Tichys Einblick
Das Schweigekartell aufbrechen

Wie lange können die Gerichte der Politik noch standhalten?

So absurd sind viele Entscheidungen des Deutschen Bundestags und der Ampel, dass Gerichte die Politik bremsen und lenken müssen. Wie lange hält der Damm gegen staatliche Willkür?

picture alliance/AP Photo | Markus Schreiber

Viele Entscheidungen von Gerichten verstören – etwa wenn „Flüchtlinge“ nach wiederholten Straftaten auf freien Fuß gesetzt werden und dann noch schlimmere Verbrechen begehen. In einem Kindergarten in Aschaffenburg sorgte kürzlich ein offenbar verwirrter Mann mit einem Messer in der Hand für Alarm. Nur dem beherzten Eingreifen der Kindergärtnerinnen ist es zu verdanken, dass kein Kind verletzt wurde. Wie nun bekannt wurde, musste der 30-Jährige wieder auf freien Fuß gesetzt werden.

In Berlin soll Ayman Al-K. (25) aus Syrien versucht haben, in die Wohnung einer Seniorin (78) einzudringen, um sie sexuell zu missbrauchen. Die alte Dame konnte sich wehren, bis Hilfe kam. Weil sich eine Staatsanwältin weigerte, ihn in Haft zu nehmen, konnte er einen Tag später eine junge Frau (23) vergewaltigen – die sich nicht so gut zur Wehr setzen konnte.

Diese Fälle sind verstörend, auch, weil in vielen Fällen die kulturelle Herkunft zu einem Strafrabatt führt – das Schutzbedürfnis der Bevölkerung aber nichts gilt. Auch werden hier Fotos verpixelt und häufig die Herkunft verschleiert – immer geht das Persönlichkeitsrecht vor, nie das Informationsbedürfnis. Das ist anders, wenn die Täter oder die Sänger deutsche „Rich Kids“ sind. Dann soll es Höchststrafen statt Strafrabatt geben, darf das einfachste Persönlichkeitsrecht nicht gelten, jedenfalls fordern das Politiker wie Armin Laschet und Bundestagspräsidentin Bärbel Bas.

Man wird die Gerichtsentscheidungen kritisch verfolgen müssen. Aber es gibt auch andere Entscheidungen, die verhaltenen Optimismus erlauben.

Gericht zwingt Verfassungsschutz zur Offenlegung

Vergangene Woche wurde das Bundesamt für Verfassungsschutz gerichtlich zu einer Aussage gezwungen, die es zuvor kategorisch verweigert hatte. Das Ergebnis: Nach einer Klage des Tagesspiegels auf Grundlage des presserechtlichen Auskunftsanspruchs vor dem Kölner Verwaltungsgericht (Az.: 6 L 565/24) machen die Auskünfte des Bundesamtes für Verfassungsschutz es immer deutlicher – der Verfassungsschutz wusste im Vorhinein von dem privaten Treffen in Potsdam. Der Präsident und seine Mitarbeiter haben in einer „Vielzahl diskreter Gespräche“ Mitarbeiter der Presse informiert.

Weiter schreibt der Tagesspiegel: „Medienberichten zufolge soll Haldenwang bei vertraulichen Gesprächen mit Journalisten knapp zwei Wochen nach den Enthüllungen geäußert haben, das BfV sei bereits im Vorfeld über die Potsdamer Veranstaltung informiert gewesen.“ Mit „Medienberichten“ ist TE gemeint, denn am 25. Januar schrieb TE: „Im Kreise von ihm wohlgesonnenen Journalisten plauderte Verfassungsschutzpräsident Thomas Haldenwang (CDU) aus, dass sein Dienst schon vor dem vermeintlich rechten Geheimtreffen im Potsdamer Hotel ‚Landhaus Adlon‘ über das Wer, Wann und Wo bestens Bescheid wusste.

Das war bislang vermutet worden. TE zitierte aus den Gesprächen: „Wir kennen sie alle“. Jetzt wird klar: Die bislang geleugneten Gespräche haben stattgefunden. Gleichzeitig wurde ein weiteres Schweigekartell aufgebrochen. TE war von Vereinigungen der Hauptstadtjournalisten unter Druck gesetzt worden, weil wir über diese stattgefundenen Gespräche berichtet haben.

Keine Hetzjagden in Chemnitz

Nach sieben Jahren stellt ein Gericht fest: Es gab in Chemnitz nicht jene „Hetzjagden“ auf Ausländer, die die Bundeskanzlerin und der noch heute amtierende Bundespräsident zum Anlass nahmen, um eine Stadt, führende Beamte und kritische Medien zu verdammen. Wir erinnern uns: Wegen angeblicher Hetzjagenden fielen Bundeskanzlerin Angela Merkel, der immer noch präsidierende Frank-Walter Steinmeier sowie die breite Front von ARD, ZDF und staatstreuen Medien über die Stadt her. Als der damalige Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz, Hans-Georg Maaßen, erklärte, er sehe keine derartigen Vorfälle, wurde er entlassen, eine Karriere mutwillig zerstört. Wer die Wahrheit sagt, lebt gefährlich in Deutschland.

TE hatte darüber berichtet und recherchiert: Das Kernstück der Anklage, ein Video, war völlig falsch interpretiert worden. Die Urheberin des 19-Sekunden-Videos erklärte in einer eidesstattlichen Versicherung, dass hier Teilnehmer des Trauerzugs provoziert worden waren. „Hase, Du bleibst hier“ – dieses Video ist jetzt der Beleg dafür, wie die Spitzen der Bundesrepublik Deutschland sich ihre eigenen Wahrheiten zurechtbiegen – wider besseren Wissens. Aus der Verhandlung wissen wir jetzt auch, dass der vermutlich maßgebliche Zeuge der medial und von Frau Merkel erfundenen „Hetzjagden“ drei Jahre später wohl islamistisch motiviert drei Frauen in Würzburg niedergestochen und getötet und viele weitere Menschen schwer verletzt hat. Anschließend wurde er als schuldunfähig und paranoid-schizophren diagnostiziert. Das sind die Fundamente, auf denen die Bundeskanzlerin, der Bundespräsident und die Mehrheit der Medien ihre Urteile gegründet haben.

So werden Kampagnen losgetreten, die ganze Städte in Verruf bringen und einzelne Personen vernichten sollen. Es zeigt aber auch: Gerechtigkeit in Deutschland erfordert entschiedenes Kämpfen und geduldiges Abwarten sowie sorgfältige Recherchen von kritischen Medien. Dies geschieht jetzt häufiger, und fördert erschütternde Sachverhalte zu Tage.

Etwas schneller und zugleich erfolgreicher geht es bei der Aufklärung der Corona-Skandale voran. Erst klagte das kleine Medium „Multipolar“ einen ersten Schwung von Protokollen des Robert-Koch-Instituts frei. Zwischen den amtlichen Schätzungen über die Schicksalsmonate der Corona-Phase schimmerte die Wahrheit durch. Viele Entscheidungen der Bundesregierung wie Maskenzwang und Massenimpfung wurden gegen den Rat von Experten durchgesetzt – eine buchstäbliche „Willkür der Mächtigen“. Auch die Gefährlichkeit wurde künstlich hochgeschraubt. Damit wurden streckenweise die düstersten Verschwörungstheorien bestätigt – es waren politisch gewollte Maßnahmen und Lockdowns, keine medizinisch erforderlichen.

Und so geht es weiter. Im Prozess um die Protokolle des Corona-Expertenrats gibt das Berliner Gericht dem Kläger Christian Haffner teilweise recht. Das Kanzleramt muss weitere wichtige Passagen der Protokolle entschwärzen. Mittlerweile werden die Akten sehr weitgehend veröffentlicht. Jetzt kann die Aufarbeitung beginnen. Allerdings zeigt sich hier, dass die Lernbereitschaft – auch von Gerichten – nicht immer gegeben ist. Viele Bürger stehen vor Gericht, die keine Maske getragen haben, oder Ärzte, die sich gegen den Impfdruck zur Wehr setzten. Noch immer werden Strafen verhängt für Tatbestände, die heute als fehlerhaft gelten können. Hier sind viele Gerichte der niedrigeren Instanzen noch treu, folgen die Staatsanwaltschaften blind den Vorgaben der Landesregierungen.

Daran scheitert auch die Aufklärung darüber, inwieweit Bundeskanzler Olaf Scholz in den Cum-Ex-Skandal verwickelt ist. Die als Aufklärern bekannt gewordene Staatsanwältin Anne Brorhilker hat nach 11-jähriger Aufklärungsarbeit hingeschmissen. Zuletzt war ihr vom NRW-Justizminister Benjamin Limbach (Grüne) die Hälfte der Mitarbeiter abgenommen und damit die weiterführende Untersuchung erschwert worden. Die Weisungsgebundenheit der Staatsanwälte ist eine Besonderheit Deutschlands, die nicht der üblichen Rechtsstaatlichkeit entspricht. Verfahren gegen machtvolle Politiker haben daher Seltenheitswert.

Atom-Ausstieg – Ideologie statt fachgerechter Abwägung

Die Zeitschrift „Cicero“ wiederum klagte Akten des Bundeswirtschaftsministeriums frei, aus denen hervorgeht, dass die Entscheidungsgrundlagen, die zum Abschalten der letzten drei Atommeiler führten, hausintern manipuliert worden waren. Argumente, die für den Weiterbetrieb sprachen, wurden ins Gegenteil verkehrt, um die ideologische, aber nicht sachlich begründete Entscheidung gegen Wirtschaft und Bevölkerung durchzusetzen. Die Kernkraftwerke waren im weltweiten Maßstab gemessen in mustergültigem Sicherheitszustand, Brennstoffe hätten besorgt werden können, ein dramatischer Rückgang der Strompreise wäre möglich gewesen. Trotzdem wurden die Kraftwerke mit gegenteiliger Begründung abgeschaltet. Hier hat die grüne Ideologie über sachgerechte Entscheidungen triumphiert – mit großem Schaden für Bürger und Industrie.

Durchwachsene Bilanz des Bundesverfassungsgerichts

Diese Serie von aufklärerischen Gerichtsurteilen lässt sich bis zum Bundesverfassungsgericht fortsetzen. Auch hier ist nicht alles Gold, was uns als solches verkauft wird. Peinlich die Entscheidung, die eine aktivistische Klimapolitik in den Verfassungsrang erhebt – weil angeblich künftige Generationen davon betroffen seien. Weiß das Bundesverfassungsgericht, noch dazu ohne Anhörung von Experten, wie die Lage in 100 Jahren sein wird? Der Verfassungsrechtler Dietrich Murswiek hält das Klima-Urteil des Bundesverfassungsgerichts für einen „Skandal“: „Das Bundesverfassungsgericht konstruiert sich selbst die Verfassungsnorm, die es zum Maßstab seiner Entscheidung macht.“ Es erfülle damit einen politischen Wunsch der Grünen. Ausgerechnet die Besetzung dieser Richterstellen erfolgt in Kungelei der Bundestagsparteien.

Aber es gibt nicht nur Schatten. Das Bundesverfassungsgericht hat dem Verfassungsrang der Schuldenbremse zum Durchbruch verholfen und schützt damit tatsächlich zukünftige Generationen davor, dass heutige Politiker wie wild die Staatsschulden ausweiten, um sich bei Wählern Sympathien zu erkaufen.

Es ist absurd, dass ein Staat, der ohnehin die höchsten Einnahmen seiner Geschichte vorweisen kann, die Staatsverschuldung offen und verdeckt massiv ausgeweitet hat und noch höhere Schulden aufnehmen will. Natürlich toben die in ihrem Handlungswahn begrenzten Politiker über diese und andere Urteile. Aber das Recht setzt ihnen im Interesse der Bürger Grenzen. Ohne Grenzziehung durch das Recht wird Politik zur Willkür und der Staat zur Räuberbande.

Noch existiert diese Grenzziehung. Das ist Anlass zum Optimismus. Die Gleichschaltung der Institutionen ist noch nicht vollständig gelungen. Viele Gerichte stemmen sich gegen Willkürentscheidungen. Dass es andere Beispiele gibt, spricht nicht dagegen. Noch funktioniert die Gewaltentrennung, urteilen viele Richter nach Recht und Gesetz und unbeeindruckt vom Willen der Politik, die vielfach den Geist des Grundgesetzes am für sie staatsfinanzierten Champagner-Buffet beschwört und im Alltag verletzt.

Genau darin aber liegt auch die Gefahr: Früher fürchtete die Politik solche Urteile, und berücksichtigte von sich aus Recht und Gesetz. Diese Scheu fehlt Politikern heute: Robert Habeck und Karl Lauterbach versuchen, ihre Politik heimlich durchzusetzen und belügen die Öffentlichkeit über wahre Absichten und Beweggründe.

Bundestagspräsidentin Bärbel Bas und Armin Laschet (CDU) bejubeln im Fall der Sylter Sänger den Bruch von Bürgerrechten durch manche Medien und rufen zu einer Art medialen Lynchjustiz auf, die Menschen zerstören und in die Arbeitslosigkeit treiben soll, die sich außer dem Intonieren eines unappetitlichen Liedes nichts weiter haben zuschulden kommen lassen. Universitäten folgen diesem Ruf und wollen vom Studium ausschließen, Arbeitgeber sprechen Kündigungen aus – die wiederum vor Gericht landen und mit Abfindungen für die Betroffenen enden werden. Aber ihr Ruf und damit die Zukunft dieser Jugendlichen ist zerstört und kann durch ein paar Monatsgehälter extra nicht geheilt werden.

Auch Bürgermeister sind Majestäten

Die Politik schafft sich Schutzzäune gegen Kritik durch die Bevölkerung. Derzeit hagelt es Klagen wegen des vor zwei Jahren eingeführten § 188 Strafgesetzbuch. Er verbietet, die Arbeit von Politikern durch scharfe Kritik zu behindern. Der neue Paragraph der Majestätsbeleidigung lautet: „Ist die Tat (gemeint ist scharfe Kritik, der Verf.) geeignet, sein öffentliches Wirken erheblich zu erschweren, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe. Das politische Leben des Volkes reicht bis hin zur kommunalen Ebene.“ In Deutschland sind auch Dorfbürgermeister neuerdings Majestäten, die nur vorsichtig auf Fehler angesprochen werden dürfen. Scharfe Kritik erschwert ja ihr öffentliches Handeln, was bekanntlich das Ziel von Kritik ist. Politik koppelt sich von den Bürgern ab und versucht, Kritik zum Verstummen zu bringen.

Nun muss man das nicht schweigend hinnehmen. Während die Politik ihre Kritiker mit Verfahren überzieht – allein die FDP-Politikerin Strack-Zimmermann erstattet nach eigenen Angaben etwa 250 Anzeigen im Monat – gewinnen auch immer mehr Bürger ihre Verfahren gegen solche Beschränkungen der Meinungsfreiheit. Strack-Zimmermann muss gar fürchten, dass ihre Rechthaberei als Gewerbe gewertet wird und Steuern fällig werden – neben Abgeordnetendiäten dient ihre Prozessfabrik der Einkommensmaximierung. Deutschland versinkt im Paragraphenmeer.

Kein Wunder, dass Gerichte überlastet sind und damit ein weiterer Hemmschuh für Wirtschaft und Wohlstand. Rechtssicherheit und schnelle Rechtsprechung sind ein unterschätzter Standortfaktor. Dass Richter kaum besser bezahlt werden als Grundschullehrer und die Ausstattung mit moderner Kommunikationstechnik und Büroausstattung irgendwann steckengeblieben ist wie ein typischer Zug der Bahn, kommt hinzu und schädigt das Rechtssystem insgesamt.

Aber die entscheidende Frage ist: Wie lange können die Gerichte in Deutschland die Gewaltenteilung erfolgreich verteidigen? Die Rechtsetzung erfolgt über die Politik, die sich gelöst hat von der Sozialen Marktwirtschaft und immer mehr auch von den Werten des Grundgesetzes. Die Rechte der Bürger werden delegitimiert, aus den Schutzrechten des Grundgesetzes werden Haltungsanleitungen und Haltungsnoten für die Bürger abgeleitet. In der Marktwirtschaft war der Staat für die Rahmenbedingungen zuständig, während Bürger, Konsumenten und Wirtschaft in ihrer vielfältigen Ausprägung für die Produktion des gemeinsamen Wohlstands sorgten. Heute übernimmt der Staat immer weitere Teile der Wirtschaft. Er bezahlt die Wirtschaft, wenn sie produziert, wie und was der Staat befiehlt, sie kassiert dafür Abermilliarden an Subventionen und schweigt. Widerspruch soll zwecklos werden. Für sinnlose Windräder werden Naturschutzgesetze planiert, die Naturschutzverbände mit ein paar Pöstchen bestochen und zum Schweigen gebracht. Es ist ein ungleicher Kampf, den ein paar freie Medien und Bürger als Verteidiger des Grundgesetzes führen.

Aber das ist gemeinsame Pflicht: die angemaßten Autoritäten in die Schranken zu weisen. Noch sind die Gerichte dafür da und viele willens, das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung zu verteidigen und die Forderung nach Strafe für Majestätsbeleidigung abzuschmettern. Wir müssen es nur tun.

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