Die Kürzung der Renten in Griechenland ist ein emotionales Thema. Zwischen 2010 und 214 wurden sie bereits um 27 Prozent gekürzt; bei Spitzen-Rentnern sogar halbiert.
Das klingt grausam. Nun ist es schwer, Rentensystem und Alterseinkünfte zu vergleichen. Die soziale Lage hängt vom Preisniveau ab; Griechenland ist wegen der aufgeschobenen Marktreformen ein vergleichsweise teures Land. Besonders im Ballungsraum Athen sind die Mieten sehr hoch. Außerdem stellt sich die Frage: Welche Einkünfte beziehen Rentner neben ihrer Rente? Zahlen dafür liegen auch für Deutschland kaum vor. Aber ein Annäherung gelingt.
Das sind die Rentenhöhen in vergleichbaren Ländern in €:
Litauen: 237
Letland: 266
Estland: 345
Slowakei: 391
Deutschland 766
Griechenland: 833
Und wie ist es in Deutschland? Zum Stichtag 31.12.2013 bezogen nach Angaben der Deutschen Rentenversicherung, von der diese Zahlen stammen, 17,687 Millionen Bürger eine gesetzliche Altersrente.
Während in Westdeutschland die Männer im Durchschnitt 1.003 € monatliche Altersrente erhielten, betrug die Rentenhöhe bei den Frauen nur 512 €.
In Ostdeutschland erhielten die Männer eine durchschnittliche Altersrente von 1.096 € und die Frauen 755 €.
Insgesamt betrug in Deutschland die monatliche Altersrente im Durchschnitt 766 €.
…es wird schlechter in Deutschland
Aber das sind Vergangenheitswerte; bezogen auf eine Generation, für die noch Vollbeschäftigung galt. Zerschossene Erwerbsbiographien wegen Arbeitslosigkeit und längerer Ausbildung führen dazu, dass die Rentner der heutigen Jahre niedrigere Renten erhalten. Um die demographische Entwicklung zu berücksichtigen wurde mehrfach die Rentenformel so geändert, dass in den kommenden Jahre hinzutretende Rentner deutlich niedrigere Beträge erhalten.
Die Neu-Rentner des Jahres 2014 erhalten nur noch 714 €. Das ist die Folge auch der schrittweisen Rentenabsenkung, die alle Bundesregierungen seit Schröder/Fischer beschlossen und bestätigt haben. Bei vorzeitigem Rentenbeginn etwa wegen Erwerbsunfhäigkeit sind es sogar nur 600 €.
Vielfach wird daran kritisiert, dass die Durchschnittswerte verfälscht seien. Es sind Durchschnittswerte – und viele Kleinrenten werden von Beamten bezogen, die zusätzlich eine hohe Pension beziehen und damit gut versorgt sind. Auch Freiberufler sind darunter, die Mini-Renten aus früherer Kurzzeit-Beschäftigung beziehen und möglicherweise selbst vorgesorgt haben.
Aber das gilt auch in Griechenland. Deren Rentensystem orientiert sich noch an einer Vollversorgung im Alter, die den Deutschen längst gestrichen wurde.
Vergleichsweise hohe Renten, sagt die OECD
Rentnern in Griechenland werden im Alter doppelt so hohe Bezüge versprochen wie deutschen. Wie die Daten des OECD-Berichts über die Renten aus dem vergangenen Jahr zeigen, bekommen Griechen durchschnittlich fast 82 Prozent ihres Arbeits- Einkommens in der Rente ausbezahlt.
In Deutschland bekommen Rentner lediglich 39 Prozent ihres Durchschnittseinkommens. Das bedeutet: Mit der Rente ist der Lebensstandard nicht mehr zu halten. Die Altersarmut wird rapide zunehmen. Obwohl in Deutschland die Durchschnittseinkommen höher liegen, bekommen Griechen der OECD zufolge insgesamt durchschnittlich 45.000 Euro mehr Rente als Deutsche.
Zwar haben viele Deutsche vorgesorgt, etwa mit Betriebsrenten, Riester-Renten oder Lebensversicherungen. Durch die Null-Zinspolitik der Europäischen Zentralbank, die die Zinsen künstlich senkt, um die Finanzierung der Haushaltsdefizite im Süden Europas zu ermöglichen, werden aber auch diese Einkommen entwertet. Insgesamt ergibt sich dabei für die Jahre 2010 bis 2014 laut der DZ-Bank, die dazu einen Bericht vorgelegt hat, ein Zinsverlust für Sparer und Lebensversicherte von 112,5 Milliarden Euro. In diesem Jahr dürfte der Betrag um weitere 71 Milliarden Euro steigen. Die Beträge ergeben sich aus einem Vergleich der aktuellen Durchschnittszinsen mit den früheren Werten. Im Jahr 2014 erhielten Sparer durchschnittlich 0,6 Prozent Zinsen, in den Jahren zwischen 1999 und 2009 lag der Satz bei 2,3 Prozent. Die Differenz wurde als Zinsverlust angesetzt. Die Bundeszentrale der Verbraucherverbände spricht daher von einer massiven Altersarmut, die in den kommenden Jahren zu erwarten ist.
Renten höher als Leistungsfähigkeit der Wirtschaft
Diese Renten strangulieren den griechischen Haushalt. 17,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts gehen an die Rentner; in Deutschland sind es nur 12,1 %. Seither sind in Griechenland zwar die Renten gekürzt worden, aber auch die Wirtschaftsleistung ist um ein Viertel gefallen.
Dabei ist die griechische Bevölkerung ähnlich überaltert wie die deutsche und hat ein vergleichbar niedrige Geburtenzahl. Damit muss das griechische Rentensystem schon aus eigener Verantwortung abgesenkt werden. Es kann nicht sein, dass Deutschland auch noch die demographischen Lasten dieses Landes übernimmt.
Damit bleibt als Fazit: Wer in Deutschland von einer verzweifelten Lage griechischer Rentner spricht, sollte sich mal mit einem Rentner aus der Nachbarschaft unterhalten. Besser ist die Lage der deutschen Rentner gewiss nicht.
Im Deutschen Bundestag werden diese Zahlen in der Debatte am Freitag voraussichtlich keine Rolle spielen.