Erinnern Sie sich noch an die Panik, die viele Unternehmen, Fußballvereine, Blogger und Verbände im Frühjahr ergriff? Auslöser war die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO), die am 25. Mai gültig wurde. In den Tagen davor brachen beim Unternehmer-Magazin „Impulse“ die Server zusammen – schnell noch wollten viele Unternehmen die Checkliste herunterladen, um der Existenzvernichtung zu entgehen. In Nachtschichten wurden Formblätter ausgefüllt, Computer programmiert, Daten vernichtet, Kosten in die Höhe getrieben.
Hektik, Panik, Schrecken
Seither wurden Newsletter eingestellt, ungezählte Tonnen Papier mit schriftlichen Einverständniserklärungen zu Selbstverständlichkeiten abgeheftet. Boutiquen vernichteten Adresskarteien ihrer Kunden, Visitenkarten wurden weggeworfen weil ihre Übernahme in die elektronische Datei angeblich Datendiebstahl ist, Blogs verschwanden vom Bildschirm, Großunternehmen richteten im Vorfeld Arbeitsstäbe ein, Unternehmensberater und Daten-Anwälte wurden zu bestverdienenden Superstars und Fußballvereine gaben unterschiedliche T-Shirts aus: Rote für solche Spieler, die mit einem Foto einverstanden waren und blaue für Spieler, die nicht fotografiert werden wollten. Auf einer Veranstaltung der CDU-Mittelstandsvereinigung wurde jeder Besucher, der dort nicht fotografiert werden wollte, mit einem roten Klebepunkt auf der Stirn gekennzeichnet. Alles aus Angst vor einer unverständlichen Gesetzgebung, die mit existenzvernichtenden Strafen in vielfacher Millionenhöhe durchgesetzt werden sollte.
Und dann geschah – nichts. Stille.
Reform ohne Wirkung
Allmählich zeigt die DSGVO Wirkung. In Portugal soll eine Klinik 400.000 € Strafe zahlen, weil statt 200 plötzlich 800 Beschäftigte als „Ärzte“ Zugang zu Patientendaten hatten. Aus Wien wird gemeldet: Dort schrauben die städtischen Wohungsbesitzer die Klingelschilder an den Eingängen ihrer Wohnblocks ab. Völlig unnötigerweise, sagen die einen. Aber wer weiß das schon? Sicher ist nur eines: Alles ist unsicher und kann teuer werden. Sagen die Angsthasen. Die Mutigen scheren sich nicht darum. Einfach so. Langsam steigt wieder die Zahl unerbetener Newsletter. Viele Unternehmen und Verlage missachten die DSGVO so kaltblütig wie ignorant. Man atmet geradezu auf. Die roten Punkte und farbmarkierten T-Shirts sind weitgehend verschwunden. Es wird wieder fotografiert. Völlig unbehelligt blieben die Datenkraken wie Facebook und Google, gegen deren Sammelwut sich die DSGVO angeblich richtet. Den Schaden der DSGVO haben die anderen. Kosten in erdrückender Höhe fielen dagegen bei Kleinunternehmern und Mittelständlern an, die sich nicht die riesigen Beraterstäbe leisten konnten und verzweifelt an Lösungen bastelten. Das Leben normalisiert sich wieder; geblieben sind prall gefüllte Aktenordner, unnötige Aufregung und teure Anstrengungen, die jenen das Leben schwer machen, die dieses Land in Betrieb halten. Fein heraus sind diejenigen, die die DSGVO einfach ignoriert haben. Offensichtlich ist der Dumme, wer sich an die DSGVO hält oder sich um Anpassung bemühte.
Das „D“ steht für „Dumme“
Brüsseler Bürokratie gegen Alle
Mit gutem Recht könnte man sagen: Das „D“ steht für „Dumme“. Und offensichtlich ist der Dumme, wer sich an ein Gesetz hält. Damit richtet die DSGVO breiten Schaden an: Sie hat ihr Ziel komplett verfehlt, die Datensammellust der großen Netzwerke zu bremsen. Sie hat flächendeckenden Schaden angerichtet bei komplett harmlosen Datensammlern. Sie hat den Datenschutz, der eigentlich so zentral wichtig ist, lächerlich gemacht und unglaubwürdig; beim Wort Datenschutz verdreht mittlerweile jeder die Augen. Die DSGVO trägt aber auch dazu bei, unseren Rechtsstaat zu zerstören: Gesetze, die man nicht versteht und die außer allgemeiner Aufregung, Vergrößerung von Behörden und unsinniger Kosten nichts bewirken, lassen die Bürger an diesem Staat und insbesondere an der Weisheit der Beschlüsse in Brüssel ernsthaft zweifeln. Gesetze, die nicht sanktioniert werden, weil auch Behörden und Gerichte überfordert sind, sind nicht nur handwerklicher Unfug – sie unterminieren auch das Rechtsbewusstsein, wonach Gesetzesverstöße zu verfolgen sind. Da passt die DSGVO zu der wachsende Unzufriedenheit, die an der Rechtsetzung ebenso zweifelt wie daran, dass Recht noch konsequent verfolgt wird.
Derjenige, der sich als Schöpfer der DSGVO hat feiern lassen, der grüne Europa-Abgeordnete Jan Philipp Albrecht, ist mittlerweile Minister in Schleswig-Holstein. Er gehört zu jener Generation von Politikern, die von ihnen angerichteten Schäden nicht verantworten, weil sie längst zum nächsten Tatort weitergezogen sind. Die DSGVO dagegen bleibt. Der Schaden wächst. Die Grünen haben Erfolg. Die Bürger zahlen.
Es ist viel Teures geschehen. Alles bleibt, wie es ist.