Thüringen hat gewählt, Sachsen hat gewählt. Das Ergebnis ist eindeutig und nicht überraschend, weil das Erwartete eintrat. Jedes andere Wahlergebnis hätte eine Überraschung, wenn nicht Ärgeres bedeutet.
Die Wahlsieger heißen AfD und BSW, die Verlierer sind die Ampelparteien: Grüne, FDP und SPD. Und die CDU? Die CDU verkauft ihre Miniverluste und Minigewinne als Siege. Doch die Wahrheit lautet, dass die Union bei einem so schwachen Gegner, wie es die Ampel-Parteien sind, ganz andere Siege hätte einfahren müssen. Warum es ihr nicht glückte, liegt an der falschen politischen Taktik, dass sie durch ihre gekrümmte Haltung hinter der grünen Brandmauer irgendwie auch Teil der Ampel ist oder sich zumindest als solche empfindet. Solange die Union in dieser zwar politisch ängstlichen, aber menschlich überheblichen Haltung verharrt, wird sie auf ihrem 30 % Berg veröden, mehr wird es nicht wirklich, sieht man von Bewegungen im 1 % Bereich ab, weniger kann es werden, wird es werden, trotz rasendem Stillstand bei der Union, trotz leerer Geschäftigkeit.
In Thüringen hat die stärkste Partei, wie es Brauch ist, hat die AfD die CDU und das BSW zu Sondierungsgesprächen eingeladen. Es liegt an der CDU, die Einladung anzunehmen und offen in Gespräche einzutreten. Sollte die CDU die Einladung ausschlagen oder nur ein Scheingespräch führen, würde sie damit nur bestätigen, dass die CDU in ihrer Gesamtheit sich in der Babylonischen Gefangenschaft der Grünen eingerichtet hat, denn im Wesentlichen ist die Brandmauer die politische Überlebensgarantie der Grünen, nicht mehr und nicht weniger. Der Parteitagsbeschluss, hinter der sich die CDU ganz gegenüber der AfD und halb gegenüber den Linken verschanzt, bedarf der Revision, weil er nicht mehr zeitgemäß ist.
Eine aktuelle Umfrage sieht die Grünen im Bund bei 10,5 % und die AfD bei 19 %, die CDU bei 31,5 % und die SPD bei 15 %, BSW kratzt mit 9,5 % an der Zweistelligkeit. Und die FDP wäre mit 4,5 % draußen. Beunruhigender dürfte für die Grünen die Tatsache sein, dass sich der Trend der Europawahl bestätigt, dass ihnen die Jungen davon-, und oft zur AfD laufen – und zwar in Scharen. In Thüringen haben 38 % der Wähler zwischen 18 und 24 die AfD gewählt, die ewigen Berufsjugendlichen von den Grünen aber nur 5 %. Ganze 8 % haben die Grünen in dieser Altersgruppe an Wählern verloren. In Sachsen haben 31 % der Wähler in dieser Altersgruppe der AfD ihre Stimme gegeben. Wer will schon, wenn er jung ist, eine so humorlose, verspießerte Verbotspartei wie die Grünen wählen. Hermann Binkert, Chef des Meinungsforschungsinstituts INSA, kommentierte die Erhebung: „Sie zeigen damit klar, dass sie unzufrieden sind mit den politischen Verhältnissen und dass sich etwas ändern muss.“
Die CDU und das BSW stellt die Regierungsbildung in beiden Bundesländern vor große, auch bundespolitische Probleme und führen zu dem seltenen Moment in der Politik, in dem Ehrlichkeit existentiell wird, Ehrlichkeit und Klarheit jenseits alles Taktik.
In Sachsen existieren vier Möglichkeiten, wenn man nicht an eine Minderheitsregierung denkt oder an Duldungen, die aber letztlich quasi Koalitionen mit halbierter Verantwortung darstellen. Eine CDU-AfD Koalition käme bei einer absoluten Mehrheit ab 61 Stimmen auf 81 Sitze, eine CDU-BSW-SPD Koalition käme auf 66 Sitze, für ein CDU-BSW-Regierungsbündnis reicht es nicht, eine CDU-BSW-Grüne-Regierung würde sich auf eine knappe Mehrheit von 63 Stimmen stützen können. Doch was heißt „stützen“, mit den Bessergrünen lässt sich, wenn überhaupt, wie man in Sachsen beobachten konnte und wie man es im Bund weiter genießen darf, allenfalls ein destruktives Bündnis schließen. Denn, wenn man sich auf eins beim politischen Stuhlkreis der Grünen verlassen kann, dann darauf, dass sie sich aus kognitiven Gründen vollkommen kompromissunfähig zeigen. Oder einfacher ausgedrückt: die können nicht anders, als ihren Utopismus durchzusetzen. Sie wären keine Grünen, würde die Realität in ihrem Weltbild eine Kategorie und ein Orientierungspunkt abgeben. Überdies könnte die CDU im Bund wie in den Ländern ihre neuen migrationspolitischen Erkenntnisse nur mit der AfD oder mit dem BSW durchsetzen, die Grünen blockieren, weil zur DNA der Partei die ungebremste Einwanderung gehört und die SPD mit ihrer Innenministerin Faeser gleißnerich nur aus dem Grund über Änderungen in der Migrationspolitik spricht, um Änderungen in der Migrationspolitik zu verhindern.
Denken ließe sich in Sachsen auch ein Bündnis zwischen CDU-Linke-BSW mit 62 Stimmen, was zuverlässiger wäre, weil die Linke verlässlicher ist als die Grünen, doch weshalb sollte das BSW mit der Partei koalieren, die sie gerade verlassen hat und bei der CDU steht zwischen der Zusammenarbeit mit den Linken ein Parteitagsbeschluss.
In Thüringen ist es einfacher und komplizierter zugleich, denn dort käme nur eine AfD-CDU-Koalition oder eine CDU-BSW-Linke Koalition oder eben eine AFD-BSW-Regierung in Betracht. Für Wagenknechts BSW bedeutet das, dass die Partei zwar Königsmacher ist, doch bringt das den Nachteil mit sich, dass Wagenknecht jetzt auch Farbe bekennen muss – und das birgt ein beträchtliches Risiko für die Bundestagswahlen im nächsten Jahr, wenn die Ampel noch solange durchhält, denn sie ist nur noch ein wandelnder Untoter.
In Sachsen könnte es auf eine CDU-BSW-SPD Koalition hinauslaufen. Weder Michael Kretschmer, noch das BSW hat Lust auf die selbstgefälligen und arroganten Grünen. Die BSW-Spitze in Sachsen ist eher bürgerlich, mit ihr sollte ein konstruktives Regieren möglich sein, wenn sie denn eigenständig agieren kann und nicht eigentlich Sarah Wagenknecht und Oskar Lafontaine am Kabinettstisch sitzen. Das dürfte zurecht Michael Kretschmers Sorge sein. Aber Kretschmer könnte auch auf das eine Drittel der Wähler zugehen und die AfD in die Regierungsverantwortung nehmen. Wenn er tatsächlich die AfD „entzaubern“ und „minimieren“ will, dann geht es nur so.
Gleiches könnte man auch über Thüringen und Mario Voigt sagen, doch steht zu befürchten, dass es hierfür Mario Voigt an Regierungserfahrung und vor allem an Format mangelt. Aber Wunder sind ja nicht ausgeschlossen. Zumal das BSW in die Koalition mit den Linken gehen müsste, die man gerade mit großem Krach verlassen hat – und dann noch mit Ramelows Linke. Wäre denn von Ramelow, persönlich beleidigt, wie er sich in der letzten Zeit zeigte, mehr als Destruktion und Intrige zu erwarten? Vielleicht schon, denn nach einer Legislatur auf der Basis einer demokratischen Wahl und einer Legislatur auf der Grundlage von Merkels Putsch gegen die Demokratie steckt die Linke so tief in der Verwaltung und im Regierungsapparat, dass sie nicht nur die BSW Leute, sondern auch Voigt und dessen Leute aushebeln könnte. Insofern würde es einen verhängnisvollen Fehler für CDU und BSW bedeuten, mit den Linken zu koalieren. Bleibt nur die AfD.
Wagenknecht hat es im Grunde angedeutet, wenn Höcke den Wilders gäbe und sich auf die Partei beschränken, der Regierung aber nicht angehören würde, öffnete sich womöglich ein Fenster, denn Wagenknecht hat deutlich gemacht, nicht mit Höcke koalieren zu wollen, über die AfD hat sie nicht gesprochen. In der CDU Thüringens scheint man sich auf die Ebene des Tarnens, Tricksens und Täuschen begeben zu wollen, denn es gibt Überlegungen, mit dem BSW eine Minderheitsregierung bilden zu wollen – und sich von der Linken dulden zu lassen. Das hätte den Vorteil, dass man sich formal an den Parteitagsbeschluss halten würde, wenn man mit der Linken nicht koalierte, sondern sich dulden ließe. Abgesehen davon, dass im Grunde auch eine Duldung eine Zusammenarbeit darstellt und letztlich vom Parteitagsbeschluss erfasst werden müsste, würde der Versuch, die Formalität der Duldung als unterhalb vom Parteitagsbeschluss darzustellen, inhaltlich eine Lüge darstellen. Voigt kann den Weg gehen, es wäre Merkels Weg, der zu Ramelows Herrschaft führt. Und zur Stunde scheint es, dass Voigt das will, und auch für Wagenknecht stellt das eine elegante Variante dar.
Wer mit der AfD koaliert, muss starke Nerven haben, denn ihm würde Hass und Hetze aus den Medien, auch aus den öffentlich Rechtlichen entgegenschlagen und Busladungen mit sich langweilenden Omas gegen rechts und vor allem von Berufsaufmarschierern würden die nächsten Tage, Wochen und auch Monaten die Straßen und Plätze in den betreffenden Landeshauptstädten füllen, Leute, die unter dem Vorwand, die Demokratie zu schützen, frontal die Demokratie angreifen.
Das Wahlergebnis bedeutet für die Bundesregierung, dass sie zurücktreten muss, will sie Schaden von Deutschland abwenden. Doch ihr fehlt die Einsicht in die politischen Notwendigkeiten, in die gesellschaftliche Realität und die Kraft auch nur die geringsten Anforderungen zu erfüllen. Sie bekommt nicht einmal mehr mit Tricksen einen grundgesetzkonformen Haushalt hin und jede Maßnahme des Bundeswirtschaftsministers Habeck befeuert nur die Orgie der De-Industrialisierung, die der Mann täglich neu feiert. Es ist schon erstaunlich, wie ein einzelner Minister die deutsche Wirtschaft in nur drei Jahren herunterfahren und den Wirtschaftsstandort ruinieren kann.
Die Grünen werden sich jedoch an die Macht klammern wie der Kiffer an Cannabis. Die SPD wird die Aktion Kanzlerwechsel, zumindest alternative Kanzlerkandidatur vorantreiben. Doch das Risiko liegt darin, dass man damit den Bundeskanzler maximal beschädigen würde, wenn der Kanzlerkandidat der SPD nicht der Bundeskanzler, den die SPD stellt, wäre. Über die FDP braucht man nicht mehr zu schreiben, es wäre ein Akt von politischer Leichenfledderei. Vielleicht verliert sie noch die Nerven und flieht aus der Koalition oder, um einen Filmtitel von Pier Paolo Pasolini zu paraphrasieren, genießt sie noch „Die 365 Tage von Sodom“. Die Ampel und ihr Bundespräsident, der SPD-Mann Steinmeier, der plötzlich auch in Migrationsreduktion fordert, haben das Vertrauen der Bürger verloren. Mitleid ist noch die mildeste Reaktion.
Und die CDU? Putzt bereits das Adenauer Haus zum Empfang von Markus Söder aus Bayern. Alle sieht danach aus, dass Friedrich Merz sich in die seligen Parteigründe der Geschichte der CDU begeben wird, obwohl eine Kanzlerkandidatur von Markus Söder ihm den Parteivorsitz retten kann.
Es wird rauer in Berlin, weil die Wirklichkeit sich nicht länger wegschwafeln, sich nicht länger wegsenden und nicht länger wegschreiben lässt. Wahr ist nur, was wirklich ist.
Die Ampel jedoch regiert Deutschland aus der Zeit, aus der Wirklichkeit.