„Lehrkräfte wollen mehr Unterstützung gegen Zwangsehen.“ Diese Überschrift lesen wir am 22. Juli 2022 in einer Berliner Zeitung, es könnte auch eine Kölner oder Duisburger oder Frankfurter usw. Zeitung sein.
Nochmal: „Lehrkräfte wollen mehr Unterstützung gegen Zwangsehen.“ Spielen sich hier Lehrer als Sheriffs auf, als Staatsanwälte? Ist es Wichtigtuerei oder pure Hilflosigkeit? Nein, nichts davon, denn was die Lehrerkollegien hier beobachten, ist alljährliche archaische Realität in diesem ach so bunten Land, in dem wir „gut und gerne“ leben.
Und was tut der Rechtsstaat? Nichts bis wenig! Die letzten verlässlichen Zahlen des Bundesfamilienministeriums stammen aus dem Jahr 2008. Man hatte 3.443 Fälle registriert. Damals schon und vermutlich heute erst recht mit einer sehr großen Dunkelziffer, die sich dahinter verbirgt.
Aber warum geschieht staatlicherseits nichts? Sollen Lehrerkollegien jetzt das Problem lösen? Ein Wust an Materialen zur „Evaluierung des Gesetzes zur Bekämpfung von Kinderehen“ fördert auch wenig zu Tage. Apropos „Gesetz zur Bekämpfung von Kinderehen“: Es stammt aus dem Jahr 2017. Danach gelten Ehen, die außerhalb Deutschlands vor Vollendung des 16. Lebensjahres geschlossen wurden, als nicht geschlossen. Bei Ehen von 16-/17-Jährigen können diese Ehen aufgehoben werden. Zwischen 2017 und 2019 ist das in 10 (zehn!) von 813 Fällen geschehen.
Und dann der Hammer: Selbst dieses Gesetz ist in Karlsruhe gelandet und harrt einer höchstrichterlichen Entscheidung. Der Bundesgerichtshof (BGH) will eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Bamberg (OLG) überprüfen lassen. Der BGH sieht in dem Gesetz zur Bekämpfung von Kinderehen einen Verstoß gegen mehrere Artikel des Grundgesetzes, darunter Artikel 1 (Menschenwürde) und Artikel 6 (Ehe und Familie) (XII ZB 292/16). Es war beim OLG im Mai 2016 um die Aufenthaltsbestimmung für eine damals 15-Jährige, die im Alter von 14 Jahren in Syrien mit ihrem volljährigen Cousin (21) verheiratet worden war, gegangen. Die Ehe sei wirksam, urteilte damals das OLG. Daher dürfe das als Vormund bestellte Jugendamt nicht über den Aufenthalt des Mädchens bestimmen. Der „Fall“ betraf ein geflüchtetes syrisches Paar, das 2015 nach Deutschland gekommen war.
Ergänzung: In dieses System passt eine andere, mit dem Islam begründete Praxis: die Genitalbeschneidung. Letztere ist in Deutschland seit 2013 qua Strafgesetzbuch (StGB 226a) verboten. Dennoch scheint diese grausame Verstümmelungspraxis auch in Deutschland zuzunehmen. Die damalige Bundesfamilienministerin Giffey sprach im Juni 2020 von 67.706 Fällen verstümmelter Frauen und Mädchen und von einer Zunahme seit 2017 von rund 40 Prozent. Die Zahl der Genitalbeschneidungen bei Mädchen bezifferte Giffey damals – je nach Erfassungsmethode – auf 2.785 bis 14.752.
All dies mitten in Deutschland, das vor lauter „kultursensibler Toleranz“ in Teilen in ein archaisches Mittelalter zurückfällt! Die von einer Annalena Baerbock angekündigte „feministische Außenpolitik“ wird daran nichts ändern.