Tichys Einblick
ABSCHALTTECHNIK AUCH FÜR E-Autos

Wenn Brüssels Verbrenner-Aus-Politiker konsequent wären

Die EU-Kommission will im Streit um das Verbrenner-Aus mit Deutschland und anderen Regierungen durchsetzen, dass künftig neue Verbrenner-Motoren nur mit klimaneutralem E-Fuels laufen. Dann müsste sie eigentlich auch mit derselben Konsequenz E-Autos stoppen, wenn sie „schmutzigen“ Strom tanken.

Stromtankstelle in Düsseldorf

IMAGO / Michael Gstettenbauer

Seit Wochen ringt die EU-Kommission in Brüssel mit dem Bundesverkehrsministerium in Berlin über die Frage, welche Fahrzeuge nach 2035 in der EU noch neu zugelassen werden dürfen. Es stehen sich gegenüber: FDP-Mann Volker Wissing als Bundesverkehrsminister an der Spitze und Frans Timmermanns, der sehr selbstbewusste Vizepräsident der EU-Kommission:

Beide werfen sich gegenseitig vor, Zusagen nicht eingehalten zu haben.

Fataler Musterknabe
Warum die Industrie aus Deutschland abwandert
Der Dissens endete damit, dass Deutschland für eine Verschiebung der finalen Abstimmung sorgte, die eigentlich nur noch eine Formsache zu sein schien. Ein Anhalten zu einem so späten Zeitpunkt galt als grobes Foul gegen die Spielregeln der EU-Gesetzgebung, der Unmut über die Bundesregierung war in der Brüsseler Beamtenschaft deutlich spürbar. Wissing seinerseits bekam die Unterstützung mehrerer EU-Mitgliedstaaten. Dazu zählen unter anderem Italien, Polen, Tschechien und Österreich.

Ein Verbrennerverbot war damit vom EU-Tisch. Timmermanns musste einen Kompromissvorschlag erarbeiten. Dieser liegt nun vor. Statt des totalen Zulassungsverbots für Verbrennerautos schlägt die EU-Kommission eine eigene Kategorie für E-Fuels-Autos ab 2035 geben. Demnach könnten auch nach 2035 noch Verbrenner-Pkw neu zugelassen werden, wenn sie denn ausschließlich CO2-neutral mit E-Fuels betankt werden – können. 

Dazu soll eine neue Fahrzeugkategorie geschaffen werden. Die Autohersteller müssten technisch sicherstellen, dass diese Pkw nicht doch mit Benzin oder Diesel fahren können. Im vorgeschlagenen Textentwurf der Kommission heißt es: Für den Fall, dass doch regulärer Kraftstoff getankt würde, „sollen solche Fahrzeuge in der Lage sein, das zu erkennen und das Anlassen stoppen, bis sie mit CO2-neutralen Kraftstoffen betankt werden“.

Die gleiche Bedingung stellt auch die deutsche Umweltministerin Steffi Lemke:  „Wenn es eine solche Kategorie gäbe – nachweislich nur mit E-Fuels – dann muss natürlich auch die Nachweistechnik dafür da sein“, sagte sie, das müsse bis zur endgültigen Entscheidung in der Ministerratssitzung am Donnerstag geklärt sein.

Eine solche Lösung sei technisch möglich, sagt Ralf Diemer, Geschäftsführer der Interessensgruppe „eFuels Alliance“ im Gespräch mit dem ARD-Hauptstadtstudio. „Eine digitale Lösung erweitert die Nutzungsoptionen von eFuels und ist einer mechanischen Lösung, wie einem besonderen Tankstutzen, sicherlich vorzuziehen. 

Wirklich praktikabel ist dieser Lösungsvorschlag dennoch nicht. Conditio sine qua non für E-Fuels ist eine skalierbare Produktion, da nur so die Herstellkosten auf Wettbewerbsniveau gesenkt werden können.

Irrationale Diskussion um Verbrenner-Aus
Die Front gegen das Verbrenner-Aus steht
Klimaschutz durch E-Fuels nur für neu konstruierte Verbrennermotoren/-autos ab 2035 wäre zu wenig. Das würde völlig am gewollten und möglichen Klimaschutzeffekt beim Verbrenneraltbestand der EU von 350 Millionen Fahrzeugen vorbeigehen. Der eigentliche Sinn der ganzen Verordnungs-Übung: den Einsatz von fossilen Treibstoffen indirekt zu verhindern, würde verfehlt. 

Will die EU wirklich Klimapolitik aus einem Guss machen, sind zwei Elemente notwendig:

Konsequenter, nicht ideologischer Klimaschutz müsste also einem Stromsensor im E-Auto vorsehen, der erkennt, ob sauberer oder „dreckiger“ Strom bei E-Autos aufgetankt wird. Bei schmutzigem Strom muss das E-Auto sofort blockieren, so wie es die Kommission bei neuen Verbrennerautos beim Betanken mit fossilem Treibstoff vorgeschlagen hat.

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