Ein Mann spielt Schabernack mit der deutschen Politik und den ihr zugetanen Medien: Elon Musk schreibt der Welt am Sonntag einen kurzen Text, warum „die AfD der letzte Funken Hoffnung“ für Deutschland und Alice Weidel kein Nazi ist: Schließlich habe die AfD-Vorsitzende eine gleichgeschlechtliche Partnerin aus Sri Lanka. „Klingt das für Sie nach Hitler?“, fragte Musk. Und so wie Hühner flattern, wenn der Fuchs im Stall rumort, so kopflos wie berechenbar reagieren darauf Journalisten. Die Leiterin des Meinungsressorts der WamS kündigt, statt sich über den provokanten Text und den Scoop für das dahinsiechende Blatt zu freuen – Meinung darf nur die eine wiedergegeben werden.
Musk leitet sein Recht zur Intervention daraus ab, dass er die vorerst letzte Autofabrik im darbenden Brandenburg errichtet hat, während deutsche Hersteller schließen, auch das nahegelegene Mercedes LKW-Werk baut massiv ab. Wer kann, wechselt von Mercedes zu Tesla. Darf, wer investiert, nur schweigend zuschauen, wie die Wirtschaft zerstört wird, auf die er setzt? Man mag Musk in seinem Urteil folgen oder auch nicht – die entsetzten Reaktionen auf seine Zeilen zeigen, wie es um die Debattenkultur steht: Es wird unterschlagen, verdrängt, verleugnet, statt offen zu debattieren und sich über klärendes Wetter zu freuen.
Und man kennt sie ja, die generelle Abschätzigkeit, mit der westdeutsche Medien über Ostdeutschland schreiben: Alles „Nazi“, alles „braun“; Demokratie immer noch nicht gelernt und Rechtsstaatlichkeit nicht geübt. Spiegel, Zeit, Stern, Süddeutsche, Tagesspiegel, ARD, ZDF – die namhafte rotgrüne Verherrlichungsriege der Medienlandschaft hat sich geradezu überschlagen in dieser Herabsetzung. Oder liegt es an der mangelnden Demokratiefähigkeit im Westen? In seinen Redaktionen und an seinem abgestumpften, selbstgefälligen Politikbetrieb, der in der eigenen, miefigen Sauce köchelt und das für ein Weltmeer hält?
Diktaturerfahrung macht sensibel, nicht stumpf
Bei vielen Gesprächen aber kann man feststellen: die Ostdeutschen mit ihrer Diktaturerfahrung sind sensibler, wacher, kritischer. Sie sind misstrauischer den Medien gegenüber, die sie als Herrschaftsinstrument der Partei erlebt haben und nicht als kritische Beobachter. Da spürt man die Absicht, liest zwischen den Zeilen und wendet sich angewidert ab, wenn die verherrlichten Errungenschaften der Politik so gar nicht mit dem eigenen Erleben zusammenpassen. Man wendet sich ab, wenn die tatsächliche Erfahrung so gar nicht zu der rosa Welt der Erfolgsmeldungen passt, der Planerfüllung; wenn Wachstum im Alltagsleben Schrumpfen bedeutet, Fortschritt tatsächlich Rückschritt ist und die großartige Freiheit an der Mauer endet, die natürlich zum Schutz der Freiheit gebaut wurde.
So ein Erleben schärft die Sinne und die Kritikfähigkeit. Auf die Westdeutschen war die Demokratie herabgeregnet ohne großes Zutun und das Wirtschaftswachstum über sie gekommen wie die Goldtaler von Frau Holle. Es hat Brei geregnet und man musste nur den Löffel raushalten, um seine reichliche Portion abzukriegen. Nicht, dass nicht gearbeitet worden wäre – aber das hat sich gelohnt. Im Westen. Im Osten war Anstrengung für die Katz, beziehungsweise für den Sozialismus. Umsonst.
Nun macht der Westen ganz ähnliche Erfahrungen:
Jeden Tag werden wir überschüttet mit Jubelmeldungen über die schnellen Schritte in die wunderbare Welt der „Erneuerbaren“ Energien. Die Realität besteht aus steigenden Preisen, wachsender Netz-Instabilität, steigendem Ausstoß an CO2, Zerstörung der Natur und immer neuen Rekordwerten an importiertem Atomstrom.
Allein, der Glaube daran bröckelt. Aber Änderung ist nicht in Sicht. Gescheiterte 5-Jahrespläne werden durch neue ersetzt mit neuen Wundermitteln wie „Wasserstoffwirtschaft“, die aber wiederum platzen wie schillernde Seifenblasen. Und wenn von jedem Euro nur 40 Cent bleiben und die Cents weiter schrumpfen – dann arbeitet nur der Dumme und der Kluge steigt auf Bürgergeld um.
Fehler werden nicht korrigiert, nicht mal ansatzweise
Jeden Tag lobt man die übergroßen Fortschritte durch die forcierte Massenmigration ohne jedwede Kontrolle, Begrenzung oder Notwendigkeit; steigende Kriminalität wird geleugnet, explodierende Kosten verschwiegen, Schwierigkeiten in Schulen, auf dem Wohnungsmarkt und im Gesundheitswesen? Gibt es nicht. Gehen Sie weiter. Hier gibt es nichts zu sehen.
Jeden Tag reisst ein gieriger Staat noch mehr Beiträge, noch höhere Steuern und immer noch neue Abgaben an sich. Die Rekordeinnahmen reichen trotzdem vorne und hinten nicht. Kernaufgaben wie Sicherheit, Infrastruktur und Bildung verrotten. Für einen Staat, der seine Aufgaben trotz immer neuer Rekordeinnahmen nicht erfüllen kann, soll jetzt die letzte Begrenzung fallen, die Schuldenbremse, damit die Schussfahrt nach unten noch schneller vor sich gehen kann.
Der Staat wird aber auch immer übergriffiger. Die Grenzen zwischen Staatsaufgaben und Wirtschaft, die Grenze zum Privatleben der Bürger ist längst eingerissen. Freie Marktwirtschaft war einmal, es herrscht die planlose Planwirtschaft, die nichts zustande bringt und frühere Erfolge versenkt. Übergriffig greift der Staat ein in unser Denken: Männer und Frauen soll es nicht mehr geben, und wer das Gegenteil behauptet, macht sich strafbar. Kinder werden auf das neue Konzept der Transsexualität trainiert. Unsere Sprache wird gereinigt. Begriffe werden kriminalisiert.
Die nächste Runde beginnt – Angriff auf die Kritiker
Die Liste läßt sich fortsetzen. Wir wissen es alle, sind müde, es zu schreiben oder zu lesen. Wie jedes zunehmend autoritäre System geht jetzt die Politik dazu über, Kritiker zu verfolgen und zum Verstummen bringen zu wollen. Als ob die Missstände verschwinden, wenn man sie nicht mehr bespricht! Dazu wurde ein überwunden geglaubter Straftatbestand mit dem Paragraph 188 verschärft in das Strafgesetzbuch eingefügt, die Strafbarkeit der Politikerbeleidigung. Hausdurchsuchungen werden offenkundig rechtswidrig verordnet, von einer durch und durch parteipolitisierten Polizei auch noch exekutiert. Dass Beamte bei erkennbar rechtswidriger Anweisung remonstrieren, also widersprechen müssen – das war einmal. Längst sind weite Strecken des Beamtenapparats wieder nur zu Instrumenten der Machtausübung reduziert, sie haben zu befolgen und sie folgen.
So wird die Hatz auf mosernde Rentner mit möglichst großer Härte ausgeführt und Oma muss wegen des Obstmessers dran glauben. Die Messermänner lässt man lieber laufen. Die Totschläger setzt man meist schnell gegen läppische Bewährungsstrafen wieder auf freien Fuß, die Teilnehmer an einer Gruppenvergewaltigung erhalten Sozialstunden zur Abschreckung, aber Kritiker, die die Täter „Vergewaltiger“ nennen, müssen dafür in Haft. Einzelfälle? Sicherlich. Alles Einzelfälle. Jeder Fall ist ganz einzeln, keine Schneeflocke gleicht bekanntlich der anderen. Aber zusammen erdrücken sie den Rechtsstaat und die Gerechtigkeit mit ihrem Leichentuch. Was nicht sein soll, wird verschwiegen und kann nicht vor Gericht gebracht werden.
Was jetzt noch stört sind die Berichte darüber. Sicher, in die klassischen Medien dringt das kaum noch mehr vor; in die staatlich kontrollierten öffentlich-rechtlichen sowieso nicht und die Zeitungen hängen an der Anzeigen-Klatsche oder nehmen gleich direkt Aufträge der Regierung an wie die früher unabhängige FAZ.
Gut, mit einem flächendeckenden Spitzelsystem erfasst man jeden Mucks im Netz; da kann China in Kürze wohl noch was lernen. Irgendwo muss ja Deutschland noch führend sein. Aber noch gibt es Lücken im System, und die sind so gewaltig, dass sie sich ihres Wahlsieges nicht sicher sein können.
Vorbild Annullierung der Wahl in Rumänien?
Jetzt sollen auch die letzten freien Wege verlegt werden. Hören bzw. lesen Sie genau, was Bundespräsident Frank Walter Steinmeier (SPD) dazu sagte anläßlich der Auflösung des Bundestags:
„Ich erwarte, dass der Wahlkampf mit fairen, mit transparenten Mitteln geführt wird. Einflussnahme von außen ist eine Gefahr für die Demokratie – sei sie verdeckt, wie kürzlich offenbar bei den Wahlen in Rumänien, oder offen und unverhohlen, wie es derzeit besonders intensiv auf der Plattform X betrieben wird. Ich wende mich entschieden gegen alle äußeren Einflussversuche. Die Wahlentscheidung treffen allein die wahlberechtigten Bürgerinnen und Bürger in Deutschland.“
Zunächst: Diese Passage ist inhaltlich falsch. Die „verdeckte“ Einflussnahme in Rumänien erfolgte nicht von außen – sondern von der Regierungspartei. „Russischer Einfluss” soll der Grund gewesen sein, mit dem Rumäniens Präsidentschaftswahl vom Verfassungsgericht storniert wurde. Beweise gibt es vorerst nur für eine Finanzierung durch die PNL, die Partei des Staatspräsidenten.
Das ist ein wirklich erstaunlicher Vorgang. Allerdings ging die Kampagne nach hinten los – statt die PNL zu wählen, sahen sich die Wähler darin bestätigt, die Opposition zu wählen. Lesen Sie den ganzen Vortrag des Wählerbetrugs hier:
Es könnte eine Warnung an unsere Regierungsparteien sein, es nicht zu sehr zu übertreiben mit ihrer Kampagne gegen eine Oppositionspartei und dem Selbstlob, das längst stinkt. Die Kluft zwischen Sprüchen und Wirklichkeit wird so erst deutlich gemacht.
Aber diese Warnung scheint zu verhallen. Steinmeier hat, wenn man sehr gutmütig interpretiert, unglücklich formuliert. Seine Reden sind schon vielfach kritisiert worden, nicht nur für ihren bräsigen Ton. Er redet leichtfertig dahin. Die semantische Verknüpfung von Rumänien mit Deutschland und der dortigen Kampagne mit X hätte er nicht vornehmen dürfen. Mit ein wenig Selbstkritik müsste er sich korrigieren und entschieden zurückweisen, dass diese Verknüpfung mehr ist als nur eine Aneinanderreihung von Wörtern eines ungeübten Redenschreibers und eines leichtfertig nicht darüber nachdenkenden Redners.
Meinte Steinmeier also die Annullierung wegen angeblicher Einflussnahme wie in Rumänien – oder weitere Zensuren im Netz, diesmal gegen die Plattform X, auf der das herrscht, was in Deutschland fehlt: Meinungsfreiheit? Man spürt den autoritären Ton, den schon Bundeskanzler Olaf Scholz angekündigt hat mir der Warnung, man dürfe nicht „falsch“ wählen. Was ist denn falsch? Entscheidet das jetzt neuerdings dann die Bundesregierung? An ihren Wörtern erkennt man zumindest ihr Denken. Folgt die insinuierte Tat?
Warten auf die Erklärung
Auf die korrigierende Erklärung des Bundespräsidenten wartet man bisher vergeblich.
Die Vorgänge in Rumänien sind für die Staaten der EU ein warnendes Beispiel: Mit der vorgeschobenen Begründung ausländischen Einflusses via Social Media lässt sich künftig in der EU jede Wahl anfechten, die den noch regierenden Parteien nicht gefällt, formulierte unser Osteuropa-Experte Boris Kalnóky.
Und genau diese Befürchtung erweckt Bundespräsident Steinmeier. Es ist ja fast wie in Rumänien: die gesamt Regierungspropaganda und das Feuerwerk der Medien führen nur dazu, dass die Kanzlerkandidatin der AfD, Alice Weidel mittlerweile demoskopisch „beliebter“ ist als Friedrich Merz, Olaf Scholz und Robert Habeck. Die diabolisierte Chefin der Oppositionspartei schlägt in Umfragen die Ampelmännchen, die künftig miteinander koalieren wollen und nur noch auf Bestätigung warten – Abwahl unerwünscht. Klar, das lässt alle Alarmglocken schrillen. Aber Wahlen sind mit Argumenten und durch Überzeugung zu gewinnen, nicht mit schäbigen Tricks.
Will Steinmeier wirklich auf Nummer Sicher gehen und das Netzwerk von Elon Musk verbieten, wie in China und Rußland, oder spielt er mit dem Gedanken, sich das Beispiel Rumänien zum Vorbild zu nehmen? Das wäre ungeheuerlich.
Aber in den vergangenen Jahren mussten wir uns leider an das Ungeheuerliche gewöhnen. Das Grundgesetz ist vielfach nur noch eine Fassade, das Gericht noch fester im Griff jener Parteien, die für sich den Begriff „demokratisch“ reklamieren; George Orwell läßt grüßen.
Damit wird der kommende 23. Februar ein Prüfstein. Ob die Bürger bereit sind, die schrittweise Erosion des Rechtsstaats und der demokratischen Ordnung, der Gewaltenteilung hinzunehmen – oder dagegen protestieren.
Die Erfahrung im Osten hat gezeigt, wie schwer es ist, verlorenes Recht zurückzuholen; es dauert fast zwei Generationen. Demokratie-Erfahrung wie im Westen macht nachlässig. Diktaturerfahrung macht wachsam. Das ist der Unterschied von Ost und West.
Und Elon Musk? Hat sich offenbar wie so oft über die Berechenbarkeit der Medienmenschen amüsiert, wie die WamS seinen Kommentar mit dem Gefälligkeitsbeitrag des nächsten Chefredakteurs kontert, sowie weitere nachschiebt, die in schlechtester zurückrudernder Merz-Manier erklären, warum man Musks Beitrag richtigerweise nicht veröffentlicht hätte.