Tichys Einblick
Corona bringt's an den Tag

Bei Illner: Was immer es kostet – gewinnen wir den Kampf gegen das Virus?

Illner: „Hat China schon einen Impfstoff?“ Drosten: „Das würde mich nicht wundern.“

Screenprint: ZDF/maybrit illner

Wenn es so richtig ans Eingemachte geht, ruft selbst der Kommunist zum Vaterländischen Krieg auf. Nun ist Hubertus Heil lediglich Spezialdemokrat, und ein Mann für Aufrufe ist er schon gar nicht, aber immer wieder ist ihm wichtig zu betonen, dass bei uns doch auch im Corona-Fall alles besser ist als in Amerika.

Das ist natürlich dummes Zeug, aber wir kommen später drauf zurück. Hubertus Heil ist eine der letzten Koryphäen der Bundesregierung, von der wir noch nichts zu Corona gehört haben, jetzt durfte auch er mal wieder ins Fernsehen. Der SPD-Minister, der immerhin nach 11 Jahren ein Politikstudium an der Fernuniversität Hagen abschließen konnte, fabuliert, als es um die katastrophale Versorgungslage mit Atemschutzmasken und Schutzanzügen im Hightech-Deutschland ging, etwas von „Lieferketten im Blick haben“ und von einer „Luftbrücke“, mit der die Lufthansa Material nach Allemannda holen könnte – als gebe es Lufthansa-Cargo nicht schon seit ewiger Zeit.

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Als Arbeitsminister ist er zuständig für die nicht gesundheitlichen Opfer des Shut-Downs, und den ganz armen Schluckern empfiehlt er, sich wegen geringerer Steuervorauszahlungen ans Finanzamt zu wenden, bei drohender Kontokündigung vor dem Bankberater die KfW ins Spiel zu bringen, er kündigt eine „ergänzende Grundsicherung“ an, verspricht dem „Handwerker, wo immer wir helfen können“, das zu tun, will wieder mal am Mietgesetz herumschrauben (nach Mietpreisbremsspurgesetz von Heiko Maas), damit Arbeitslose nicht gekündigt werden können und vergisst bei seinen Versprechungen auch die „Alleinerziehende, die ich gerade getroffen habe“ nicht. „Ich will nicht, dass wie in Amerika …“ Unser „ausgebauter Sozialstaat“ müsse nun „unbürokratisch und schnell funktionieren“ sagte der Hubert von der Regulierungspartei.

Medizinisch, das sei an dieser Stelle gesagt, kam nichts Neues rum bei der Sendung, obwohl Mediendarling Professor Drosten in der Runde saß. Ihm verdanken wir die ihn selber wohl am meisten überraschende Beobachtung, dass trotz Shut-Down „in Berlin sehr viele Leute rumlaufen, die fuhren jetzt nicht zur Arbeit“. Hahaha. Det is Berlin, Spaß-Hauptstadt der Hartzer.

Susanne Johna, unter vielem anderem auch Oberärztin für Krankenhaushygiene am St. Josef-Hospital Rheingau in Rüdesheim, berichtete, dass in Spitälern noch dies und das fehle, längst nicht alle OPs abgesagt würden und man jetzt Arzt-Rentner und Studenten requiriere, dass also im Grunde ist Hessen eine Woche nach Söders Bayern.

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Die Corona-Pandemie verändert die politische Gefechtslage
Eckart von Hirschhausen, Arzt und öffentlich-rechtlicher Humorbolzen, führte dann an, dass wir die Pflege kaputtgespart hätten, was sich nun rächt. Wo es beim Material hapert – irgendjemand behauptete, dass nun 10 Millionen Mundschutzmasken vorlägen und der Verteilung harrten – da knirscht es beim Personal gewaltig. Hirschhausen sagte, man solle mal in die Schweiz schauen, „da arbeiten 80.000 deutsche Ärzte und Pfleger“ – weil sie dort besser bezahlt und damit wertgeschätzt werden. Hier gibt’s stattdessen Hubertus-Heil-Sprüche.

Heil nickte dabei ständig zustimmend mit diesem Geldsammelgesicht für die Aktion Sorgenkind, als habe seine Partei mit den Zuständen rein gar nichts zu tun. Und erzählte wieder von einer Frau (die er gerade getroffen hat), die für ein Krankenhaus die Wäsche wäscht, „die ist auch systemrelevant“. Dann hat er noch „von Feldlazaretten auf Marktplätzen“ gehört. Richtig ist, dass Berlin eine „Überlaufstelle plant“ wenn die Krankenhausbetten nicht reichten, was wiederum die Krankenhausärztin für Unsinn hält, würde das Material doch noch weiter gestreut – sie hat wohl keine Ahnung von einer Stadt, die von Rot-Rot-Grün „geführt“ wird.

Drosten guckte, als säße er allein unter Idioten.

Die „China-Expertin“ Kristin Shi-Kupfer, sollte dann erklären, ob „wir China glauben können, dass das Schlimmste vorbei sei“, aber das konnte sie natürlich nicht. Stattdessen lobte sie, dass bei uns in der Demokratie die „Bevölkerung ein aktives Informationsmanagement nutzen“ könne, denn „unterschiedliche Meinungen seien wichtig“. Dann fügte sie tatsächlich hinzu: „… wie in solchen Talkshows.“ Lebt die Frau in China?

Selbst Drosten meinte dann, dass Italien auch deshalb so schlecht da stehe, weil es keine Talkshows so wie diese hier habe. Wir wollen ihn entschuldigen. Der hat diese Shows wahrscheinlich nie gesehen, bevor er selber eingeladen wurde, und die fand er dann gut.

Zu „Fake-News“ brachte er dann was durcheinander über ein Ebola-Medikament, dessen mögliche Heilkraft gegen Corona „viral“ gegangen sei – dabei war es der MDR, der das verbreitete. Wieder einmal wurde angespielt, dass Trump die deutsche Firma CureVac vom Investor Hopp kaufen wolle, was längst als Staatfunk-Fake-News entlarvt ist. Was in diesem Zusammenhang gerne verschwiegen wird in den Medien, die der Hubertus konsumiert: Trump hatte Pharma-Führer aus der ganzen Welt (darunter auch den Chef von CureVac) ins Weiße Haus geladen, um sich über den Stand der Forschung zu informieren – da feierte Laschet und das Homeland NRW noch ausgelassen Karneval.

Fake-Nuss spezial: Wenn Falschnachrichten-Vorwürfe falsch sind
Der humorige Arzt Hirschhausen warnte vor der Verbreitung von Unsinn, man solle sich besser bei der WHO informieren. Das ist die Organisation, die gestern sagte, Ibuprofen sei schädlich, heute aber, es sei gut. Eckart hat es trotzdem ernst gemeint.

Keiner eignete sich allerdings so gut zum Fremdschämen wie Hubertus Heil, der heute und tagesschau noch mal extra loben musste – dabei könnten deren Corona-Fake-News bereits eine Sondersendung füllen. Warum sich der Hubertus dann noch „mehr Wirtschaftsjournalisten“ wünschte, wissen wir auch nicht.

Vielleicht zum rechnen: Das Kurzarbeitergeld dürfte mit 26 Milliarden Euro zu Buche schlagen. Und was Hubertus sonst noch so plant (s.o.) gibt’s auch nicht kostenlos. Schließlich will er „um jeden Arbeitsplatz kämpfen“, der tapfere Recke.

„Wie lange halten wir das durch?“ fragte sich besorgt Professor Drosten. Ein Mittelchen dauert. Schon wegen der langwierigen gesetzlichen Verfahren. Keine Ahnung, wie Maybrit Illner dann auf die Frage kam: „Hat China schon einen Impfstoff?“ Vielleicht hat sie darüber in alternativen Medien gelesen. Die Antwort von Drosten: „Das würde mich nicht wundern.“ Hätte das jemand anders gesagt, würde es wohl als Fake-News abgetan werden. Gute Nacht.


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