Tichys Einblick
Schwarz-Grün-Rot rückt näher

Wer Schwarz wählt, bekommt die grünste Koalition aller Zeiten

In einer schwarz-grünen Koalition dürfte Friedrich Merz unter Vizekanzler Habeck den Kanzler spielen. Er könnte auch durch bewährte grüne Gefolgsleute wie Hendrik Wüst oder Daniel Günther ausgetauscht werden. Mit Wüst käme etwas Denunziationsromantik und mit Günther etwas SED-Charme in die Koalition.

Hendrik Wüst, Friedrich Merz und Daniel Günther (alle CDU), Berlin, 09.05.2022

Man kann darüber Seminardiskussionen füllen, ob man es noch Demokratie nennen kann, wenn, ganz gleich, was der Wähler wählt, er immer dieselben Parteien und vor allem immer dieselbe Politik mit denselben katastrophalen Ergebnissen erhält. Unstrittig ist allerdings, dass die Brandmauer Merkels Alternativlosigkeit fortsetzt, unter neuem Namen freilich, und die Brandmauerparteien als Brandmauerkombinat immer stärker an die Nationale Front der demokratischen Parteien und Massenorganisationen der DDR erinnern.

Zweifel daran sind ausgeschlossen, dass die nächste Koalition von Merz und Habeck angeführt werden dürfte, wenn nicht große Verschiebungen der Wählerentscheidungen in der Wahl des Bundestages sich ereignen und Nancy Faeser sich nicht bemühen wird, die Wahlergebnisse vor „Putins Einfluss“ zu schützen. Unter großen Verschiebungen sind Stimmenzuwächse für AfD und BSW, aber auch für die bis jetzt im Bund noch nicht sichtbare Werteunion zu verstehen, oder der Totaleinbruch der Grünen, das heißt, dass die Grünen einstellig werden. Letzteres ist nahezu ausgeschlossen, bei 10,5 Prozent könnte die Brandsohle liegen, man bezahlt ja genügend Leute aus dem Staatssäckel in NGOs und hat sie in den Staatsdienst eingestellt, nicht zu vergessen die EEG-Aristokratie – und eine nicht unerhebliche Zahl ungelehrter Lehrer.

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Kommt es nicht zu den Verschiebungen, wird das Brandmauerkombinat wieder unter sich die nächste Regierung, die die alte sein wird, ausbaldowern, mit dem Unterschied, dass sie noch schlechter sein wird, denn man kann in NRW und Schleswig-Holstein beobachten, wie die CDU in der Koalition sich den Grünen unterordnet. Um die entsprechende Mehrheit zu erreichen, nimmt man dann noch die Restbestände der SPD in die Regierungskoalition auf, die ohnehin über kein eigenes Profil mehr verfügt und sich über ein paar Pöstchen halbtot freut. Danach wäre die SPD übrigens tot. In einer schwarz-grünen Koalition darf unter dem Vizekanzler Robert Habeck dann Friedrich Merz Kanzler spielen. Allerdings könnte er auch durch bewährte grüne Gefolgsleute wie Hendrik Wüst oder Daniel Günther ausgetauscht werden. Mit Wüst käme ein bisschen Denunziationsromantik und mit Günther noch ein bisschen SED-Charme in die Koalition.

Gemeinsamkeiten existieren genügend, so sind Friedrich Merz und Robert Habeck bekennende Fans der Wärmepumpen- und Solarfirma Enpal. Und nicht nur Enpal verbindet Habeck und Merz, auch Blackrock and friends. Dazu passt, dass außer dass Friedrich Merz geradezu klassenkampfmäßig gegen die AfD anrennt, man nicht versteht, wofür die CDU noch verlässlich steht, außer eben für den Machterhalt der Grünen, gegen die AfD zu kämpfen.

Das wissen auch die Grünen, deshalb senden sie fast im Stundentakt Liebesgrüße ins Konrad-Adenauer-Haus. Omid Nouripour sieht sich in einer „Übergangskoalition“. Übergang, wohin? Ganz klar zu Schwarz-Grün. Die Schwarzen sind pflegeleichter als die Gelben. Auch wenn man nur 11 Prozent der Wähler erreicht, sind die Grünen die geborene, vom angloamerikanischen Finanzkapital und dem EEG-Komplex erkorene Regierungspartei. Nun hat auch die Grünen-Fraktionschefin Katharina Dröge ihr Statement mit einer Unwahrheit begonnen, denn sie sagte über mögliche Koalitionen: „Wir schließen damit niemanden aus.“ Die AfD haben die Grünen bereits ausgeschlossen. Oder stellt diese Aussage ein Dementi dar? Würden die Grünen auch mit der AfD koalieren?

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Wenn eine 11-Prozent-Partei nicht wahrnimmt, dass außer ihr auch eine 19-Prozent-Partei existiert, dann hat sie ein Wahrnehmungsproblem, was aber bei den Grünen Kriterium für die Aufnahme in die Partei sein könnte. Wahrheitsgemäß hätte der Satz gelautet: „Wir können uns eine Koalition mit allen Parteien vorstellen außer mit der AfD.“ Und fügt hinzu: „Aber es sind auch andere Konstellationen und Koalitionen denkbar – auch mit der CDU. Dafür müssen wir offen sein, denn es muss sich ja bei der Wahl erstmal zeigen, wie sich überhaupt eine Mehrheit bilden lässt.“ Wie halten es die Grünen im Bund mit dem BSW? Vermutlich gar nicht, denn wie sollte eine Kriegspartei aus Wehrdienstverweigerern, die Friedensverhandlungen ausschließt, mit einer Partei zusammenkommen, die Friedensverhandlungen anstrebt?

Mit einer willfährigen Union ließe sich wahrscheinlich am besten regieren. Denn wie sagte Dröge laut WELT: „Für eine Regierungsbeteiligung stellte Dröge die Forderungen auf, ‚dass die Partner respektvoll, vertrauensvoll, verbindlich und kollegial miteinander umgehen‘. An diesen Punkten werde die Partei Koalitionspartner und eine Regierungsbeteiligung messen, sagte sie.“ Unter „respektvoll vertrauensvoll, verbindlich und kollegial miteinander“ umzugehen, verstehen die Grünen, dass ihre Forderungen restlos und ohne Widerspruch erfüllt werden.

Unter „respektvoll vertrauensvoll, verbindlich und kollegial miteinander“ umzugehen, dürfte speziell Robert Habeck verstehen, dass ihm niemand beim Steuergeld-Verplempern Grenzen setzt, und wenn sich Deutschland bis in den Staatsbankrott hinein verschuldet, dann nur um Robert Habecks Kinderbuchphantasie von Deutschlands Zukunft zu finanzieren. Wie nannte seine Frau doch das Buch über Habecks Zukunftsszenario: „Die zehn besten Weltuntergänge“?

Und da wir gerade das Thema von Schulden tangieren, sind wir schon und wieder bei Blackrock and friends – und wieder stoßen wir auf eine innige Gemeinsamkeit von Robert Habeck und Friedrich Merz, deren Regierungsmotto lauten könnte: „Lauter Pleiten und noch viel mehr/wenn ich König von Deutschland wär.“

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Mittlerweile zeigt sich Robert Habeck jetzt aber wirklich ungehalten und stampft mit dem Füßchen im Koalitionszimmer auf: „Es wäre üblich, den Haushalt mit einer Deckungslücke von zwei Prozent, also rund neun Milliarden, zu verabschieden“, sagte Habeck der Funke-Mediengruppe laut Vorabbericht: „Eine Lücke von zwölf Milliarden ist aber eher unüblich. Weil es zu viele Vorfestlegungen gegeben hat, ist es noch nicht gelungen, sie zu verkleinern.“ Unter Vorfestlegungen dürfte Robert Habeck die Schuldenbremse oder die Notwenigkeit verstehen, einen gesetzeskonformen Haushalt vorzulegen. So macht das Spielen mit der Zukunft, so macht Deutschlands Zukunft zu verspielen, wirklich keinen Spaß, wenn einem ständig ein paar lumpige Milliarden vorenthalten werden. Schließlich ist es doch „nur Geld“.

Deshalb bockt der missvergnügte Robert Habeck jetzt und droht mit dem Koalitionsbruch. Er macht es natürlich wie der sattsam bekannte Politiker, indem er vor dem Koalitionsbruch warnt, den man nicht riskieren dürfe, denn: „Ein leichtfertiges Spielen mit Neuwahl verbietet sich.“ Noch. Und wenn die Grünen sie ins Spiel bringen, ist es auch nicht mehr leichtfertig, dann ist es nur leichtsinnig. Doch bei den gegenwärtigen Umfrageergebnissen strebt keine der Ampel-Parteien Neuwahlen an, denn besser als zur letzten Wahl wird es nicht.

Die Grünen dürften bereit dazu sein, die FDP durch die Union in der Regierung auszutauschen, doch ob die SPD der CDU den Kanzlerposten einräumen würde, ist doch höchst unwahrscheinlich, und selbst die Union ist nicht willfährig genug, ihr prognostizierbares Wahlergebnis im Herbst 2025 zu gefährden. Allerdings wird der September mit den Wahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg für Bewegung sorgen – auch und vor allem in Berlin.

Robert Habeck jedenfalls, auf seine Kanzlerkandidatur angesprochen, ist höchst verunsichert. Weil er spürt, dass Annalena Baerbock ihm eine Falle gestellt hat, antwortet er überraschend dünnlippig: „Diese Fragen werden ich und meine Partei zu gegebener Zeit beantworten.“ Das klang vor kurzem noch viel vollmundiger. Korrekt hätte der Satz übrigens lauten müssen: „Diese Fragen werden meine PARTEI und ich zu gegebener Zeit beantworten.“

„Der Esel nennt sich immer zuerst“, habe ich noch in meiner Kindheit gelernt.


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