Vom Eise befreit
Sind Strom und Bäche
Durch des Frühlings holden, belebenden Blick.
Im Tale grünet Hoffnungsglück.
Kaum jemand, der in den letzten Tagen nicht diese Zeilen Goethes gefühlt hätte. Mit dem Frühling kommt Aufbruch, Hoffnung, Veränderung; auch in den Zeiten von Zentralheizung und Goretex-Kleidung. Wir können uns dieser Stimmung nicht entziehen, diesem frechen, zarten Kuss des ersten Krokus oder dem lockenden Gruß der Narzissen auf unsere winterdunklen Seelen.
Atemschutzmasken und die Polizei
Am Wochenende konnte ich auf der Route, entlang der die Familie Goethe seinerzeit zum Frühlingserwachen unterwegs war, ernsthafte Konflikte beobachten. Ein älterer Herr, versteckt hinter der gesetzlich vorgeschriebenen Maske, forderte ultimativ eine Polizei-Patrouille auf, jetzt hart gegen die Masken-Verweigerer durchzugreifen. Der junge Beamte lächelte nur (hinter seiner Maske nur anhand Faltenveränderung um Wangen und Augen erkennbar): „Und wie genau soll ich das tun?“ Denn die Überzahl gegen die Staatsmacht war eindeutig. Frühlingsgefühle unterlaufen den Lockdown. Wenn die Tulpen ihre Köpfchen aus dem Erdreich strecken, ist die Masken-Macht gebrochen.
Aus Paris wird vermeldet, dass Emanuel Macron sich einem seiner berüchtigten Wutanfälle hingegeben habe. Er habe es satt, immer nur den Virologen zu folgen, denen immer nur eines einfalle: Einsperren! Einsperren!! Einsperren!!!
Sich überschlagende Verbotsphantasien
So kommt es, dass sich in Deutschland NoCovid- und ZeroCovid-Intitiativen mit immer neuen Verbotsphantasien gegenseitig überbieten. Ideologie schlägt kritische Vernunft. Aber Leben wird man nicht wegsperren können. Es nimmt seinen Lauf, weder Ochs noch Esel halten es auf.
Gleichzeitig wird deutlich, wie vernagelt Berlin reagiert; eine Art Bunkermentalität scheint der Genius Loci zu sein; dabei ist die Hauptstadt ja auch durchaus vom Frühling erfasst und nicht nur betongrau.
Merkel hat die Bevölkerung zum Warten verurteilt. Zum Warten auf noch eine Ministerpräsidentenkonferenz, die sich ein kleines Öffnungsschrittchen abringt.
Wir warten auf eine pragmatische Lösung angesichts der Tatsache, dass die bisherige Einfrier-Methode jeglichen Lebens an ihr Ende gekommen ist.
Wir sind verdammt zum Warten auf einen Impfstoff, der als Allheilmittel angepriesen wurde, aber überall nur in homöopathischen Dosen ankommt, und wenn er kommt, vermutlich schon überholt ist wie die Grippeschutzimpfung vom Vorjahr.
Ja, wir warten auf den Einzug von ein wenig Rest-Vernunft. Aber wir warten auf noch mehr: auf das Eingeständnis des Versagens.
Die gekaufte Wissenschaft
Am Wochenende wurde bekannt, dass der Bundesinnenminister sich von einem fragwürdigen maoistischen Germanisten hat beraten lassen. Bei der Abfassung eines Papiers, das erklärtermaßen die Bevölkerung in Panik versetzen sollte, um das Aussetzen der Grundrechte leichter durchsetzen zu können. Um dieses Papier zu fundieren, haben daran fünf Forschungsinstitute mitgearbeitet, allesamt mit Rang und Namen. Es sind also keine Forschungsinstitute mehr, sondern bestellte Auftragnehmer.
Warum sie sich dazu hergegeben haben? Das haben sie nicht erklärt. Nur das Institut der Deutschen Wirtschaft hat kurz nach Veröffentlichung des Artikels in der Welt am Sonntag einen jähen Wechsel vorgenommen – und plädiert für Öffnung, auch wenn es Tote gebe.
Was hat das IW zu diesem Wechsel der Argumentation veranlasst? Vermutlich haben die das Institut tragenden Wirtschaftsverbände im Bundesverband Deutscher Industrie (BDI) Druck ausgeübt. Wem können wir noch trauen, wenn der Falsch-Rat so billig zu haben ist für die Regierung und die Abhängigkeit so erkennbar sklavisch? Dem Bundesinnenminister jedenfalls nicht, denn der hat seinerseits ein kritisches Papier aus seinem Amt als „Privatmeinung“ eines mehr oder weniger Irren abgetan.
Aber Seehofer führt nur die Reihe der Corona-Versager an.
Bundeswirtschaftsminister Altmaier verspricht immer neue Leistungen, die nicht ankommen und auch nicht ankommen können: Kein Staat kann die Leistung der Menschen, die arbeiten und wirtschaften, kompensieren. Der Staat lebt davon. Wer diesen Eindruck erweckt, täuscht die Menschen: Sie sind es, die den Wohlstand erzeugen, nicht der Staat. Der kann nur Eigeninitiative bremsen und Erwirtschaftetes umverteilen; und das jüngste Versagen in Sachen Impfung offenbart dies erneut.
Und dann ist da noch die Bildungsministerin, die nichts für Bildung unternimmt. Die Digital-Ministerin ist praktisch jeden Abend auf einer Clubhouse-Party, aber ihre Corona-App ist nach über 100 verschenkten Millionen im Orkus des Vergessens verschwunden. Wir sollten ihr das nicht durchgehen lassen. Der Finanzminister Olaf Scholz pumpt Geld, das er nicht hat, in alle Himmelsrichtungen und ist mächtig stolz darauf, dass Deutschland künftig über seinen Haushalt nicht mehr selbst bestimmen kann, sondern: Ursula von der Leyen.
Man höre und staune und lehne sich beunruhigt zurück. Sicherlich wird Scholz Kanzlerkandidat der SPD. Dagegen wäre nichts einzuwenden, jeder darf mal den Martin-Schulz-Zug fahren. Aber vorher hätten wir gerne mehr gewusst über Spenden im Zusammenhang mit Cum-Ex-Geschäften und seine Fummeleien mit WireCard. Haben wir jemanden vergessen, etwa den Außendilletantenminister, der eine, aber auch nur eine Qualität hat: Er hat wenig zu Corona gesagt und damit dazu wenig Falsches.
An der Schwelle zur Gesellschaftskrise
Ein grandioses Staatsversagen, ein Versagen der Forschungsinstitute, bei denen die Regierung sich genehme Positionen für ihre Propagandapapiere bestellen kann, Medien, die in der überwiegenden Zahl dazu schweigen: Das unsichtbare Virus befällt nicht nur Menschen. Es hat das Zeug dazu, eine Gesellschaftskrise auszulösen, weil nicht nur in großen Teilen Staat, Regierung, sondern auch Forschungsinstitute und Medien versagen.
Die Bundesregierung schleppt sich von Tag zu Tag hin; verlängert ihre Blockaden, um sich kurz vor der Bundestagswahl als strahlender Befreier gerieren zu können. Es ist ein durchsichtiges Manöver.
Es wird also noch eine Zeit so weitergehen. Goethe mahnt uns zur Geduld – und gibt Hoffnung, dass sich am Ende schon die Natur durchsetzen wird:
Der alte Winter, in seiner Schwäche,
Zog sich in rauhe Berge zurück.
Von dorther sendet er, fliehend, nur
Ohnmächtige Schauer körnigen Eises
In Streifen über die grünende Flur;
Aber die Sonne duldet kein Weißes