Tichys Einblick
Aufstand in Großbritannien

Der Westen treibt die Zuwanderung voran, im Osten kann man weiter friedlich leben

Großbritannien erleichtert Einwanderung weiter und schlägt Proteste der Bürger brutalstmöglich nieder. In Osteuropa gibt es faktisch keine Einwanderung. Der Umgang mit Einwanderung spaltet Ost und West. Im Westen setzt man auf Repression der Einheimischen statt Integration der Zugewanderten.

London, 7. August 2024

Großbritanniens neuer Premier Keir Starmer überlegt, „Emergency Detainment Camps“ auf den fernen, vor Argentinien liegenden Steininseln der Falklands einzurichten. In den britischen Gefängnissen soll Platz geschaffen werden für Protestierer, die nach dem Mord an drei Mädchen gegen mangelnden Schutz auf den Straßen und Schulen sowie gegen weitere Masseneinwanderung demonstriert haben. Schon ein regierungskritischer Facebook-Eintrag kann bekanntlich ins Gefängnis führen; innerhalb von wenigen Tagen werden Protestierer oder Facebooker von Schnellgerichten abgeurteilt.

Gegen Schläger, für mehr Migration

Das erinnert sehr an Einrichtungen, über die die University of Capetown berichtet und als „British Concentration Camps of the South African War 1900-1902″ beschrieben hat. Diesmal geht es nicht um das Einsperren von bewaffneten Buren, die sich gegen die Ausdehnung der britischen Macht in Südafrika gewehrt haben, sondern gegen eigene Bürger, die sich gegen die Landnahme in ihren Heimatstädten wehren. 

Gleichzeitig fordert der Economist: „Punish the thugs. Stand up for immigration“ , was so viel heißt wie: „Bestraft die Schläger. Kämpft für Migration.“ Auch der bekannte Entwicklungsökonom Paul Cullen, dessen neuestes Buch den Titel trägt „Aufstieg der Abgehängten“ beschreibt die sozialen Ursachen: „Wir reden von Gegenden mit einer sehr hohen Arbeitslosigkeit, schlechten Jobs, und niedrigen Löhnen. Viele Menschen da haben keine Perspektive, vor allem auch die Jungen. Genau in diese einkommensschwachen Gegenden wurden viele Asylbewerber hingebracht, die in Hotels wohnen. Begründet wurde dies damit, dass die Hotels dort billiger sind als in reicheren Regionen wie in London.“ (NZZ Sonntagszeitung 11/8, S. 2) Das kommt einem irgendwie bekannt vor.

Und doch erfüllt Keir Starmer die Forderung des Economist nach „punish“ und noch mehr Migration, was notwendigerweise in einen Teufelskreis von Gewalt und Gegengewalt führen muss: Legale und illegale Einwanderung auf die Insel wird wieder erleichtert; Pläne der Vorgängerregierung von Lagern in Ruanda, wo Einwanderungswillige bis zur Klärung interniert werden sollten, wurden ad acta gelegt. Das scharfe Vorgehen der Regierung mit Unterstützung von Medien und Muslim-Milizen gegen protestierende weiße Ur-Einwohner ist bislang einmalig nicht nur in der EU, der Großbritannien nicht mehr angehört, sondern in ganz Europa. 

Je weiter im Westen, umso höher ist die Zuwanderung. Großbritanniens Zuwanderungssaldo liegt bei über einer Millionjährlich und ist damit noch höher als im größeren Deutschland. Während nach dem Brexit der Aufenthalt für Europäer erschwert wurde, stieg der Zuzug deutlich weniger qualifizierter Zuwanderer aus Afrika und Teilen Asiens deutlich an. 

Verelendung und vorgetäuschtes Wirtschaftswachstum

Auf die sozialen Folgen hat Douglas Murray in einem aktuellen Beitrag im Spectator hingewiesen, den TE in Deutschland publiziert: Brennpunkte der Aufstände waren allesamt Städte mit einer Arbeitslosigkeit von mehr als 25 Prozent bei weiterer zügiger Zunahme der Verelendung. Die Folge sind immer längere Wartelisten beim staatlichen Gesundheitssystem NHS, das notorisch überlastet ist; steigende Mieten und sonstige Kosten. Murray wirft der Regierung in London vor, dass sie so künstlich Wirtschaftswachstum vortäusche: Natürlich beanspruchen mehr Leute mehr Leistungen, Lebensmittel und Lebensunterhalt, was das Wirtschaftswachstum erhöht. Pro Kopf berechnet allerdings, sinkt die Wirtschaftsleistung. Der Kuchen wächst, aber die Kuchenstücke schrumpfen.

Nun sind britische Hooligans ein spezieller Schlag, dem man besser aus dem Weg gehen sollte. Aber es fällt doch auf, wie in Großbritannien die traditionelle, weiße Unterschicht gegen die Zuwanderer in Stellung gebracht wird, die wiederum eine neue, migrantische Unterschicht bilden. In der Bevölkerungswissenschaft der USA gibt es dafür seit 80 Jahren den Begriff der „eth-class-Society“, einer „ethnischen Klassengesellschaft“.

Zum White Trash, den abgehängten Weißen, kommt der Black Trash, beide in derselben Armutsfalle gefangen. Für die weiße Unterschicht ist es die Entwertung durch die Regierung, die sie erkennbar missachtet und den Widerstand anstachelt. Matthias Nikolaidis berichtet über einen Redner, der allen Ernstes unter dem Beifall der Menge rief: „Es sind ekelerregende Nazi-Faschisten, und wir müssen ihnen allen die Hälse durchschneiden und sie alle loswerden.“  

Negativ-Beispiel Frankreich

Diese ekelerregenden Ureinwohner konkurrieren um Jobs, Wohnungen, Aufstiegschancen, Krankheitsversorgung und Schulplätze für ihre Kinder mit der neu ins Land geholten, meist muslimischen, „schwarzen“ oder jedenfalls nicht-weißen Bevölkerung.

Ob sich solche sozialen Konflikte mit Haftstrafen für Facebook-Pöbler lösen lassen, mit Polizeieinsätzen und einer Zwei-Klassen-Polizei, die Zuwanderern mit einem fröhlichen „Salam Aleikum“ entgegentritt und mit dem Knüppel den Ureinwohnern? 

In Frankreich ist die Situation kaum anders. Es hat etwas Komisches, wenn Starmer erklärt, mann wolle keine französischen Zustände, in denen die No-Go-Areas sich immer weiter ausdehnen, zu denen Polizei und weiße Franzosen keinen Zugang mehr haben oder dabei ihr Leben zu riskieren. Er produziert sie mit seiner Politik.

Nun ist die Einwanderung nach Großbritannien und Frankreich, aber auch nach Belgien sowie Dänemark und den Niederlanden auch eine Last der früheren Kolonialreiche. Spanien und Portugal erleben ähnliche Phänomene, die Kanarischen Inseln sind ein neues Einfallstor. Das ist der Westen.

Osteuropas anderer Weg

Er steht in hartem Gegensatz zur Lage in Osteuropa. Tschechien, die Slowakei und Ungarn kontrollieren ihre Grenzen; selbst Polen, das eine EU-konforme Regierung erhielt, hat an der rigiden Einwanderungsverweigerung der Vorgänger-Regierung kaum etwas geändert. Ähnlich agieren Bulgarien und Rumänien.

In Italien hat sich seit der Regierungsübernahme von Giorgia Meloni die Anzahl der ankommenden Bootsmigranten halbiert. Es ist ein offenes Geheimnis, dass Italien die Ankommenden großzügig nach Deutschland und Frankreich weiterleitet. Im Übrigen verhandelt Meloni mit Ruanda ein ähnliches Flüchtlingsabkommen aus wie Großbritannien; möglicherweise werden Kapazitäten frei, nachdem die neue Regierung in London diesen Weg aufgegeben hat.

Europaweit verschiebt sich der Umgang mit Migration: Die Niederlande, Schweden und Dänemark, Letztere sozialdemokratisch regiert, versuchen, eine Begrenzung der Zuwanderung durchzusetzen. In Deutschland und Österreich tobt ein innenpolitischer Konflikt.

Während SPD-Bundeskanzler Olaf Scholz noch zu Jahresbeginn für eine Begrenzung und gleichzeitige Abschiebung eintrat, ist er mittlerweile auf der Linie seiner grünen Koalitionspartner. Insbesondere Außenministerin Annalena Baerbock tritt für eine Art grenzenlose Einwanderung ein und hat die Ausstellung von Einreise-Visa gegen bestehendes Recht durchgesetzt. In Österreich könnte bei den kommenden Nationalratswahlen eine FPÖ-Regierung an die Macht kommen, die eine strikte Begrenzung fordert.

Repression oder Abschottung

Viele Leser schreiben mir von entspannten Ferien an der Ostsee, aber in Polen, nicht in Mecklenburg-Vorpommern. Berichtet wird von sauberen Städten, sicheren Straßen, entspannten Tagen. Aus Ungarn oder der Slowakei schreiben mir deutsche Emigranten, wie schön doch dort Straßenfeste seien oder Weihnachtsmärkte ohne furchteinflößende Polizisten, die bis an die Zähne bewaffnet sind, und ohne die hässlichen Betonsperranlagen, die deutsche Innenstädte vor Attentätern mit Lastwägen sichern sollen.

Der Kontrast fällt auf und auch, wie sehr sich die Konflikte der neu geschaffenen Eth-Class-Society in unser Bewusstsein gefressen haben. Das entspannte, offene, freundliche Lebensgefühl der früheren Bundesrepublik findet sich jetzt in diesen Ländern wieder. Im Westen setzt man nach dem kläglichen Scheitern der Integration dagegen auf Repression der Einheimischen statt auf Abschottung wie im Osten und erhöht die Abgaben zu deren Finanzierung weiter. Ob das bei den kommenden Wahlen gutgehen kann? Je fraglicher diese Antwort ist, umso entschiedener greift man in Westeuropa zu immer härteren Einschränkungen der Bürgerrechte und Pressefreiheit.

Damit geht ein Riss durch Europa. Er ist an der Sicherheitslage spürbar – ausgelöst durch den Umgang mit Masseneinwanderung.


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