Der Friedrichshafener Automobilzulieferer ZF will bis 2028 bis zu 14.000 Stellen abbauen und zum Teil verlagern. Es trifft Werke quer durch Deutschland, ein Drittel der Belegschaft. In den USA investiert ZF Friedrichshafen hingegen kräftig. Und zwar in Getriebefabriken. Deutsches Ingenieurswissen, lange Zeit Standortvorteil, wandert ab. Zeitgleich meldet der letzte deutsche IT-Konzern SAP den Allzeit-Höchststand seines Aktien-Kurses. Wallstreet jubelt, denn statt der ursprünglichen 8.000 werden voraussichtlich neun- bis zehntausend Jobs wegfallen – die allermeisten in Deutschland. Ein Wachstumsprogramm für andere Länder.
Die Jobs werden weggeschlagen wie altes Holz
Bosch baut rund 1.000 Arbeitsplätze allein am Stammsitz Stuttgart ab und zu jeweils Hunderten in den regionalen Standorten. Für rund 8 Milliarden übernimmt das Unternehmen dafür die US-Fabriken von Johnson Controls mit weltweiten Standorten. Die Jobs sind eben nicht weg, sondern nur woanders. Jedenfalls nicht in Duisburg. Dort wird es eng für den Stahlkonzern Thyssenkrupp, der von einem Konzern aus Tschechien geschluckt werden soll: Der Umsatz bricht um 8 Prozent ein, der Kurs fällt ins Bodenlose. Die ortsansässige Lokalzeitung WAZ bilanziert bitter:
„Der Traditionskonzern bekommt sein größtes Problem, die Neuaufstellung seiner Duisburger Tochter Thyssenkrupp Steel mit ihren 27.000 Beschäftigten, nicht in den Griff. Die Aufsichtsratssitzung, auf der ein neuer Business-Plan vorgestellt werden soll, wurde schon dreimal verschoben. Die Stahlproduktion soll deutlich gedrosselt werden. Völlig offen ist auch die Zukunft des Duisburger Stahlwerks HKM.“
Zunächst sollen die noch rentablen Sparten verscheuert werden, um die laufenden Rechnungen zu bezahlen. Das Ganze ist ein Hohn, denn gerade hat Wirtschaftsminister Robert Habeck dem Unternehmen 2 Milliarden Steuer-Euro dafür geschenkt, dass die Stahlsparte künftig „grünen“ Stahl produzieren soll. „Grüner Stahl“ wird zum Synonym für „gar keinen Stahl“ und wachsende Probleme für Andere. Ohne Grundstoffproduzenten brechen Lieferketten zusammen; schlimmer noch: Wissenspotenziale, Agglomerationsvorteile, industrielle Cluster.
Stahl und Metall sind kein Old-Tech von gestern, sondern Werkstoffe der Zukunft; im Zusammenspiel mit den Kunden wird immer wieder weiterentwickelt, nachjustiert, entstehen neue Produkte und Anwendungen einer fein verästelten Wirtschaft. Diese hochentwickelte Industrie und Wertschöpfungskette zerbricht. Im von Duisburg aus weit entfernt liegenden Niederbayern fallen allein in diesem Jahr hunderte Stellen in der Metall- und Elektroindustrie weg, so die Sommer-Konjunkturumfrage der bayerischen Metall- und Elektroarbeitgeberverbände. Hauptproblem: Je nach Legierung schmilzt Stahl zwischen 1.425 und 1.540 Grad Celsius – der Schmelzpunkt ist nicht verhandelbar mit grünen Wirtschaftspolitikern, die für so hohe Temperaturen weder Verständnis noch Energie haben. Denn ebenso verheerend wie die hohen Energiepreise wirkt die zunehmend unsichere, fluktuierende Stromversorgung, die zukünftig nur noch nach gerade zufällig wehenden Winden und Sonneneinstrahlung zur Verfügung gestellt werden soll: „Angebotsorientierte Energiepolitik“ heißt das im Jargon der grünen Wirtschaftsfeinde, die nicht einsehen können, dass ein Stahlwerk nicht nach Belieben an- und ausgeschaltet werden kann wie eine Kaffeemaschine in ihren steuer-finanzierten Büros.
Ähnlich ergeht es der Chemie. Der Umsatz von BASF ging im zweiten Quartal um knapp sieben Prozent auf gut 16 Milliarden Euro zurück, das Ergebnis vor Ertragsteuern hat sich mit knapp 400 Millionen Euro etwas mehr als halbiert. BASF schließt großzügig ganze Anlagenkomplexe und baut die Anlagen andernorts wieder auf: Die Jobs sind nicht weg – eben nur woanders.
Der Umsatz von Wacker-Chemie im bayerischen Chemiedreieck fiel um gut 16 Prozent auf knapp 1,5 Milliarden Euro, das Ergebnis vor Steuern um gut 77 Prozent auf gut 33 Millionen Euro. Wacker, Hersteller von Silizium für Chips und Solarmodulen leidet unter dem Wegfall des Atomkraftwerks Isar 2, dessen Ende der bayerische Ministerpräsident Markus Söder erzwungen hat. 40 Windräder im bisherigen Waldgebiet sollen jetzt Entlastung schaffen – viertelstundenweise Strom für Anlagen, die 24/7 laufen müssen.
Natürlich ahnen die Berliner und Brüsseler Politiker, dass es so nicht weitergehen kann.
Bürokratie soll global die Wirtschaft schützen
Ein „CO2-Grenzausgleich“, eine Art Einfuhrzoll, der am CO2-Ausstoß der jeweiligen Produktion bemessen wird, soll bei Importen dafür sorgen, dass sie künstlich auf das höhere europäische Preisniveau hinauf geschleust werden – eine eindeutig inflationsbefördernde Maßnahme. Aber das Hauptproblem: Es ist ein globales Schwindel-Programm. Ausländische Lieferanten stehen völlig irritiert vor den Bürokratieanforderungen aus Brüssel und melden Phantasiezahlen, die ohnehin niemand nachprüfen kann, wenn in Indien oder China Stahl produziert wird. „Es ist nicht zu erkennen, dass die Daten insgesamt ein realistisches Bild des CO2-Fußabdruckes vermitteln“, kritisiert die zuständige Fachfrau des Deutschen Industrie- und Handelstags, Ulrike Beland.
Der hochgelobte „Carbon Border Adjustment Mechanism“ sei die Einfahrt zu einem Potemkinschen Dorf, erklärt der Präsident des Bundesverbandes Groß- und Außenhandel, Dirk Jandura. Man erinnert sich an jene längst verflossenen Milliarden, die zum Ausgleich der CO2-Emissionen für Aufforstung von Wäldern nach China geflossen sind, wo sie zu einem kräftigen Wachstum auf den Konten von Betrügern führten, aber leider nur dort. Ursula von der Leyens Green Deal, mit Hilfe der grünen Minderheit im neuen EU-Parlament zusammen mit ihrer Präsidentschaft und der CDU zusammengezimmert, ist eine weitere globale Lachnummer: Man überlässt den Juristen mit dem zweiten juristischen Staatsexamen die Entscheidung über die Zukunft der europäischen Metallurgie. Aber vielleicht braucht Deutschland ja auch gar nicht mehr so viel Stahl.
Rekordmonat Juli
Der Juli geht als Rekordmonat in die Geschichte ein; die Zahl der Insolvenzen nahm um über 40 Prozent zu und flächendeckend vollzog sich der Zusammenbruch großartiger Firmen. Das Bauunternehmen BPG aus Wandlitz hat Insolvenz angemeldet. 420 Angestellte drohen nun, ihren Job zu verlieren. Es war eine Nach-Wende-Gründung in einer Gegend, die jeden Job braucht. Aber Polen ist ja nicht weit, die Anfahrtswege kurz. Die gesamte deutsche Autoreifenproduktion wird systematisch nach Rumänien, Polen und Ungarn verlagert.
Nach der Immobiliengruppe Deutsche Invest Immobilien AG, die vor Ostern bereits in Konkurs ging, ist BPG das nächste große Bauunternehmen, welches die Wirtschaftskrise in die Knie zwingt. Der Baywa, ein bayerisches Traditionsunternehmen droht das Ende, weil sich das Geschäft mit Solarpanelen zum Milliardengrab entwickelt hat, und muss künstlich gestützt werden.
Das 249 Jahre alte Unternehmen Kolbus, das Roboter für Verpackungen herstellt, geht in die Insolvenz. Die Firma aus Nordrhein-Westfalen beschäftigt 500 Mitarbeiter. Und wo Jobs verloren gehen, geht es früher oder später auch konsumentennahen Unternehmen an die Gurgel.
Im Jahr 1900 gründete sich Möbel Mahler. Heute, 124 Jahre später, heißt das Unternehmen Opti-Wohnwelt-Gruppe. Am 21. Juli 2024 hat das Unternehmen beim Amtsgericht Schweinfurt Insolvenz angemeldet.
Die Deutsche Direktbank (DKB) will unter ihrem neuen Chef Sven Deglow Mitarbeiter feuern. Die DKB ist eine hundertprozentige Tochter der Bayern LB. Im Frühjahr hatte die Landesbank des Freistaates bereits von einer „mittleren dreistelligen Zahl“ wegfallender Arbeitsplätze gesprochen. Nun ist klar: Bis zu 700 der insgesamt 5.000 Arbeitnehmer werden sich in den nächsten Monaten einen neuen Arbeitsplatz suchen müssen.
Der Industrie das Rückgrat brechen
Die Industrie war das Rückgrat der deutschen Wirtschaft, Auto, Stahl, Chemie, Maschinenbau. Die grüne Energiepolitik hat diesen Bereichen das Rückgrat gebrochen. Ersatz ist nirgendwo sichtbar. Die Wirtschaftspolitik ist ein Scherbenhaufen: Robert Habeck versucht, die Industrie mit Zielvorgaben über Produktionsmethoden und Produkte zu steuern, sowie per Regulierung und mit dem Lockmittel Subventionen auf den grünen Weg zu führen. Jetzt geht ihm schon nach zwei Jahren das Geld aus; die Rücknahme der Förderung der E-Mobilität hat die Branche kalt erwischt. Der Verkauf von E-Autos bricht ein, die Investitionen entpuppen sich als Geldvernichtung im Milliardenmaßstab. Die Kunden weichen auf Verbrenner aus, und China, das Deutschland zum E-Auto bekehrte, beginnt preiswerte Benziner nach Deutschland zu exportieren.
Die Welt steht nicht still, wenn Deutschland steht
Nichts passt in der grünen Wirtschaftspolitik zusammen: Da wird vom Fachkräftemangel schwadroniert und Fachkräfte aus dem Ausland werden Steuersenkungen versprochen – und die eigenen Fachkräfte in Frührente geschickt. Großzügige Sozialprogramme verdecken die Folgen und stellen die Betroffenen politisch ruhig. drei Milliarden wird allein der Stellenabbau bei SAP an Abfindungen kosten; dazu kommen die gesellschaftlichen Kosten, wenn gut verdienende Beitragszahler auf die Seite der Rentenempfänger wechseln.
Das mag alles ein gerne vergönntes Trostpflaster für diejenigen sein, die nach jahrzehntelanger Arbeit plötzlich mit Ende 50 aussortiert werden. Aber es sind Programme aus einer Zeit, in der wegen der wachsenden Zahl der Jungen die jeweils jüngere Generation die ältere zahlenmäßig mehr als ersetzen konnte: Früherer Rentenbezug machte Arbeitsplätze frei. Die Drehtür: Alte raus, Junge rein – das läuft nicht mehr. Tür verklemmt, aber Politik handelt noch nach dem Muster der 70er-Jahre.
Sozialunverträglicher Abbau
Doch diese Zeiten sind vorbei. Die Folge ist eine großflächige Vernichtung von Know-how und Human Capital, die nicht ersetzt werden können, weil es keine Bewerber mehr gibt. Wissen und Kompetenz landen auf dem politischen Sondermüllhaufen, finanziert von immer weniger Beitragszahlern bei steigenden Beitragssätzen, die wiederum die Arbeit verteuern. Jeder Jubel über umfassende Sozialprogramme für die Entlassenen müsste überdeckt werden vom Wehgeschrei der Finanzminister und Rentenversicherungen sowie der Unternehmen. Deren Lohnkosten steigen, ohne dass die Arbeitnehmer mehr Geld in der Tasche haben. Die Reaktionen sind bekannt. Nur der Dumme arbeitet noch.
Vergessen wir das Gerede vom Fachkräftemangel. An die acht bis sogar zehn Millionen in Deutschland sind offiziell unterbeschäftigt: An die vier Millionen werden als erwerbsfähige Empfänger von Bürgergeld ohne eigene Leistung daueralimentiert, in meist fragwürdigen Umschulungsprogrammen der Bundesagentur für Arbeit geparkt, damit sie aus der Statistik der Arbeitslosigkeit fallen, oder in der trotzdem zunehmenden Zahl der Arbeitslosen halbwegs transparent erfasst, aber nicht vermittelt. Während Ingenieure bei Bosch, SAP, BASF gefeuert werden, wachsen die Billig-Dienstleistungen: Barbershops, die ohne Meisterbrief betrieben werden, oder Essensausfahrer, die als unterbezahlte Scheinselbständige in eine ungesicherte Zukunft radeln, auch die Zahl der Rikscha-Taxis nimmt zu: Was früher als Ausweis der Rückständigkeit unterentwickelter Länder genommen wird, gilt neuerdings als Erfolgsbilanz für den Wandel in die Dienstleistungsgesellschaft.
In der grünen Planwirtschaft passt nichts zusammen. Das hätte man schon länger wissen können. Werden wir alle wie die Bahn? Man muss es sich schon genau anschauen. Das Konzern-Ergebnis nach Ertragssteuern betrug allein im 1. Halbjahr minus 1,2 Milliarden Euro. Der Umsatz des DB-Konzerns sank um drei Prozent auf 22,3 Milliarden Euro. Nur 64,2 Millionen Reisende in den ersten sechs Monaten des laufenden Jahres; die Fernverkehrszüge – minus sechs Prozent zum ersten Halbjahr 2023. Das ist eine Meisterleistung für ein Unternehmen, das im Fernverkehr Monopolist ist und auf das wir uns verlassen sollen, wenn die Autos noch weiter eingeschränkt werden. Die Pünktlichkeit nur 62,7 Prozent; und das bei Zügen, die überhaupt den Bahnhof verlassen haben. Geplant ist jetzt der Abbau von 30.000 Stellen in den nächsten fünf Jahren – davon aber nur 1.500 Stellen in der Verwaltung. In 50 Jahren allerdings soll alles besser sein, verspricht der Ampel-Verkehrsminister Volker Wissing. Dass insgesamt weitere Schulden auf die schon bestehenden 33 Milliarden draufgelegt werden – so geht Doppelwumms.
Dabei bräuchten wir mehr Bahn. Unbedingt. Denn künftig müssen noch mehr Erdbeeren importiert werden, weil die einheimischen Früchte auf den Feldern verrotten. Bürgergeldempfängern mag man nicht zumuten, sich zu bücken. Die Jobs sind jetzt woanders.