54 Milliarden an Steuern wird der Staat zusätzlich bis 2021 einnehmen – von Ihnen und von mir. Es ist eine obszöne Zahl. Aber auch die ist nur die halbe Wahrheit. 2009, im bitteren Jahr der Finanzkrise, waren es 524 Milliarden an Steuern; 2016 schon 706. Von 2017 bis 2020 werden zusätzliche 300 Milliarden erwartet, und dann kommen noch einmal die 55 oben drauf.
Der Staat schwimmt im Geld. – Und was nun?
Immerhin, die CDU verspricht 15 Milliarden an Rückgabe; ihre Wirtschafts- und Mittelstandsvereinigung forderte schon vor Jahresfrist eine steuerliche Entlastung von 30 Milliarden. Die FDP sattelte auf 30 bis 40 Milliarden drauf.
Aber Zahlen sind das Eine. Die eigentlichen Abenteuer spielen sich in den Köpfen ab, und da sieht es dann schon ganz anders aus:
Keine Steuern will Martin Schulz zurückgeben, er faselt von Investitionen in Infrastruktur und Bildung. Bleibt die Frage, warum er und seine Partei die Geldflut seit spätestens 2010/11 nicht für Bildung und Infrastruktur genutzt haben. Das klingt wie eine verspätete Ausrede. Nichts Ungewöhnliches für einen Kandidaten und eine Partei, die bis zum Hals in der Großen Koalition steht, und beide so tun, als hätten sie damit nichts zu tun und schwebten über dem trüben Wasser.
Die Kandidatin in NRW, Hannelore Kraft und der unselige Justizminister Heiko Maas reden dann davon, dass „der Staat dieses Geld erwirtschaftet“ habe; sie haben längst vergessen, dass es die Steuerzahler sind und die Beschäftigten, Freiberufler und Unternehmer. Aber die gibt es eben gar nicht mehr. Sie sind nur noch eine anonyme Masse der Abzukassierenden.
Die Grünen brauchen mehr „Geld für die Ärmsten“; Steuerentlastungen brächten Chefärzten eher mehr als Krankenschwestern. Das stimmt so, wer mehr zahlt kann auch mehr entlastet werden, und man könnte hinzufügen: Bundestagsabgeordnete und Politiker mit ihren steuerprivilegierten Bezügen und Altersversorgung profitieren auch nur unterdurchschnittlich, weil ihre Steuerlast eben geschönt wird, und zwar amtlich.
Es passt, wenn die Linke weiterhin ihr steuerpolitisches DDR-Programm der möglichst totalen Enteignung vorwärts treibt, um den „obszönen Reichtum“ zu beseitigen; gleichmäßig Armut mit Ausnahme der Nomenklatura im neuen Wandlitz ist ja auch ein erstrebenswertes Ziel. Für die Nomenklatura. Bekanntlich sind ja einige gleicher als gleich, und das sind die Gleichheitsapostel der gelebten Ungleichheit.
Bei der Debatte geht unter, worin die Fehler des deutschen Steuersystems liegen:
Heute sind laut Statistik ca. 3 Millionen „Spitzenverdiener“ im Sinne de Steuerrechts. Das ist kein Kunststück, weil man Spitzenverdiner bekanntlich schon mit etwas mehr als 53.000 zu versteuernden Euros Jahreseinkommen ist. Der Trick ist nicht die Erhöhung der Steuersätze, sondern die Tatsache, dass man Reichtum eben sehr niedrig definiert. Während der Spitzensteuersatz in den 50ern bei dem 16-fachen des Durchschnittseinkommens einsetzte, reicht heute schon etwa das Doppelte. Reich zu sein bedarf es wenig – und wer reich ist, ist ein Zahler – so könnte man die raffinierte Politik benennen.
Aber nicht nur der Eintrittspunkt ist maßgeblich; vor der Supersuper-Reichentumsgrenze ist der Anstieg der Belastung besonders steil. Die Mehrsteuer-Bezahler liegen in der Einkommenskategorie von 40.000 bis 50.000 € Jahreseinkommen. Es sind die vielen Millionen Facharbeiter, Akademiker und Freiberufler, die sich dafür abrackern und steuerlich bestraft werden. Es sind die, die den Laden Deutschland am laufen halten; nicht arm, aber noch lange nicht reich. Es sind die, die Familie haben, zum Mittelstand zählen, vor lauter Arbeit kaum Zeit für politische Debatten haben und von allen Parteien in diesem Land am wenigsten gewürdigt werden. Sie müsste man entlasten, die Reichtumsdefinition nach oben verschieben und die Belastungskurve abflachen.
Und die SPD? Sie hat sich längst den Staat zur Beute gemacht, und diese Beute soll fett sein. Außenminister Sigmar Gabriel betreibt es besonders dreist: Er läßt sein neues Buch über die diversen Kanäle des Auswärtigen Amts bewerben. So verdient er zweifach: Als Minister und als Buchautor, und der Steuerzahler schaut zu, wie das Auswärtige Amt als eine Art Shopping-Kanal für seine Bücher missbraucht wird:
Dafür muss demnächst vermutlich die Mitarbeiterzahl des Amtes aufgestockt werden. Ein Gabriel braucht eben einen Hofstaat. Und so schließt sich der Kreis: Investitionen in die eigene Person – das ist es, was dem gelernten EU-Bürokraten Martin Schulz vorschwebt, wenn er höhere Steuern für sich und die Seinen verlangt.
Jetzt live: AM @sigmargabriel stellt sein Buch „Neuvermessungen“ vor: https://t.co/CDqaIO7aZE
— Auswärtiges Amt (@AuswaertigesAmt) 8. Mai 2017
Darf SPD-#Außenminister Sigmar #Gabriel für sein Buch #Neuvermessungen mit #Bundesadler und Auswärtigem Amt werben? https://t.co/kF1NJJZnBD pic.twitter.com/jtAJ0Fnh1C
— Piratenpartei Saar (@PIRATEN_Saar) 11. Mai 2017
Bundesadler im Briefkopf – Ärger um neues Buch: Hat Sigmar Gabriel sein Amt zur Vermarktung missbraucht? https://t.co/k7MGS2r6Zy
— FOCUS Online (@focusonline) 11. Mai 2017
Und so macht Gabriel nach dem Motto „Mein Amt, mein Buch, meine Werbeplattform.“ einfach weiter.
Vermischung v. Amt & Geschäft hin oder her. pic.twitter.com/X2EjE39RBj— Julian Röpcke (@JulianRoepcke) 11. Mai 2017