Tichys Einblick
Ideologische Schieflage

Verstörend, wie Baerbock blind Hamas-Propaganda übernimmt und die Opfer verhöhnt

Im Netz tobt ein Kampf der Narrative zwischen Diktaturen und Demokratien. Offenbar steht Annalena Baerbock dabei auf der falschen Seite. Denn während sie die Israelis in ihrer Instagram-Story einer ausführlichen Kritik unterzieht, verliert sie kein einziges kritisches Wort über die palästinensische Führung.

picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Leo Correa

Im Interview in der aktuellen Ausgabe des Spiegel rechtfertigt Bundesaußenministerin Annalena Baerbock aktuell ihre Online-Aktivitäten. Das Magazin spricht die Grünen-Politikerin darauf an, dass sie viele Ressourcen „in schöne Bilder und Social-Media-Aktivitäten“ stecke. In ihrer Antwort bezeichnet Baerbock das als „moderne Diplomatie“ und erklärt: „In einer Welt, in der Demokratien von Autokratien herausgefordert werden, sind wir auch in einem globalen Wettbewerb der Narrative“. Und der wird eben auch und gerade im Netz ausgefochten.

Wo Baerbock Recht hat, hat sie Recht. Nur bekommt man ganz aktuell den Eindruck, dass die Ministerin in diesem Spiel ausgerechnet die falschen Narrative befeuert. Zum elften Mal seit dem Hamas-Massaker am 7. Oktober ist sie gerade im Nahen Osten unterwegs gewesen. Die Zahl wird vom Auswärtigen Amt auf der eigenen Website verkündet. Baerbock scheint ihre Nahost-Reisen mittlerweile als einen Art sportlichen Wettbewerb zu begreifen.

Schnell wird es belehrend

Viel herumgekommen ist dabei bisher nicht, außer die immer gleichen Phrasen („Völkerrecht“, „Waffenstillstand“, „Freunde Israels“) und eben ein paar schöne oder weniger schöne Tweets und Fotos für Instagram. Durch die aktuelle Fotoreihe („Story“) Baerbocks habe ich mich einmal durchgeklickt – und muss mich doch sehr wundern (naja, ehrlicherweise verwundert das alles nicht mehr wirklich).

Was ist mein Problem? Zunächst berichtet Baerbock beziehungsweise ihre Mitarbeiter von einem Treffen mit israelischen Geiselangehörigen: „Hier treffe ich Angehörige, deren Kinder, Geschwister, Partner, Eltern von der Hamas verschleppt wurden.“ Dazu ein Bild, wie Baerbock eine Frau umarmt. Kurz hat man den Eindruck, als ginge es darum, aus dem unermesslichen Geisel-Leid ein bisschen persönlichen Fame zu ziehen. Dennoch: soweit, so gut erst einmal.

Danach allerdings wird es schräg: Baerbocks Account berichtet vom Gespräch mit Israels Außenminister Israel Katz. Schnell bricht sich ein belehrender Ton Bahn: Die Ermordung von sechs israelischen Geiseln durch die Hamas in der vergangenen Woche zeige doch, dass „ein rein militärische Vorgehen“ Israels in Gaza „keine Lösung“ sei. „Im Gegenteil. Es gefährdet auch das Leben der Geiseln.“ Israel solle jetzt alles für einen humanitären Waffenstillstand unternehmen. Alle anderen Erwägungen seien „nachrangig“.

Baerbock weiß es mal wieder besser

Damit nicht genug: Baerbock kritisiert auch die jüngste, ziemlich intensive israelische Anti-Terror-Operation im Westjordanland: „Terror bekämpft man nicht durch immer noch mehr Tote, durch aufgerissene Straßen und zerstörte Stromleitungen.“ Außerdem sei es „unverantwortlich, wenn Teile der israelischen Regierung eine Stärkung der Palästinensischen Autonomiebehörde als ‚Belohnung für Terrorismus‘ brandmarken“. Denn Baerbock weiß besser: „Nur mit glaubhaften Schritten zu einem palästinensischen Staat wird sich der Terrorismus auf Dauer bekämpfen lassen.“

Nun gut – das sieht die ganz überwiegende Mehrheit der Israelis völlig anders. Einen palästinensischen Staat wünscht sich hier nur noch eine kleine Minderheit. Aber die meisten Israelis kommen ja auch nicht wie Baerbock „vom Völkerrecht“ – die leben nur in der Region und haben über Jahrzehnte den Charakter des palästinensischen Terrors in einer unfreiwilligen „Feldstudie“ mit eigener Beteiligung kennengelernt.

Wie dem auch sei: Baerbock fährt dann weiter nach Ramallah in die Palästinensergebieten – Vertreter der Palästinenser treffen. Und jetzt wird es wirklich problematisch. Denn während Baerbock die Israelis in ihrer Instagram-Story einer ausführlichen Kritik unterzieht, verliert sie kein einziges kritisches Wort über die palästinensische Führung. Schlimmer noch: Sie macht sich sogar zum kritiklosen Sprachrohr palästinensischer Narrative.

Ministerin gibt kritiklos palästinensische Aussagen wieder

Zu einem Gespräch mit dem palästinensischen Premierminister Mohammed Mustafa erklärt die Ministerin lobend, die Palästinensische Autonomiebehörde bleibe „bei ihrem Reformprogramm“. Ein „Reformprogramm“ völlig korrupter Strukturen, an das in der Region und auch in den Palästinensergebieten wohl nur die wenigsten glauben.

Dann trifft sich Baerbock mit Palästinensern, die ihr vom Leid berichten, das die israelischen Siedlungen verursachten. „Einige Anwohner zeigen mir, wie sich der israelische Siedlungsbau immer näher an ihre Wohngegend heran frisst. Einer sagt: ‚Wenn mein Stück Land beschlagnahmt wird, bei wem kann ich mich dann beschweren?“ Antwort: Möglicherweise an den Obersten Gerichtshof Israels – davon schreibt Baerbock natürlich nichts.

Anschließend zieht sich über mehrere Fotos das Thema der Gewalt von einzelnen israelischen Siedlern gegen Palästinenser. Baerbock gibt dazu weitere Aussagen von Palästinensern an ihre Follower weiter: „‚Ein Siedler kann auf eigene Faust eine Ausgangssperre über das ganze Dorf verhängen‘, sagt ein Bewohner.“ Ob die Ministerin dazu einen Faktencheck hat machen lassen?

Das ist keine Diplomatie mehr

Stellen Sie sich einmal folgendes Szenario vor: Baerbock würde einmal eine israelische Siedlung besuchen – sagen wir Psagot, das direkt neben Ramallah liegt. Hier würde man ihr an einem Aussichtspunkt erklären, dass sich nicht die israelische Siedlung an Ramallah herangefressen hat, sondern Ramallah an die Siedlung. Würde sie dann zur Siedlung Elon Moreh nahe Nablus weiterfahren, so würde man sie dort auf zerstörte Felder verweisen, die von Palästinensern in Brand gesteckt wurden.

Die beiden Beispiele habe ich nicht zufällig gewählt, sondern sie stammen aus eigener Anschauung. Das entscheidende nun: Erstens würde Baerbock natürlich niemals in die Siedlungen fahren. Und zweitens würde sie die Erzählungen der Siedler dann ganz sicher nicht einfach so an ihre fast 600.000 Follower weitergeben – obwohl sie nicht minder plausibel sind als die palästinensische Perspektive.

Das zeigt, welche Schieflage auf Baerbocks Instagram-Account regiert. Nolens volens macht sich die Ministerin hier zum Instrument einseitiger palästinensischer Narrative. Das, liebe Frau Baerbock, ist keine Diplomatie mehr – im schlimmsten Fall ist es sogar Propaganda.

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