Tichys Einblick
Merkels Technologieprojekte folgen seltsamen Mustern

Merkels Forschungspolitik: Lyssenko oder Apollo?

Die Bildungs- und Forschungspolitik war Aushängeschild schon vieler Bundesregierungen, für Kanzlerin Angela Merkel ist sie ein Steckenpferd. Doch was bleibt davon wirklich übrig, wenn man die Ergebnisse kritisch prüft?

© Sean Gallup/Getty Images

Sie besucht gerne universitäre Forschungslabore oder Entwicklungsabteilungen von Unternehmen. Auf mediengerecht inszenierten Fotos sieht man sie lächelnd im Labor mit Schutzbrille stehen. Die in physikalischer Chemie promovierte Kanzlerin interessiert sich für das, was die Wissenschaftler ihr erzählen. Merkel kann tief in technische Fragen eintauchen. Energiewende und Elektromobilität sind die beiden großen technologiepolitischen Themen ihrer Kanzlerschaft. Die Digitalisierung bezeichnet sie als die größte Herausforderung für Deutschland, um künftig seinen Wohlstand erhalten zu können.

Rosa Zukunftsversprechen

Forschungspolitik ist für Politiker aber auch deshalb etwas Faszinierendes, weil der Blick in die Zukunft von Gegenwartsproblemen ablenkt; er verspricht technische Neuerungen, Wohlstand und die Fähigkeit, im globalen wirtschaftlichen Wettrennen die Nase vorne zu haben. Meist liegt die Zukunft auch weit genug weg, um beim Scheitern der technologiepolitischen Pläne keine Verantwortung übernehmen zu müssen.

Sicherlich ist es nicht verkehrt, in Forschung zu investieren. Vielfach gilt Deutschland als Vorbild: Mit einem Cluster von Universitäten, Forschungseinrichtungen wie der Max-Planck-Gesellschaft, den Frauenhofer-Instituten und forschenden Unternehmen besteht eine Infrastruktur, in der Grundlagenforschen, angewandte Forschung und Umsetzung in Produkte halbwegs gelingen kann.

Kritik wird häufig laut, weil genau dieser Prozess oft genug nicht funktioniert; gerne genanntes Beispiel ist der MP3-Player – einst eine Erfindung von Karlheinz Brandenburg am Fraunhofer-Institut Erlangen, das für einige Jahre Weltgeltung besaß. Das erste Abspielgerät ohne bewegliche Teile wurde 1994 auf der Tonmeistertagung in Karlsruhe vorgestellt, aber industriell in den Vereinigten Staaten von Amerika zum Massenerfolg.

Teil 5 der Serie zur Zukunft der Mobilität
Die Zukunft der Elektromobilität
Gerade die Digitalisierung ist ein Feld, auf dem Deutschland nicht führend ist. Nach einer in Brüssel von EU-Kommissar Günther Oettinger vorgestellten Bestandsaufnahme der digitalen Wirtschaft und Gesellschaft in Europa liegt Deutschland im gesamteuropäischen Vergleich nur auf Platz neun. Das ist bedrohlich für die größte europäische Volkswirtschaft. Der Anteil der schnellen Internet Anschlüsse in Deutschland ist zwar inzwischen auf 75 Prozent gestiegen, doch auf dem Land gibt es noch viele weiße Flecken. Mehr als 80 Prozent der Anschlüsse im ländlichen Raum sind nicht zukunftsfähig, heißt es im Weißbuch Digitale Plattformen des Bundeswirtschaftsministeriums. Bei der Versorgung mit modernen Glasfaserkabeln hinkt Deutschland im internationalen Vergleich weit hinterher. Nur knapp zwei Prozent der Breitbandanschlüsse sind Glasfaserkabel. Vom Ziel, Deutschland für die digitale Zukunft fit zu machen, scheint die Merkel-Regierung noch ein gutes Stück entfernt.

Energiepolitik und Elektromobilität

Besonders schlimm aber ist ihre technologiepolitische Bilanz auf zwei anderen Feldern: der Energiepolitik und der Elektromobilität. Trotz des ständig steigenden Forschungsetats scheint etwas faul zu sein mit der Förderungspolitik. Nun ist staatliche Forschungsförderung ohnehin ein umstrittenes Thema. Sie unterliegt der Gefahr, dass wenig kompetente Bürokratien Zukunftsentscheidungen treffen, die nicht mehr korrigiert werden können, und Misserfolge durch blindwütige Erhöhung des Mitteleinsatzes bis zu deren endgültigem Scheitern teuer kaschiert werden. Lobbyisten der Industrie greifen gerne Staatsmittel ab und finanzieren Projekte, von deren Nutzlosigkeit oder mangelnder Rentabilität sie intern längst überzeugt sind. Ideologie, Größenwahn und Prestigeziele sind für Politiker wichtiger als zukünftige Markterfolge, die nicht spektakulär genug erscheinen: Verlangt ein MP3-Player wirklich staatliche Förderung? Oder müssen es nicht größere Ziele sein? Woran misst man Erfolge?

Nehmen wir als Messlatte zwei Großprojekte der jüngeren Weltgeschichte: das Apollo-Raumfahrtprogramm der Vereinigten Staaten als Beispiel für besonderen Erfolg und die Agrarforschung der UdSSR unter Trofim Denissowitsch Lyssenko als grandiosen Misserfolg. Wo liegen nun die beiden prestigeträchtigsten Forschungsprogramme, die Deutschland unter Merkel verordnet wurden, nämlich die Energiewende und die Förderung der Elektromobilität: näher bei Apollo oder Lyssenko?

Maßstab 1: Das Apollo-Programm

Die ersten beiden Menschen landeten im Rahmen der Mission Apollo 11 am 20. Juli 1969 um 21:17 Uhr (MEZ) auf dem Mond: Sechs Stunden später, am 21. Juli um 03:56:20 Uhr MEZ, betrat Neil Armstrong im Mare Tranquillitatis als erster Mensch den Mond. Dabei sprach er den berühmt gewordenen Satz: „Das ist ein kleiner Schritt für einen Menschen, aber ein gewaltiger Sprung für die Menschheit.“ Vor allem war es auch ein wichtiger Sprung für die Amerikaner. Durch den Start von Sputnik 1 im Jahre 1957, die erste unbemannte harte Mondlandung 1959 durch Lunik-2 und den ersten bemannten Raumflug von Juri Gagarin 1961 war nämlich die Sowjetunion zu Beginn des Raumfahrtzeitalters zur führenden Raumfahrtnation aufgestiegen. Die Amerikaner suchten nach einem Gebiet der Raumfahrt, auf dem sie die Sowjetunion schlagen könnten.

Die Post größter E-Auto-Hersteller
Stillstand E-Auto und Knüller StreetScooter
Am 25. Mai 1961, eineinhalb Monate nach dem Start Gagarins, hielt Präsident John F. Kennedy vor dem amerikanischen Kongress eine Rede, in der er das Ziel vorgab, noch im selben Jahrzehnt einen Menschen zum Mond und wieder zurück bringen zu lassen. Mit den folgenden Worten fiel der Startschuss für das Apollo-Programm: „Ich glaube, dass dieses Land sich dem Ziel widmen sollte, noch vor Ende dieses Jahrzehnts einen Menschen auf dem Mond landen zu lassen und ihn wieder sicher zur Erde zurückzubringen. Kein einziges Weltraumprojekt wird in dieser Zeitspanne die Menschheit mehr beeindrucken oder wichtiger für die Erforschung des entfernteren Weltraums sein; und keines wird so schwierig oder kostspielig zu erreichen sein.“ Bis zu 400.000 Beschäftigte arbeiten zeitweise an der Umsetzung.

Dem Apolloprogramm wird vielfach ein zu geringer wissenschaftlicher Nutzen vorgeworfen. Das ehemalige Missionsmitglied William Anders meint, Apollo sei „kein wissenschaftliches Programm“ gewesen, in Wahrheit habe es sich um eine „Schlacht im Kalten Krieg“ gehandelt. „Sicherlich, wir haben ein paar Gesteinsbrocken gesammelt und ein paar Fotos gemacht, aber wäre da nicht dieser Wettlauf mit den Russen gewesen, hätten wir niemals die Unterstützung der Steuerzahler gehabt.“
Nach dem Erfolg von Apollo 11 kündigten einige Forscher bei der NASA, darunter der damalige NASA-Chefgeologe Eugene Shoemaker. Er vertrat den Standpunkt, dass der wissenschaftliche Ertrag bereits drei bis vier Jahre eher und zu einem Fünftel der Kosten durch unbemannte Sonden zu erbringen gewesen wäre. Die Kosten betrugen 23,9 Milliarden Dollar, was nach heutigen Maßstäben etwa 130 Milliarden entspricht.

Apollo steht für ein technologiepolitisches Crash-Programm, das den Ehrgeiz einer Nation auf ein Ziel ausrichtete. Der „Ertrag“ solcher Programme ist zwiespältig. Doch im kollektiven Gedächtnis der Menschen ist jenes Foto verankert, auf dem Armstrong zu sehen ist, wie er ein Fähnchen in den Mondboden steckt – und letztlich ging es nur darum: Die „Stars und Stripes“ dokumentierten die Überlegenheit, den symbolischen Sieg der Vereinigten Staaten über den sowjetischen Erzfeind.

Maßstab 2: Der Lyssenkoismus – Ideologie statt Wissenschaft

Der Lyssenkoismus war eine von dem sowjetischen Biologen und Agraronomen Lyssenko begründete Theorie. Das zentrale Postulat lautete, dass die Eigenschaften von Kulturpflanzen und anderen Organismen nicht durch Gene, sondern nur durch Umweltbedingungen bestimmt würden, und diese wiederum durch den Siegeszug des Sozialismus so gestaltet würden, dass sich der gewünschte Mehrertrag der Getreide einstellen würde. Das war schon damals mit dem Stand der Wissenschaft in keiner Weise zu vereinbaren. Lyssenko verwarf jedoch die herrschende Lehre der Genetik und behauptete, es gebe gar keine Gene, verschiedene Getreidesorten ließen sich durch geeignete Kulturbedingungen ineinander umwandeln.

Lyssenko gewann in der Sowjetunion von 1940 eine tonangebende Stellung, da es ihm gelang, den Diktator Josef Stalin als Förderer zu gewinnen. Schwere Ernteeinbußen wurden angeblichen Saboteuren zugeschrieben. Damit verbunden war ein Feldzug gegen die sogenannte „faschistische“ und „bourgeoise“ Genetik sowie gegen jene Biologen, die sich mit dieser Disziplin befassten. Vertreter der Wissenschaft, die an der Genetik festhielten, wurden verjagt, vertrieben und verhaftet; etliche machen Lyssenko sogar für den Tod einer Reihe von Wissenschaftlern verantwortlich.

Die Folgen für die Sowjetunion waren jedenfalls fürchterlich: Missernten und Hungersnöte, weil das Getreide nicht daran dachte, sich proletarischer Wissenschaft zu beugen und die Vorgaben marxistisch-ideologische Biologie zu erfüllen. Letztlich war dies ein Baustein für den Untergang der Sowjetunion.

Energiewende: Apollo-Programm oder Lyssenkoismus?

Die von Angela Merkel maßgeblich betriebene Energiewende ist darauf gerichtet, Kernkraftwerke und fossile Kraftwerke zu verdrängen. Bis 2050 soll die Energiewirtschaft weitgehend „decarbonisiert“ sein. „Die durch die Energiewende bewirkte Modernisierung der Energiewirtschaft ist eines der größten Investitionsprojekte unseres Landes“, heißt es zur Begründung. Mit der Energiewende und dem schrittweisen Umbau der Energieversorgung hin zu mehr erneuerbaren Energien und Energieeffizienz habe Deutschland auf diesem Weg bereits wichtige Weichen gestellt. Sie eröffneten ungeachtet der damit verbundenen strukturellen Anpassungen und „Lernkosten“ neue wirtschaftliche Chancen und Innovationen, so heißt es im „Klimaschutzplan 2050“ der Bundesregierung.

Die Kosten werden sich laut Schätzung von Kanzleramtsminister Peter Altmaier (CDU) auf rund 1.000 Milliarden belaufen; also fast das Zehnfache der Kosten der Apollo-Mission, wenn man Schätzdifferenzen und Deflationierungsprobleme als Ungenauigkeiten einbezieht. Die Energiewende ist eine Art Crash-Programm für Deutschland: Es verschlingt ungeheure Ressourcen an finanziellen Mitteln, der Forschungseinrichtungen und der Landschaft.

Tichys Wirtschaftswoche
Auszug aus Deutschland - zwei Dax-Konzerne verabschieden sich
Die deutsche Energiewende-Politik hat stark den Charakter einer Planwirtschaft, weil die Regierung für die kommenden Jahrzehnte genaue Anteile von bestimmten Stromerzeugungsarten vorschreibt; zudem werden die Absatzpreise politisch durch das Erneuerbare Energien Gesetz (EEG) vorgegeben. Statt des Wettbewerbs um die beste technische Lösung im Markt-Prozess, der als „Entdeckungsmechanismus“ (Friedrich August von Hayek) die beste, kostengünstigste Lösung bringen würde, glaubt die Regierung, sie habe eine höhere Weisheit und Voraussicht über künftige technologische Lösungen – eine klare „Anmaßung von Wissen“ (Hayek). Das ökologische Ziel, den CO2-Ausstoß zu reduzieren, kann man kosteneffizient durch ein Emissionszertifikate-Handelssystem erreichen, wie es in der EU schon seit Jahren existiert, das die Gesamtemissionsmenge wirksam begrenzt. Doch der deutschen Regierung reicht das nicht. Sie sattelt darauf noch eine eigene, nationale und planwirtschaftliche Energiewende.

Ausgelöst wurde die deutsche Energiewende durch eine Art Sputnik-Schock, die Schäden, den ein Tsunami an Kernkraftreaktoren im japanischen Fukushima anrichtete und die die deutsche Bevölkerung und Politik in Aufregung versetzten – unmittelbar vor der Landtagswahl in Baden-Württemberg. Für die Umsetzung der Energiewende wurde eine Ethik-Kommission unter Leitung des früheren Umweltministers Klaus Töpfer einberufen. Unter den Kommissionsmitgliedern befanden sich vereinzelt Wissenschaftler und Vertreter der Wirtschaft, die überwiegende Mehrheit jedoch bestand aus fachlich völlig inkompetenten Verbands- und Interessenvertretern der sogenannten „Zivilgesellschaft“, auch mehrere Bischöfe und Religionsgruppenvertreter. Der Zweck der Ethik-Kommission bestand unausgesprochen darin, die Energiewendepolitik unangreifbar zu machen, Kritiker zu diskreditieren, sie als „unethisch“ erscheinen zu lassen und aus dem öffentlichen Diskurs auszuschließen.

Hier zeigt sich erkennbar der Charakter des Projekts. Es hat weniger Ähnlichkeit mit dem Apollo-Programm, einer als Wissenschaft getarnten Schlacht des Kalten Krieges, als mit dem Lyssenkoismus. Aus einem Prestige-Programm (Apollo) wurde der Versuch, Gesetze der Physik und Naturwissenschaft der Ideologie des Wahlkampfs zu unterwerfen. Die Solarenergie ist im eher sonnenarmen Deutschland nur wenig ertragreich. Nachts scheint bekanntlich keine Sonne, was den Energieertrag der Solarzellen entgegen jeder Hoffnung der Ethik-Kommission auf Null setzt. Auch die Windhöffigkeit – das durchschnittliche Windaufkommen – ist in Deutschland an den meisten Standorten eigentlich zu gering; das hatte ein Versuch in den achtziger Jahren mit der sogenannten „Großwindanlage (Growin)“ ergeben.

Durch hohen Mitteleinsatz (und stark subventioniert durch das Erneuerbare Energiengesetz) können zwar mit Solar- und Windanlagen gewaltige Stromspitzen erzeugt werden, die oft den tatsächlichen Bedarf weit übersteigen und dann kostenintensiv gedrosselt oder exportiert werden müssen. Auch der Bau von mehr Anlagen, beispielsweise eine Verdoppelung der Anlagenzahl, reduziert den schwankenden Charakter der Stromproduktion nicht, sondern verstärkt ihn vielmehr: Die Spitzen werden noch höher, die Täler tiefer. Den notwendigen Ausgleich müssen in diesem System Kohlekraftwerke leisten. Durch ihren Einsatz, der auch die wegfallende Kernenergie ausgleichen muss, stieg seit der Energiewende Marke Merkel der CO2-Ausstoß Deutschlands.

Zu den hohen Kosten, dem enormen Landschaftsverbrauch, zunehmenden Unsicherheiten in der Energieversorgung und Abhängigkeit von Rettungsimporten aus dem Ausland kommt eine gesellschaftliche Ausgrenzung von Wissenschaftlern und Korrumpierung von Wissenschaft und Wirtschaft: Angelockt durch die gewaltigen Subventionen lenken Industriekonzerne ihre Aktivitäten in diesen Bereich, wohl wissend, dass in Deutschland der Schaden mit jeder gebauten Anlage zunehmen würde. Wissenschaftliche Einrichtungen wie einige Fraunhofer-Institute stellten bereitwillig oberflächliche Windhöffigkeitsprognosen zur Verfügung, die dazu führten, dass unwirtschaftliche Standorte gewählt und Zigtausende darauf vertrauende Kleinanleger in den Ruin getrieben wurden, nachdem sie ihre Ersparnisse in die vermeintliche Zukunftstechnologie Windkraftanlage gesteckt hatten. Der ständige weitere Zufluss von Subventionen wird durch immer neue angebliche Erfindungen am Leben erhalten, die das Ziel erreichbar erscheinen lassen sollen, obwohl die Kluft zwischen Realität und Ideologie, zwischen Fakten und Glaubenssätzen immer tiefer wird.

Apollo oder Lyssenko? Der politische Prestigecharakter spricht für Apollo. Aber die Zielverfehlung, die aus der Missachtung grundlegender physikalischer Gegebenheiten rührt, und der Ersatz von Machbarkeit durch Ideologie-Produktion, lassen nur den Schluss zu, dass Merkels Energiewende-Projekt der Abteilung Lyssenko zuzuordnen ist.

Die Elektroauto-Planwirtschaft

Die Bundesregierung strebt im Rahmen des „Nationalen Entwicklungsplans Elektromobilität“ an, bis zum Jahr 2020 eine Million Elektrofahrzeuge auf deutsche Straßen zu bringen. Merkel unterstützt dieses Ziel maßgeblich. Im April 2016 hat die große Koalition finanzielle Anreize zum Kauf von Elektrofahrzeugen durch Markteinführungsprämien (Umweltbonus) in Höhe von zunächst 4.000 Euro (bzw. 3.000 Euro für Plug-In Hybride) für Elektrofahrzeuge mit einem Preis von maximal 60.000 Euro beschlossen.

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Elektroautos haben eine Reihe von Vorteilen: ein hohes Drehmoment des Motors ab dem Stand, höheren Fahrkomfort durch leiseren und vibrationsarmen Antriebsstrang sowie keine Schaltvorgänge; besseres Verhältnis von Innenraum zu Fahrzeuggröße (bei Fahrzeugen, die als Elektrofahrzeug konzipiert wurden); eine geringe Wartungshäufigkeit wegen einer niedrigeren Zahl beweglicher Teile und des Wegfalls anfälliger Komponenten wie Antriebsstrang und aufwändiges Schaltgetriebe. Realistischerweise gehen Betriebsräte der Automobilindustrie davon aus, dass zur Produktion nur zwischen einem Drittel bis zur Hälfte der Arbeitskräfte gebraucht werden, so dass in der für Deutschland sehr wichtigen Automobilindustrie bei einer völlige Umstellung auf E-Autos sehr viele, wohl Hunderttausende Arbeitsplätze wegfallen dürften. Man könnte das E-Auto mit Fug und Recht als „Arbeitsplatzkiller“ bezeichnen.

Die Öko-Bilanz von Elektroautos ist dagegen zwiespältig: Der Schadstoffausstoß wird verlagert – vom Verbrauchsort an den Entstehungsort der Elektrizität. Das hat für verdichtete Ballungsräume sicherlich Vorteile. Die Gesamtbilanz hängt aber von der Stromproduktion ab. Im EU-Durchschnitt errechnet sich eine Schadstoffverringerung, weil unter anderem auch die CO2-frei produzierenden französischen Kernkraftwerke in den europäischen Mittelwert eingehen. Auf Basis der deutschen Stromerzeugung ergibt sich jedoch keine Verbesserung verglichen mit dem Verbrennungsmotor; die vorliegenden Untersuchungen legen sogar den zwingenden Schluss nahe, dass die Schadstoff-Bilanz deutlich negativ ist. Dies ist auch nicht zu bestreiten, weswegen die E-Auto-Lobby auf zukünftige, allerdings in weiter Ferne liegende Verfahren verweist wie etwa „Grid-to-Wheel“ (das Auto beziehungsweise seine Batterie als „Speicher“ für gelegentlich anfallende erneuerbare Energien).

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Der Hauptnachteil des E-Autos liegt damit in seiner begrenzten Reichweite wegen zu niedriger Batteriekapazitäten, Abhängigkeit von Wetterbedingungen, langer Ladezeiten und damit unzureichender Verfügbarkeit der Mobilität. Das heißt nun nicht, dass es keine Anwendungsgebiete für E-Autos gäbe. Sicherlich ist für großflächige, extrem mit verschmutzter Luft belastete Ballungsräume wie etwa das Perl-Fluss-Delta in China mit bis zu 50 Millionen Einwohnern die Verlagerung der Schadstoffe aus den Innenstädten in die Gegend der zentralen Kraftwerke außerhalb der Ballungsräume eine mögliche Strategie, um die Atemluft in den Städten zu verbessern und die Verschmutzung über das gesamte Land zu verteilen. Auch für kurzräumige Verkehre und planbare Nutzungszeiten ist das E-Auto eine gute Alternative.

So betreibt die Deutsche Post DHL eine Flotte von elektrisch betriebenen „Streetscootern“ zur Paketauslieferung, die sie auch selbst baut, womit sie sogar zum größten deutschen E-Auto-Hersteller geworden ist. Für das Anwendungsgebiet rund um großstädtische Verteilzentren reicht die Reichweite von 50 Kilometern bei jedem Wetter aus; nach Dienstschluss werden die Autos geladen. Ähnliche Anwendungsgebiete mit starren Verkehrszeiten und begrenzter, innenstädtischer und kurzer Wegstrecke gibt es sicherlich viele.

Es stellt sich nur die Frage: Warum wird das Ziel Elektromobilität subventioniert und ein bombastischer „Nationaler Entwicklungsplan Elektromobilität“ aufgelegt, der schon von der Rhetorik eher an die berüchtigten 5-Jahrespläne erinnert? Warum lautet das Ziel „eine Million Autos bis 2020“, warum nicht 750.000 oder 1,5 Millionen. Das kann nicht sachlich begründet werden. Das Ziel entspringt einer politisch-ideologischen Dimension – es ist als solches nicht sachlich begründbar, sondern klingt nur gut, erinnert aber fatal an die Tonnenideologie sowjetischer Wirtschaftspläne.

Schon heute ist absehbar, dass dieses Ziel weit verfehlt werden wird. „Jetzt lernen Politiker, dass nichts so schwer ist wie die erste Million“, spottete Daimler-Chef Dieter Zetsche über das Vorhaben 2015. Nach den derzeit verfügbaren Zahlen des Kraftfahrtbundesamts gibt es im Frühjahr 2017 nur rund 40.000 Elektrofahrzeuge in Deutschland. Das E-Auto wird vom Markt nicht angenommen; offensichtlich überwiegen aus Sicht der Verbraucher die Nachteile, von der schädlichen Ökobilanz ganz zu schweigen. Bei einer jährlichen Neuzulassung von etwa 3,3 Millionen Autos sinkt sogar trotz Subventionen neuerdings der E-Auto-Anteil: Bis Ende März 2017 wurden nur 8655 Anträge für reine Batteriefahrzeuge gestellt.

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Und warum gibt es überhaupt Subventionen? Die deutsche Automobilindustrie ist eine der leistungsfähigsten und reichsten der Welt; ihre jährlichen Gewinne liegen im zweistelligen Milliardenbereich. Die Frage stellt sich also, warum wird ein großsprecherischer „Nationaler Entwicklungsplan Elektromobilität“ verkündet, der den Interessen der Verbraucher zuwiderläuft, den die Automobilindustrie nicht braucht, weil es ihr ureigenstes Geschäft ist, Autos weiter zu entwickeln, und der ökonomisch wie ökologisch unsinnig ist? Wenn die Reichweite die zentrale Schwachstelle ist, müsste es nicht um eine Absatzförderung von E-Autos gehen, sondern um die Förderung der Batterieforschung, denn diese ist die eigentliche Schwachstelle.

Apollo oder Lyssenko? Bei der Beantwortung dieser Frage liegt es nahe, zunächst wegen der ehrgeizigen, außerhalb wirtschaftlicher Rationalität liegenden Zielverfolgung das Urteil „Apollo-Programm“ zu fällen. Vermutlich würde der Markt ohnehin schneller Marktnischen erkennen und schließen, wie die Post/DHL es tut. Der entstehende volkswirtschaftliche Schaden liegt im Milliarden-Bereich, also im üblichen Fehlerbereich politischer Eingriffe in bestehende Märkte. Eine großflächige Verheerung wie durch Lyssenkos Programm oder die Energiewende liegt zwar bei der E-Auto-Planwirtschaft nicht vor. Allerdings ist das E-Auto-Programm auch weit weniger faszinierend als die Vision vom Menschen auf dem Mond. Es hat eher den Charakter einer vergrauten, angegammelten Planwirtschaftsideologie, deren Zielerreichung ebenfalls utopisch bleibt.

Fazit: Eine vernichtende Bilanz

Gerade Angela Merkel wird als Physikerin professionelle Kompetenz zugeschrieben, zumal sie auch noch mit einem hoch angesehenen Naturwissenschaftler verheiratet ist. Schaut man die Kernelemente ihrer Forschungspolitik an, gerät man über die Wirkmächtigkeit des früher Gelernten ins Zweifeln. Die Energiewende erinnert in ihren Auswirkungen wie ihrer gesellschaftlichen Ausgestaltung fatal an stalinistisch, planwirtschaftliche Methoden der Fehlsteuerung, die blind an längst erkannten Natur- und Marktgesetzen vorbeischrammen. Der „Nationale Entwicklungsplan Elektromobilität“ könnte auch aus der Murkser-Werkstatt der sozialistischen Planwirtschaft stammen; ihm fehlt die Größe von Kennedys Vision. In einer Marktwirtschaft haben sie beide nichts zu suchen.


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