Seit Wochen ringt die EU-Kommission in Brüssel mit dem Bundesverkehrsministerium in Berlin über die Frage, welche Fahrzeuge nach 2035 in der EU noch neu zugelassen werden dürfen. Es stehen sich gegenüber: FDP-Mann Volker Wissing als Bundesverkehrsminister an der Spitze und Frans Timmermanns, der sehr selbstbewusste Vizepräsident der EU-Kommission:
- Timmermanns kämpft für ein totales Verbrennerverbot ohne Ausnahmen und für den ausschließlichen Einsatz von Elektroautos ab 2035.
- Wissing kämpft für Technologieoffenheit und eine Zukunft von E-Fuels-Fahrzeugen. Wissing will rechtlich verbindlich festschreiben, dass Autos mit Otto- oder Dieselmotor auch nach 2035 noch neu zugelassen werden können, wenn sie synthetische Kraftstoffe tanken, sogenannte E-Fuels.
Beide werfen sich gegenseitig vor, Zusagen nicht eingehalten zu haben.
Ein Verbrennerverbot war damit vom EU-Tisch. Timmermanns musste einen Kompromissvorschlag erarbeiten. Dieser liegt nun vor. Statt des totalen Zulassungsverbots für Verbrennerautos schlägt die EU-Kommission eine eigene Kategorie für E-Fuels-Autos ab 2035 geben. Demnach könnten auch nach 2035 noch Verbrenner-Pkw neu zugelassen werden, wenn sie denn ausschließlich CO2-neutral mit E-Fuels betankt werden – können.
Dazu soll eine neue Fahrzeugkategorie geschaffen werden. Die Autohersteller müssten technisch sicherstellen, dass diese Pkw nicht doch mit Benzin oder Diesel fahren können. Im vorgeschlagenen Textentwurf der Kommission heißt es: Für den Fall, dass doch regulärer Kraftstoff getankt würde, „sollen solche Fahrzeuge in der Lage sein, das zu erkennen und das Anlassen stoppen, bis sie mit CO2-neutralen Kraftstoffen betankt werden“.
Die gleiche Bedingung stellt auch die deutsche Umweltministerin Steffi Lemke: „Wenn es eine solche Kategorie gäbe – nachweislich nur mit E-Fuels – dann muss natürlich auch die Nachweistechnik dafür da sein“, sagte sie, das müsse bis zur endgültigen Entscheidung in der Ministerratssitzung am Donnerstag geklärt sein.
Eine solche Lösung sei technisch möglich, sagt Ralf Diemer, Geschäftsführer der Interessensgruppe „eFuels Alliance“ im Gespräch mit dem ARD-Hauptstadtstudio. „Eine digitale Lösung erweitert die Nutzungsoptionen von eFuels und ist einer mechanischen Lösung, wie einem besonderen Tankstutzen, sicherlich vorzuziehen.
Wirklich praktikabel ist dieser Lösungsvorschlag dennoch nicht. Conditio sine qua non für E-Fuels ist eine skalierbare Produktion, da nur so die Herstellkosten auf Wettbewerbsniveau gesenkt werden können.
Will die EU wirklich Klimapolitik aus einem Guss machen, sind zwei Elemente notwendig:
- E-Fuels müssen zwingend im Altbestand der Pkw-Flotte zum Einsatz kommen können, weil hier der größte Umweltnutzen liegt; der Einsatz von modernen E-Fuels in alten Verbrennermotoren muss gewährleitet sein.
- Elektroautos müssen den gleichen Klimakriterien unterliegen wie Verbrennerautos. Abschaltvorrichtung in neuen Verbrennerautos für fossile Treibstoffe müssen zwingend auf Elektroautos in Bezug auf die Klimaqualität des eingesetzten Stroms ausgeweitet werden.
Konsequenter, nicht ideologischer Klimaschutz müsste also einem Stromsensor im E-Auto vorsehen, der erkennt, ob sauberer oder „dreckiger“ Strom bei E-Autos aufgetankt wird. Bei schmutzigem Strom muss das E-Auto sofort blockieren, so wie es die Kommission bei neuen Verbrennerautos beim Betanken mit fossilem Treibstoff vorgeschlagen hat.