„Volt“ kennen die meisten als Maßeinheit für die elektrische Spannung. Seit 2017 gibt es aber auch die politische Partei „Volt“. Bei der Europawahl in diesem Jahr – wo es keine Fünf-Prozent-Hürde gab – zog die Gruppe mit immerhin fünf Abgeordneten ins EU-Parlament ein: drei aus Deutschland, zwei aus den Niederlanden.
Mit ihrem Stimmenanteil von 2,6 Prozent ist Volt eine Kleinstpartei. Dafür hat sich der nach eigenem Selbstverständnis „progressive“ Klub einen großen Gönner angelacht – einen sehr großen: Ein einziger Spender hat der Partei im laufenden Jahr weit über eine Million geschenkt, genau 1.275.000 Euro. Im vergangenen Jahr war schon einmal eine Viertelmillion geflossen.
Der Geldgeber ist noch unbekannter als die Partei: Thadaeus Friedemann Otto, 29 Jahre jung und in Goslar geboren. Der junge Mann hat offenbar ein Studium der Bildenden Künste abgebrochen und macht Musik, als Rapper hat er sich den Künstlernamen Alo Thadeus zugelegt. Der Erfolg ist mäßig: Weniger als 8.500 Hörer hat er monatlich auf der Streamingplattform Spotify. „Meine Karriere verläuft grauenhaft“, sagt er selbst.
Über Geschmack kann man ja nicht streiten. Aber nicht jeder, der sich zum Beispiel das Werk „Lost The Night“ anhört, wird sich über den sehr überschaubaren Publikumszuspruch übermäßig wundern.
Zum Glück muss Thadaeus Friedemann Otto nicht von seiner Arbeit leben, denn er hat geerbt. Viel geerbt, sehr viel. Das Familienunternehmen Haflinger in Goslar hat seit 1989 mit Hausschuhen aus Filz ein Vermögen gemacht. Die Mutter vermachte Otto wohl einen beträchtlichen Teil davon.
Mit dem Geld könnte man ein eigenes Unternehmen gründen und aufbauen, Arbeitsplätze schaffen, Familien ernähren, aktiv und konstruktiv an der Mehrung des Wohlstands aller und an der Weiterentwicklung der Gesellschaft mitwirken. Man könnte sich mit seinem Erbe einen eigenen Platz in der Gesellschaft und im Leben erarbeiten.
Oder man verschenkt es an eine linke Kleinstpartei.
Inhaltlich ist Volt ein Ableger der Grünen: Man fordert den Ausbau der EU zu einem zentralistischen Bundesstaat, ist radikal klimabewegt und vertritt eine mindestens sozialdemokratische Position zum Wohlfahrtsstaat. Folgerichtig haben sich die fünf Volt-Abgeordneten in Brüssel auch der Grünen-Fraktion angeschlossen.
Organisatorisch hat man gerade arg zu knabbern. Um zur Bundestagswahl am 23. Februar 2025 zugelassen zu werden, benötigt die Partei demnächst insgesamt gut 27.000 Unterstützungsunterschriften aus ganz Deutschland. Es ist nicht sicher, dass sie das schafft.
Finanziell dagegen schwimmt Volt Deutschland gerade oben. Im laufenden Jahr hat man 535.814,13 Euro an größeren Spenden (über 3.000 Euro) eingenommen – ohne Otto. Der allein hat nochmal deutlich mehr als doppelt so viel in die Parteikasse gespült wie alle anderen größeren Spender zusammen.
„Zusammenarbeit, Demokratie und Menschlichkeit“ sei ihm wichtig, sagt der Möchtegern-Rapper. Deshalb wolle er Volt auch weiter unterstützen: „Mit allem, was ich habe.“
Das erinnert an die BASF-Nachfahrin Marlene Engelhorn. Die 32-Jährige weiß auch nichts Vernünftiges mit ihrem Millionen-Erbe anzufangen. Also hat sie es verschenkt – natürlich mit einer enorm großen Wohltäter-Geste und unter Beschwörung des Antikapitalismus. Auch Carla Reemtsma und Luisa Neubauer, beide Nachfahren aus dem Zigaretten-Clan, haben sich statt für ehrliche Arbeit und einen sinnvollen Einsatz ihres Erbes bekanntlich dafür entschieden, ihr Leben dem „Aktivismus“ zu widmen.
Das kann man tun in einem freien Land. Man muss es sich halt nur auch leisten können.
Die Liste der Berufs-Aktivisten aus wohlhabendem Hause ließe sich nahezu endlos fortsetzen. Carola Rackete gehört natürlich auch dazu. Sie ist jetzt auch offiziell unter die Berufspolitiker gegangen und sitzt für die „Linke“ im EU-Parlament.
Thadaeus Otto mit seinen gut anderthalb Millionen ist übrigens keineswegs der größte Einzelspender einer Partei in diesem Jahr. Sogar mehr als fünf Millionen Euro haben Lotte Salingré und ihr Ehemann, der Unternehmensgründer Thomas Stanger, dem „Bündnis Sahra Wagenknecht“ (BSW) gegeben. Hier – genau wie bei Volt – stellt sich schon die Frage, welche Auswirkungen auf die Inhalte es hat, wenn eine Partei von einem Spender so abhängig ist.
Aber Salingré und Stanger – anders als Otto – spenden zumindest selbstverdientes Geld.