„Angesichts der Flüchtlingswelle haben die Medien, besonders in Deutschland, die kritische Distanz verloren. Die Berichterstattung geriet zur Kampagne“, schreibt die Neue Zürcher Zeitung. Sie bringt damit auf den Punkt, was Leser und Zuschauer in Deutschland seit Wochen erfahren: Ein Überwältigungsjournalismus hat das Land erfasst, eine Art propagandistische Monstershow, die jede kritische Distanz vermissen lässt, jede Nachfrage ausblendet, und jeden Andersdenkenden diffamiert. „In moralischen und emotionalen Ekstasen steigerten sich die deutschen Medien mit wenigen Ausnahmen (so die «FAZ») in einen Überbietungswettbewerb um Empathie und Willkommenseuphorie hinein, ohne Gedanken an den Überdruss, den derlei beim Leser erzeugen kann. Einseitigkeit war Trumpf: Die Umarmung der fernen Fremden ging einher mit rabiatem Kommunikationsabbruch dem deutschen Nachbarn gegenüber, der sich nicht auf die kommenden gesellschaftlichen Veränderungen freuen wollte.“
Keine kritische Distanz sondern Überwältigung
Die Bilanz der Schweizer über die professionelle Haltung deutscher Journalisten gerät zum Scherbengericht: „Kritische Distanz zu den Akteuren, genaue Recherche, die Zurückhaltung im Urteil bei unklarer Faktenlage, die gründliche Ausleuchtung der Hintergründe, Fairness bei der Präsentation unterschiedlicher Meinungen und ein analytischer Blick, der übers Aktuelle hinaus die Folgeprobleme einzuschätzen versucht, all das schien plötzlich unangemessen zu sein. Die Forderung eines «Spiegel»-Kolumnisten nach einem «neuen Journalismus» , der aktivistischer, leidenschaftlicher auftritt, wurde übererfüllt.“ Die Belege dafür sind leicht zu finden: Selbst Franz-Josef Wagner in der BILD-Zeitung freute sich über Journalisten, die nicht mehr distanziert berichten, sondern sich auf die Seite der vermeintlichen Opfer stellen.
Die Bösen waren schnell gefunden: Die Ungarn. Selbst die Agentur Reuters berichtete über Geheimlager für Flüchtlinge, über Folter und andere Dinge; gewaltige Vorwürfe ohne Belege, die von deutschen Medien sofort weiterverbreitet wurde. Selbst Hinweise darauf, dass die aggressiv auftretenden Flüchtlinge von ihren Eltern als Schutzschirme missbraucht werden – auch das wird weggewischt. „Zu wenige Männer oder zu viele Kinder als Schutzschilde?“, versucht die ZDF-Moderatorin Eva-Maria Lemke per Twitter ihre Kritiker abzubügeln, die die manipulative Bildauswahl kritisierten. Selbst Nachrichten, die Säule des unabhängigen Journalismus, werden instrumentalisiert. „«Wo Mitgefühl angebracht wäre, herrscht Menschenverachtung», tönt es in einer Nachricht über die Lage in Ungarn. Moderator Claus Kleber verdrückte eine Träne beim Bericht über einen Busfahrer, der seine Fahrgäste in Englisch herzlich willkommen geheissen hatte. Diese mediale Vorführung der angemessenen Betroffenheit war freilich etwas vorschnell: Als man die Facebook-Seite des «Helden» prüfte, fand man eher Kritisches zur sozialstaatlichen Versorgung der Migranten.“
Manipulation per Bild
„Das Fernsehen ist wegen seiner Bilderlastigkeit besonders anfällig für die Verletzung von professionellen Standards. Bei emotionalisierenden Bildern ist das Risiko gross, dass sie nicht zeigen, was sie zu zeigen scheinen. Seit Kinder als Bildmotive in den Vordergrund rückten, häufen sich die Fehlleistungen. Zwar sind nach allen belastbaren Angaben Kinder eine eher kleine Minderheit unter den Migranten auf der Balkanroute, doch wurden sie zu Symbolen des Flüchtlingselends. Die Foto des toten Knaben am Strand von Bodrum trug dazu bei, «die Gefühle eines ganzen Landes zu synchronisieren» («Die Zeit») und die Politik zu mobilisieren.“ Die Tatsache, dass ca. 80 Prozent der Flüchtlinge junge Männer sind wird in der Bilderwelt des Fernsehens wie der gedruckten Medien systematisch unterdrückt. Im Vordergrund stehen Frauen mit Kindern auf dem Arm. Es sind mächtige Symbole. Sie appellieren an menschlichen Anstand und Hilfsbereitschaft. Aber die Wahrheit steckt eher im Bildhintergrund. Jeder, der sehen kann, erkennt: Hier wird eine Minderheit für die Mehrheit genommen. Die Hilfsbedürftigkeit Einzelner wird instrumentalisiert, um die offenkundige Mehrheit der Flüchtlinge in ein anderes Licht zu setzen.
„Die Emotionalisierung der Berichterstattung führte zu einer bemerkenswerten Kritiklosigkeit den Politikern gegenüber, die den Medienhunger nach gefühlsstarken Szenen gern stillen. Noch nie war Angela Merkel eine so unkritisch angehimmelte Kanzlerin wie in den Wochen der Flüchtlingskrise. Ein Kommentator der «Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung» schwärmte in purem Kitsch davon, wie «einfühlsam und lieb» doch die Kanzlerin mit Flüchtlingskindern umgehe“, so die NZZ und weiter: „Diese Berichterstattung hat viele blinde Flecken. Die heftig beschworene europäische Lösung wird kaum kritisch befragt. Die PR-Auftritte von Grossfirmen, die ihre Freude über die neuen Mitarbeiter äussern, die über die Grenzen drängen, finden nur vereinzelt Widerspruch. Wer mit welchen Qualifikationen über die Grenzen drängt, was sich unter den ethnisch und kulturell gemischten und oft verfeindeten Migranten abspielt und wie die daraus zu formende multikulturelle Gesellschaft aussehen wird, solche Fragen wurden lange ebenso marginalisiert wie die Kriminalität im Umfeld der Aufnahmelager.“ Soweit die NZZ. Die Schweizer zeigen das Panorama, zu dem auch die Zensurabsichten des Justizministers Heiko Maas gehören. Auch das ist eine Besonderheit. Zitieren wir noch einmal die ZDF-Moderatorin aus einem Tweet zwischen der Präsentation ihres neuen Karneval-Kostüms und Betroffenheit: „Gut, dass @heikomaas + #facebook eine „Task Force“ gg Hetze gründen…“ Dass Journalisten sich darüber freuen, wenn der Staat zum Mittel der Zensur greift – das ist neu. Bislang wehrten sich deutsche Journalisten gegen jede Form der Beeinflussung. Doch diesmal ist alles anders: Journalisten machen sich zum Büttel einer linken Politik, die endlich ihre Gegner beseitigen will. Der neue Kampfbegriff ist der Aber-Nazi. Schon wer auch nur ein kleines „Aber“ benutzt, um selbstverständliche Fragen zur neuen Leitideologie zu stellen, gilt beispielsweise auf ndr.de als Nazi. So eng haben vermutlich nicht einmal Nazis und Stasi die Grenzen gezogen. Kein größeres Medium hat sich dagegen zur Wehr gesetzt – alle bejubeln Maas und fordern letztlich lustvoll „zensier mich!“ Man spürt die Absicht: Geht es den virtuellen Medien und sozialen Netzwerken an den Kragen, dann werden Journalisten wieder in den Stand der Gatekeeper zurück versetzt, der ihnen die Kontrolle über Gedrucktes, Gesendetes und Verbreitetes garantiert. Natürlich sagt das so keiner. Man kämpft nicht gegen konkurrierende Medien, sondern gegen Rechts. Und das auf breiter Front, beobachtet die NZZ:
„Sprachregelungen sind etabliert, Meinungskontrollen im Netz mit nachfolgender Denunziation beim Arbeitgeber werden empfohlen, Zensurforderungen sind gesellschaftsfähig. Sie finden Widerspruch nur bei unabhängigen Aussenseitern . Auch eine komplex angelegte Dokumentation wie der «Flüchtlingsreport» der ARD ist trotz einigen sachlichen Passagen insgesamt misslungen. Die Sendung bleibt fixiert auf die Perspektive der Einwanderer. Kritiker und Gegner erscheinen als randalierender Pöbel mit «Hasssprache». Als Expertin wird die ehemalige Stasi-Mitarbeiterin Anetta Kahane bemüht, Vorsitzende der Amadeu-Antonio-Stiftung, in der heute als «Fachreferentin für Hate-Speech» eine Julia Schramm arbeitet, die selber durch hasserfüllte Tweets, etwa gegen die Erinnerung an die Opfer der Bombardierung Dresdens, bekannt wurde.“
Das ist der Blick der NZZ. Hasskommentare sind eine Sache, doch die Rechtslage reicht völlig aus, sich ihrer anzunehmen. Wer private Gesrpäche belauscht, erfährt Ungeheuerliches. Die Klowände sind schon immer die Kritzelwände der Gesellschaft, und heute haben vielleicht Postings deren Rolle übernommen. Das ist die eine Sache. Die andere, wie damit umgegangen wird und wer damit umgeht.
Die Schlachtrösser der Stasi ziehen wieder in den Krieg
Über Anette Kahane steht in Wikipedia: „Von 1974 bis 1982 arbeitete sie unter dem Decknamen „Victoria“ als Inoffizieller Mitarbeiter des Ministerium für Staatssicherheit (MfS). Laut Berliner Zeitung notierte ihr Führungsoffizier Mölneck zu Beginn ihrer Tätigkeit für das MfS, dass sie bereits beim zweiten Treffen „ehrlich und zuverlässig“ berichtet und auch „Personen belastet“ habe.“ Für schwedische Medien ist sie daher eine „Stasi-Veteranin“. In Deutschland steht sie ehrenvoll im Kampf gegen Rechts. Um Hass-Sprache zu erkennen, verbreitet sie im Namen der Stiftung, die sie diesmal bezahlt, Indikatoren für „rechte Gesinnung“. Und genau da sieht man, mit welcher Zielrichtung: „Rechts“ im Sinne der Ausgrenzung und Verfolgung ist auch, wer sich gegen den Euro äußert oder sich über Kindesmißbrauch empört. Das Bekenntnis zur Währungsunion entscheidet über die weitere Akzeptanz. Kritik an Milliardengeschenken oder eine generelle Kritik – alle sind Nazis. Und man spürt die Immunisierungsstrategie der Grünen gegen den Vorwurf, sie hätten Kindesmißbrauch in ihren frühen Reihen nicht geächtet und politisch legalisieren wollen: Wer dies kritisiert, kann nur ein Nazi sein. Doch über die Stiftung und ihre Protagonisten findet man kaum eine kritische Stimmung in deutschen Medien – der Kampf gegen Rechts rechtfertigt jedes Mittel, und wie einen Kometenschweif zieht die Anti-Facebook-Aktion von Heiko Maas die übelsten Antidemokraten hinter sich her und verschafft ihnen neue Reputation. Frau Kahane und ihre Stiftung sollen Teil der Taskforce zur Kontrolle der virtuellen Medien werden. Die Wirklichkeit überholt jede Vorstellung.
Kampagnen- und Bekenntnisjournalismus, dazu die Jagd auf Andersdenkende durch die Ewig-Gestrigen – kein gutes Bild, das deutsche Medien abgeben. Kann sich das noch bessern? Erste Anzeichen sind in Sicht. Die Redaktionen werden mit Protestbriefen überschwemmt, denn die Diskrepanz zwischen der veröffentlichten Meinung und den Fakten ist mit Händen zu greifen. Verlage berichten von massiven Abo-Kündigungen; selbst beim gebührenfinanzierten ZDF und ARD sind Absetzbewegungen spürbar. Aber Vertrauen ist schneller verspielt als erarbeitet. Damit wird die Flüchtlingskrise auch zur Medienkrise.