Donald Trump hat lichte Momente, in denen Härte und Klarheit aus seinen Twitter-knappen Worten sprechen. Als er nach dem Hurrikan Maria das verwüstete Puerto Rico besuchte, ein eng mit den USA verbundenes Staatsgebilde, sagte er:
Puerto Rico schuldet „Ihren Freunden auf der Wall Street einen Haufen Geld.“ Und noch direkter:„Ich weiß nicht, ob es Goldman Sachs betrifft, aber wer immer es ist, der kann sich von seinen Staatsanleihen verabschieden.“
Kein Dollar für Goldman-Sachs
Dumm gelaufen für die Gläubiger Puerto Ricos; Maria hat ihre Staatsanleihen buchstäblich weggeblasen, für die Puerto Rico schon vor Maria nur noch 25 % an die Gläubiger zurückbezahlen wollte. Aus Washington jedenfalls gibt es kein Geld. Trump folgt damit nur der Tradition: Seit 1842 weigert sich der Kongress, den Bankrott überschuldeter Bundesstaaten abzuwenden. Sie müssen sich schon selber helfen – sparen, höhere Einnahmen erwirtschaften, oder andere Wege finden. Wie Arnold Schwarzenegger, nach seiner 2. Wahl zum Gouverneur Kaliforniens 2006: Da der faktisch bankrotte Bundesstaat weder Angestellte noch Schuldner bezahlen konnte, erfand er „IOUs“ als Finanzierungsinstrument. Das klingt kompliziert. Aber IOU ist nur eine Abkürzung für: I owe you (Ich schulde dir). Mit IOU wurden die Steuerrückerstattungen an die Steuerzahler bezahlt und Rechnungen von Lieferanten und Dienstleistern. Wer sie aufgedrückt bekam, und wem also Arnold Schwarzenegger Geld schuldete, musste 40 Prozent Abschläge hinnehmen. Das klingt hart. Aber die Konsequenzen führen dazu, dass Amerikas Bundesstaaten meist auf solide Finanzen achten. Auch Städte können pleite gehen. Dann muss gespart und die Wirtschaft angelockt werden – ein harter Weg.
Politiker im Euroraum verfolgen den entgegengesetzten Kurs.
Das Geld der Anderen
Sie müssen ihre Lage nur so lange verschlechtern, bis ihnen geholfen wird. Das nennt man dann irreführend Solidarität: gerne genommen wird auch der „Länderfinanzausgleich“. Beliebt sind auch Ausgleichszahlungen von „reichen“ (sparsamen) zu „armen“ (verschwenderischen) Städten oder Staaten auf dem Umweg über das jeweilige Bundesland oder von „reichen“ (gut wirtschaftenden) Krankenkassen zu armen, die meist deutlich höhere Leistungen anbieten. Es geht ja immer nur um das Geld der Anderen, des Steuerzahlers.
Natürlich geht es auch anders. Ungarn war nach einer sozialdemokratischen Regierung ähnlich hoch verschuldet wie Griechenland. Es fuhr daraufhin einen rigiden Sparkurs, entließ jeden dritten Beamten und verabschiedete sich von jedem dritten Ministerium, senkte die Steuern und Sozialleistungen und sanierte sich damit. Aber beliebt machte sich Ungarn in Europa nicht. Nur wer jammert, wird geliebt.
Was auf der unteren Ebene gut funktioniert, wurde auf Europa übertragen. Besonders erfolgreich dabei ist Griechenland; grob gerechnet ist es doppelt so hoch verschuldet wie Puerto Rico. Damit die Gläubiger-Banken aber nicht bluten mussten, erhielt der griechische Staat 2010 von den Euro-Ländern einen Notkredit über 110 Milliarden Euro. Ein Jahr später wurden die privaten Gläubiger zu einem Verzicht auf 53,5 Prozent ihrer Forderungen genötigt. Das klingt hart, aber war zu wenig. Die Staatsschuld sank rechnerisch zwar um 107 Milliarden Euro. Da aber gleichzeitig neue öffentliche Kredite vergeben wurden und die griechische Wirtschaft weiter schrumpfte, wuchsen die Schulden wieder. Heute ist Griechenland mit rund 176 Prozent des Bruttoinlandsprodukts höher verschuldet als vor der Umschuldung. Die 325 Milliarden Euro Schulden sind inzwischen fast ausschließlich Kredite aus den beiden europäischen Hilfsfonds ESM und EFSF. Es können auch mehr sein. Anteilsmäßig bürgt Deutschland für gute 80 Milliarden; es können auch mehr sein. Bürgen klingt harmlos. Tatsächlich aber wird dieses Geld nie zurückkommen – wie auch? Die Industrieproduktion ist auf dem Niveau der späten 1970er Jahre. Seit 2008 hat Griechenland 45 Prozent seines Bruttoinlandsproduktes eingebüßt.
Europafreundlich ohne Schwarze Null
Wäre Trump Bundeskanzler, könnte er nicht mal sagen, wie in Puerto Rico: „Arme Jungs von Goldman-Sachs oder armer Georg Soros: die Kohle ist weg.“ George Soros hatte jede Menge Milliarden in Form griechischer Staatsanleihen im Portfolio und hat solange Pro-Europe-Lobbyarbeit betrieben, bis ihm die europäischen Staaten den Riesenprofit besorgten. Man muss nur wissen, wie es geht und entsprechende Stiftungen gründen. Und dann überträgt die Klugheit der EU-Retter die Schulden auf die Steuerzahler. Auf Nimmerwiedersehen, was in Deutschland als besonders EU-freundlich verstanden wird. Deshalb bürgt der Bundeshaushalt für Griechenland-Milliarden im vollen Bewusstsein der Tatsache, dass dieses Geld, nun ja, noch da ist. Es hat nur ein anderer.
Schon jetzt reicht nicht, was zusätzlich in die Kassen fließt. Wer will da schon zugeben, dass die Kasse auch noch ein Loch epischen, spricht griechischen Ausmaßes hat? Damit müsste man sich ja etwas einfallen lassen.
Deshalb ist dieses Thema ausgespart; Jamaika ist weit weg von Puerto Rico. Man täuscht sich lieber gegenseitig über unangenehme Fakten hinweg. Die Rechnung kommt später. Aber dafür immer.