Im Jahre 1813 appellierte Prinzessin Marianne an alle Frauen Preußens. Um den Krieg gegen Napoleon zu finanzieren, sollten sie die Eheringe aus Gold gegen solche aus Eisen eintauschen – mit der Aufschrift „Gold gab ich für Eisen“.
1914 tauschten unter diesem Motto unsere Urgroßeltern schon nicht mehr so ganz freiwillig Geld und Gold gegen Staatsanleihen – die zu Asche zerfielen. Es folgte eine Hyperinflation, die Papiergeld so wertlos machte wie die Zeitung von gestern, eine Weltwirtschaftskrise, in der Aktiengesellschaften fallierten wie Faulobst, eine brutalste Diktatur, der Holocaust und noch ein Weltkrieg, diesmal ein totaler. Die Erinnerung an den Wertverlust durch Krieg, Staatsbankrott und Inflation taucht derzeit im kollektiven Gedächtnis wieder auf – die WirtschaftsWoche untersucht und bewertet den langfristigen Werterhalt unterschiedlicher Anlageformen über die unterschiedlichen Krisen hinweg.
Der Blick auf jene düsteren Stunden der Geschichte relativiert unser Krisengerede. Wie viele Tränen sind schon ein Prozent Minuswachstum des Bruttoinlandsprodukts wert? Die Krisensitzungen, schnell aufgespannte Rettungsschirme und hurtig zusammengezimmerte Konjunkturpakete sind, wie die monströse Staatsverschuldung, eher Talkshowthema als lebensbestimmend; im Alltag kommt die Meldung wachsender Arbeitslosigkeit erst allmählich an. Es gibt erste Hoffnungswerte der Konjunkturforscher.
Und doch: Innerhalb weniger Monate haben Aktionäre die Hälfte ihres Vermögens verloren. Wer auf Perlen des Bankgewerbes wie die Commerzbank gesetzt hat, muss blamable 85 Prozent abschreiben. Aber auch ein glanzvoller Maschinenbauer wie Heidelberger Druckmaschinen rangiert in dieser Verlustklasse; Infineon, gegründet als High-Tech-Ikone, ist zum Penny-Stock verlottert. Der Wertverlust frisst sich durch immer neue Anlageformen. Lebensversicherungen reduzieren ihre Renditen. Damit werden sie nicht die Erträge erbringen, die den Anlegern bei Abschluss versprochen wurden und auf denen die Altersversorgung basiert. Immobilienfonds blockieren die Auszahlung. Betriebsrenten und Versorgungswerke, aber auch Stiftungen werden im Laufe des Frühjahrs unerfreuliche Zahlen veröffentlichen müssen. Der Kollaps einer Bank wird wegen der riesigen Rettungsschirme zwar nicht mehr unmittelbar gefürchtet. Tagesgeld und Staatsanleihen werden zunehmend als Notbehelf wahrgenommen – und Inflation als Wertvernichter wieder gefürchtet. Langfristiges Durchkommen wird wichtiger als kurzfristige Rendite.
Aber was ist die wirklich krisensichere Anlage? Gold und Immobilien, biedere Sachwerte? Nur eines scheint wirklich sicher: Ausbildung. Das wissen alle Flüchtlinge und Migranten dieser Erde. Was im Kopf ist, kann keine Bank verschludern.
Viele deutsche Unternehmer wollen sich nicht von den gekürzten Kreditlinien der Banken mit in den Abgrund reißen lassen, andere fürchten die vielleicht un-umgängliche Verstaatlichung des Bankwesens. Sie reagieren geradezu begeistert auf meinem Vorschlag von vergangener Woche, statt einer Bad Bank eine unbelastete Good Bank zur Kreditfinanzierung zu gründen, wie sie auch der US-Investor George Soros vorschlug. Frisches Geld müsse in neue Good Banks investiert
werden, forderte der Meisterspekulant in Davos und will sogar eigenes Geld investieren. Auch manche meiner Gesprächspartner boten bereits riesige Geldbeträge als Ein-lage an. Nun ist eine Redaktion keine Bank in Gründung, und Journalisten sind schlechte Banker: Joseph Schumpeter, Autor des „Volkswirts“ und damit Teil der Ahnengalerie der WirtschaftsWoche, hat als Bankier Pleite gemacht. Aber besser als die Staatsbank wäre eine neue deutsche Bank für Industrie und Handel allemal.
(Erschienen am 21.01.2009 auf Wiwo.de)