Im Mai 2003 titelte der Tagesspiegel „Verwandte Eltern vererben doppeltes Gesundheitsrisiko. Studien belegen höhere Zahl von Totgeburten und Behinderungen.“ Im Februar 2007 war in der WELT unter dem Titel „Inzest. Wenn der Cousin mit der Cousine schläft“ zu lesen: „Immer mehr Kinder im Stadtteil Neukölln kommen mit angeborenen Behinderungen zur Welt. Als Grund wird die Folge von Verwandtenehen vermutet. Die Ehe zwischen Verwandten unter türkischen und arabischen Migranten ist weit verbreitet und ein Tabuthema.“ Im September 2011 schrieb die Tageszeitung (taz) ebenfalls unter dem Titel Inzest: „Es gibt zahlreiche wissenschaftliche Studien, die belegen, dass Inzestkinder von Eltern, auch wenn diese selber keine Krankheit haben, mit deutlich höherer Wahrscheinlichkeit an schweren angeborenen Krankheiten leiden als Kinder von nicht verwandten Ehen … Am weitesten verbreitet sind Verwandtenehen im Nahen Osten, in Ländern, in denen der Islam praktiziert wird. Zu diesem Ergebnis kommt eine Untersuchung des australischen Centre for Comparative Genomics.“
In Deutschland sei es laut taz schwer, „Statistiken oder belastbares Zahlenmaterial zu Verwandtenehen zu finden.“ Gleichwohl deuteten Untersuchungen einzelner Mediziner darauf hin, dass Kinder aus Ehen unter Verwandten „häufiger unter Erbkrankheiten, Epilepsie, Schwerhörigkeit oder Muskelschwund“ leiden. Ein Problem bestehe laut WELT und taz außerdem darin, dass diese Zusammenhänge insbesondere in muslimischen Familien in hohem Maße tabuisiert seien. Häufig werde nicht die Verwandtenehe, sondern das „schlechte Blut“ der Mutter für die Behinderungen verantwortlich gemacht.
Es ist nicht bekannt, dass diese Berichte vor Jahren in der Öffentlichkeit zu ähnlichen Reaktionen geführt haben, wie eine kleine Anfrage der AfD-Fraktion im Bundestag vom 12. März 2018 zum Zusammenhang von Verwandtenehen, Behinderungen und Migration. Die AfD bat unter Verweis auf die genannten Zeitungsberichte und die dort geschilderten Zusammenhänge unter anderem um Auskunft, wie „sich nach Kenntnis der Bundesregierung die Zahl der Behinderten seit 2012 entwickelt, insbesondere die durch Heirat innerhalb der Familie entstandenen.“ Außerdem wollte sie wissen, wie viele der Behinderten einen Migrationshintergrund haben. Das genaue Motiv der Anfrage wird in dieser nicht weiter beschrieben, es liegt aber nahe, dass die AfD-Fraktion damit das Ziel verfolgt, einen möglichen Zuwachs behinderter Kinder in einen Zusammenhang mit dem massiven Zustrom von Asylbewerbern aus muslimischen Ländern zu stellen. Diesen Zusammenhang konnte die Bundesregierung in ihrer Antwort an die AfD-Fraktion aber weder bestätigen noch dementieren, da laut Bundesinnenministerium Daten zum Familienstand der Eltern von Kindern mit Behinderungen, wie schon die taz berichtete, bis heute statistisch nicht erhoben werden.
Achtzehn Wohlfahrtsverbände sahen sich aufgrund der Anfrage nun veranlasst, in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung (FAS) vom 22. April 2018 unter dem Titel „Es geht uns alle an: Wachsam sein für Menschlichkeit“ der AfD in einer halbseitigen Anzeige vorzuwerfen, sie suggeriere mit ihrer Anfrage „in bösartiger Weise einen abwegigen Zusammenhang von Inzucht, behinderten Kindern und Migrantinnen und Migranten.“ Dies erinnere „an die dunkelsten Zeiten der deutschen Geschichte, in denen Menschen mit Behinderung das Lebensrecht aberkannt wurde und sie zu Hunderttausenden Opfer des Nationalsozialismus wurden.“ Die achtzehn Wohlfahrtsverbände sagten daher „Nein zu jeder Abwertung von Menschen mit Behinderung und zu jeglicher Form des Rassismus.“
Angesichts offenkundiger Fehlentwicklungen und negativer Begleiterscheinungen bei der Zuwanderung von Muslimen in die deutsche Gesellschaft laufen die Denk- und Untersuchungsverbote allerdings zusehends ins Leere. So sollen zum Beispiel, wie der Fraktionsvorsitzende von CDU/CSU im Bundestag, Volker Kauder, am 22. April bei Anne Will vor einem Millionenpublikum verkündet hat, demnächst die stark zunehmenden antisemitischen Handlungen an Schulen, gemeldet und statistisch erfasst werden. Dann ließe sich statistisch auch leicht überprüfen, ob es signifikante Unterschiede zwischen Schulen mit geringem oder hohem Migrantenanteil gibt. Ähnliches gilt für die Kriminalitätsstatistik, bei der inzwischen ausgewiesen wird, woher einzelne Tätergruppen stammen. Die mediale Tabuisierung bestimmter, mit der Massenzuwanderung einhergehender gesellschaftlicher Probleme gelingt so zusehends weniger. Das erhöht und stabilisiert nicht zuletzt auch den Zuspruch und die Unterstützung, die die AfD inzwischen in breiten Wählerschichten verzeichnet.
Dies scheint Ulrich Schneider, seit 2016 Mitglied der Partei Die Linke und Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbandes so sehr zu beunruhigen, dass er sich, wie Zeit online vom 22. April berichtet, gegenüber den Mitgliedern seines Verbandes und anderen Wohlfahrtsverbänden für einen Strategiewechsel beim Umgang mit der AfD ausspricht. Gemeint ist wohl eher ein Wechsel im taktischen Vorgehen gegenüber der AfD, um das unveränderte strategische Ziel, diese Partei wieder aus dem Bundestag zu verdrängen, eher zu erreichen. „Wir waren“, so Schneider, bislang „sehr vorsichtig und haben gesagt: jegliche Provokation der AfD, auf die man eingeht, macht sie stärker – wir haben aber festgestellt, dass sie auch stärker wird, wenn man nicht reagiert.“
Das macht nicht nur Schneider ziemlich ratlos. Deswegen nun die Anzeige, die vermutlich vor allem auf sein Betreiben zustande gekommen ist. Ob es den beteiligten Verbänden mit der neuen Taktik gelingt, der AfD das Wasser abzugraben, darf wohl eher bezweifelt werden. Mit ihrer völlig überzogenen Anzeige haben die achtzehn Wohlfahrtsverbände vermutlich mehr als die AfD-Fraktion mit ihrer Anfrage dafür gesorgt, dass das vor Jahren von einigen Printmedien aufgegriffene Thema Behinderungen als Folge muslimischer Verwandtenehen erneut zu einem öffentlichen Thema werden könnte. Die von der AfD intendierte Politisierung dieses Themas könnte so gelingen, obwohl es dazu möglicherweise gar nicht taugt. Das ahnen und befürchten wohl auch Medien wie zum Beispiel DIE ZEIT, die FAZ oder Die Welt. In ihren Berichten über die Anfrage der AfD-Fraktion und die Anzeige der Wohlfahrtsverbände geben sie nämlich nur den Euthanasie-Vorwurf gegenüber der AfD wieder, ohne auf die Berichte über Verwandtenehen und Behinderungen als ihre Folgen überhaupt einzugehen. Was für die medialen Fürsprecher von Merkels „Willkommenskultur“ vor der Grenzöffnung 2015 noch ein Thema war, ist es für sie offenkundig inzwischen nicht mehr. So funktioniert heute politisch korrekter Journalismus.