Tichys Einblick
„Wir schaffen das“, der Farce zweiter Teil

Bewusst untätig im Sinne der Migration?

Was Angela Merkel tatsächlich geschafft hat, konnte man zum Beispiel am Samstag im ICE von Regensburg nach Passau besichtigen oder am 25. Juni in Würzburg, oder 2016 auf dem Berliner Weihnachtsmarkt. Und am Migrantenstrom über Weißrussland und Polen nach Deutschland.

IMAGO / Ralph Peters

Wenn der weißrussische Diktator Lukaschenko Migration als Waffe zur Destabilisierung Deutschlands einsetzt, kann er sich allem Anschein nach der stillschweigenden Akzeptanz der Merkel-Regierung sicher sein. Die Aktivitäten des deutschen Innenministers Horst Seehofer beschränken sich bisher – zumindest in dem, was sich öffentlich wahrnehmen lässt – darauf, die Zustände an der polnischen Grenze zu Weißrussland zuzulassen, ohne den Polen zu helfen, und in der Peinlichkeit, hilflos an Brüssel zu appellieren. Dabei müsste der deutsche Innenminister doch wissen, dass aus Brüssel keine Hilfe zu erwarten ist, wo man doch in Brüssel grenzenlose Migration einfach wunderbar findet.

Zur Erinnerung: Die schwedische EU-Kommissarin Ylva Johansson forderte schon in einem Interview mit der Welt am Sonntag mit Blick auf Bidens Afghanistan-Desaster „alle EU-Länder auf, ihre Quoten für Umsiedlungen von Flüchtlingen innerhalb des UNHCR-Programms zu erhöhen“. Wie kann Polen auch Hilfe von einer Ylva Johansson erwarten, die vor ihrem Wechsel zur schwedischen Sozialdemokratie der eurokommunistischen Linkspartei angehört hatte. Seit ihrem Wechsel verstärkt die Ex-Kommunistin den linken Flügel der schwedischen Sozialdemokraten.

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Wenn Johansson in dem Interview forderte, dass sich 2015 nicht wiederholen dürfe, dann hat sie damit wohl nicht die Masseneinwanderung gemeint, sondern die politischen Proteste gegen die Zerstörung der nationalen Souveränität der Staaten, in deren Ermessen es liegt, wen sie und wie viele Migranten sie woher aufzunehmen gedenken. Mit dem Satz, dass sich 2015 nicht wiederholen dürfte, verbindet die EU-Administration offensichtlich nicht, Grenzen zu schließen, sondern stattdessen sichere und legale Wege nach Europa, nach Deutschland zu schaffen.

Wörtlich sagte Johansson: „Dieser Schutz sollte in legaler, sicherer und geordneter Weise gewährt werden innerhalb des Umsiedlungsprogramms des Flüchtlingshilfswerks der Vereinten Nationen (UNHCR). Wir möchten nicht, dass sich Menschen aufmachen zu gefährlichen Reisen, bei denen Menschenschmuggler die Not der Menschen ausnutzen. Darum rufe ich alle EU-Länder auf, ihre Quoten für Umsiedlungen von Flüchtlingen innerhalb des UNHCR-Programms zu erhöhen.“

Lukaschenko hat nichts anderes getan, als genau diesem Willen der EU-Kommissarin zu entsprechen, wenn er in groß angelegter Logistik mittels Flügen Migranten in wachsender Zahl ins Land holt, um sie sicher bis zur polnischen Grenze zu bringen. Der sichere Transfer der Migranten in die Um- und Ansiedlungsgebiete obläge dann der EU. Man wundert sich, dass Lukaschenko in Brüssel noch keine Aufwandsentschädigung eingereicht hat. Jedenfalls sind damit Johanssons sichere Fluchtwege zur Realität geworden.

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Da die Zeit schnelllebig und das Vergessen rasant ist, worauf Politiker nicht zu Unrecht setzen, sei daran erinnert, dass man in Schweden zeitweilig schon erwog, die Armee einzusetzen, weil die Polizei sich nicht mehr in der Lage sah, der Qualität, die Straftaten aus dem migrantischen Milieu erreichten, Herr zu werden. Hat Ylva Johansson die Tränen der damaligen schwedischen Vize-Regierungschefin Åsa Romson, die den schwedischen Grünen angehörte, vergessen, als sie im November 2015 der Presse erklären musste, dass Schweden die Grenzen für Migranten schließen müsse? Nach 80.000 Flüchtlingen im September und Oktober 2015 zogen die Schweden die Notbremse. Das Asylrecht wurde verschärft, das Bleiberecht wurde eingeschränkt, der Familiennachzug unter weitere Prüfungen gestellt. Aber es geht nicht um Schweden, sondern um Deutschland.

Da ohnehin die Mehrzahl der Migranten, die Lukaschenko einfliegen lässt, den deutschen Sozialstaat als Ziel vor Augen hat, muss die EU-Administration nichts tun, wozu auch gehört, Polen nicht beim Schutz seiner Grenzen zu unterstützen. Statt dessen macht die EU-Administration Polen und Deutschland lächerlich, wenn sie einerseits Sanktionen gegen Weißrussland verschärfen will und anderseits die Hilfe der EU-Grenzschutzagentur Frontex, der Asylbehörde Easo und der Polizeibehörde Europol bei der Registrierung von Migranten und der Bearbeitung von Asylgesuchen anbietet – mit einem Wort, das ihrige zu tun, um Polen zu hindern, die Migranten an der Grenze abzuweisen und die polnische Grenze, die eine EU-Außengrenze ist, zu schützen.

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Hofft der deutsche Innenminister Horst Seehofer allen Ernstes darauf, dass seine schwachen Appelle an die EU-Kommission erhört werden? Verlässt er sich auf die Deutschkenntnisse der Ultra-Kurzstreckenfliegerin Ursula von der Leyen? Nicht die EU-Kommission, auch nicht Horst Seehofer, und auch Angela Merkel nicht, können sich herausreden, von der Entwicklung überrascht worden zu sein, denn diese Entwicklung zeichnete sich in einem genügend langen Zeitraum ab. Entweder hat man diese Entwicklung ignoriert oder sie wird klammheimlich von der EU-Kommission befürwortet.

Selbst wenn der deutsche Innenminister vergessen haben sollte, dass ihm die Bundespolizei untersteht, zu deren zentralen Aufgaben der Grenzschutz gehört, so hätte sich Horst Seehofer in einer guten Minute daran erinnern können, dass er zugleich Bauminister ist. Er hätte wirksam die Polen beim Bau des Grenzzaunes, bei der wirkungsvollen Grenzbefestigung unterstützen können, wenn er denn wollte.

Aber wieso sollte er auch wollen, wo doch seine Regierungschefin sich gerade reichlich Selbstlob spendet, wie großartig ihr das Jahr 2015 gelungen ist und wie sie es „geschafft“ hat. Was Angela Merkel tatsächlich geschafft hat, konnte man zum Beispiel am Samstag im ICE von Regensburg nach Passau besichtigen oder am 25. Juni in Würzburg, oder 2016 auf dem Berliner Weihnachtsmarkt. Katrin Göring-Eckardt, die es zwar nicht zu einem Studienabschluss, dafür aber zu einem Leben im Apparat der grünen Partei und bestens alimentiert vom deutschen Steuerzahler in den Bundestag geschafft hat, die sich 2015 auf die drastische Veränderung Deutschland freute, dürfte sich angesichts der Vorgänge an der polnisch-weißrussischen Grenze vor Freude kaum fassen, weil uns doch wieder Menschen „geschenkt“ werden, diesmal vom weißrussischen Diktator – und sogar auf sicheren Fluchtwegen. Nur müssen aus ihrer Sicht die menschenverachtenden Zurückweisungen durch die „bösen“ Polen unterbleiben.

Es ist billig gefordert, denn weder Katrin Göring-Eckardt, noch Horst Seehofer, noch Angela Merkel werden mit dem konfrontiert, was sie den Bürgern dieses Staates zumuten mit den Folgen ihrer Politik.


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