Tichys Einblick
Abschied vom Recht

Corona-Gesetze: Auch C&A zahlt keine Miete mehr

Auch der C&A-Modekonzern zahlt künftig keine Miete mehr und kann sich auf die neuen Gesetze der Bundesregierung stützen. Damit zeigt sich die Fragwürdigkeit der aktuellen Corona-Gesetze der GroKo.

imago Images

Bereits vor dem Bundestagsbeschluß vom 18.3.20 teilte der Konzern C&A Mode den Vermietern des Konzerns mit, dass aufgrund der behördlichen Anordnung der Betriebsschließung keine Miete mehr bezahlt werde und die März Miete anteilig zurückfordert wird – und das europaweit.

„Wenn eine lokale Regierung offiziell die Schließung von Geschäften für mehr als einen Tag vorschreibt, wird dies von C&A als Ereignis höherer Gewalt angesehen, das C&A zur vollständigen Aussetzung seiner Verpflichtung zur Zahlung von Mieten berechtigt“, heißt es in einem Schreiben von Deutschlandchef Eric Brenninkmeijer und Finanzchef Hans Pollet.

Ein ähnliches Vorgehen war bereits von Adidas für seine Shops bekannt geworden. Die Chancen für die Konzerne stehen gut, sich auf Kosten der Vermieter von Läden und Gewerbeflächen zu entlasten – sie können sich auf die neue  Gesetzgebung stützen, die kleine Mieter schützen will und dabei großen Unternehmen in die Hände spielt. Und C&A will ohnehin in den kommenden Jahren 100 Filialen schließen. Da kommt die neue Gesetzgebung der Bundesregierung gerade recht.

Das „Covi-19-Pandemiemilderungs-Gesetz“

Denn in der Begründung des „Gesetzes zur Abmilderung der Folgen der Covid-19-Pandemie“ heißt es: „Für die Mieter wird es insbesondere ein Problem sein, die laufende Miete für Wohn- beziehungsweise Gewerbeflächen zu begleichen“. Also werden die Vermieter auf Null gesetzt: Im Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch sollen in Art. 240 BGB zeitlich befristet Regelungen eingeführt werden, die ein außerordentliches Leistungsverweigerungsrecht begründet. Schuldner können die Zahlung einstellen, wenn sie aufgrund der Folgen der Covid-19-Pandemie außerstande sind, ihre vertraglichen Verpflichtungen zu erfüllen, oder der   angemessenen Lebensunterhalt gefährdet wäre. Auch Strom-, Wasser und Telekommunikationsschulden fallen darunter. Eine eidesstaatliche Erklärung an die Telekom. das Wasserwerk oder eben den Vermieter reicht.

Vermieter sind besonders hart getroffen

Besonders das Recht der Vermieter zur Kündigung von  Miet- und Pachtverhältnissen wird empfindlich eingeschränkt. Mietschulden, die in dem Zeitraum 1.4.2020 bis 30.6.2020 pandemiebedingt entstehen, berechtigen den Vermieter oder Verpächter nicht zur Kündigung des Miet- oder Pachtverhältnisses.

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Die Zahlungsverpflichtung als solche bleibt allerdings bestehen. Ausgeschlossen sind sowohl die fristlose als auch die ordentliche Kündigung, und zwar unabhängig davon, ob es sich um Wohnraum oder Geschäftsraum handelt. Nun ist es sicherlich richtig, Mieter davor zu schützen, in diesen Wochen auf die Straße gesetzt zu werden. Wenn es um eine soziale Maßnahme geht stehen dafür allerdings andere Mittel zur Verfügung. So könnte beispielsweise großzügig das bestehende Wohngeldgesetz angepaßt werden und darüber die Miete bezahlt werden.

Jetzt aber machen sich Großkonzerne als erstes diese so sozial angestrichene Gesetz zu nutzen und kündigen die Miete. Auch Unternehmen könnte anders geholfen werden – etwa mit den jetzt aufgelegten Kreditprogrammen. Aber die GroKo hat sich wohl vom linken Weltbild treiben lassen, wonach jeder Mieter arm und schätzenswert, und jeder Vermieter ein Vertreter der Ausbeuteklasse sei. Einer der Betroffenen der C&A-Kündigung schreibt uns dazu:

»Da aufgrund notarieller Verpflichtung die Miete zur Bezahlung des Pflegeheimplatzes meiner Mutter verwendet wird, kann ich jetzt nur die Zahlung an das Pflegeheim aussetzen und abwarten, wie und ob es dann weitergeht, da C&A in dem zitierten Schreiben auch ankündigt, nach der Corona-Krise weitere „Zugeständnisse“ vermieterseitig zu erwarten.«

Die Schwäche der GroKo-Gesetzgebung

Hier zeigt sich die zentrale Schwäche der aktuellen GroKo-Gesetzgebung: Es beginnt sozial mit dem Mieterschutz – aber die Wirkung kann extrem unsozial und schädlich für die gesamt Volkswirtschaft sein. C&A beitreibt in Deutschland 450 Filialen – jetzt beginnt flächendeckend die Mietkürzung. Was sozial klingt, schiebt die Probleme einfach eins weiter: Die wirtschaftlichen Schwierigkeiten werden auf die Vermieter abgewälzt. Dumm nur, wenn der Mieter nicht ein armer Sozialhilfeempfänger ist, sondern ein Großkonzern und der Vermieter eher der Schwächere ist: Berlin stützt die aggressiven Unternehmen wie C&A oder Adidas.

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Das Bild vom Miethai erhält Gesetzeskraft, auch wenn der Mieter der gierigere Hai ist. Vergessen wird, dass Vermieter ihrerseits Verträge zu erfüllen haben: Sie müssen Handwerkerrechnungen bezahlen, Darlehen abstottern, Steuern, Energie- und Wasserrechnungen begleichen oder schlicht von ihren Mieteinkünften leben: Aus Sicht der ganz großen Koalition ist das alles vergessen. Die vermeintlich reichen Immobilien-Unternehmer werden pandemisch begründet zur Kasse gebeten, auch wenn es am Ende eine Witwe trifft, die von zwei oder drei vermieteten Eigentumswohnungen ihren Altesunterhalt bestreitet.
Genereller Zahlungsaufschub für alle Verträge

Aber das ist nur der Anfang. Denn auch die Vermieter können letztlich ihre Zahlungen aufschieben. Pauschal heißt es im Entwurf: „Für den Bereich des Zivilrechts soll mit diesem Gesetz ein Moratorium für die Erfüllung vertraglicher Ansprüche eingeführt werden, das Betroffene, die wegen der Covid-19-Pandemie ihre vertraglich geschuldeten Leistungen nicht erbringen können, einen Aufschub gewährt. Dieser gilt für Geldleistungen und andere Leistungen.“

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Den komplizierten Satz muss man sich auf der Zunge zergehen lassen: Eine einfache Erklärung genügt und Zahlungen können eingestellt werden. Es ist wie beim Spiel mit der heißen Kartoffel: Wer sie in die Hand kriegt, verbrennt sich die Finger. Jetzt fangen Konzerne an, die heiße Kartoffel weiterzugeben, und setzen damit eine Kettenreaktion in Gang. Der Vermieter hat die heiße Kartoffel und reicht sie beispielsweise an den Installateur weiter und der an seinen Autohändler, der die fällige Rate für den Autokauf nicht mehr erhält.
Eine gefährliche Kettenreaktion droht

Damit könnte dieses Gesetz einen verhängnisvollen Prozess in Gang setzen: Niemand zahlt mehr an Niemand. Die Wirtschaft kommt dann nicht wegen der Pandemie endgültig zum Stillstand, sondern weil niemand mehr bezahlt. Der Kreislauf der Wirtschaft wird stillgelegt. Waren und Leistungen werden zurückgehalten. Der Kern der Marktwirtschaft wird zerstört, denn sie beruht auf Verträgen, die Leistung und Gegenleistung festlegen und Zahlungen erzwingen. Im Extremfall heißt das: Zukünftig kann, wer halbwegs vernünftig ist, nur noch gegen sofortige Zahlung oder besser noch Vorauskasse liefern – denn jede Rechnung kann mit Verweis auf Corona stillgelegt werden.

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Es ist ein Rückfall in die Zeit vor der Währungsreform, die das Wirtschaftswunder erst ermöglicht hat: Damals stockte die Wirtschaft, weil es keinerlei solides Geld gab. Warum sollte jemand irgendeine Ware verkaufen, die mit der faktisch wertlosen Reichsmark bezahlt wurde? Erst das Vertrauen in die von Ludwig Erhard organisierte Währungsreform und Einführung der Deutschen Mark ermöglichte  schlagartig, dass der Wirtschaftskreislauf in Gang kam: Waren wurden verkauft, Handwerksleistungen erbracht. Konsum- und Investitionsgüter hergestellt und verkauft.
Merkel zerstört Erhards Erbe

Merkels Gesetze zerstören diesen Ansatz Ludwig Erhards, indem sie ihn umdrehen: Schlagartig wird möglicherweise der Wirtschaftskreislauf abgestellt, wenn alle dem Beispiel von Adidas und C&A folgen. Rechnungen müssen vorerst nicht mehr bezahlt werden. Die SPD triumphiert. Es ist wie ein später Sieg, den sie gegen die damalige Einführung der Marktwirtschaft erringt – damals hatte sie einen Generalstreik gegen Wohlstand und Wachstum und für Staatswirtschaft mit den Gewerkschaften zusammen organisiert.

Abschaffung der Marktwirtschaft auf Dauer?

Nun soll diese Merkel-Regelung nur bis 30. September gelten. Klingt vordergründig vernünftig. Aber auch am 30. September wird kein Gläubiger schlagartig in der Lage sein, seine bis dahin aufgelaufenen Schulden zu bezahlen. Wie auch?

Sicherheitshalber kündigt C&A in dem von TE dokumentierten Fall an, man werde auch danach über die Konditionen neu verhandeln. Und vorgesehen ist, dass der Wirtschaftsminister zusammen mit dem Justizminister den generellen Zahlungsaufschub bis 31. Juli 2021 verlängern kann. Das ist zu lange für Handwerker und Dienstleister, die auf ihr Geld warten.

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Was dann passiert kann löst schlimme Ahnungen aus: Weil massenhaft Zahlungen eingestellt sind und wahrscheinlich Massenarbeitslosigkeit herrscht, kommt es zur Verlängerung der Verlängerung; die linke Mehrheit einschließlich CDU und CSU steht ja schon heute mit dem Anschlag auf die vertragsbasierte Wirtschaft die durch die Staatswirtschaft ersetzt wird. Deutschland ist damit in einem Zustand der Rechtsunsicherheit angelangt: Niemand kann mehr sicher sein, dass abgeschlossene Verträge erfüllt werden. Denn die Pandemie trifft jeden und gibt Jedermann einen Grund in die Hand, seine Zahlungen einzustellen.

Aus der Vertragswirtschaft wird Willkürwirtschaft: Der Dumme ist, wer zahlt. Denn Pandemie hin oder her: Angesichts der Millionen und Abermillionen von Verträgen ist eine gerichtliche Überprüfung, ob hinter der Zahlungseinstellung wirklich die Pandemie steht, einfach nicht möglich. Und letztlich ist doch alles Pandemie, oder?

Es gibt noch weitere Dumme: Das sind die, die im Vertrauen auf zukünftige Zahlung noch Leistungen erbringen, Güter verkaufen oder herstellen. Denn die Käufer sind von der Zahlung freigestellt – zunächst bis auf Weiteres, schließlich bis zum Sankt-Nimmerleinstag. Deutschland stellte damit ein, was nach 1949 sein Erfolgsmodell war: die Marktwirtschaft. Und kehrt zu einer Verordnungswirtschaft zurück.

Der Staat und seine Bürokratien ziehen sich fein raus. Zwar werden Milliarden über Milliarden zur Verfügung gestellt und dazu Schulden aufgenommen, die zukünftige Generationen schwer belasten, weil die Wirtschaftskraft ja durch diese Regelung eingeschränkt wird. Schon jetzt heißt es aber in der Begründung des Gesetzes: Es sei „nicht mit Sicherheit zu sagen, ob es den … zuständigen Behörden in jedem Fall gelingen wird, den Antrag kurzfristig zu bearbeiten und die Gelder so zeitig auszuzahlen …“.

Mit anderen Worten: Die Mühlen der Staatsbürokratie mahlen langsam, die Wirtschaft erstickt. Statt Gelder schnell auszuzahlen, werden also lieber alle Verträge auf Zahlungsverzögerung gestellt. Mehr Hohn und Spott für Bürger und Unternehmen, die arbeiten, hat sich noch keine Regierung erlaubt.

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