Die SPD fordert in ihrem Wahlprogramm, dass die Abgeltungssteuer abgeschafft werden soll. Näheres wird dort nicht ausgeführt. Dort heißt es nur pauschal: „Wir wollen Einkommen aus Arbeit und Kapital wieder gleich besteuern, indem wir die Abgeltungsteuer abschaffen.“
Zum Hintergrund: Die Abgeltungssteuer wird seit 2009 für Zinseinkünfte und Dividenden erhoben. Das Gros, rund Dreiviertel der Steuereinnahmen aus der Abgeltungssteuer, stammt aus Dividenden. Da die Zinsen immer weiter Richtung Null gesunken sind, kommt den Steuereinnahmen aus der Abgeltungssteuer für Zinserträge eine immer geringere Rolle zu. Angesichts sprudelnder Unternehmensgewinne sind dagegen die Steuereinnahmen aus Dividenden erheblich gestiegen.
Die SPD argumentiert immer wieder, es sei „ungerecht“, dass Arbeitseinkommen höher besteuert werde als Einkommen aus Kapital. Auf den ersten Blick ist das plausibel. Denn während die Abgeltungssteuer für Dividenden 25% beträgt, beträgt der Höchstsatz bei der Einkommensteuer 45% – jeweils plus Soli. Hie 25%, dort bis zu 45%: Für jemanden, der von Steuern keine Ahnung hat, muss das in der Tat „ungerecht“ erscheinen. Das finden auch Sozialdemokraten, Linke, Grüne und Teile der Union.
„Ungerechtigkeit“ – eine Erfindung
In Wahrheit ist jedoch die Steuerbelastung für einen sehr gut verdienenden Unternehmer, dem eine GmbH gehört, heute keineswegs niedriger als für eine Privatperson, die dem höchsten Steuersatz unterliegt. Denn bevor der Unternehmer eine Dividende ausschüttet und versteuert, hat er bereits auf Ebene des Unternehmens Körperschaftssteuer und Gewerbesteuer gezahlt. Beide zusammen betragen, inklusive Soli, etwa 30 Prozent.
Zwei Drittel des Gewinns wegbesteuert
Der Welt-Chefredakteur schreibt am 23. Juni auf Seite 1 einen Kommentar, in dem er unter der Überschrift: „Respekt für die SPD“ meint: „Die SPD hat ein maßvolles Steuerprogramm vorgestellt, das in feiner Rechenarbeit potenziellen Wählern sagt, woran sie sind.“ Genau das Gegenteil ist richtig. Was die SPD genau will, weiß man gerade nicht. In ihrem Programm fordert sie die Abschaffung der Abgeltungssteuer. Wenn man die Abgeltungssteuer abschafft, müsste man zu dem bis 2008 geltenden Halbeinkünfteverfahren zurückkehren. Davon ist jedoch bei der SPD nicht die Rede.
Was bringen mehr Steuern auf Null Zinsen?
Will die SPD das? Oder will sie künftig, dass Dividenden weiter der Abgeltungssteuer unterliegen und diese nur für Zinseinkünfte abgeschafft wird? Das würde dem Staat bei gegen Null gehenden Zinsen jedoch kaum Einnahmen bringen. Und warum sollte man Sparer, die durch die Niedrigzinspolitik (von der der Staat massiv profitiert) ohnehin gestraft sind, jetzt auch noch von den Minizinsen mehr Steuern abknöpfen? Es wäre wirklich perfide, wenn die SPD sich überlegt, wie man Sparer, die unter der Niedrigzinspolitik leiden, durch Steuererhöhungen noch besser schröpfen kann. Und unerhört wäre es, wenn sie Dividendeneinkünfte künftig mit dem persönlichen Steuersatz besteuern würde.