Tichys Einblick
Drei quälende Debattentage

Mini-GroKo: Kein Aufbruch, nur Trotz und leere Worte

Drei Tage Regierungserklärung und Debatte, ohne Erklärung, wie es weitergehen soll: Die neue Regierung der Mini-GroKo fängt da an, wo die Groß-GroKo aufhörte: Leerstellen bei Zukunftsfragen plus billige Heimat-Rhetorik.

© Michele Tantussi/Getty Images

„Über allem Anfang liegt ein Zauber“, so Herrmann Hesse zu Hoffnungen, Erwartungen und den tätigen Optimismus beim Beginnen. Über der Mini-GroKo liegt nur kindische Trotzhaltung, Rechthaberei – und Unsicherheit; das zeigen drei quälende Debattentage zur Regierungsbildung im Deutschen Bundestag.

Die Fehler von gestern …

Trotzhaltung, weil keine Bereitschaft der Mini-GroKo besteht, das Versagen der Maxi-GroKo einzugestehen und zu korrigieren. Ein paar Floskeln: Merkel räumt zwar verbal Fehler in der „Flüchtlingspolitik” ein, kündigt Konsequenzen an – aber bleibt  dabei, dass es richtig war, aus humanitären Gründen „Flüchtlinge” aufzunehmen und dass dies weitergehen wird. Auch ihren monströsen Satz „Wir schaffen das“ verteidigt Merkel. „Die politische Spaltung Deutschlands, die auch die Kanzlerin nicht übersehen und überhören konnte, ist nicht allein auf ihre Flüchtlingspolitik zurückzuführen. Doch schuf diese die zentrale Bruchlinie, die sich durch die Republik zieht“, kritisiert selbst die sonst regierungstreue FAZ. Der Kanzlerin ist egal, wie ihr alles egal ist jenseits des Zauns um das Kanzleramt.

Man muss ihr nur zuschauen im Bundestag: Gelangweilt spielt sie auf ihrem Handy herum. Mehr Missachtung des Parlaments war kaum. Sie hat ihre Mehrheit, und basta. Der Bundestag stört nur.

…sind die Fehler von morgen.

Statt die Probleme anzupacken der Griff in die Mottenkiste. Viel ist von Heimat und sozialem Zusammenhalt die Rede, immer wieder, bis zum Überdruss. Aber wie es eben zum Regierungsstil Merkel gehört: Begriffe werden besetzt, inhaltlich ausgehöhlt und damit instrumentalisiert. Von Heimat bleibt dann nur Geldausgeben für die Gleichwertigkeit der Lebensbedingungen; was praktisch bedeutet: Mehr Fahrradwege für Mecklenburg-Vorpommern und ein paar neue Kläranlagen in Nordrhein-Westfalen. Das ist die Heimat, die sie und ihre Leute meinen. Zum Weinen.

Zur Ordnung
Frühjahrsputz
Der soziale Zusammenhalt soll ebenfalls mit Geld gekittet werden, die Mittel liegen ja herum. Alles kann man kaufen, warum nicht auch Zusammenhalt? Bisschen mehr Kindergeld, Baukindergeld, etwas Rente, Mütter: Unbeantwortet bleibt die Frage, was das helfen soll, wenn die Kinder in der Kita und Kindergarten gemobbt werden, weil sie „Kartoffeln“ sind, wie die Schulen funktionieren sollen, die mit Integrationsaufgaben überlastet werden, was die Folgen für die Feierfreude der Deutschen sind, wenn jedes Bürger- und Feuerwehrfest nur noch mit Polizisten mit Maschinenpistolen und Einmauerung durch Betonpoller gestattet wird. Innere Grenzen werden aufgezogen, weil Merkel und die ihren versäumt haben, ihre Hauptaufgabe zu erfüllen: Sicherheit und Ordnung zu gewährleisten.
Wo kann man Zusammenhalt kaufen?

Jetzt soll Zustimmung erkauft werden. Und klar, SPD und CDU sind einig: Das kostet das Geld der Steuerzahler. Stolz ist der neue Finanzminister Olaf Scholz auf die „schwarze Null“, die keine ist. „Zwischen 1995 und 2017 sind die Zinsausgaben von 40,2 Milliarden Euro auf 17,5 Milliarden gesunken. Und die Steuereinnahmen stiegen in der gleichen Zeit von 187,2 Milliarden Euro auf 309,3 Milliarden Euro. Da wundert es nicht, dass die Geldausgeber im Vorteil sind“, so Frank Schäffler.

Die, die das bezahlen haben keine Stimme in der neuen Regierung. Denn „die Zeche werden auch in diesem Fall die gleichen Personengruppen bezahlen, die heute schon die Hauptlast des Sozialstaats tragen: die leistungsbereiten Mittelschichten mit steuerpflichtigen Jahreseinkünften von 60.000 bis 80.000 Euro. In dieser Einkommenshöhe schlägt die Steuerprogression am stärksten durch, greift noch die volle Sozialversicherungspflicht.“

METZGERS ORDNUNGSRUF 6 -2018
Merkels Befriedungsstrategie: Mehr Sozialstaat!
Kein Wort in dem dreitägigen-Redemarathon der Mini-GroKo zu der Tatsache, dass es sich heute bis an die rechnerische Grenze des Medianeinkommens von 2.500 € Monatsverdienst für eine Familie gar nicht mehr lohnt, arbeiten zu gehen: Hartz ist höher bei Null Eigenleistung. Die, die es am schnellsten begriffen haben, sind Zuwanderer und ihre Hintermänner, die mit Scheinarbeitsverhältnissen den Sozialstaat plündern oder Zuwanderer, die es  sich gleich gemütlich in ihm einrichten, ganz ohne Arbeit.

Es werden eben immer mehr, und nicht nur Osteuropäer und sogenannte Flüchtlinge. Wer noch arbeitet, ist der Dumme. Antworten der Mini-GroKo dazu? keine. Das wäre zu kompliziert. So bleibt auch bei Europa eine Leerstelle, die allerdings mit vielen Euros aus Deutschland gefüllt werden soll. Konzeptionslos verspricht die Bundesregierung, mehr zu zahlen, auch hier ersetzt Zahlungsbereitschaft die Zukunftsvorstellung darüber, wie der Euro und Europa reformiert werden sollen. „Am Ende sind die selbsternannten Retter der europäischen Ideale ihre wahren Totengräber. Das würde dem letzten Akt der griechischen Tragödie gleichkommen, in der Deutschland seit Jahren die Hauptrolle spielt“ fürchtet Klaus-Peter Willsch, CDU-MdB in diesen Tagen, in denen man sich eigentlich Klarheit erhoffte.

Seehofer springt – und landet vor Högl

Horst Seehofer versucht ein paar Klärungen. Er sagt „flächendeckende Sicherheit“, Migration müsse gesteuert und begrenzt werden, die Sicherheitslage sei „sehr bedrohlich“ wegen des islamischen Terrors. Es dürfe keine rechtsfreien Zonen geben, keine rechtsfreien Räume, das Recht müsse allüberall durchgesetzt werden.

Selbstaufgabe
Deutschland zahlt alles, bis es nicht mehr kann
Er merkt gar nicht, dass er der Bock ist, der jetzt zu gärtnern vorgibt. Denn seine Aufzählung listet die Versäumnisse der Maxi-GroKo auf, die auch die neue ist als Mini-GroKo. Und wie zur Bestätigung zermümmelt nach ihm die stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Eva Högl seine Forderungen. Bei ihr geht es innenpolitisch wieder nur hauptsächlich um den Kampf gegen „Hetze“, das Sozialdemokratische Synonym für die Bekämpfung aller, die anderer Meinung sind als von ihr und ihrer Regierung vorgegeben, mittels Steuergeldern, die jene bezahlt haben, die jetzt bekämpft werden sollen. Zu Seehofers angetäuschten Vorhaben – kein Wort. Sie will ein Einwanderungsgesetz. Der Einwanderungskorrdior von jährlich bis 220.000 Menschen reicht ihr nicht. Es müssen mehr werden. Diesmal wenigstens solche, die wegen ihrer Leistungsfähigkeit nicht von vorneherein nur in die Sozialsysteme als Nutznießer einwandern, sondern wenigstens auch ein paar Leistungsträger.

Die werden allerdings so nicht kommen. Dass Deutschlands Leistungsträger die Dummen sind, hat sich im Ausland herumgesprochen. Nur nicht in Berlin bei der Mini-GroKo. Seehofer ist gesprungen – landen wird er als Eva Högls Bettvorleger.

Dass man sich die Debatte wenigstens zeitweise anhören konnte, liegt nicht an der Regierung, sondern an der Opposition: AfD und FDP zwingen die Regierung zur Stellungnahme, fordern sie heraus und zeigen Alternativen auf. Das fehlte bisher.

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