Tichys Einblick
Scholz & Friend

Triell: Drei Kandidaten-Kandidaten – und keiner und keine kann es

Die eigentliche Botschaft der Redeschlacht der drei Kanzlerkandidaten, diesmal im staatlichen Fernsehen von ARD und ZDF, lautet: Keiner der drei Kandidaten hat das Zeug zum Kanzler. Dabei geht es nicht nur um Inhalte, sondern um die Kunst des Regierens.

Screenprint: ARD/Das Triell

Über Inhalte lässt sich streiten – und wer in der politischen Diskussion Recht hat, zeigt sich sehr oft leider erst, wenn es längst zu spät ist. Die Geschichte ist der unbarmherzige Richter, nicht die eigene Befindlichkeit. Beim Triell zeigte sich: Keiner dieser Kandidaten-Kandidaten hat das Zeug dazu, dass man beruhigt aus dem Wahlabend geht. Wer immer es wird, es wird schlimm werden für Deutschland. Übrigens ist erst Kanzlerkandidat, wer im neuen Bundestag vorgeschlagen wird. Und das muss keiner der bisher genannten sein. Und der Wähler kann keinen wählen.

Laschet versucht mal Angriff

Armin Laschet mühte sich, Stärke zu zeigen. Aber er mühte sich eben nur. Dabei wirkte sein Gegenspieler Scholz schon angeschlagen von Anfang an: Wer auf skandalöse Weise hinterzogene Steuergelder nicht eintreibt, zumal wenn eine Spende der betrügenden Bank an die eigene Partei dafür ursächlich auch nur im Raum steht, kann nicht Finanzminister sein. Wenn er dann noch ein solches Amt ausübt und im Fall Wirecard seine Aufsicht nicht wahrnimmt, umso weniger. Wirecard wurde durch die nachgeordnete Behörde des Finanzministeriums geschützt, der aufdeckende Journalist dagegen verklagt – das kennt man so nur aus südamerikanischen Diktaturen früherer Jahre. Und dass das Finanzministerium von einem Provinzstaatsanwalt in einem Geldwäschefall durchsucht werden muss – ein Skandal. Laschet müht sich, das zu erklären – aber er dringt nicht durch. Er schafft es nicht, die zugegebenermaßen komplexen Sachverhalte auf den Punkt zu bringen. Er kann es nicht.

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Über Olaf Scholz ist wenig zu sagen. Seine Verteidigung ist blamabel. Sein Haus wäre durchsucht worden, aber nicht das Amt. Lächerlicher geht es nicht. Sein politischer Weg ist der des Versagens – er hat einst Bundeskanzler Helmut Schmidt bekämpft, den er jetzt als Vorbild nennt, seither hat er in seinen Ämtern grandios versagt. Aber die Deutschen mögen ihn, weil er eine Kunst beherrscht: scheinheilig alle Vorwürfe abzustreiten. Er ist mitten im Wahlkampf mit der rauchenden Pistole in der Hand am Tatort ertappt worden – aber wird als Unbeteiligter laufen gelassen. Und Laschet? Bringt es nur kurz und nicht auf den Punkt. Wenn man für Laschet mildernde Umstände für sein Versagen im Triell finden will, dann nur: Die Wähler wollen es wohl so. Sie wollen von einem Amtsversager regiert werden. Dagegen ist nichts zu machen.
Wischiwaschi von Baerbock, was auch sonst?

Bezeichnend, dass die grüne Spitzenkandidatin dazu nichts beizutragen hat außer unbestimmtem Wischiwaschi, garniert mit anlasslosem Gegrinse. Zunächst hatte man den Verdacht, dass sie ihren zukünftigen Koalitionspartner Scholz schonen wolle. Aber immer deutlicher stellte sich heraus: Sie kann es nicht. Sie verallgemeinerte das Problem zu einem allgemeinen der Steuerhinterziehung. Es geht aber um einen konkreten Fall, an dem der Finanzminister beteiligt ist. Sie faselt über Protokolle, die er gesperrt habe. Tatsächlich verweigert Scholz die Akteneinsicht in wichtige Tatbestände der Verantwortung, der er sich wortreich entziehen will. Aber auch hier blieb Annalena Baerbock die, wie man sie kennt: flauschig allgemein, aufgeregt im Ton, unpräzise in der Wortwahl, zu flach informiert. Sie wäre die Katastrophe im Amt.

Nach dem Angriff ist vor der Niederlage von Super-Merkel

Armin Laschet versuchte die verzweifelte Nummer eines alternden Zirkuskünstlers, nämlich den Trick vorzuführen, über den die Kinder schon vor 30 Jahren gelacht haben: Er kämpft gegen die LINKE. Da hat er ja im Prinzip Recht, macht Punkte – und verspielt sie. Weil er die größte Gefahr Rechts sieht. Und nur dort. Mit Links wolle er nicht koalieren wegen Sachfragen – die „Rechten bekämpfe ich“. Dann kann er ja koalieren, wenn die Sachfragen geklärt sind. Dass Demokraten untereinander koalieren können, gehört sich so. Während er links schmust, unterstellt Laschet der AfD, für Morde von Hanau und Kassel indirekt mit verantwortlich zu sein. Da kann man nur sagen: Das ist unanständig.

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Aber wo steht er dann selbst? Also doch bei den Linken? Jener Partei, denen die CDU schon ein Ministerpräsidentenamt ermöglicht und gesichert hat? Deren Mitglied die CDU in Mecklenburg-Vorpommern zum Verfassungsrichter gewählt haben? So lässt er sich von den Moderatoren dahin treiben, wo sie ihn haben wollen: In die Nähe der Linken, vor denen er doch eigentlich warnen will. Er ruiniert vor laufender Kamera die eigene Kampagne. Das ist wirklich eine Kunst – aber eine Kunst des Versagens, nicht des Regierens. Nach dem Angriff erfolgt die Niederlage des Armin Laschet. Er stürzt sich wie weiland erfolglose Feldherren ins eigene Schwert, in dem er sagt, Merkels Grenzöffnung 2015 „war nicht“. Na toll. Das würde heute vermutlich nicht einmal mehr Merkel sagen. Aber Laschet gibt den Super-Merkel.
Kein Bargeld unter Baerbock

Über Baerbock ist nicht mehr zu sagen. Bargeld soll nur noch für Kleinbeträge erlaubt sein zukünftig, um die Bürger besser kontrollieren zu können, denn jeder Immobilienkäufer ist ein potentieller Geldwäscher. Kapiert. Die Einkommenssteuer hat nichts mit Unternehmen zu tun  – wieder hat sie nichts kapiert. Dass für die Mehrzahl der Unternehmen genau die Einkommenssteuer die maßgebliche Grundlage der Besteuerung ist – nichts hat sie verstanden vom Steuerrecht, das sie natürlich laufend ändern möchte. Dafür will sie ständige Prioritäten schaffen und Verantwortung bündeln, alles, wie sie dauernd sagt, im „Kanzlerinnen-Amt“. Wenn man viele Prioritäten hat, hat man keine, wenn man viel bündelt, verliert man die Übersicht, und dass es mehrere Kanzlerinnen in diesem Amt gibt, ist im Grundgesetz nicht vorgesehen. Wer die Sprache nicht präzise beherrscht, kann nicht regieren. Er darf nicht regieren. Keinen Tag. 

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Den einzigen Punkt, den sie wirklich macht, macht sie auf Kosten des immer unglücklicher dreinschauenden Armin Laschet. Der plappert wieder die Digitalisierungs-Nummer. Aber dummerweise ist die CDU 16 Jahre im Amt. Wie soll man ihr zukünftig Besserung glauben? Da hat Baerbock Recht, und doch gleich wieder nicht, wie ihr das halt so immer passiert beim schnellen Reden:  Denn hier hat man tatsächlich Verantwortung im Kanzleramt zentriert, mit einer „Digitalisierungsbeauftragten“ im Kanzlerinnenamt. Mit Dorothee Bär, die grandios versagte beim Bündeln, Prioritäten setzen und der „hoheitlichen Aufgabe“ (Baerbock), die neuerdings auch darin besteht, Kabel zu verlegen. Der Staat kann eben alles. Auch Löcher graben und Kabel ziehen. Er muss es nur im Kanzlerinnen-Amt zur Chefinnensache machen, das Glasfaser. So albert sich Baerbock durch eine wichtige Sendung, grinst und grient wie ein Schulkind bei der Belobigung durch den Lehrer, komplett fasziniert von der eigenen Bedeutung. Leider ist der Schatten zu kurz. 

Und doch: Sie hat aber auch eine wichtige Botschaft. Ab 2030 keine Benziner und Diesel, den Kohleausstieg von 2038 auf 2030 vorziehen. Hier wäre es die Aufgabe ihrer Kontrahenten gewesen, schlicht darauf hinzuweisen: Das ist dann halt das Ende des Industriestandortes Deutschland, und das Ende dieser vielen schönen Steuermilliarden, die alle drei so großzügig verteilen. Aber Baerbock hat noch eine Lehre parat: 

„Jedes Verbot ist ein Innovationstreiber“

Man muss nur verbieten, und schon purzeln die Innovationen vom Baum. Allerdings will sie auch den Baum verbieten.

Neben Scholz taugt Laschet nur zum Friend

Und wieder verlabern sich beim zentralen Energiethema Scholz & Friend, denn mittlerweile wird deutlich: Bei Laschet langt es bestenfalls zum Vize. Scholz tut so, als ob mit dem Abbau von Naturschutzrechten und Bürgerbeteiligungsverfahren das Energieproblem lösbar sei. Zwar sind diese Rechte dann weg für alles und immer, aber der Wind wird trotzdem nicht wehen, wenn man ihn braucht und schon gar nicht heftig genug, um den Strom zu erzeugen, den Deutschland verbraucht. Mehr Windräder machen keinen Strom, wenn kein Wind da ist. Scholz und Laschet müssen zwar eingestehen, dass sie 16 Jahre kein Breitbandkabel verlegen konnten, aber die Energieerzeugung, die bauen sie sofort um. Auf den Widerspruch weist keiner hin. Die Moderatoren sowieso nicht. 

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Und so verstecken sich bei der Klimafrage Scholz & Friend hinter dem Theatervorhang, den Baerbock vor die Notwendigkeit der Energieerzeugung gezogen hat. Laschet guckt frech im Spalt durch und merkt an, dass man ja doch irgendwie Strom bräuchte – aber kein Wort zu den himmelschreiend absurden Vorstellungen der Grünen. Dafür: Man müsse den Menschen sagen, dass ihr Leben besser werde, wenn es klimaneutral sei. Sagt er ernsthaft als Möchtegern-Kanzler der immer noch drittgrößten Industrienation. Das wird sie eben dann nicht mehr lange sein können.

Er weiß es auch.

Aber er scheut den Konflikt, das klare Wort, die politische Führung. 

Er kann es eben nicht.

Und so bleibt man ratlos nach dem Triell: Noch nie gab es drei Kanzlerkandidaten. Aber auch noch nie eine Dreifaltigkeit der Inkompetenz. Keiner von den Dreien kann es. Und so zieht man sich zurück wie im Volksstück vom Münchner im Himmel. Man sitzt im Hofbräuhaus, und sitzt und trinkt und sitzt und trinkt und die Regierung wartet und wartet vergeblich auf die göttliche Eingebung.

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