Jamshid Sharmahd steht in einer langen Reihe von Festnahmen oppositioneller Doppelstaatler oder Deutscher im Iran, die gegen im Ausland verurteilte Iraner eingetauscht werden. Der zuletzt in den USA lebende Softwareentwickler und Exil-Oppositionelle war vor vier Jahren beim Dubai-Zwischenstopp einer Geschäftsreise von iranischen Geheimdienstagenten verschleppt worden. Er erlitt Folter, die in einem dadurch abgepressten „Geständnis“ und einem Todesurteil mündeten – nach einem Schauprozess wegen Terrorvorwürfen.
Als Antwort auf die erneuten Sanktionen, die Deutschland gegen den Iran wegen der gewaltsamen Niederschlagung von Protesten 2023 verhängte, wurde hingegen Sharmahds Todesurteil von einem Gericht bestätigt, der schwedische Staatsbürger Habib Chaab hingerichtet sowie vier der Demonstranten. Sein Schicksal geriet in einem Strudel von Exekutionen und damit in Vergessenheit.
Bei der Bundespressekonferenz 2023 gab der Regierungssprecher Steffen Hebestreit zu, dass sich der Bundeskanzler nicht für Sharmahd einsetzt. Der Fall liege im Außenministerium. Von dort hieß es, es gebe ein Sondereinsatzteam und der deutsche Botschafter sei in Teheran vorstellig geworden. Offensichtlich etwas halbherzig.
Deutsche sollen selbst ihre Geiselnahmen verhindern
Gazelle Sharmahd, die unermüdlich für die Freilassung ihres Vaters eintrat, bezeichnete in einem Post auf der Plattform X die Regierungen von Deutschland und den USA als „korrupt und inkompetent“. Es wirkt allerdings auch wenig überzeugend, dass Bundeskanzler Scholz die Hinrichtung „auf das Schärfste“ verurteilt und bemängelt, Sharmahd habe nicht einmal die Gelegenheit erhalten, sich im Prozess gegen die gegen ihn erhobenen Vorwürfe zu verteidigen. Damit legitimiert er nachträglich den Schauprozess.
Der Iran will mit den Maßnahmen gegen Oppositionelle vor allem dokumentieren, dass sie in keinem Staat der Welt dauerhaft vor seinem Zugriff sicher sind. Sie sind genauso wehrlos wie jene iranischen Frauen, die auf den Straßen demonstrieren und denen gezielt mit Gummigeschossen ein Auge zerstört wird. Das Schicksal der jungen Studentin Ahoo Daryaei, die sich vor kurzem aus Protest gegen die Bedrängung durch die Sittenpolizei bis auf die Unterwäsche entkleidete, steht für sich. Sie wurde wegen ihrer „psychischen Labilität“ in ein Zentrum für Spezialbehandlungen eingewiesen.
Sharmahd war eine politische Geisel, die für einen Austausch geplant war, wie die anderen, der im Iran derzeit inhaftierten Doppelstaatler, deren genaue Anzahl von der Bundesregierung nicht bestätigt wird. Sie hoffen auf eine „stille Diplomatie“, die sie weltweit zur Ware in politischen Deals werden lässt. Die Warnung des Auswärtigen Amtes Anfang November, Deutsche und Doppelstaatler sollten jetzt den Iran verlassen um weitere Geiselnahmen zu verhindern, ist ein Zeugnis der Hilflosigkeit diplomatischer Bemühungen.
Deutlich wird, dass die Berliner Regierung mehr Druck aus der Öffentlichkeit benötigt, um nicht einfach zur Tagesordnung überzugehen, sondern sich ernsthaft für die Freilassung noch Inhaftierter einzusetzen. Wenn jetzt zur Gesichtswahrung drei iranische Generalkonsulate geschlossen werden, ändert das an der bitteren Realität misslungener Geisel-Deals nichts.