Dunkelflaute“ ist dann vorbei: Von Oktober bis März liefern wegen des niedrigen Sonnenstands die Photovoltaik-Anlagen kaum Saft, und auch die Windräder an Land drehen sich nicht.

Dieses Jahr war der April zwar ungewöhnlich kalt, aber natürlich scheint die Sonne länger und stärker als im Dezember. Sinkende Strompreise sind um diese Jahreszeit also normal, bestätigt Haller – die Bewährungsprobe kommt ab Oktober. Jetzt also kommt die gute Zeit der „erneuerbaren Energien“ – leider nur bis, tja: November. Dann bräuchten wir wieder Kernkraftwerke. Gott sei Dank stehen sie nicht still, sondern jetzt halt nur in Frankreich und Tschechien. In Finnland jedenfalls sinken die Strompreise um 75 Prozent, seit das neue Kernkraftwerk in Betrieb ist und in Deutschland haben sie sich seit Jahresfrist verdoppelt.

Stromlücke bestätigt – Kraftwerke fehlen

Und was auch verschwiegen wird: In grüner Wahrnehmung wird der Strom immer „schmutziger“. Deutschlands Stromproduktion ist fast um den Faktor 20 „schmutziger“ als in Frankreich. Dort werden je Kilowattstunde 29 Gramm des angeblich so gefährlichen „Klimagases“ CO2 ausgestoßen. In Deutschland sind es 542 Gramm. Soll Deutschland nach dem Willen der Ampel nicht „klimaneutral“ werden? Im Augenblick klappt das nicht so. Und es wird immer problematischer. In Süddeutschland sollen bis zu 50 neue Gaskraftwerke gebaut werden – neue Emittenten von „Klimagas“. Allerdings sagt Barbie Kornelia Haller von der Bundesnetzagentur dazu: „Im Moment sehen wir die Investitionen in diese Kraftwerke nicht. Insofern braucht es wohl einen Mechanismus, die Investitionen anzureizen, damit diese Kraftwerke auch tatsächlich kommen.“

Aha, der Mechanismus, um die Investitionen anzureizen, wird dann wohl der nächste Kostenschub für den Endverbraucher von Strom. Vor allem aber: Damit bestätigt die Bundesnetzagentur die Stromlücke nach Wegfall der Atomkraftwerke. Das alles steht in dem Bericht. Nur die Überschrift behauptet das Gegenteil, und auf die kommt es an.

Und so schwurbelt der Bayerische Rundfunk, von dem die ARD-Tagesschau abgeschrieben hat, munter weiter vor sich hin und jubelt: „Auch im kommenden Winter ist die sichere Stromversorgung in Deutschland gewährleistet. Im Inland muss die Bundesnetzagentur sogar viel weniger Reservekraftwerke unter Vertrag nehmen als im vergangenen Winter: statt 8,3 nur noch 4,6 Gigawatt.“ Das ist eine gute Nachricht, denn Reservekraftwerke sind extrem teure Anbieter, weil sie in wenigen Tagen das verdienen müssen, was die Bereitstellung von Anlagen und Bedienungsmannschaften die ganze Zeit kostet. Leider kommt die schlechte Nachricht gleich danach: Die Rücknahme der Reservekapazität gelang nur, weil „Kohlekraftwerke aus der Reserve in den regulären Betrieb zurückgekehrt sind“.

Mit anderen Worten: Kohle wird wieder im Dauerbetrieb verbrannt. Aber das soll der flüchtige Leser nicht sofort merken, denn die nächste, natürlich gefettete Zwischenüberschrift lautet:

„Renaissance der Kohle ist ausgeblieben“

So ist das also: ganz, wie die Ampel es sich wünscht.

Unideologischer Neustart nötig
Der „Energiewendestaat“
Und noch eine Nachricht fehlt zur Einordnung: Vor einer Überlastung des Stromnetzes in Deutschland warnte schon im Januar Klaus Müller, Präsident der Bundesnetzagentur: „Wenn weiter sehr viele neue Wärmepumpen und Ladestationen installiert werden, dann sind Überlastungsprobleme und lokale Stromausfälle im Verteilnetz zu befürchten, falls wir nicht handeln.“

Mittlerweile laufen die Arbeiten für die notwendigen Gesetze, um E-Autos und Wärmepumpen bei Bedarf abzuschalten; ihre Besitzer müssen zu Hause bleiben – in der kalten Wohnung, wenn sie bereits voll elektrifiziert sind. Wer also auf Wärme und Mobilität nicht verzichten will, sollte tunlichst einen Verbrenner in der Garage stehen haben und seine fossile Heizung im Keller belassen.

Gut, dass da die ARD einen Bruno Burger vom Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme (ISE) gefunden hat, der betont: „Es gibt keine Stromknappheit in Deutschland – und Deutschland hat auch genügend Erzeugungskapazität.“ Dann ist ja alles gut, und wenn der Strom abgeschaltet werden muss, liegt es nicht an zu geringer Erzeugung, sondern an der Verstopfung.

Es ist also alles gut in Deutschland mit der Stromproduktion, glaubt man den Sendern der ARD. Leider stimmt es halt mit der Einordnung der Fakten nicht. Aber was macht das schon, so lange noch genug Strom für die Gebührensender fließt? Vielleicht gibt es ja nicht nur Stromsperren in Zukunft, sondern auch Sonderstrom für die auf ARD und ZDF fest eingestellten Fernsehsender.


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