Die ARD ist erkennbar unter Druck: Der Widerstand wächst gegen die ständig steigenden Zwangsgebühren, die auch von Bürgern erhoben werden, die niemals ARD schauen oder gar blind oder taub sind (Gebührenbefreiung gibt es nur für Taub-Blinde). Die Qualität der bunten Allerlei-Sender wird bestritten, die Nachrichtensendungen werden wegen erkennbarer politischer Einseitigkeit kritisiert, die Wirtschaftlichkeit selbst vom Wissenschaftlichen Beirat des Bundesfinanzministers in Frage gestellt.
Dagegen versucht die ARD, eine Argumentation zu entwickeln. Das ist prinzipiell legitim. Aber Verfasser und Methode sind fragwürdig.
Political Framing als Methode der ARD
Verfasserin des Papiers ist Elisabeth Wehling. Die 38-jährige gebürtige Hamburgerin hat ein Buch über „Political Framing“ geschrieben, gilt seitdem als Expertin und macht auf Kongressen (re:publica) sowie in Talkshows („Hart aber fair“, ARD) fleißig Werbung für sich, ihr Buch und ihr Business. Die akademische Welt sieht ihre Position überwiegend kritisch: Studien haben ihre Behauptungen zuletzt widerlegt (vgl..Jedidiah Siey, Shelby E. Zuckerman, Joseph J Siey: „The Relationship Between Immorality and Cleansing“ in: Social Psychology, Band 49, Nr. 5, September 2018). Frau Wehling ist auf der Suche nach Begriffen, die etwa „Abgabenbelastung“ ersetzen, damit Steuer- und Gebührenerhöhungen freundlicher klingen und gerne bezahlt werden. „Zellhaufen“ soll Embryo ersetzen, um Abtreibung harmloser erscheinen zu lassen und damit zu befördern.
Wehling hat sich im Studium nach eigenen Angaben auf „Propaganda im Dritten Reich“ spezialisiert.
Schon die ersten Auszüge aus dem „Manual“ erregten viele Gebührenzahler, weil als Rezept für die Auseinandersetzung empfohlen wurde, die Thematik zu moralisieren, um Kritiker gezielt ins Unrecht zu setzen.
Manipulation als Strategie
„Hat man einmal die moralischen Prämissen der eigenen Haltungen und Ziele (wie etwa den Erhalt eines gemeinsamen, freien Rundfunks ARD) durchdrungen, gilt es, diese im nächsten Schritt in Worte zu fassen und dauerhaft eine Sprache zu verwenden, die im Denken der Mitbürger kräftig wirkt und sie von der Notwendigkeit eines gemeinsamen, freien Rundfunks ARD überzeugt“, heißt es im Vorwort der ARD-Studie. Genannt werden dazu Narrative, Schlagwörter und Slogans zu den vier Themenbereichen „Unser Rundfunk ARD (Legitimation)“, „Freiheit (Unabhängigkeit)“, „Beteiligung (Beitragsakzeptanz)“ und „Zuverlässigkeit (Reform & Zukunft)“. Zum anderen verfügt es über eine Einleitung, die die empirischen Grundlagen der Framing-Methode umreisst und Hinweise zur optimalen sprachlichen Umsetzung aller erarbeiteten Framings in der täglichen Kommunikation.
Dabei geht es explizit nicht um Fakten, sondern darum „sie in moralische Framings“ einzubetten, um die Kritiker ins Unrecht zu setzen. „Um Worten eine Bedeutung zuzumessen, aktivieren unsere Gehirne kognitiv-neuronale Frames, die unter anderem das Simulieren von Gefühlen, Gerüchen, Geschmäckern, Bewegungen und Bildern umfassen.“
Fakten, so die Studie „werden in einer öffentlichen Auseinandersetzung erst zu guter Munition, wo ihre moralische Dringlichkeit kommuniziert wird.“
Solche Moralisierenden ersetzen Fakten, weil „die Arbeit der ARD von moralischen Prinzipien getragen (ist). Die ARD setzt sich für bestimmte Dinge ein, weil sie von ihrer moralischen Notwendigkeit für das gesellschaftliche Miteinander überzeugt ist. Eine Kommunikation dieser Prinzipien ist nicht nur maximal wirkkräftig, wo es darum geht, Mitbürger mit ins Boot zu holen und für die ARD zu begeistern. Sondern es ist auch maximal ehrlich, authentisch und demokratisch, diese Prinzipien zu kommunizieren.“ Damit wird in der öffentlichen Debatte mit Hilfe von Gebühren eine höchst manipulative Strategie verfolgt.
Die Moralisierungsstrategie der ARD
Ziel des ARD-Papiers ist es erklärtermaßen, lästige Wahrheiten wie Gebührenfinanzierung, Zwangsbeiträge und bürokratische Struktur sowie Einfluß der Politik als nebensächlich erscheinen zu lassen, sprachlich zu entsorgen und diese Fakten umzudrehen, in eine eigene Wortwahl und Wertschöpfung umzudrehen. Die soll moralisch aufgeladen werden.
Die Aufgabenstellung:
So sollten „Worte, Slogans und Narrativen, die Sie verwenden, ein primäres Ziel haben müssen: das Ziel, bei der Diskussion von Fakten rund um die ARD und Themen wie „Beitragszahlungen“ oder „Strukturreform“ immer zunächst ihre moralische Perspektive sprachlich offenzulegen.“ Kritiker der ARD sollen gewissermaßen als Feinde von Staat, Gesellschaft, Freiheit und Selbstbestimmung diffamiert werden. Dazu werden in 4 Kapitel die wichtigsten moralisierenden und die Gegner zersetzenden Argumente vorgekaut. Es soll immer wieder wiederholt werden:
„Nutzen Sie nie, aber auch wirklich nie, den Frame Ihrer Gegner, und nutzen Sie diejenigen Frames, die Ihre moralische Perspektive auf die Sachverhalte deutlich machen, immer und immer wieder – von Interview zu Interview, von Debatte zu Debatte, von Schriftsatz zu Schriftsatz.“
Wehlings Hoffnung: „Und dann beim dritten, vierten, fünften Mal ergeben sich Einschleif-Prozesse im Gehirn und ein Wiedererkennungseffekt – egal, ob die Sache wahrhaft ist oder eine Lüge. Und dann sagt das Gehirn irgendwann: ‚Ist mir viel zu anstrengend, das ist für mich jetzt eine Wahrheit.“
Kann der mit rund 6 Milliarden an Gebühren finanzierte Koloss ARD mit seinen TV- und Rundfunksendern eine neue Wahrheit produzieren? Sagen wir es mal so: Sie versuchen es. Und die Zuschauer und Hörer wissen jetzt, dass es nicht um Fakten, sondern Erfindungen geht, wenn sie auf den Einschaltknopf drücken.
Wir alle sind ARD, sagt die ARD: Eine Entität
Die ARD behauptet: Wir alles seien ARD, durchdrungen von der ARD und gleichzeitig die ARD durchdringend. Es ist eine Art Symbiose von Bürger, Volk und ARD, wird suggeriert. Es erinnert fatal an düsterste historische Zeiten. Wehling gibt an, ihre Spezialgebiet sei die Propaganda von Josef Goebbels. Man glaubt es ihr sofort. Die empfohlenen Begriffe lauten daher zentral: „Unsere ARD“. Zweifel sind nicht erlaubt. Immer wieder: „Unsere ARD“. Aber wessen ARD ist gemeint – die von „uns“ finanzierte, die weitgehend unkontrolliert im eigenen Saft schmorende Riesenbürokratie, das von der Politik gern benutzte Sendernetze?
Das ist der neue Hauptsatz, der Kritiker mundtot machen soll:
„Framing: Unser gemeinsamer, freier Rundfunk ARD“
Allerdings empfinden viele Bürger die ARD eher als Abkassierverein und Bevormunder, als Zwangsveranstaltung.
Die ARD leidet erkennbar unter den Begriffen wie Zwangsabgabe und Zwangsgebühr. Ihr Gegenrezept: Sie will sich als demokratisch entschiedene Beteiligung der Bürger, legitimiert durch Wahlen darstellen. Deshalb sei die Rundfunkstruktur „von uns beschlossen – denn die Entscheidung zu einem gemeinsamen, freien Rundfunk ist eine demokratische Mehrheitsentscheidung. Sie ist von uns getragen über die monatliche Beteiligung. Sie ist von uns gestaltet, indem viele Bürger sich über die monatliche Beteiligung hinaus einbringen. Etwa, indem sie privat mitgestalten – zum Beispiel durch die Teilnahme an Talkrunden und in anderen Formaten, oder durch Einmischung durch Briefe oder die Teilnahme an Bürgerbefragungen.“
Mehr Selbstüberhöhung geht nicht. Oder doch?
Denn das reicht der ARD noch nicht. Angeblich haben Bürger Beteiligungsrechte – die sie allerdings faktisch nicht wahrnehmen können. Um das zu umgehen soll behauptet werden:
Die Teilnahme der Bürger „ist von uns gestaltet, indem viele Bürger sich über die Beteiligung hinaus beruflich einbringen – etwa indem sie als demokratisch gewählte Volksvertreter in Gremien mitbestimmen oder vom gemeinsamen Rundfunk ARD für organisatorische, verwaltende oder redaktionelle Aufgaben eingestellt wurden.
Und die ARD existiert einzig und allein für uns, indem sie jenseits profitwirtschaftlicher oder demokratieferner Gelüste für ein informierendes, bildendes und sinnstiftendes Programm sorgt. Zu diesem Programm hat jeder Bürger freien Zugang und kann es beliebig nutzen.
Anders also, als es bisher der Sprachgebrauch der ARD und anderer suggeriert, trifft es nicht zu, dass die ARD ein Rundfunkanbieter ist, der „für die Gesellschaft da ist“, indem er den Konsumenten für wenig Geld gute Produkte liefert.
Sondern, die ARD ist die Gesellschaft: Wir sind Ihr! Es handelt sich bei der ARD und den Bürgern nicht um getrennte Entitäten.“
Ein Volk, ein Sender – „Wir sind Ihr“
Diesen Satz muss man in seiner Monstrosität und Anmaßung wiederholen:
„Wir sind Ihr! Es handelt sich bei der ARD und den Bürgern nicht um getrennte Entitäten.“
Bitte fragen Sie nicht, an welche allumfassende Einheit der deutschen Geschichte dies erinnert. Mit anderen Worten: Wir sind die ARD, und die ARD bin ich. Es ist ein Anspruch, der irgendwo zwischen Größenwahn und Arroganz pendelt und in offene Aggression und Hilflosigkeit abgleitet. Denn natürlich ist die ARD eine Organisation von eminentem Eigeninteresse, die sich von öffentlicher Kontrolle weitgehend abgekoppelt hat und ein seltsames Eigenleben führt. Um das zu verbergen, muss ein Feind aufgebaut werden.
Die Privaten sind die Bösen
Denn für die ARD besteht das Problem, dass und seit es Privatsender gibt. Sie sollen ständig herabgesetzt werden, als moralisch bedenklich bis verwerflich benannt werden, weil „nicht-demokratische Sender eben nicht nach dem Gleichwertigkeitsprinzip agieren. Er beleuchtet auch nicht die moralische Haltung gewinnorientierter Sender: Wertigkeit von Menschen nach ihrer kommerziellen Relevanz und Mangel an Empathie und Wohlwollen sowohl in ihrer Programmgestaltung als auch bei der Sicherung des Zugangs zur medialen Infrastruktur. Anders als die ARD sind sie eben nicht einem moralischen Auftrag zum Schutze und zur Befähigung aller Bürger verpflichtet.“
Die Privaten sind die Bösen.
Ohne ARD keine Demokratie
Aber es geht weiter. Ohne ARD keine Demokratie. Das ist absurd – denn natürlich gibt es eine Unzahl von demokratischen Staaten, die sehr gut mit weniger oder gar keinem Staatsrundfunk zu Recht kommen. Diese Wahrheit darf nicht aufscheinen:
„Die Rundfunkbeteiligung ist gelebte Eigenverantwortung für die deutsche Kultur, Wirtschaft und Demokratie als Grundlage unseres individuellen Wohlergehens. Nur in einem Land mit einer stabilen gemeinsamen Rundfunkinfrastruktur kann man frei und erfolgreiche leben und seinen Geschäften nachgehen.“ Wirklich? Geht es nicht auch kleiner, bescheidener, ganz ohne Staatsfunk?
Brauchen wir wirklich die ARD für Demokratie und Wohlergehen – oder schädigt sie nicht eher beides durch falsche Berichterstattung? Selbstkritik ist der ARD fremd.
Denn es sei „zum einen die freie und kritische weltweite Informationsarbeit, zu deren Ergebnissen man in der ARD-Infrastruktur Zugang hat, wichtig – etwa wo es darum geht, politische, wirtschaftliche und kulturelle Veränderungen auf der ganzen Welt und im eigenen Land in aller Schärfe und Genauigkeit zu erfassen, abseits von vorgefertigten Agenturmeldungen und der Seichtinformation kommerzieller Sender.“
Aber was ist mit der manipulativen Seichtinformation der ARD, ihrem Stundenlagen Trass-Programmen, dem gesendeten Unsinn auf vielen Kanälen, der sich erkennbar vom Privat-TV nicht mehr unterscheidet – allenfalls in wenigen, vereinzelten Programminseln?
ARD gegen Privatwirtschaft
Immer wird eine geradezu hasserfüllte Sicht auf die Marktwirtschaft, Unternehmer und Beschäftigte außerhalb des ARD-Mediensektors deutlich, etwa in folgender Passage:
„Bei der ARD hat der Bürger seine eigenen, unabhängigen Beobachter, die geschützt vor dem Zugriff durch die Wirtschaft oder durch einzelne politische Akteure oder Gruppen für ihn arbeiten. Nur wer auf diese Weise informiert ist, kann als selbstständiger und selbstbestimmter Bürger demokratisch mitgestalten; und nur, wer auf diese Weise informiert ist – über Dinge, die seinen Arbeitsbereich und sein berufliches Schaffen, direkt oder indirekt betreffen – kann im Beruf, etwa als Unternehmer, zum Beispiel den (auch kulturellen) Wert seiner Waren und die Bedürfnisse seiner Kunden erfassen, strategisch planen und kulturelle, politische und wirtschaftliche Trends absehen.“
Hat jemals ein Unternehmer die ARD gebraucht, „um die Bedürfnisse seiner Kunden erfassen, strategisch planen und kulturelle, politische und wirtschaftliche Trends abtzsehen“? Wohl kaum, denn die ARD ist ja ihrerseits nicht in der Lage, Trends zu erkennen. Tatsächlich ist in den ARD-Sendungen marktfeindlicher, unternehmerfeindlicher und dumpfer Antikapitalismus spürbar. Offensichtlich wird er jetzt zur Programmleitlinie.
Nur subtiler Sex?
Aber der Anspruch ist unendlich; Private senden nur „subtilen Sex“:
„Ebenso ist der Zugang zur guten und menschlich und kulturell sinnstiftenden Unterhaltung ein Teil des eigenen Wohlergehens – Unterhaltung unterhält nicht nur, sondern sie drückt unsere eigene Identität aus, bildet sie, festigt sie. Etwa unsere Identität als begeisterter Fußballfan. Als Opernliebhaber. Als jemand, der sich gerne einmal das Herz aufgehen lässt bei einer harmlosen, sanften Alltagssoap die von Liebe erzählt, von Familie und von den kleinen Dingen des Lebens. Zugang zu all diesen Formen der Unterhaltung zu haben ist zentral für unser ganz alltägliches Leben und Wohlergehen. Viele von uns nutzen die ARD-Infrastruktur auch für die eigenen Kinder – für bildende und unterhaltende Sendungen, die frei sind von subtilem Sexismus, von Gewalt und von Dingen, die der Kinderseele nicht gut tun, und stattdessen das eigenständige Denken, die Intelligenz und die Menschlichkeit und soziale Kompetenz fördern.“ Damit ist die ARD dabei, ihren ursprünglichen Auftrag der Information weit zu überdehnen – in alle Bereiche menschlichen Lebens.
Trash ist also nicht gleich Trash – er wird gewissermaßen von der ARD veredelt zu Gold.
ARD missbraucht bewusst den Begriff „solidarisch“
Doch der Anspruch geht weiter.
„Anstatt zu sagen, „Die ARD ist uneigennützig“, sollten Sie immer wieder diesen wichtigen Punkt hervorheben: Mit dem gemeinsamen Rundfunk ARD übernehmen Bürger Verantwortung für ihr eigenes Wohlergehen. Keiner von uns kann aus eigener Kraft einen freien Rundfunk aufbauen, der in unserem Sinne und fernab des Zugriffs durch Wirtschaft und Politik für unser mediales Wohlergehen sorgt. Keiner von uns baut ja auch sein eigenes Krankenhaus, seine eigene Schule für seine Kinder oder bildet seine Mitarbeiter and eigens geschaffenen Universitäten aus. Wo immer es die Kraft und Ressourcen des Einzelnen übersteigt, wichtige Aspekte des eigenen privaten und wirtschaftlichen Wohlergehens alleine zu organisieren, da organisieren wir uns eben gemeinsam. Wir sorgen gemeinsam für die Strukturen, die uns schützen.“
Man könnte es eine Art hausgemachten Sozialismus nennen. Für Private ist in der Welt der ARD kein Platz – nicht im Programm, einfach nirgendwo. Denn: „Eine Demokratie ohne einen gemeinsamen, freien Rundfunk ist eine medial vernachlässigte Demokratie. Eine Gesellschaft ohne einen gemeinsamen, freien Rundfunk ist eine kulturell vernachlässigte Gesellschaft.“
ARD macht frei
Geradezu zynisch wirkt der weitere Größenwahn: Freiheit gibt es nur mit ARD, Marktwirtschaft macht unfrei:
„Unsere demokratische Rundfunkinfrastruktur ARD ist also zugleich Schutz und Befähigung. Die ARD ist ein freier und unabhängiger Beobachter, da sie demokratisch kontrolliert und gemeinschaftlich finanziert ist. So kann sie jenseits wirtschaftlicher und politischer Druckausübung im Sinne aller agieren. Und sie bietet Freiheit vor Übergriffen auf unser Denken, unsere Daten und unsere Würde, weil sie einer besonderen Rechenschaftspflicht nachkommt und unumstößliche Regeln befolgt, wo es um den verantwortungsvollen Umgang etwa mit Information, Mensch und der deutschen Kulturlandschaft geht.
Unfrei macht uns, wer Barrieren aufrecht erhält oder neue errichtet, etwa durch medialen Wegezoll. Unfrei macht uns, wer ungezügelt auf unsere Daten oder Köpfe zugreift. Unfrei macht uns, wer ganze Landstriche medial ausdörren lassen will. Unfrei macht uns, wer es in Kauf nimmt, unsere deutsche Kulturlandschaft ausdörren zu lassen zugunsten von Billigproduktionen oder indem er kreative Arbeitsplätze ins Ausland verschifft. Unfrei macht uns, wer uns den Zugang zu deutscher Film- und Hörspielkultur vorenthält, die deutsche Filmindustrie verdorren und unseren Chören und Orchestern wegbrechen lässt. Und unfrei macht uns, wer unseren demokratischen Rundfunk ARD beschneiden und zusammenschmelzen und damit auf den wackeligen Boden des Profitprinzips stellen und mehr Raum für demokratieferne Medien schaffen will.
Wer profitorientiert agiert, der kann diese Aufgabe für die Gemeinschaft grundsätzlich nicht übernehmen.“
Es ist eine Kriegserklärung, nicht mehr oder weniger, an jeden Kritiker und an die private Konkurrenz.
ARD will „Raus aus dem Zahlungsframe“
Dumm nur für die ARD, dass ihre hohen Gebühren mittlerweile auf Widerstand treffen. Wehleidig heißt es daher:
„Die Debatte rund um Beiträge nutzt derzeit in hohem Maße solche Formulierungen, die den Frame von der ökonomischen Transaktion aktivieren. Dazu gehören Formulierungen wie „Beitragszahler“, „Beitragszahlungen“, „Einnahmen der ARD“ und Sätze wie: „Warum muss ich für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk zahlen, wenn ich nur die Privaten bzw. gar kein Fernsehen schaue?“. Die moralisch-kognitiven Resultate dieser Sprache stellen die ARD, wie oben schon in Tiefe dargelegt, vor ein großes Problem, denn es werden drei im Konsumenten Frame legitime Fragen aufgeworfen:
Erstens die Frage, was man für sein Geld bekommt, gedacht gemäß der dem Frame der ökonomischen Transaktion innewohnenden Logik, die Produkt und Geld direkt miteinander abgleicht: Wie viel oder wie viel Qualität erhalte ich für mein Geld?
Zweitens die Frage, wie viele Produkte man verbrauchen will. Wer weniger nutzt, der sollte auch weniger zahlen müssen. Für die ARD bedeutet das: Man sollte ‚per click’ oder ‚per Sendung’ zahlen können, oder zumindest per irgendeiner Form von Staffelung, ausgerichtet am eigenen Nutzerverhalten.
Drittens die Frage, warum man für die Einkäufe Anderer zahlt. Für die ARD bedeutet das: Der Bürger wird gezwungen, für den Konsum anderer Leute Geld auf den Tisch zu legen.“
Tatsächlich aber sei die Beteiligung am gemeinsamen Rundfunk ARD eine Handlung der kulturellen und demokratischen Eigenfürsorge, so die neue Sprechformel:
„Wir sichern uns (Vorsicht: nicht „leisten uns“!) durch unsere monatliche Beteiligung die freie mediale Infrastruktur ARD, die Grundlage unseres täglichen privaten und wirtschaftlichen Lebens ist.“
Und immer wieder die Moralkeule:
„Bei der Beteiligung am gemeinsamen Rundfunksystem ARD geht es nicht primär um Geld, sondern um den moralischen Auftrag“.
ARD will Freiheit sein
Das ARD-Papier zeigt eine groteske Selbstüberhöhung, wenn formuliert wird:
„Die Beteiligung am gemeinsamen, freien Rundfunk ARD ist in erster Linie ein Akt der Eigenfürsorge, denn er ist Grundlage des freien politischen, kulturellen und wirtschaftlichen Lebens und Schaffens.“
Hat es jemals ein Leben vor der ARD gegeben?
Man kann sich über das Papier erregen, lustig machen. Es zeigt eine Wagenburgmentalität, die sich abgekoppelt hat von der gesellschaftlichen Realität.
Es klingt diabolischer, als es ist – es ist eher ein lächerliches, von Hilflosigkeit und Paranoia geprägtes Konstrukt. Denn die Hauptthese von Wehling ist, dass man durch reine Begriffssetzung das Denken der Menschen verändern könne.
Der politische Streit und die notwendige Auseinandersetzung soll „von Sachen abgelenkt und auf Wörter umgelenkt werden“, so der Sprachwissenschafter und Emeritus Berschin über die Methode Wehling. Er glaubt nicht, dass diese Strategie erfolgreich sein wird: Neuwörtern, wie sie Wehling einsetzt „erregen zunächst Aufmerksamkeit, die sich aber legt, sobald ein Neuwort allgemein akzeptiert ist“.
Dann verpufft auch die mit der Wortprägung verbundene Absicht: Dass ein Verteidigungsminister einen Angriffskrieg plant, wird nicht mehr als Widerspruch empfunden; der freundlich klingende Beitragsservice ist heute genauso unbeliebt wie früher die sprachlich abschreckende Gebühreneinzugszentrale, und der Solidaritätszuschlag wird nicht lieber bezahlt als andere Steuern. Kurzum: Auf lange Sicht sind Wörter „Schall und Rauch“.
Die Gefahr liegt allerdings darin, dass eine gesellschaftliche Debatte emotionalisiert statt rationalisiert wird, dass Herabsetzung zum diskursiven Prinzip wird – und dies mit steuerähnlichen Zwangsbeiträgen finanziert, die die Sprachverrohung fördern, so Berschin. Das kann nicht die Aufgabe der ARD sein.
Es ist für ein Medienunternehmen entlarvend – statt Transparenz und Fakten wird auf Manipulation und Herabsetzung gesetzt. Fakten werden bewusst verleugnet.
Muss man sich darüber aufregen? Es ist eine Bankrotterklärung. Zumindest sollten die Intendanten die Kosten für dieses Papier aus ihren Gehältern übernehmen …
PS.: Nach Veröffentlichung melden sich bei mir Mitarbeiter der ARD. Diese sind empört. Sie möchten sich an der Manipulation nicht beteiligen. Dieses Papier sei ein Verstoß gegen die Prinzipien, für die sie als Journalisten angetreten sind. Mein Fazit:
Die ARD braucht einen Aufstand der Anständigen….