Tichys Einblick
Einführung in den Journalismus

Gender-Schluckauf im ZDF ist Entscheidung des Intendanten

Warum quälen Claus Kleber und Petra Gerster die Zuschauer des ZDF mit ihren persönlichen Sprachmarotten, erschweren das Verständnis und reduzieren die Klarheit und Wahrheit der Informationsebene? Offensichtlich will es die Senderleitung so.

imago/Eibner

Der frühere Ministerialbeamte Dr. Wolfgang Specht ist irritiert: Immer öfter stören Claus Kleber und Petra Gerster den Fluss der gesprochenen Nachrichten durch seltsame Sprechpausen und unmotivierte Behauptungen: Plötzlich ist etwas von „Kommandeure-Schluck-innen“ der Hamas die Rede, ohne dass es je Frauen in der Spitze der Terror-Organisation gegeben hätte. Solche sinnwidrige Abschweifungen irritieren. Dabei sollen Meldungen für Nachrichtensendungen präzise, kurz und verständlich formuliert werden. Anders als bei Zeitungen kann ein Hörer einen Satz, den er nicht verstanden hat, nicht noch einmal lesen. Irritationen wie fehlerhafte Grammatik ist Gift für das Verständnis und schließt Zuhörer aus. „Daraus ergibt sich für gesprochene und gehörte Nachrichten die Anforderung, dass ihre Sätze eingängig sind und nicht durch seltsame Wortwahl oder kuriose Konstruktionen zum Grübeln oder Schmunzeln und durch Schachtelsätze oder Fremdwörter zum Weghören verführen. Der Hörer soll, wenn er Nachrichten hört, nicht über Sprache oder Wortwahl nachdenken, sondern unmittelbar verstehen, was der Redakteur mitteilen wollte“, schreiben dazu Lehrbücher.

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Warum also schließt das ZDF seine Hörer von Nachrichten und Moderationen aus, vertreibt sie und macht Informationen unverständlich? Ist es die Marotte einiger TV-Stars, die sich gegen Ende ihrer Karriere mit vermeintliches Jugendlichkeit schmücken wollen und den Zeitgeist zu Lasten von Klarheit umarmen?
Ein Brief an das ZDF und eine (falsche) Antwort

Dr. Sprecht hat sich nicht nur geärgert, sondern an das ZDF geschrieben – und sich nach möglicher „Sprachlenkung“ von oben erkundigt. Er schreibt:

Sehr geehrte Damen und Herren,

einführend erinnere ich Sie daran, dass das ZDF als Anstalt des öffentlichen Rechts mit seinem Fernsehprogramm der Allgemeinheit dienen muss und in seiner sprachlichen Ausgabe das  Publikum verständlich und neutral unter Benutzung der deutschen Standardsprache unterrichten soll.

Neuerdings vermitteln Nachrichtensprecher und Moderatoren aktuelle Informationen und damit verbundene Erläuterungen immer häufiger eigenmächtig in sogenannter Gender-Sprache und üben damit erkennbar eine Sprachlenkung „von oben“ aus. Der aufmerksame Zuschauer bemerkt dabei auffallend gewollte sprachliche Regelverletzungen und eine arrogante Sprachbevormundung. Der abweichende Sprachgebrauch ist bekannter Weise Synonym und Symbol für eine ideologische und auch politische Tendenz, die mit einer angeblichen tendenzfreien Nachrichtensendung nicht vereinbar ist.

Das ZDF, für sein Personal verantwortlicher Arbeitgeber und Dienstherr, sollte seine Mitarbeiter, vor allem die Moderatoren Claus Kleber und Petra Gerster, anweisen, die von ihnen moderierten Nachrichten in der deutschen Hochsprache auch im Sinne allgemeiner Klarheit und Verständlichkeit und damit auch tendenzlos, ohne eine Meinung aufzuzwingen, vorzutragen. Unterbliebe diese Anweisung, würde das ZDF eine aggressive Minderheit unterstützen, die eine überwiegende Mehrheit sprachlich, ideologisch und auch politisch bevormunden und damit die Gesellschaft gegen den erklärten Willen der Politik weiterhin spalten will.

Für eine Rückmeldung von zuständiger und kompetenter Stelle Ihres Hauses wäre ich Ihnen dankbar.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Wolfgang Specht

Das ZDF antwortet gelangweilt mit einem Serienbrief. Der zentrale Satz lautet: Für die Sprache in journalistischen Beiträgen, vor allem bei der gesprochenen Sprache, gibt es keine Vorgaben und Regelungen.

Sehr geehrte Zuschauerin,
sehr geehrter Zuschauer,

vielen Dank für Ihre E-Mail an das ZDF.

Ihre Kritik an der Verwendung gendergerechter Sprache haben wir in unsere tagesaktuelle Auswertung der Zuschauerreaktionen aufgenommen. Diese wird der verantwortlichen Redaktion und einem weiten Empfängerkreis in unserem Haus, inklusive der Geschäftsleitung, übermittelt und dort in der internen Auseinandersetzung mit dem Programmangebot berücksichtigt.

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Das ZDF möchte diskriminierungsfrei kommunizieren und achtet dabei auch darauf, wie sich Gesellschaft und Sprache verändern. Unser gesamtes Publikum soll sich im Programm angesprochen und durch die Ansprache wertschätzend behandelt fühlen. In der schriftlichen Kommunikation verwenden wir daher den Genderstern.

Für die Sprache in journalistischen Beiträgen, vor allem bei der gesprochenen Sprache, gibt es keine Vorgaben und Regelungen. Gelegentlich werden in Moderationen und Beiträgen kleine Pausen zwischen dem Wortstamm und der weiblichen Endung gemacht.  Die Redaktionen entscheiden nach interner Diskussion selbst, welche Form der Ansprache für das jeweilige Format am besten geeignet ist.

Mit freundlichen Grüßen
Ihr Zuschauerservice

Kann beim ZDF jeder murksen und pfuschen wie er will?

Dr. Specht läßt sich aber von der Antwortmaschine nicht abspeisen. Tendenziöse Sprache dürfe nicht hingenommen werden; das sei ein „Organisationsversagen“:

Sehr geehrte Damen und Herren,

im Hinblick auf meine Kritik an der Verwendung sogenannter Gender-Sprache im ZDF haben Sie erfreulicher Weise reagiert und im Format eines Standardschreibens mitgeteilt, dass es für die gesprochene Sprache in journalistischen Beiträgen keine Vorgaben und Regelungen gäbe und die Redaktionen über die Form der Nachrichtensprache selbst entscheiden.

Diese den Redaktionen und Moderatoren eingeräumte Entscheidungsbefugnis ist ein schwerwiegender Organisationsfehler, da die Geschäftsführung Verantwortung für den Gebrauch einer regelgerechten Sprache auf Mitarbeiter delegiert, die beim Sprechen tendenziös motiviert sind und bei ihrer Arbeit diese Tendenz zum Ärger der Allgemeinheit schrankenlos ausleben können.

Dem ZDF als Anstalt des öffentlichen Rechts obliegt nunmehr die Organisationspflicht, in die bestehende Organisation einzugreifen, um den aufgetretenen Organisationsmangel, nämlich gewollte Verwendung regelwidriger Sprache, zu beseitigen.

Der Zuschauer als Gebührenzahler ist bei einem Gebührenfernsehen nicht gewillt, unter anteiliger Kostenbeteiligung eine sprachliche Niveausenkung durch fehlerhafte Sprache hinzunehmen und dabei auch noch sprachlich manipuliert zu werden.

Die Geschäftsführung, an deren Spitze ein Intendant steht, sollte die anstaltsinterne Delegation von Verantwortung für die gesprochene Sprache wegen Missbrauchs wieder aufheben.

Die Geschäftsführung ist für das Programm und dessen sprachliche Gestaltung verantwortlich und sollte dieser Verantwortung innen und außen gerecht werden, auch um etwaige Folgen eines Organisationsverschuldens auszuschließen.

Für eine Rückmeldung der Geschäftsführung wäre ich dankbar.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Wolfgang Specht

13 Vorschläge gegen den Gender-Irrsinn
Ein Etappensieg: Zwei Drittel haben die Nase voll von der Gender-Sprache
Organisationsversagen ist ein schwerwiegender Vorwurf. Haben der Intendant des ZDF und sein Leitungsgremium aus hochbezahlten Chefredakteuren, Abteilungsleitern und anderen Leitungspositionen aufgehört, den eigenen Nachrichten zuzuhören? Kann beim ZDF jeder sprechen, wie er will, und unkontrolliert Unsinn verzapfen? Das nun doch nicht. Diesmal ist es kein Serienbrief, sondern eine individuelle Antwort – und die hat es in sich:

Sehr geehrter Herr Dr. Specht,

vielen Dank für Ihre neuerliche E-Mail.

Die Entscheidung für eine gendergerechte Sprache ist eine des Hauses. Das ZDF wird diese Diskussion jedenfalls weiterführen und sich für ein respektvolles Miteinander in der Sprache engagieren.

Mit freundlichen Grüßen
Ihr Zuschauerservice

Mehrheit gegen Gendern
Vergesst das Gender-Gerede, es funktioniert einfach nicht 
Der letzte Absatz ist der entscheidende – es gibt also doch eine zentrale Anweisung, also genau das, was der Serienbrief zunächst versucht hatte zu verschleiern. Aber ist es wirklich ein respektvolles Miteinander, wenn die Mehrheit der Zuschauer den Faden verliert, weil ein paar Aktivisten den Intendanten überzeugt haben, dass Schluckpausen und die vielen -innen die Verständlichkeit erhöhen?
Angriff auf die Mühelosigkeit des Verstehens

Wolf Schneider, einer der Großmeister der Journalistenausbildung, formulierte in seinem Standard-Werk „Deutsch für Profis“: Hörer wollen „mühelos“ (Hervorhebung von Schneider) verstehen, und sie haben Recht. Journalisten betreiben ein Service-unternehmen; der Service, den wir zu bieten haben und von dem wir leben heißt: Information, interessant und leicht verständlich dargeboten. Nur öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten und saturierte Abonnementszeitungen können es sich leisten, ihren Benutzern auf weiten Strecken diesen Service zu verweigern. Sie können es sich leisten, doch sie sollten es nicht.“ Von Belehrung und Erziehung des Zuschauers ist nirgendwo die Rede. Das ist ein Anmaßung des Haltungsjournalismus, der die Gebührenzahler manipulieren will – im Sinne einer Minderheit, die sich über einen nüchternen Sprachgebrauch meint hinwegsetzen zu können.

Gerne stellt TE dem ZDF ein Exemplar dieses lehrreichen Buches zur Verfügung sowie einen leider schon etwas abgegriffenen Klassiker von Walther von LaRoche verfasst: „Einführung in den praktischen Journalismus“. Die gleichzeitig angebotenen Beschreibungen alles Ausbildungswege sind nicht mehr aktuell; die Forderung nach Klarheit und Wahrheit der Sprache schon.

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