Gute Nachrichten machen misstrauisch. Etwa die, dass der Staat endlich Geld an die Sparer zurückgibt, die unter den Null- und Negativzinsen leiden. Das ist ohne Zweifel die gute Nachricht, die zu der aktuell vorgestellten Klimaschutz-Stiftung von Wirtschaftsminister Peter Altmaier zu sagen ist. Hintergrund ist der wachsende Ärger von Sparern über die Nullzins-Politik. Die Nullzins-Politik der Europäischen Zentralbank (EZB) soll die deutschen Sparer 436 Milliarden Euro kosten, errechnete die genossenschaftliche DZ Bank bereits 2017.
Jedes Jahr kämen weitere rund 100 Milliarden obendrauf, schätzt die Bank. Selbst wenn man die Einsparungen saldiert, die Kreditnehmern zugute kommen: Es sind phantastische Beträge an die 300 Milliarden, die da Sparern, Lebensversicherten und anderen Anlageformen abgenommen werden. Der wachsende Zorn der Sparer und Lebensversicherten verunsichert mittlerweile die Politik. Auch CSU-Landesgruppenchef im Deutschen Bundestag, Alexander Dobrindt, fordert eine staatlich garantierte Mindestverzinsung und nahm damit Altmaiers Idee vorweg; sein Parteichef Markus Söder will den Banken verbieten, bei Beträgen bis 100.000 Euro einen Zins zu verlangen, statt wie früher üblich einen Zins an die Kunden zu zahlen.
Das ist natürlich Populismus pur; nicht die Banken oder Sparkassen sind die Täter, sondern die Europäische Zentralbank, die die Politik der negativen Zinsen sogar noch verschärfen will – Sparer sollen ganz bewusst bestraft werden, wenn sie nicht sofort konsumieren und die Konjunktur anheizen. Das ist das wirtschaftspolitische Konzept der Euro-Zone. Das kann man mit sehr gutem Grund falsch finden – aber staatliche „Verbote“ und „Mindestzinsen“ greifen am falschen Ende an.
Peanuts für Sparer
Und jetzt greift Altmaier diese Vorschläge auf. Nun gut – ein wenig. Denn hier hört die gute Nachricht schon auf und dreht endgültig ins Lächerliche. Maximal 2.500 € sollen je Bürger in der Stiftung angelegt werden dürfen. Das bringt einen Zinsertrag von sagenhaften 50 Euro im Jahr. Zwar kassieren die Banken und Sparkassen, die ja auch von irgend etwas leben müssen, mittlerweile locker 10 Euro Kontoführungsgebühr im Monat als Kompensation für die Nullzinsen – da sind die 50 Euro von Altmaier wirklich lächerlich – buchstäblich Peanuts für Sparer.
Offensichtlich sind dem Mann, der im Alter über eine staatlich-stattliche Pension zwischen 6.000 und 9.000 Euro monatlich bestens abgesichert sein wird, die Dimensionen verloren gegangen. Seit die gesetzliche Rente in der Regel nicht einmal mehr für die Miete reichen wird, auf das Wenige, das kaputt reformiert wurde, aber neuerdings vielfach Steuern und Krankenversicherungsbeiträge erhoben werden, ist privates Sparen für die schiere Existenzsicherung im Alter unumgänglich – für Versicherte mit den gesetzlichen Minirenten, ebenso wie für Freiberufler, Selbstständige und Handwerker. Sie alle werden durch Null- und zukünftig Negativzinsen buchstäblich um ihre Altersversorgung gebracht, und das jeden Tag und jeden Tag schneller.
Und jetzt also gibt es dafür großzügig Almosen von Altmaier, während gleichzeitig Steuer- und Geldpolitik weiterhin auf Raubzug geht.
Wirtschaftsweise findet das „weird“
Auch alles andere an seinem Plan ist ziemlich „verrückt“, wie Isabel Schnabel das auf englisch ausdrückt: „Weird“. Isabel Schnabel ist immerhin Mitglied des Sachverständigenrats, also Wirtschaftsweise und kommentiert: Wenn es Altmaier darum geht, Mittel für Klimaschutzprojekte zu finanzieren, dann kann er für genau Null Zinsen Kredite etwa bei der Kreditanstalt für Wiederaufbau aufnehmen. Wozu also zwei Prozent verschenken? Wobei das mit dem Verschenken vielleicht gar nicht so gut klappt: Wer kontrolliert die Investitionsvorhaben und achtet auf ihre Wirtschaftlichkeit? Klimaschutz sagt sich so leicht. Aber staatliche Investitionen sind selten klug und rentabel, sondern meist gigantische Löcher der Unwirtschaftlichkeit: Das zeigt ein Blick auf staatliche Bauvorhaben, die TE im aktuellen Heft aufgelistet hat.
Die unbestritten großartige Elbphilharmonie in Hamburg wurde fast zehn mal so teuer wie ursprünglich angenommen; sie mag die Hamburger erfreuen, aber wirtschaftlich ist sie nie. Der unterirdische Bahnhof Stuttgart 21 bleibt umstritten – bis zur geplanten Fertigstellung 2025 werden 8,2 Milliarden versenkt sein. Wobei klar ist: Es wird sehr, sehr viel teurer werden, Stuttgart zu untertunneln; schnellere und preiswertere Alternativen wurden ausgeschlossen. Dabei ist Stuttgart 21 noch ein eher gelungenes Vorhaben, wenn das Vorhaben fertig wird. Denn das drittgrößte Bauvorhaben, der Berliner Flughafen BER, hat bislang 6,5 Milliarden verschlungen und muss wohl abgerissen werden. Man könnte also sagen: Totalverlust. Abrisskosten und renaturieren kommen noch oben drauf. Aber so schnell gibt der Staat nicht auf; schließlich kassiert er bei den Bürgern fast beliebig ab. Also wird weiter gebaut, bis in alle Ewigkeit. Bis der Berliner Flughafen fertiggestellt sein wird, werden also eher 15 Jahre vergehen und 10 Milliarden verschlungen sein, das ist eine Schätzung. Sie ist aber realistischer als jede staatliche Kalkulation. Und das fünftgrößte Bauwerk derzeit ist das hochmoderne Kohlekraftwerk in Datteln. 1,5 Milliarden sind verbaut – in Betrieb wird es nie gehen. Mittendrin haben sich die Baugenehmigungen sowie die Betriebsgenehmigung in Luft aufgelöst und es steht eine gigantische Ruine im Raum – funktionsfähig, das unterscheidet sie vom Berliner Flughafen, aber ebenso wirtschaftlich sinnlos.
Wolkige Worte für Unsinnsprojekte
Das also sind staatliche Großprojekte, für deren weitere Altmaier Geld aufzutreiben versucht. Unter der Flagge Klimaschutz sollen noch fragwürdigere Projekte finanziert werden; denn wären sie sinnhaft, würden sie längst gemacht. Es geht um die Finanzierung von Unsinnigem, bei dem mit wolkigen Worten wirtschaftliche Dummheit weggeredet werden soll. Man ahnt, was da kommt: Noch mehr Windräder und in garantiert windlosen Gegenden etwa. Aber für die Politik zählt die Zahl der aufgestellten Windräder, nicht der produzierte Strom. Am Ende werden dafür die Steuerzahler haften – oder die Spender und die mit mickrigen Zinsen hineingelockten Sparer, was weitgehend auf den selben Personenkreis hinausläuft. Was Altmaier tatsächlich vorhat: er will einen Schattenhaushalt außerhalb der parlamentarischen und demokratischen Kontrolle aufbauen. Es ist der Versuch, die lästige Schuldenbremse zu beseitigen und demokratische Kontrollen zu umgehen. Denn nicht der Bundestag wird über die Projekte bestimmen, sondern ein Rat von „herausragenden Persönlichkeiten aus Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft“. Mit anderen Worten: Parteifreunde und Spezis.
Altmaier hat zurecht Angst, dass Konjunktur und Wohlstand einbrechen. Und da schließt sich der Kreis. Die Nullzins-Politik der EZB ist gescheitert. Jetzt sollen wieder Schulden gemacht werden, um das Versagen der Wirtschaftspolitik zu kaschieren. Schlimmer noch: Der Zins ist verschwunden, und damit seine Lenkungsfunktion. Zinsen gibt es nur noch, wenn der Staat dies beschließt, sie sind ein Gnadenakt und nicht mehr Preis für Kapital. Fehllenkungen sind damit programmiert; die wirtschaftspolitische Nähe zur DDR und ihrer Staatsbank nicht mehr zu übersehen. Auf eine falsche Entscheidung kommt eine noch dümmere obendrauf. Das Ergebnis steht am Anfang. Gute Nachrichten machen mißtrauisch.