Wie geht’s uns denn eigentlich – rauf oder runter? Die Antwort auf die banale Frage ist entscheidend, weil in diesen Tagen viele Unternehmen Geschäftspläne und Investitionsvorhaben für das kommende Jahr noch einmal überprüfen. Wenn alle dasselbe tun, addieren sich Pessimismus und schlechte Laune schnell zu einer Rezession, weil sich alle gegenseitig in den Bankrott stornieren. Allgemeiner Optimismus und gute Laune dagegen erzeugen das, was dann die Konjunkturlyrik einen selbsttragenden Aufschwung nennt.
Die Stimmung jedenfalls ist derzeit ziemlich gut bis aufgekratzt; in allen Ländern steigt das Geschäftsklima in lichte Höhen des Optimismus und ersetzt den Absturz in den rabenschwarzen Pessimismus, der mit der Lehman-Pleite im September 2008 erst die Gemütslage, dann die Geschäfte vermiest hat. Der Stimmungswandel damals wie heute zeigt sich zeitgleich in allen Ländern – der Effekt der sich selbst erfüllenden Prophezeiung wirkt global.
Damit lähmt nicht ein Land den Nachbarn, es gibt keinen Vorreiter, der vom Bremser gestoppt wird – vielmehr verstärken und bestätigen sich Manager in der Hoffnung auf bessere Zeiten gegenseitig und weltweit. Das lässt darauf hoffen, dass der globale Gefühlsgleichklang dann auch tatsächlich zu steigenden Bestellungen, zu mehr Produktion und Beschäftigung führt. Dass es nicht nur eine Stimmungsblase ist, scheinen Zahlen aus China zu bestätigen (siehe Seite 20): Dort hat nicht nur die Meinung, sondern auch die Produktion schon von Depression auf Boom geschaltet. 15 Millionen Autos wollen sie dort 2010 produzieren und damit die bisherige Rekordmarke der Autogroßmacht USA brechen. Solche Zahlen melden auch andere Schwellenländer wie Indien, Brasilien und Indonesien.
Aber der Schreck über das Platzen einer Blase steckt allen noch in den Knochen. Kein Wunder, dass jede wirtschaftliche Erfolgsmeldung heute sofort abgeklopft wird: schillernde Seifenschaumblase oder solide wie Kruppstahl? Wird Chinas Boom nicht doch nur mit faulen Krediten finanziert? Die Sorgen sind berechtigt, weil ‧billiges Notgeld der Notenbanken und staatliche Rettungsmilliarden über den Globus schwappen, künstlich Nachfrage erzeugen und fragwürdige Anlageziele suchen.
Auch der Boom der deutschen Aktienbörse beruht weniger auf dem Absatzerfolg der Unternehmen, sondern auf einem monetär getriebenen „Carry Trade“. Für null Zinsen verschulden sich die neuen/alten Investmentbanken in den USA, kaufen mit dem Kredit deutsche Werte und verdienen am weiteren Kursverfall des Dollar und dem selbstproduzierten Kursanstieg der Aktien. Sollte der Dollar wegen einer Weltkrise wieder zum sicheren Hafen für Anleger werden, dann platzt diese Blase in Sekundenschnelle und stürzt die Märkte ins Chaos, dann wird „Gottes Werk“ von Goldman Sachs zum Teufelsspuk.
Wann entziehen die Notenbanken den Märkten wieder das billige Geld, mit dem der derzeitige Aufschwung finanziert wird? Wie bauen die Staaten ihre groteske Verschuldung ab – über Wachstum, wie die Bundesregierung hofft, über eisernes Sparen, wie neuerdings die Opposition fordert, oder über Inflation? Unter der Hand reden Banker davon, dass sie eigentlich noch einmal dieselbe Summe zur Rettung ihrer Bilanzen brauchen, die sie bislang schon verbraten haben.
Drum prüfe in der Blasenökonomie, wer seine Zahlen fixiert: Was ist Trug und was Wirklichkeit? Die trügerische Seifenschaum-Ökonomie verschafft Hasardeuren schnelle Gewinne und langfristigen Investoren Kopfzerbrechen. Erfolgsentscheidend ist das Management der Blasen und der feste Glaube: Es geht aufwärts.
Ganz sicher.
(Erschienen am 14.11.2009 auf Wiwo.de)