Wer darf sich Wissenschaftler nennen? Diese Frage wurde gerichtsnotorisch, seit TE eine nüchterne Nachricht vermittelte. 500 Wissenschaftler wandten sich brieflich an UN-Generalsekretär Guterres mit der Bitte, sich kritisch mit der Klimapolitik auseinanderzusetzen. Eigentlich keine große Sensation – alltägliches Nachrichtengewerbe. Zum Fall wurde die Nachricht, weil eine Organisation namens „Correctiv“, die mit Facebook zusammenarbeitet, den Beitrag mit dem Stempel „teilweise falsch“ versehen hat.
Es seien nicht alle 500 Wissenschaftler; einige seien von ihren Lehrstühlen emeritiert, andere in Unternehmen und nicht an Universitäten beschäftigt. Wir wundern uns: Ist etwa der norwegisches Physiker Ivar Giaever, der 1973 den Nobelpreis für seine Forschung erhielt, kein „Wissenschaftler“, weil er im hohen Alter des typischen Nobelpreisträgers nicht mehr im Hörsaal steht? Sind die exzellenten Wissenschaftler in den Laboren von Industrie, Frauenhofer-Gesellschaften und anderen halbstaatlichen Forschungseinrichtungen keine „Wissenschaftler“?
So sieht es Correctiv. Sollen sie. Uns ist diese verengte Weltsicht fremd, aber was soll’s? Unter dem Himmel gibt es eben unterschiedlichste Sichtweisen. Was uns daran aber stört, ist, dass unsere Reichweite von Facebook dadurch massiv eingeschränkt und unsere Vermarktung behindert wird. Wir halten es für völlig ok, wenn Correctiv anderer Meinung ist – wir halten es für unfairen Wettbewerb, wenn deshalb Leser behindert werden und sich das von der Öffentlichkeit sonst wenig beachtete Correctiv an die sehr viel größere Reichweite und Leserschaft von TE buchstäblich anhängt – und sie zu verkleinern versucht. So spricht Correctiv-Geschäftsführer Schraven davon, dass er in der Lage sei, die Reichweite zusammen mit Facebook um mehr als 80 Prozent zu reduzieren. Und das, weil wir einen älteren Nobelpreisträger Wissenschaftler nennen und nicht Pensionär?
Meinung gegen Meinung, aber nur eine zählt?
Das Landgericht Mannheim ist in dem von uns angestrengten Prozess, bei dem es um Wettbewerb und nicht um Presserecht geht, unserer Argumentation in vielen wesentlichen Punkten gefolgt. Und ist sogar weiter gegangen. Es hat geurteilt, dass TE einen Meinungsbeitrag veröffentlicht habe – und Correctiv eben eine konträre Meinung dazu.
So stellte das Landgericht Mannheim fest, der „Faktencheck“ durch Correctiv sei überwiegend „als Stellungnahme des Dafürhaltens und Meinens als wertend und daher als Meinungsäußerung anzusehen“. Correctiv selber räumte im Prozess ein, dass es sich um eine reine Wertung handele, die auch durch die Formulierung „Faktencheck“ nicht zur Tatsachenbehauptung werde. Correctiv checkte also zumindest in dem konkreten Streitfall gar keine Fakten, sondern verbreitet, privilegiert durch Facebook, seine Meinung. Von der Faktencheckerei bleibt damit nicht mehr viel übrig.
So weit, so gut, doch hat das Gericht dann einen bemerkenswerten Zug gemacht: Die Meinung von Correctiv sei der von TE vorzuziehen. Die Begründung des sonst klar formulierenden Gerichts ist an dieser Stelle ziemlich schwurbelig; man spürt, dass die Richter geradezu hoffen, dass man sie aus der schwierigen Urteilsfindung entlassen solle, indem man den Prozess auf die nächst höhere Instanz verlegt – sollen die besser bezahlten Kollegen am Oberlandesgericht Karlsruhe sich darüber die Köpfe zerbrechen und sich der Kritik aussetzen. (Das Urteil ist hier einsehbar)
Denn wenn ein Gericht eine Meinung höher stellt als die andere, dann bleibt von der Meinungsfreiheit nicht mehr viel übrig. Dann gibt es eine Hierarchie von Meinungen. Wer legt die fest? Ist FOCUS bedeutsamer als DER SPIEGEL und darf also zukünftig die Redaktion von FOCUS die Artikel des Konkurrenten in dessen Seiten als „teilweise falsch“ bewerten? Ist die Meinung der Süddeutschen Zeitung gewichtiger als die der WELT oder gar BILD der Maßstab aller Dinge – oder genau umgekehrt? Die FAZ hat das erkannt: „Im Raum stehen nun gewichtige verfassungsrechtliche Fragen: Darf Facebook überhaupt auf Grundlage privater Klauseln mit einem Redaktionshelfer wie Correctiv andere Beiträge als falsch markieren?“
Die Wiedergeburt des Zensors
Um es härter zu formulieren: Gibt es wieder einen öffentlichen Zensor, der von seiner Meinung abweichende Meinungen abwerten und verdrängen darf, indem er sie wirtschaftlich benachteiligt? Die Frage ist so bedeutend, weil Facebook mit seiner Reichweite eindeutig marktbeherrschend und gleichzeitig Correctiv eine höchst fragwürdige Organisation ist. Correctiv wurde 2014 gegründet und mit einer Anschubfinanzierung von drei Millionen Euro ausgestattet, unter anderem von der Brost-Stiftung – geführt von dem ehemaligen SPD-Politiker und Ex-Kanzleramtschef Bodo Hombach. Außerdem erhält sie Fördergelder von der Rudolf-Augstein-Stiftung, der Open Society Foundation des Milliardärs George Soros und der Bundeszentrale für Politische Bildung. Als Medium arbeitet Correctiv bei bestimmten Recherchen auch mit dem ZDF zusammen.
Correctiv ist nicht geeignet, über „wahr“ und „falsch“ zu entscheiden. Das zeigt sich auch in anderen Fällen, etwa als im November „11.000 Forscher“ vor den Folgen der Klimaerwärmung warnten und sofortige Maßnahmen einforderten – alle Leitmedien bis hin zur Tagesschau berichteten darüber:
In der Auseinandersetzung pro und contra Klimawandel zählt wohl die größte Zahl.
Doch die 11.000 sind überaus fragwürdig, wie Axel Bojanowski feststellt, Wissenschaftsjournalist, neun Jahre beim SPIEGEL und nun Chefredakteur bei „bild der wissenschaft und natur“:
„Es ist ein Tiefschlag für die Glaubwürdigkeit der Forschung (und der Medien), nicht nur weil die Unterzeichnerliste offenbar ungeprüft veröffentlicht wurde – auch „Mickey Mouse“ hat unterschrieben. Dass zahlreiche Vertreter von Umweltverbänden unter den Unterzeichnern sind und viele andere ohne Berufsnennung, lässt an ihrer Wissenschaftlichkeit zweifeln. Aber auch viele Forscher, deren angegebene Fachrichtung eine Mitarbeit am Klimathema anzeigen, dürften mit der Arbeit ihre Kompetenz überschritten haben: Sie bearbeiten Detailfragen, die eine kompetente Beurteilung aller Aussagen des Aufsatzes nicht unbedingt nahelegen.“
So zerlegte Axel Bojanowski den Mickey-Mouse-Ansatz. Da hätten TE und Correctiv nun ausnahmsweise einer Meinung sein können, dass die Maus aus der Feder von Walt Disney nicht unter die Berufsbezeichnung „Wissenschaftler“ fällt – aber diese Chance ließ sich Correctiv entgehen und betätigte sich diesmal nicht als Faktenchecker (laut eigener Aussage, Zitat: „Dass wir einfach Freunde von Fakten sind – weder rechts noch links – versteht der Lagerdenker nicht“) Wie passt das zusammen? Es war eben eine Meldung, deren Tendenz in die Meinung von Correctiv passt, da lassen die Faktenchecker lieber das Faktenchecken sein, wenn es dazu führen könnte, dass von ARD über ZDF und WDR bis hin zur SZ entsprechende Facebook-Postings mit einem „teilweise falsch“ Stempel versehen werden könnten. Nachfragen dazu werden bislang nicht beantwortet.
Wenn Faktenchecker über Fakten stolpern
Das geschieht nicht aus Rechthaberei, sondern aus grundsätzlichen Erwägungen. Denn die im Artikel 5 Grundgesetz garantierte Meinungsfreiheit ist längst gefährdet, weil seltsame Bündnisse wie Correctiv sich als halbstaatliche Zensoren gerieren und mit Facebook über einen Partner verfügen, der eine Markt und Meinung beherrschende Stellung besitzt, wie beispielsweise das Bundeskartellamt feststellt:
Die Behörde geht nach dem jetzigen Stand der Dinge davon aus, dass Facebook auf dem deutschen Markt für soziale Netzwerke marktbeherrschend ist.
Dagegen müssen Medien aus der Mitte der Gesellschaft sich wehren. Sie müssen sich gegen einen neuen, halbstaatlichen, halbkapitalistischen Zensor wehren. Sie müssen sich wehren, nicht verleumdet zu werden, um sie so zum verschwinden zu bringen. So soll die Dominanz der rot-grünen Meinung in den Medien gesichert werden.
Erscheinen von Claudia Roth angeordnet
Deshalb hat TE auch ein weiteres Verfahren angestrengt: Claudia Roth, Bundestagsvizepräsidentin, hat TE und das politisch ähnlich in der Mitte verankerte Portal „Achse des Guten“ als „neurechte Plattformen“ bezeichnet, „deren Geschäftsmodell auf Hetze und Falschbehauptungen beruht“. Wieder werden rot-grüne Verschwörungstheorien und falsche Behauptungen vermengt, um Kritiker zu diskreditieren.
Es ist ein sensationeller Fall: Als eine der ranghöchsten Repräsentantinnen der Politik verleumdet Claudia Roth zwei Journalisten. Die Staatsmacht gegen zwei Journalisten – woran erinnert das? Auch dagegen setzen wir uns gerichtlich zur Wehr. Das Landgericht Stuttgart hat das persönliche Erscheinen von Claudia Roth und mir angeordnet. Die Verhandlung findet am 23. Januar um 10.00 Uhr im Gerichtsgebäude statt; Henryk M. Broder und ich sowie Anwalt Steinhöfel werden anwesend sein.
Längst haben die Angriffe auf die Meinungs- und Pressefreiheit ein Maß angenommen, dass der alte Sponti-Spruch gilt: „Wer sich nicht wehrt, lebt verkehrt“. Die Bürgergesellschaft beginnt sich dagegen zur Wehr zu setzen, dass ihre Grundwerte stückweise zerstört werden. Das ist die positive Nachricht in der Auseinandersetzung mit linken Kräften, die dieses schöne Land unter ihre Fuchtel bringen wollen.